Familie

Familie ist kompliziert. Ich habe keine mehr. Genauer keine Eltern mehr. Als Einzelkind hatte ich nie Geschwister. Meine Großeltern starben früh und zum Rest hatte ich keine Verbindung. Ich bin also allein, nicht ganz, ich habe meine Emma, meinen Hund. Ich war immer viel allein. Eigentlich bin ich gerne allein, dazu muss ich mich nicht anstrengen. Ich mag aber auch Menschen. 

Vielleicht träume ich nur von Menschen, die bedingungslos lieben können. Solche Menschen habe ich in meinem Leben. Und andere, wo ich mir sicher bin, sie könnten auch wieder gehen. Was es ist, dass mich vertrauen lässt, weiß ich nicht. 

Wählen

Für mich als Österreicherin ist wählen einfach. Ich bekomme Information zugeschickt, wo und wie ich wählen kann, kann per Briefwahl wählen oder persönlich ein paar Tage früher. Im Wahllokal habe ich noch nie warten müssen. 

Ich bin automatisch in der Wählerevidenz eingetragen. Zu schätzen lernte ich es, als ich lernen musste, dass es nicht selbstverständlich in jeder Demokratie ist. Die Macht geht vom Volke aus. Und alle, die davon überzeugt sind, müssen sich einsetzen, dass alle einfach und problemlos wählen können. In den USA arbeitet eine Partei mit aller Kraft dagegen. Ich bin dankbar, dass Wählen in Österreich einfach ist. 

nia z’viel gfühl

Der Gedichtband „nia z’viel gfühl“, im Tirolerischen Dialekt geschrieben, erschien 2005.


Vor vielen Jahren sagte jemand zu mir, ich sei nicht sehr emotional, ich hätte nicht so viel Gefühl wie er. Ich vertraute diesem Mann. Er war nicht der einzige. Nur wusste ich nicht mehr, was wahr ist und was nicht. Das, was er sagte oder das, was ich fühlte.

Später sagte jemand anders zu mir, wie gemein es sei, dass ich jetzt auf mich hören will und mir egal wäre, was andere zu mir sagen.

Es war der einzige Weg, den ich sah, meinen eigenen Gefühlen zu trauen, denn vieles, was mir andere sagten, wie ich fühlen würde, war falsch. Gefühle sind nicht falsch, doch sind sie in stetigem Fluss.

Ich wollte in meine Seele schauen, mich neu entdecken. Das ist der Grund, warum ich diese Gedichte schreiben musste.

Daraus entstand diese Sammlung.

Du kannst sie auch als Buch erwerben, oder als mp3 oder als CD. Schreib mir einfach!

i trau mi

i trau mi

i trau mi ans leben
ans schene und schiache,
da darf’s mi zerreissn und in alle schtickln fetzn
denn danach wachs i zsammen
wia a neia mensch

und i werd reicher und schener
und mutiger und stärker
s’leben lasst mi von vorn anfangen,
wia a kloans kind,
des nit woass, was kimmt

„i trau mi“ weiterlesen

so und so

so und so

manchmal bin i ganz groß und stark
da kann ma koana
da kann i bam ausreissn
ana welln widerstehn
da bin i stark
manchmal bin i kloan und so verletzlich
da reicht a lufthauch
und i glab, i bin nimma da
wia a bliamel, des ma ausreisst
und glei verbliaht
manchmal hab i’s gfühl
es gibt koa rätsel mehr
und zglaich isch alls a rätsel fia mi
da kannt’s bis in alle ewigkeit dauern
und geschtern vorbei gwesn sein

„so und so“ weiterlesen

schluck nit!

schluck nit!

o doch, i schluck scho,
und du kannsch’s ruhig wissen,
wenn i beim gschichtln druckn schluck,
weil i an schmäh fiar,
denn kennen hab i des nia – s’gschichtl druckn.
bisch der erste, der’s schlucken hert.
die andren haben nit amoal ghert,
wenn i was gsagt hab, wenn i’s gschrien hab
und s’rearn hamm’s erscht recht nit ausghaltn
und gsagt hamm’s, i soll’s lassen.
des warum hat dann koan mehr intressiert.
fascht hätt i’s denen glabt,
dass i nia was gsagt hab.
des schtimmt aba nit.

„schluck nit!“ weiterlesen

seelenfrau

seelenfrau

seelenfrau –
i kann nit sagn
was des hoasst für mi
i spiar’s ganz leise
und woaß ganz genau
ma kannt’s mit zerbrechlichkeit verwechseln
aber des bin i nit

seelenfrau –
i kann nit sagn
wia i no sagn kannt dafia
es zittert in mia
und es macht mi ganz stark
a wenn’s glabt’s
da schmerz macht mi schwach

seelenfrau –
i kannt nit sagn
ob i des bin
denn no bin i dabei z’lernen
nit lei eich z’spiarn, sondern a mi
z’lang war i gwohnt so z’lebn
und heit woass i, des war falsch

seelenmensch –
i kann nit sagn
was des isch
i denk ma lei
es schteckt in uns alle drein
zum vorwärts gehn, ghert a mut dazu
dann kemm ma uns traun, unser seel anzuschaun

was macht di glabn

was macht di glabn

was macht di glabn,
dass mei verletzlichkeit a schwächn isch?
mit der verletzlichkeit spiar i mi
aba a di und alle andern, de i spiarn mecht
mit der verletzlichkeit woaß i,
dass andre a oane ham
mit der verletzlichkeit geh i auf eich zu
und woaß, i leb

„was macht di glabn“ weiterlesen

nix als fragn

nix als fragn

kannsch du’s a riachn?
des was dauernd passiert auf dera welt…
nit lei da dreck und die stoana,
mei hilflosigkeit kann ma gstohln bleibn
und da steh i da und s’stundenglasl rennt
und s’rennt imma gschwinda
lebsch no
bisch scho toat –
oda boads –
oda koans?
was soll i da dazähln?
bei allem was fragsch
sein deine antwortn scho längscht in dia drein

„nix als fragn“ weiterlesen

z’tiefscht verletzt

z’tiefscht verletzt

i bin z’tiefscht verletzt,
i hab di so gliebt, so wie du bisch
i hab’s beschte in dir gliebt und a des schlechte
i hab des gliebt, was du a no sein kanntesch
i hab deine schlechten seiten gnommen und ghofft,
dass dei herz und mei liab dir zoagt,
dass die liab der weg isch für a bessre welt
i hab mi teischt

„z’tiefscht verletzt“ weiterlesen

wörta

wörta

erinnersch di no,
wia i gsagt hab,
dass wörta nix sein

weil hearn mecht,
wia’d was sagsch

weil i segn mecht,
wie’d was sagsch

und jetzt steh i da
und alles was ma bleibt
sein wörta

„wörta“ weiterlesen

lass da erzähln

lass da erzähln

lass da erzähln
i hab an menschn troffn
mia ham an unsere herzn griaht
no heit kann i sei umarmung spiarn
i hab von gfühle gsprochn
mia haben davon tramt auszubrechn
in de monat warn mia uns so nah und doch so fern
da war a angst, mia wurdn nia a paar

„lass da erzähln“ weiterlesen

d’sterndln

im Dialekt und auf Hochdeutsch

d’sterndln

mit jedem du kimmt was neis
und jedes neie isch a sterndl,
des aufgeht am horizont.
des kann da niemand nehmen,
nur du kannsch’s vergessen.

des sein deine sterndln
und du bisch der meischter
über dein sternenhimmel
und vergiß nit, jed’s sterndl
macht dein himmel heller und schener und leichtender.

geh aussi und sammel deine stern
polier sie und putz sie, sei guat zu ihnen
und wenn oana geht, wird a neier kemmen,
und der alte wird nachstrahlen
als erinnerung in deim herzn.

und dei herz wird heller
und schener
und leichtender.
vergiß des nit, des isch dei leben,
des du zum leichten bringsch.

du

du

du erzählsch mia sachen und i hear dia zua,
da sein luschtige gschichtn und i schau da ins gsicht
und woass,
da sein no ganz andere gschichtn

„du“ weiterlesen

des dings mit dia

des dings mit dia

des dings mit dia,
isch es beschte was ma passieren hat kennen
was anders als a dings tat i jetzt a nit aushalten
i miassat rennen, wenn’s was anders war als a dings
i woass zwar nit, was des dings eigentlich isch
aba i woass, es lasst mi atmen

„des dings mit dia“ weiterlesen

a bussl

a bussl

sonnenaufgang
deine lippn suchn meine
schmecksch wia siass
kann nit aufheren
nia vergessn
nur lippn
trau mi nit mehr
halt nit mehr aus
nur a bussl

Goldschatz gefunden

Es gab immer wieder Momente in meinem Leben, wo ich feststellte, dass ich sehr reich bin. Aber mein Reichtum hatte nie mit Geld zu tun (wenn dann doch Geld auftaucht, dann bin ich noch immer sehr überrascht).

Mein Reichtum begründet sich auf Freunde, der Möglichkeit zu lernen, Kreativität, Zeit, Erlebnissen, Wissen – einem aktiven Leben.

Freunde schenken mir Geborgenheit.

Es sind meine Freunde, mit denen ich singe, spazieren gehe, bei einem guten Essen Gedanken austausche, und in besonderen Stunden Offenheit erfahre. Sie sind ein wichtiger Bestandteil meines Reichtums, vielleicht der wichtigste. Wie froh bin ich, dass ich sie habe. Als Mensch bin ich auf andere angewiesen und ich werde ganz still und demütig, wenn ich mit ihnen sein darf – im Herzen, außen lache ich ganz laut und bin alles andere als still. Wobei ich in letzter Zeit immer frecher werden, was mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich glaube mit 13 Jahren war ich ähnlich aufmüpfig. Aber ich bekenne, dass ich mir selbst gegenüber mindestens genauso frech bin, denn es bringt mich zum Lachen. Und ich lache so gerne. Und eigentlich will ich damit auch andere Menschen zum Lachen bringen. Der Mensch allerdings, über den ich am liebsten lache, bin ich selbst. Sollte meine Zunge dich treffen, dann ist es eine zugegebener Maßen sehr verrückte Liebeserklärung, mit der ich dich zum Lachen bringen will. Denn Lachen gehört wohl auch zu den größten Reichtümern, die man im Leben erringen kann.

Während der Zeit des langen Abschieds von meinen Eltern fürchtete ich nichts mehr, als keine Familie mehr zu haben, und ich bin sehr froh, dass ich mich von beiden lange verabschieden konnte, dass wir Frieden fanden in unseren Herzen und alle Unterschiede, die uns oft verzweifeln ließen, am Ende keine Rolle mehr spielten. Alle Turbulenzen konnten wir in Frieden umwandeln, sodass uns noch ruhige Stunden blieben, auch wenn mich die Trauer immer wieder gefesselt hielt. (Meine Mutter und mein Vater hatten Alzheimer, es war also ein langsamer Abschied über Jahre). Aber die Panik ohne Familie weiterzuleben, war oft mit mir. Speziell, weil in dieser Zeit auch langjährige Freunde gingen. Ich begann den Spruch, „In der Not erkennst du deine wahren Freunde“, zu hassen. Und noch viel mehr: das verlorene Vertrauen. Erst spät erkannte ich, was in meinem Herzen zerbrochen war.

Damals entdeckte ich eine ganz spezielle Freundschaft: Die Liebe zur Erde, dem Planeten, auf dem ich lebe. Wie ein Liebhaber begann ich sie zu beobachten, zu hören, und zu spüren, was das Besondere ist, ich fing an zu lesen und zu lernen, was unseren Planeten ausmacht, wie sich seine Entwicklung gestaltete, wie die Erde ein Zuhause nicht nur für Menschen wurde. Und es ist eine sehr außergewöhnliche Liebe und gar nicht esoterisch, wie es im ersten Moment erscheinen könnte.

Es war Neugier, die mir half, die Trauer zu vergessen.

Ich meine entdeckte meine Heimat neu: Die Erde. Ich lernte von Kontinenten, von Vulkanen, der Evolution, dem Klima, und vielem mehr. Das hat meinen Blick verändert.

  • Wenn ich heute auf die Kalkalpen schaue, denke ich an die vielen Tiere, die dessen Fundament bilden.
  • Wenn ich einen Vulkan sehe, dann erinnert er mich daran, dass es die Kontinentalplatten sind, die sich bewegen und wenn sie in die Erdkruste eintauchen, kommt Heißes zum Vorschein, und viele Kilometer weiter weg türmen sich Berge in die Höhe.
  • Wenn ich eine neue Straße sehe, dann muss ich daran denken, dass dort wieder Leben verloren gegangen ist.
  • Und sehe ich eine Spinne, dann weiß ich, dass auch sie am Ende einer Evolutionskette steht, auch sie ist die Jüngste von allen Spinnen, die einst vor ihr waren.
  • Sehe ich Flechten, dann weiß ich, dass sie uralt sind und als erste an Land kamen und Felsen langsam in Erde verwandelten, die dann den Pflanzen halt geben konnte. Allein der Gedanke, dass alle fruchtbare Erde unter unseren Füßen vergangenes Leben ist, berührt mich tief. Und dass Flechten nie alleine sind, denn sie gibt es nur in Kombination: ein Pilz und Cyanobakterien haben sich zusammengetan, um als Flechte auf der Erde zu existieren.
  • Die Cyanobakterien, die die ersten waren, die Sauerstoff erzeugten, sodass irgendwann Leben wie wir es kennen erst möglich wurde. Davor blubberten Bakterien und andere Einzeller in ziemlich giftigen Gasen und Wasser herum, das uns ganz und gar nicht wie unsere Welt erschienen wäre.

Angesichts dieser vielen Wesen, die mein Leben erst ermöglichten, bin ich demütig. Mit dem Wissen um sie, kam die Verbundenheit mit ihnen. Sie alle ermöglichten, dass es heute Menschen gibt. Vielleicht müssen Astronauten erst mal von oben herab schauen, um zu erkennen, wie klein wir sind. Ich nicht, ich habe in die Vergangenheit geschaut. Wenn ich nur 30 Generationen zurückgehe, sehe ich 1 Milliarde Menschen, die mein Leben ermöglichten, und da sind gerade mal 500 bis 1000 Jahre vergangen. Was für ein wunderbarer Zufall bin ich.

Betrachte ich all dieses vielfältige Leben zusammen, erkenne ich, dass ich Teil des Ganzen bin, Teil von ganz viel Wunderbaren auf unserer Erde. (Wissen zu finden, geht heute leichter wie je zuvor, mit Leserausweis und Youtube habe ich praktisch alles gratis lernen können).

Neben meinen Freunden brauche ich aber auch andere Helfer für meinen Reichtum. Von meiner Neugier, die Welt zu verstehen, habe ich gerade erzählt.

Aber, was tun, wenn der Kopf vor lauter Gedanken zu rauschen und rauchen beginnt?

Beispiele aus dem Adventkalender 2017
Beispiele aus dem Adventkalender 2017

Da fange ich an, etwas mit meinen Händen zu tun. Da zeichne ich einfache Dinge, die zwingen, mich zu konzentrieren, und kein anderer Lärm kann mich stören. Ich kann keinen geraden Strich ziehen und zugleich über komplexe oder emotionale Dinge nachdenken. Da bin ich ganz bei meinem Stift und dem Strich, den ich ziehe. Mein Hirn bekommt andere Nahrung und nimmt sie dankbar auf. Viele Bilder sind so entstanden, für mich ist es eine Form der Meditation. Dass sie Menschen gefallen, ist cool, aber nicht das Wichtigste. Die Ruhe im Kopf, darum geht es mir.

Aber erst gestern ist mir eingefallen, dass ich schon vor 30 Jahren Briefpapier gestaltete, damals als man noch zur Post ging, um Briefe zu wegzuschicken. Jedes Jahr zu Weihnachten gab es einen Stapel buntes Papier mit einem kleinen Motiv von mir.

Dass es da noch Stricken gibt, Speckstein-Schnitzen, oder Kochen (das ich derzeit überhaupt nicht mag), Schmuck und Gestecke, Töpfern und Tadelakt, zeugt nur von meiner Ungeduld. Nein, das ist mein Leben lang nicht besser geworden. Ich nenne es, meinen persönlichen Kindergarten ausleben. Ich bin nicht jemand, der jahrelang das Gleiche machen kann. Anstatt mich zu tadeln, betrachte ich es inzwischen als eine Tugend, keine Expertin zu sein, sondern nur eine leidenschaftliche Amateurin. Und jene, die sich einer Sache ganz und gar widmen können, bewundere ich zu tiefst. Sie werden vermutlich gar keine Freude daran haben, 1000 und 1 verschiedene Dinge zu machen. Wie wunderbar, dass wir so verschieden sind.

Oder wenn ich fotografiere, dann kann mich die Freude packen, etwas ganz neu wahrgenommen zu haben. Und wenn ich dann feststelle, dass ich Flechten auf der ganzen Welt fotografiert habe, dann muss ich lachen, daran merke ich, wie lieb ich sie habe.

 

Und wenn es mich emotional durchschüttelt, dann springen Wörter aus meinem Kopf, wie dieses Gedicht:

Ich traue mich

 

Ich traue mich zu leben.
das Schöne und das Hässliche.
Es darf mich zerreissen und in alle Stücke zerfetzen.
Denn danach wachse ich zusammen
wie ein neuer Mensch.

Und ich werde reicher und schöner
und mutiger und stärker.
Das Leben lässt mich von vorne beginnen,
wie ein kleines Kind.
das nicht weiss, was kommt.

Und jeder, der mir begegnet,
ist eine Umarmung für einen Neuanfang.
Da mag es noch so hässlich ausschauen,
ein neuer Tag bringt neues Leben
und neuen Mut für morgen.

Und es kitzelt mich
wie die Sonne in der Nase.
Dann niese ich vor lauter Überraschung
und schnäuze mich so laut ich kann.
Ich traue mich zu leben.

(Heuer habe ich meinen 2. Gedichtband veröffentlicht)

Zeit haben, nachzudenken.
Zeit haben, Zeit vergehen zu lassen.
Sich Zeit lassen und Zeit einfach sein zu lassen, und dafür die Zeit zu haben.
Was für ein Privileg, was für ein Schatz.

Ich bin so reich, dass ich einfach nachdenken kann, wochenlang (bei manchen Dingen sind es auch schon Jahre geworden), und ich hole mir Informationen, bis ich beginne, etwas besser zu verstehen und dann kann ich nochmal sehr lange nachdenken, bis ich irgendwann entscheide, was ich denke, wie ich handle und leben möchte. Für mich ist es ein ungeheuerer Schatz, mir Zeit lassen zu dürfen, abwägen zu können, still zu halten und dann wieder vorwärts gehen, Bewegung und Veränderung einzuladen, Teil in meinem Leben zu sein. Das unterschiedliche Tempo macht Spaß.

Heuer wurde ganz unerwartet ein Jahr, der Auf und Abs und des Nachdenkens. Ich hatte nicht viel vor: Die Wohnung der Eltern verkaufen, das war’s. Doch plötzlich begann sich die Welt um mich herum zu drehen und nicht ich mich mit ihr, bis ich erkannte, das damit das letzte irdische Band zu meinen Eltern getrennt wurde und es nur natürlich ist, die Balance zu verlieren.

Ich begann also mein persönliches „Mensch-ärgere-dich-nicht“ wieder von vorne:

Wo stehe ich?
Wo will ich hin?
Was sind meine Prioritäten?
Was geht mir ab?
Was passt in mein Leben?
Was nicht?
Was tut mir gut und was nicht?
Welche Dinge sind zum Stillstand gekommen?
Und was muss ich zurücklassen?
Was verändern?
Wovon soll ich mich trennen, Abschied nehmen?
Welcher Neuanfang ist gut für mich?

 

Inzwischen kenne ich das Spiel und weiß, ich bin zu alt, um je ans Ziel zu kommen. Ich glaube nicht, dass ich bis zu meinem Ende auf dieser Erde aufhöre, solche Fragen zu stellen. Es würde mir leid tun, keine Fragen mehr stellen zu können. Ich will weiterhin Dinge ausprobieren, mich versuchen und versuchen lassen, Neues entdecken, und immer, bevor es beginnt, taucht ein wenig Angst auf vor der eigenen Courage. Ich will es testen und ausprobieren und wenn es beginnt einzufrieren, dann beginnt das Ratespiel von vorne.

Ich genieße, Angst zu überwinden.
Es ist ein ganz spezielles Gefühl und
für einen Augenblick gehört mir die ganze Welt.

Heuer habe ich mich dafür entschieden, wieder aufzubrechen. Ich dachte, ich könnte darauf verzichten, wollte Bescheidenheit üben. Bis ich sagte: Pfeif drauf. Ich will wieder reisen.

Nächstes Jahr bin ich mal auf Achse.

Ich habe eine kleinen umgebauten Kastenwagen gekauft, der mir ein zweites Zuhause sein wird. Sein Name ist Jules (französisch ausgesprochen, er kommt ja aus Frankreich). Bunte Vorhänge sind aufgehängt, fröhliche Farben verteilt, lustige Mitfahrer sind eingestiegen (eine Elfe und ein Drache aus der Kinderwarenabteilung, ein Chamäleon und Plastikblumen und kleine Lampions und Fingerpuppen, man weiß ja nie, ob man Lust auf ein Kasperltheater bekommt).

Die Kiste mit den Spielsachen wächst, Farben sind darin und eine Kalimba, ein Daumenklavier, ich habe meine Bibliothek zusammengestellt und meine Musik (inklusive der Andrew Sisters mit ihrem Lied: „Drinking Rum and Coca Cola“). Ich frage mich noch immer, ob ich es je schaffen werde, ein Instrument zu lernen, die Hoffnung habe ich noch nicht aufgegeben: Die Ukulele kommt mit (und das Buch „Ukulele für Dummies“). Einen Ferngucker für die Sterne und die App, die mir verrät, welche Sterne ich betrachte, und ein Aufnahmegerät, das mich zwingt, ganz still und starr für einige Zeit zu verharren. So habe ich schon einmal Vögel eingefangen und Bäche und die Wellen am Meer.

Ich habe Gummistiefel gekauft, damit ich auch im Winter am Strand spazieren gehen kann, und mir eine warme Jacke gestrickt. Das Regenzeug ist mit dabei.

Jetzt fürchte ich mich wieder ein wenig vor meinem eigenen Mut, lass die Aufregung wachsen, und frage mich noch immer, soll es Galizien werden oder doch Kalabrien. Davor bin ich noch Haus und Hundehüten, soll niemand sagen, dass die Hinterbrühl keine Reise wert wäre.

Ich bewege mich, ich bewege anderes.

Zuhause schiebe ich Möbel herum, und wenn es nicht passt, schiebe ich sie wieder zurück (begleitet von den passenden Flüchen). Denn, wenn Nachdenken nicht hilft, probiere ich aus. Und niemand hindert mich daran, alles wieder zurück zu schieben. Es bedeutet nichts. Es ist kein Fehler, sondern nur ein Test gewesen. Manche Dinge probiere ich aus, ein Jahr oder zwei, und wenn sich nichts bewegt, wenn alles so ist, wie am Anfang, dann lasse ich es sein. Diesmal habe ich ein halbes Jahr nachgedacht, bevor ich es losließ. Ich wollte etwas bewegen, doch es wollte nicht bewegt sein. Also lass ich es ruhen, ohne zu zweifeln.

Ich bin reich,

weil ich das alles tun kann.

Ein Reichtum,

der nicht mit Geld aufzuwiegen ist.

Ein Reichtum,

der nichts mit Konsum zu tun hat,

sondern in erster Linie mit Tun.

Das Glück beim Konsum von „Egal-was“ hat mich noch nie länger wie 2 Sekunden gefreut, alles, was ich selbst gestaltet, selbst gemacht habe, bleibt in mir, ist ein Teil von mir, der mich reich macht.

Für das habe ich Talent.

Für’s Konsumieren bin ich

entsetzlich untalentiert.

Und das tut mir gar nicht leid.

ps. ich bemerke gerade, wie meine Fröhlichkeit zurückkehrt, die die sich vor gut 10 Jahren immer mehr zurückgezogen hat. Mensch, das ist toll! Wie ultratoll! Wie ungeheuer altmodisch, ganz postfaktisch.

Überall Menschen, die dir sagen, was du denken sollst,

anstatt zu zeigen, wie du denken lernst.

Irgendwann begann ich zu zweifeln, vielleicht sollte ich sagen, verstärkt zu zweifeln. Zweifel ist Teil meiner Natur und beginnen ist eindeutig der falsche Ausdruck. Einfach alles, was ich denke, will ich nochmal denken, nochmal die Frage stellen, ist es richtig für mich oder stimmt es inzwischen nicht mehr. Bei vielem dachte ich lange nach, recherchierte, überlegte, lernte und fragte mich, was die richtige Antwort für mich ist. Denn oft war mir klar, was in meinem Umkreis das Richtige ist, was Freunde und Bekannte um mich als korrekt empfanden, muss nicht richtig für mich sein. Vielleicht bin ich gierig, gierig meine Meinung zu finden und nicht im Nachplappern von Akzeptiertem, um von anderen anerkannt zu werden.

Es geschah aber auch aus jenem Grund, weil mich die Sicherheit all jener verwirrte, die laufend von sich geben, was richtig sei, die schimpfen und urteilen. Doch wie will man das ungemütliche, anstrengende Nachdenken verkaufen? Zur Zeit suche ich gezielt nach Personen, bei denen ich lernen kann, respektvoll über anders denkende zu sprechen. Viel zu viel Zeit habe ich mit Menschen verbracht, die sich beschweren oder lustig machen, ob es der Nachbar im Flugzeug ist, oder der Gebrauchtwagenverkäufer oder alle möglichen wichtigeren und unwichtigeren Menschen, die ihre Wege kreuzen. Diese Art sich über Menschen lustig zu machen, ist nicht lustig. Ich mag es nicht. Und ich halte es für dumm und ignorant.

Verkaufen ist alles, ob es Produkte sind, Meinungen oder Politik.

Es sind die Marktschreier, sie verkaufen und rufen immer lauter, bis ich meine Stimme nicht mehr höre. Und ihre Zuhörer klopfen sich auf ihre Schultern, endlich einer der sagt, was sie denken. Und ich spreche hier nicht von den bekannten Populisten, sondern von denen, die sagen, dass sie auf der anderen Seite stehen. Ihre Leser mögen nur die Bestätigung dessen hören, was sie bereits wissen. Also kein Hinführen zum Hinterfragen oder Zweifel, sondern nur mit Säure eingeätzte Vorurteile, die kein Nachdenken, keine Änderung bedürfen.

Dies ist Basis von rechten wie linken Marktschreiern.

Nun wählten Menschen in Amerika jemanden, der ihnen versprach, was sie kennen. Aber auch an was sie glauben. Geschäftemachen. Und das ist nicht immer ein sauberes Geschäft, das wussten die Wähler und viele ignorierten, dass ein Land kein Geschäft ist. Wir wissen nicht, was kommt.

Ein Marktschreier wurde zum Präsidenten gewählt. Das ist, glaube ich, das einzige, dass ich anerkennend feststellen kann, er versteht sich zu verkaufen. (Besonders weil ich es so gar nicht kann) Bei allem anderen habe ich meine Zweifel. Seltsame Gedanken kamen mir. Was ist, wenn er nur gewinnen wollte und er sich nicht einen Augenblick überlegte, dass sein Ziel kein Ziel sondern erst der Anfang einer Arbeit, von der er nicht die geringste Ahnung hat. Er sich überhaupt nicht überlegte, was nach der Wahl kommt. Auf manchen Bildern sieht es so aus, als ob er nun überlegt, wie er sich zu benehmen hat. Wenn seine Hände unterm Tisch sind, habe ich das Gefühl, er fragt sich, was soll ich jetzt tun. Er einfach ein Aufsichtsratsvorsitzender ist und die Arbeit machen andere. Und dann kommt seine Erfahrung als Showmaster durch und er sich nicht zusammenreißen kann und schreit: „You are fired“. Ein 12-jähriger Narziß. Ungemütlich.

Bubbles. Wir leben in unseren Meinungsblasen.

Den ekligen Wahlkampf sah ich kommen, als ich 2014 in den USA war. Ich war vom Mittleren in den Wilden Westen unterwegs und als ich im Radio immer extremere Moderatoren hörte, je weiter ich in den Westen kam, wurden mir die „Bubbles“, die Blasen, in denen sich die jeweiligen Menschen bewegen, sehr bewusst. In den billigen Motels waren nur republikanische Sender. Die Städte und Dörfer waren nicht so prachtvoll wie an der Westküste, es ist kein kuscheliges Land. Ich sah verlassene Farmen, und Bruchbuden, wo Menschen lebten. Ich musste an die blutgetränkte Erde denken, für die Natives genauso wie an die Pioniere. Wie hart es gewesen sein muss. Ohne zu urteilen. Na ja, die Goldgier in den Black Hills machte mich schon zornig. Dieses Land wurde den Sioux zugesagt, bis man Gold fand. Das war der Anfang der letzten Kriege. Es wurde kälter.

Der Hass, der da Obama entgegenschlug, war unglaublich. Und die seltsamsten Geschichten und Gerüchte, die erzählt wurden, machten mir schon damals Gänsehaut. President-elect hat auf einer fundierten Basis beginnen können, die durch die beständige Desavouierung des jetzigen Präsidenten bestand. Was mich wunderte war, wie alleine er da stand. Dort hörte ich immer nur Republikaner, und in meiner Bubble, nur die anderen, aber irgendwie keinen Aufschrei, dass so keine Politik für alle gemacht werden kann.

Und zugleich war ich Gast bei Menschen, die ihre Häuser nicht versperrten, die mir vertrauten und mich alleine in ihren Häuser sein ließen. Es waren Couchsurfer, bei denen ich wohnen durfte. Reisende, die immer weltoffen und neugierig sind, die die Türen für Fremde öffnen, sie brauchte ich, um auch das andere Amerika zu sehen. Und von ihnen lerne ich. Sie trösteten mich immer und waren immer auch mein Amerika. Einschließlich der kiffenden Oma, aber sie war eigentlich in Kanada zuhause.

Jetzt wird ein Showmaster ins Weiße Haus einziehen. Aber anders als Ronald Reagan, der als Schauspieler gewohnt war, ein Skript auswendig zu lernen, hat sich der neue damit laufend schwer getan. So schwer, dass ihm seine eigenen Manager für einige Zeit den Twitter-Account sperrten. Unberechenbar. Weil das nicht absurd genug ist, will sich seine Model-Frau dem Hass im Netz widmen.

Aber neben der ganzen Trauer hat dieses andere Amerika in mir Hoffnung wachsen lassen. Anders als bei uns, wo sämtliche Politik in einem anderen Parteiensumpf steckt, in der alle mit der gleichen Rhetorik und Art und Weise miteinander umgehen, gibt es in den USA Persönlichkeiten, die sich zwar einer Partei zugehörig sehen, aber längst nicht so unheimlich verbunden sind, wie bei uns. (Auch wenn sich bislang das Parteien-Establishment durchgesetzt hat, wie jetzt Clinton gegen Sanders.) Ich habe mit Menschen gesprochen, die mir erzählten, wie sie im Privaten politisch aktiv sind. Sie schrieben Briefe an ihre Abgeordneten mit der Hand, vor 50 Jahren, jetzt schreiben sie emails. Sie diskutieren mit den gewählten Vertretern. Und diese antworten.

Ich bin jetzt 55 Jahre alt. Und mich regen heute in Österreich exakt, die gleichen Dinge auf, wie vor 40 Jahren. Egal welche Proteste und Bewegungen es in Österreich gab, das Grundgerüst blieb gleich. Ich war in Gewerkschaften, in Parteien aktiv, doch diese klassischen Strukturen hatten alle. „Wir sind die besseren.“ Und innerhalb der Partei, der Gewerkschaft zerfetzten sie sich im gleichen Stil. Deshalb ging ich wieder. Ich konnte es nie ausstehen. Aber zurück zu Amerika.

Ich habe mich einige Tage vor der Wahl noch einmal versucht zu informieren, so gut es geht. Ich habe mir Dokumentationen der beiden Kandidaten angesehen. Ich war mir lange nicht so sicher wie die Umfragen. Ich habe die Sampels der Meinungsforscher gesehen, 1500 Menschen wurden da befragt, und ich hatte Zweifel. Ich habe versucht, Evidenz für die Korruptionsvorwürfe zu finden. Beim einen ja, bei der anderen nein. Ich wollte wissen, was beide „angestellt“ hatten.

Ich habe mir vor der Wahl „Michael Moore in TrumpLand“ angeschaut, ein Film, der mich zum Nachdenken brachte, abseits der lauten, wilden Menschen auf den Veranstaltungen, jene zu sehen, die letztlich nun auch den Wahlausgang bestimmten. Hier ein Interview wenige Tage vor der Wahl. Und ich werde Moore weiter zu hören, er versteht da etwas und kleidet es für mich in Worte, die ich verstehe. Die Zeitungen schreiben jetzt von seinen Prophezeiungen, das war es nicht, er kann zuhören und er sieht die Menschen und spricht mit ihnen. (weil gerade ein Dokumentarfilm über Michael Moore anläuft, gibt es noch ein PS. am Ende dieses Beitrags).

Ich habe mir Videos angeschaut, in denen Van Jones, ein Aktivist und Kommentator, kurze Zeit verantwortlich für Green Jobs unter Obama, mit Bürgern in Gettysburg sprach. Er hört ihnen zu, will mit ihnen sprechen. Menschen, die nicht in seiner Blase sind.

Beide zeichnet aus, dass sie die Menschen, die nicht ihrer Gesinnung sind, ernst nehmen, sie führen ernsthafte Gespräche mit ihnen. Sie machen sich nicht lächerlich über sie, sie stellen sich nicht über sie. Ich denke, wir sind oft verführt, diejenigen, die auf den Wahlveranstaltungen sind, als Prototyp der Wähler dieser „Recht und Ordnung“-Parteien zu sehen. Wahrscheinlich sind sie es nicht. Wahrscheinlich sind es in der Mehrzahl ganz normale Menschen.

Aber, und das ist meine Hoffnung, Amerika ist ein demokratisches Land und die Menschen wehren sich. Ob es die Proteste sein werden, wie sie jetzt durch das Land schwappen, weiß ich nicht. Doch den eitlen Tropf kränkt es: „Very unfair!“, meinte er. Unfair ist es aber auch, dass Eltern nicht mehr wissen, was sie ihren Kindern sagen sollen. Das Bullying hat in den Schulen schon begonnen. Und noch immer sage ich, die Menschen, die so agieren, sind nicht die Mehrheit. Dazu muss ich nur die Statistik herausholen, die Wahlbeteiligung und den tatsächlichen Prozentsatz der Wähler nennt. Und von den 18% der Menschen, die in den USA leben, die ihn wählten, sind nicht alle „böse“ Menschen.

Aber wie Aaron Sorkin sich Sorgen macht und einen Brief an seine Tochter schreibt: „We get involved. We do what we can to fight injustice anywhere we see it—whether it’s writing a check or rolling up our sleeves.“, machen sich viele Sorgen.
Und das ist das Amerika, das ich auch kenne.

Krempeln wir die Ärmel hoch.

In einer anderen Diskussion auf MSNBC kam etwas interessantes (ziemlich am Ende der 44 Minuten) zur Sprache. Die Wähler, die jetzt Trump wählten, hatten sich vorher für Bernie Sanders entschieden und vorher für Obama. Sie verbindet die Hoffnung auf Änderung. Das sollten wir ernst nehmen.

Ich glaube, es ist vielen nicht bewusst, dass ein Präsident ohne die beiden Häuser nicht viel erreichen kann. Sanders wäre mir lieber, aber die USA war schon unter Obama unregierbar. Hier haben viele geschlafen. Ich habe keinen Aufstand gehört über all die Blockaden der Republikaner, aber laufend Berichte über die Unfähigkeit Obamas. Vielleicht wollten Menschen eine Änderung, weil sie den Stillstand satt hatten. Einen Stillstand, den die Republikaner verursachten. Und eine Stimmung, die die Republikaner schürten. Vielleicht wäre Sanders genauso angerannt wie Obama.

Abschließend ein paar Worte zu Hillary Clinton. Ich habe in den vergangenen Monaten viel über meine Eltern nachgedacht, vieles habe ich lange nicht verstanden, ich sehe heute Dinge anders, verständiger als als Teenager. Und das ist gut so. Die Rebellion der Jugend ist gut, und der Ausgleich im Alter ist auch gut.

Hillary wollte etwas ändern und sie hat viel dafür einstecken müssen. Ihr war das Ziel wichtiger, etwas zu verändern, als die Erniedrigungen, die ihr angetan wurden. Nicht alles finde ich toll, aber ich habe tiefsten Respekt vor einem Menschen, über den so hergezogen wurde, der so oft erniedrigt wurde, und immer wieder aufstand. Ich musste darüber nachdenken, was es heißen muss, durchzuhalten. Und sie wusste, dass sie neben charmanten Männern kaum eine Chance hatte, ob es Bill oder Barack war. Und die vielen Ohrfeigen haben sie vorsichtig gemacht. Authentisch sollte sie sein. Da empfehle ich jedem, ihre frühen Jahre anzusehen. Wie oft sie zurückgetreten ist, sich angepasst hat, weil sie etwas erreichen wollte und sie angegriffen wurde, als sie authentisch war. Sie hat sich hinter eine Sache gestellt, egal was es sie als Person kostete. Ob das immer gut war, glaube ich nicht.

Hier eine der kleinen Geschichten, die mich berührten.

http://nyti.ms/2dSmG0f

Hinter allem stand eine erfolgreiche Anwältin, die nun nicht stark, erfolgreich und energisch sein durfte. Stärke wurde ihr angekreidet. Und so war es auch als First Lady. Niederschläge, immer wieder, und sie stand wieder auf. Und dazwischen sah ich immer wieder Bilder, wo ich eine zutiefst herzliche Frau sah, die loyal zu dem stand, was ihr wichtig ist, ob das ihr Mann oder ihr Land ist. Und es war bei Gott nicht immer leicht. Dafür habe ich tiefsten Respekt. Ich habe mich gefragt, ob ich so viel Kraft hätte und ich denke nicht.

Eine Wahl in den USA war bislang immer nur mit Geld zu gewinnen. Blödes System, oder? Eines der riesigen Probleme der Demokratie Amerikas. Denn die meisten Politiker haben potente Finanziers hinter sich. Und das macht bestechlich und die Politik wird Handlanger derjenigen, die zahlen. Und dies gilt für beide Parteien.

Doch ich habe die Hoffnung, dass die aktiven Menschen in den USA uns zeigen, wie Demokratie aussehen kann. Ja, es ist Zeit für eine Änderung. Die Müdigkeit politisch aktiv zu werden, lähmt auch unsere Gesellschaft.

ps. Und wer mit lernen möchte, am 11. November wurden diese Vorträge zusammengestellt: Talks to watch when you need inspiration to change the world

Amerika hat viele Seiten und einen Traum, das ist wahrscheinlich das, was ich am meisten schätze. So gruselig manche sind, so wunderschön sind andere. Diversity!

Ps. Eigentlich erklärt die erste Frage des Interviewer alles: „…wenn man sich Michael Moores Filme anschaut, weiß man doch eigentlich, dass dieser Mann in erster Linie Entertainer ist und die Fakten gern in seine Richtung streckt.“ Spiegel. Dass 2 Dokumentarfilmer darüber einen Film machen, finde ich, interessant. Die Feststellung „Er verschweigt Zusammenhänge und lässt Dinge aus.“ gibt mir das Gefühl, dass die beiden über ihre eigene Arbeit nicht reflektieren. Denn jeder, der schreibt, „manipuliert“ auf die eine oder andere Art. Meist wird es im Zusammenhang mit Statistik verwendet, aber in Wahrheit ist jede Form von Kommunikation mehr oder weniger manipulativ. Und jeder Journalist, der sich dessen nicht bewusst ist, ein Idiot. Ich habe mir neben Trumpland in den letzten Tagen auch Bowling for Columbine angeschaut. Nein, ich bin normalerweise kein Fan dieser Art von Dokumentationen, genau aus dem Grund, aus dem die beiden diesen Film machten (allerdings reicht mir dazu mein Hirn und ich brauche keinen Beleg dafür, dass hier manipuliert wird). Aber bei Michael Moore in Trumpland war ich ausreichend informiert und in manchen Stellen dieses Filmes wird klar, wie bitterernst es Michael Moore ist, und da spricht er ohne Sarkasmus, ohne Spitzen tief aus seinem Herzen. Und das ist, was mich berührt hat. Hirn einschalten muss jeder. Und ich ende, wie ich begonnen habe.

Überall Menschen, die dir sagen, was du denken sollst, anstatt zu zeigen, wie du denken lernst.

Wanderlust II: Unterm Himmel

Als ich mich heuer mit einer Frau unterhielt, die, so wie ich, gerne reist, und sie mir sagte, dass es heute anders ist, dass sie Grenzen sieht, dass reisen anstrengender wurde, als in jungen Jahren, begann ich zurück zu schauen.

Wieder mal nachdenken, wie immer gerne, immer wieder zweifeln und fragen und neue Antworten finden. Mit aller Leidenschaft.

Vor einigen Jahren dachte ich, ich hätte noch Zeit, nicht unendlich viel, aber doch mehr Zeit. Aber es sterben Menschen und sie sterben nicht nur weit über 80 sondern in greifbarer Nähe. Sicherlich waren es die beiden guten Freundinnen, die kurz hintereinander starben, gerade mal so alt wie ich jetzt bin, die intensiv und leidenschaftlich gerne lebten, die mir die Endlichkeit bewusst machten und mich dazu brachten, auf mein Leben nicht nach Pflichten sondern nach meinen Möglichkeiten und Träumen zu durchdenken.

Dies brachte mich dazu, alles Alte hinter mir zu lassen, eine neue Stadt, neue Ziele, neues Arbeiten zu kreieren. Ich schaute, was wichtig ist, und was nicht. Und Geld war nicht wichtig. Geld ist nicht Leben, Geld macht mir keine Freude. Tun lässt mich leben, etwas Schaffen lässt mich glücklich sein. Und als ich vor einigen Tagen eine Bekannte traf, die mich mich 7 Jahre nicht gesehen hatte, und meinte, ich sehe jünger aus, da wusste ich, ich habe etwas richtig gemacht. Und als ich eine junge Frau bei mir zu Gast hatte, die nun plant ihre zweite Weltreise zu beginnen, und sie meinte, so eine Oma würde sie sich für ihre Kinder wünschen, da war ich mir sicher, dass ich in die richtige Richtung gehe.

Nur hinderte es mich deshalb nicht, nochmal zu fragen, wo ich stehe , wo ich  etwas nachjustieren sollte, was besser laufen könnte. Denn ich hatte mich in meine Projekte vertieft. Und sie machen mir Spaß und treiben mich voran. Aber das Innehalten, das Stillstehen, das Schauen, wo ich gerade bin, das Wahrnehmen des Lebens, das kam zu kurz. Ich wollte auf das Reisen verzichten, um dieses Leben zu führen. Bescheiden, aber glücklich, statt Geld für nichts zu verdienen und hinauszuwerfen, das mich bestenfalls eine Sekunde erfreut. Ich hatte gedacht, es würde reichen, erfüllt zu leben. Doch ich unterschätzte den Beitrag des Reisens für mein Leben.

Hinausgehen, sehen, was mich umgibt, berührt werden, nachdenklich werden, aber auch neugierig. Etwas wissen wollen, noch mehr lernen und verstehen wollen, das bringt das Reisen in mein Leben.

Und ich überlegte, ob es möglich sei, öfter diese Herausforderungen, diese Leidenschaften, dieses Neue hereinzuholen, in das Leben, das ich jetzt führe. Denn diese Qualität bringt weitere Süße in mein Leben.

Ich lebe,
als ob heute mein erster und mein letzter Tag wäre. Neugierig was kommen wird und voll Freude, dass ich jeden Tag genutzt habe und nichts versäumt habe.

Es hat Zeiten gegeben, da hatte ich immer den Pass dabei, jederzeit abhauen, dann hatte ich lange Zeit, meinen Schlafsack im Auto: Schlafen, wo immer ich möchte. Und dann dachte ich lange nach, erinnerte mich an meine Sehnsucht, die erwacht war, seit ich in Australien war: mit einem kleinen Bus fahren, wohin der Wind mich treibt.

Ich suchte alle meine Reiseberichte und daraus wurde www.untermhimmel.eu, ein Ort, wo ich jederzeit rund um die Welt reisen kann, dort habe ich meine Reisen von Australien bis Amerika zusammengetragen.

Und dann wurde es ernst. Eigentlich war es Liebe auf den ersten Blick, aber vorsichtig wie ich bin, beobachtete ich Jules lange Zeit. Heute steht er draußen vor meinem Haus und jeden Tag grüße ich ihn morgens als Erstes freudig. Mein kleiner Franzose. Die Abenteuer mit ihm kannst du hier www.untermhimmel.eu nachlesen.

Und ich hoffe, es wird dir so viel Vergnügen wie mir bereiten.

 

Gedichtband „Momente des Abschieds“

Endlich habe ich meine Gedichte aus einer dunklen Zeit veröffentlicht. 

Es ist eine besondere Herausforderung, meine Traurigkeit offen stehen zu lassen. Wie viele Menschen gibt es, die verstehen, dass es Zeiten gibt, wo sie immer mitschwingt, sie mein ständiger Begleiter war?

In sieben mageren Jahren, die mit dem Tod des Vaters begannen und mit dem der Mutter endeten, kamen Wörter zu mir. Heute scheinen die Schatten von damals verschwunden. Inzwischen wurden sie ein integraler Bestandteil. Abschied zeichnete diese Zeit meines Lebens auf vielfältige Weise.

Ich sammelte Wörter.

Wörter halfen zu überleben.

Eines Tages stellte ich fest, dass vieles in der Tiefe schlummerte, bis die Kraft zum Wachsen erreicht war, die ersten Triebe auftauchten und ließen mich wie eine Pflanze wieder dem Licht zustrebte.

Ich will die dunklen Zeiten nicht vergessen, sie sind ein Teil von mir, wie die heiteren auch.

Meine stillen „MOMENTE DES ABSCHIEDS“

Ganz privat, ganz allein, viel zu intim sind sie, um sie anderen in die Hände zu legen, deshalb wollte ich dieses kleine Büchlein im Eigenverlag zum Leben erwecken.

Bestellen kannst du sie direkt bei mir. Schick mir einfach eine Nachricht.

Gut Ding braucht Weile: Gedichtband „Momente des Abschieds“

Eine meiner Leidenschaften, das Schreiben, ist heuer gänzlich zu kurz gekommen.

Endlich habe ich meine Gedichte aus einer dunklen Zeit veröffentlicht. Das Design war bereits im vergangenen Jahr fertig, die Bilder ausgesucht.

Es ist eine ganz eigene Herausforderung für mich, meine Traurigkeit offen stehen zu lassen. Wie viele Menschen gibt es, die verstehen, dass es Zeiten gibt, wo sie immer mitschwingt?

In sieben mageren Jahren, die mit dem Tod des Vaters begannen und mit dem der Mutter endeten, kamen Wörter zu mir. Heute scheinen die Schatten von damals verschwunden. Inzwischen wurden sie ein integraler Bestandteil. Abschied zeichnete diese Zeit meines Lebens auf vielfältige Weise.

Ich sammelte Wörter.

Wörter halfen zu überleben.

Eines Tages stellte ich fest, dass vieles in der Tiefe schlummerte, bis die Kraft zum Wachsen erreicht war, die ersten Triebe auftauchten und ließen mich wie eine Pflanze wieder dem Licht zustrebte.

Ich will die dunklen Zeiten nicht vergessen, sie sind ein Teil von mir, wie die heiteren auch.

Meine stillen „MOMENTE DES ABSCHIEDS“

Und zwar ganz privat, ganz allein, zu intim, zu sensibel, um sie anderen in die Hände zu legen, wollte ich dieses kleine Büchlein zum Leben erwecken.

Im ebook wirbelt es meine Bilder durcheinander, die Wörter nicht. Die Gedichte sind geblieben wie sie waren.

Ein Auswahl der Gedichte und Fotos kannst du hier nachlesen.
Bestellen kannst du sie hier.
Oder direkt bei mir. Schick mir einfach eine Nachricht.

über mich

english

Ich, Ruth Barbara Lotter, bin Autorin, Reisende, Malende, Fotografierende – MENSCH.

Wachsen und Gedeihen durch Worte möchte ich und hoffe, dass Sie ebenso Vergnügen daran finden wie ich. Autor kommt von Auctor ist ein „Förderer, Veranlasser, Urheber, Gewährsmann, Bürger“. Das ist, was ich tun will: augere „fördern, gedeihen machen, wachsen lassen“.

Zumindest versuchen will ich es.

Willkommen auf meiner Seite!

Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal überlegt haben, was für Bilder andere von Ihnen haben? Ich schon. Es sind viele, nicht nur bei mir, auch bei Ihnen. Hier will ich jungfräulich sein, das Bild neu, unberührt von alten Vorurteilen lassen, und unbelastet frei agieren.

Sie lächeln?

Ich weiß, diese schneeweiße Unschuld wird bald verloren gehen.

Eine taufrische Frau in ihren 50ern, neugeboren, ein unschuldiges Kind, auch wenn es nur meine Worte sind, die so rein sind. Mein Leben ist bunt und manchmal vom Nebel verhüllt. Doch sind es Worte, die mir halfen, mich zu retten. Ich will hier nicht die Tochter, die Frau, die Mutter, die Jungfrau, die Kinderlose, die Oma, die ohne Familie, die Ex, die Tirolerin, die Beamtin, die Unternehmerin, Angestellte oder Arbeiterin, die Verrückte, die Normale, die Emotionslose, die Hysterische, die XY sein. Hier bin ich die Autorin, darauf habe ich Lust.

Wenn mich jemand einordnen will, wird keine Schublade reichen, es muss schon ein ganzer Apothekerschrank sein – mit tausend Laden oder ein Buch mit tausend und noch viel mehr Seiten. Ich mag es, andere Kleider anzuziehen, wenn ich zu schreiben beginne. So lade ich Sie ebenfalls ein, ihre gewohnten Kleider zu wechseln, wann immer Sie ein Buch zu lesen beginnen.

Manchmal steht das Leben auf dem Kopf und so stand der erste Artikel über mich in der New York Times: „Earthly Dream Is Realized in the Rain Forest“. Mögen andere folgen.

Ich bin Ruth Barbara Lotter. Eine Frau geboren in Tirol und lebe im Burgenland. Ich will Geschichten erzählen. Das ist, was zählt.

Was bisher geschah:

Ich kann es nur wärmstens empfehlen, ein Jahr lang die Phantasie wandern lassen, wie es ihr gefällt. Als 2013 meine Mutter starb, beschloss ich, ein Jahr lang darüber nachzudenken. wie ich mein Leben führen möchte. Ich bin in den letzten Jahren durch verschiedene Abteilungen des Fegefeuers gegangen. Sprüche wie: in der Not erkennst du, wer deine Freunde sind, durfte ich lernen. Es fühlte sich an, als ob ich am Boden liegend mit Füße getreten wurde. Doch viel wichtiger ist, dass andere gekommen sind. Gelassen beginne ich ein neues Leben. Ich habe gelernt, viel Geduld zu haben, um tief schlummernde Träume wahr werden zu lassen. 2014 war das Jahr vorüber und ich begann an der Umsetzung eines Lebens, das ich in jeder Weise als gesund empfinde: seelisch, körperlich und geistig. Es braucht seine Zeit, doch das stört mich nicht. Auch dass es einige Jahre still um mich wurde, gehört zu meinem Wachstumsprozess. Wie eine Raupe, die sich verpuppte, um dann der Schmetterling zu werden, der in mir schlummert.

2017

Ruth malt

2016

„MOMENTE DES ABSCHIEDS“ Gedichte

neue Träume, neue Ziele: Unterm Himmel

2015

ebook edition von im irgendwo

Gebrauchsanweisung für Marie. Derzeit nur mit Snippets veröffentlicht.

2014

ebook edition von

blue night dreams
never too much feeling
nia z’viel gfühl

2011

„Earthly Dream Is Realized in the Rain Forest“

ist ein Artikel über mich in der New York Times, welcher über meineArt Urlaub zu machen und die Suche nach neuen Inspirationen erzählt.

coco2009

Fotos für Jojo Smith
Ausstellung: les rêves – photographies. Galeria SENDRA-ALIZES, Draguignan, France

2008

Leseperformance beim Benefizabend für „Emergency“. Improvisation: mit Lucia Riccelli (tanz), Agnes Hvizdalek (voc), Cornelia Pesendorfer (oboe)

Lesung in Innsbruck mit Ines und Julia Egger (Zither) bei der Sonntagsmatinee des Turmbundes Gesellschaft für Literatur und Kunst

lesung-lotter-gedersdorfLesung in Theiß/Gedersdorf. Musikalische Begleitung mit Schülern der Musikschule Gedersdorf unter der Leitung von Thomas Neureuter

2007

song-a-sing_cover3CD-Cover „Song a Sing“ von Triu.

Veröffentlichung im „Morgenschtean“. Die österreichische Dialektzeitschrift. u18/19. 2007/2008.

„im irgendwo. Bilderbuch für Große. Storybook for Adults.“deutsch & englisch. Wien 2007.

 

2006

Leseperformance “blue night dreams” in der Akademie der bildenden Künste, Wien. Improvisation: Carl Pannuzzo (Klavier) und Lucia Riccelli (Tanz) mit den Texten gelesen von Ruth Lotter.

ausstellung002Leseperformance „blue night dreams“ im Restaurant Goldmund, Wien. Improvisation mit Claudia Cervenca (Stimme) und Gerald Selig (Saxophon, Klarinette)

Fotoausstellung in Wien, Restaurant Goldmund (März-August

Fotos zur CD „In The Night The Stars Shine“ von Carl Pannuzzo

Lesen in Tirol in der Bücherei Zirl

„blue night dreams. Bilderbuch für Große. Storybook for Adults.“ deutsch & englisch. Wien 2006.

„never too much feelings.“ Gedichte (Übersetzung von „Nia z’viel G’fühl“). Wien 2006.

2005

„Nia z’viel G’fühl“, Gedichte im Tiroler Dialekt. Buch und CD. Wien 2005.
Präsentation Akademie der bildenden Künste. 1/5 jedes verkauften Exemplars ging an das Projekt, bei dem ich seit 2005 mitarbeite: „Kids in Zambia“

Beim Abschiedskonzert 2005 von Carl Pannuzzo haben er und Ruth Barbara Lotter ein Gedicht 4-sprachig vorgetragen: auf Tirolerisch, auf Englisch und in österreichischer und australischer Gebärdensprache:

d’sterndln

mit jedem du kimmt was neisund jedes neie isch a sterndl,carli
des aufgeht am horizont.
des kann da niemand nehmen,
nur du kannsch’s vergessen.

des sein deine sterndln
und du bisch der meischter
über dein sternenhimmel
und vergiß nit, jed’s sterndl
macht dein himmel heller und schener und leichtender.

geh aussi und sammel deine stern
polier sie und putz sie, sei guat zu ihnen
und wenn oana geht, wird a neier kemmen,
und der alte wird nachstrahlen
als erinnerung in deim herzn.

und dei herz wird heller
und schener
und leichtender.
vergiß des nit, des isch dei leben,
des du zum leichten bringsch.

2004

erste Fotoausstellung in Wien, Städtische Bücherei Zirkusgasseruth_goldmund

Erstes Lesen in Wien bei den Österreichischen Dialektautorinnen und -autoren

2002

Erstmals öffentliches Lesen bei einem Poetry Slam in Tirol

Endlich wagte ich, durch Freunde ermutigt, Schritte nach aussen und setzte an, wo ich 20 Jahre zuvor aufhörte

Studium in Wien
Schrieb, las und fotografierte, bis ich alles loslassen musste
Geboren in Innsbruck, Tirol

english

2016

„MOMENTE DES ABSCHIEDS“ Gedichte.

Poems, german.

2015

ebook edition

im irgendwo

Final work on the novel

Gebrauchsanweisung für Marie. Partly published.

2011

„Earthly Dream Is Realized in the Rain Forest“ is an article about me in the New York Times which describes a little bit how I felt and what I was looking for.

2010/11

Working on different books. „Research“-Holiday Along the Pacific Coast with Ruth from LA to Vancouver

2009

Photographs of Jojo Smith
exhibition- rêverie – photographies. Galeria SENDRA-ALIZES, Draguignan, France

2008

Reading Performance “blue night dreams” at the fundraising for „Emergency“. Improvisation with Lucia Riccelli (dance), Agnes Hvizdalek (voc), Cornelia Pesendorfer (oboe) and and Ruth Lotter (photographs and text)

Reading in Innsbruck with Ines and Julia Egger (Zither) at the morning performance of the Turmbund, Society for Literature and Art

Reading in Theiß/Gedersdorf

2007

Cover for the CD „Song a Sing“ of Triu

Publication in the „Morgenschtean“. The Journal of Austrian Dialect Writers. u18/19. 2007/2008

„im irgendwo. Bilderbuch für Große. / in the somewhere. Storybook for Adults.“
deutsch & englisch

2006

Reading Performance “blue night dreams” at the Academie of Fine Arts, Vienna. Improvisation with Carl Pannuzzo (piano), Lucia Riccelli (dance) and Ruth Lotter (photographs and text)

Reading Performance “blue night dreams” at the Restaurant Goldmund, Vienna. Improvisation with Claudia Cervenca (voc) und Gerald Selig (saxophon, clar)

Exhibition, Restaurant Goldmund (03-08(2007)

Photographs for the CD „In The Night The Stars Shine“ of Carl Pannuzzo

Reading in Tirol: public library, Zirl

„blue night dreams. Bilderbuch für Große. Storybook for Adults.“
deutsch & englisch

„never too much feelings.“ Poems (Translation von „Nia z’viel G’fühl“)

2005

„Nia z’viel G’fühl“, Poems in Tyrolean Dialect. Book and CD Presentation at the Academie of Fine Arts. 1/5 of every sold book is for a project I work for: „Kids in Zambia“

Farewell Concert 2005 of Carl Pannuzzo . Performance of a Poem in 4 languages: Tyrolean, English and Austrian and Australian Sign Language

little stars

with every you,
something new is coming into your life
this new thing is a little star
that grows from the horizon
and no one can take it away
only you can forget your new little star.

but you are the master of your sky
with all the little stars above.
don’t forget with every star
your sky will be brighter, beautiful, glowing.

go out and collect your stars.
clean and polish them. be good to your stars
and if one will leave
a new one will come. always.

the old one will leave his remarks in your heart.
your heart will be brighter. beautiful. glowing.
don’t forget.

it’s your life that makes you glow.

2004

First exhibition at the Public Library Zirkusgasse, Vienna

First Reading in Vienna at a Meeting of the Austrian Dialect Writers

2002

First Poem read at a Poetry Slam in Tirol

Finally friends encouraged me to go out and I started where I stopped 20 years ago

Study in Vienna
Wrote, read and was taking pictures, till I had to let it go
Born in Innsbruck, Tyrol

Move on

Ist es Rastlosigkeit,
die Schmetterlinge Kontinente überqueren lässt?
Oder den Menschen zum Mond fliegen?

Im Stillstand lässt sich Ruhe finden.
In der Bewegung anderes.

In der Bewegung bekomme ich die Wahl, egal welche.
Im Fluss ergeben sich Lösungen, ob ich will oder nicht.
Warum sollte ich mich entwurzeln und woanders hin gehen?
Ist es Rastlosigkeit? Unruhe?

Das erste Lebewesen, dass sich bewegte, wollte Sicherheit – eine klare, saubere, glatte Oberfläche, um dort bleiben zu können. Doch der Untergrund ist immer in Bewegung, und nicht nur er. Auch über uns Veränderung. Alles bricht, alles verändert sich. Nur sehen wir manches – gefangen in unserer eigenen Zeit – nicht. Wenn Gebirge sich aufbäumen, das Meer sich erhebt. Wenn der Mond sich von uns fort bewegt und die Erde sich ihrem eigenen Taumeln stellen wird müssen in Milliarden Jahre Ferne.

Wenn das Leben hier, wo ich bin, zu schwer wird, dann werde ich dorthin gehen, wo es leichter ist. Nicht das Abenteuer lässt einen Aufbrechen, es ist die Sehnsucht nach Behaglichkeit, einem Zuhause, das gefunden sein will.

Nirgendwo ist es für immer sicher, nirgends auf unserem kleinen blauen Planeten und auch nicht im restlichen Universum. Egal ob Rastlosigkeit oder Verzweiflung an einem gewissen Punkt muss ich aufbrechen. Ob im Geiste, mit meiner Seele oder in meinem Körper.

Sicherheit im Stillstand zu suchen, ist die reine Illusion. Sie in der Veränderung zu finden, unendlich viel schwerer und doch ist sie letztlich nur in der Bewegung, im Wandel wirklich.

Aufbrechen, so wie es die ersten Lebensformen vor 565 Millionen von Jahren erfunden hatten.

Ich habe keine Wahl. Die Natur hat das früh erkannt. Das Leben hat das früh erkannt.

Entweder bewege ich mich – oder ich sterbe.

Deshalb bewegen wir uns. Und hören nie auf uns zu bewegen.

Die wahre Heimat ist der Wandel.

Dies ist eine freie Übersetzung mit kleinen Ergänzungen über die ersten Spuren im Sand, die die ältesten Fossilien der Erde hinterlasse haben.
(Our Earliest Example of an Animal Moving on Its Own).
Ich muss dabei an meine eigenen denken. Es sind meine Bewegungen des Geistes, meine Bewegungen auf der Welt, meine Bewegung von einer Arbeit zur nächsten, einer Berufung zur anderen.
Aber sind dies nicht auch die Bewegungen, die Menschen treiben, ihre Heimat zu verlassen?

Familien-Los

Manchmal scheint es so zu sein, dass Familie ein Los ist, das einem wie bei einer Lotterie zufällig zugeteilt wird. „Du hast ein schweres Los gezogen.“ 5 Tonnen schwer? Oder sind 5 Kilo auch schon zu schwer?

Wie oft ist das Herz so schwer, weil in der Familie etwas nicht so läuft? Meines war schwer, tonnenschwer, so schwer, dass ich mich entschied, weit weg zu leben. Und jeder Besuch legte wieder einen Stein auf mein Herz. Einen ganzen Geröllhaufen auf meinem Herzen. Nach einem Tag begann das Gezeter meiner Eltern, wer, wie und was ich sein sollte, und warum ich nicht so sei, wie meine Eltern es gerne hätten. Das Gezeter war so laut, dass nach dem Tode meines Vaters seine Freunde weiter zeterten.

Und zuhause ein Mann, der meinte, ich solle vergessen, was gewesen. So übt man Verdrängung. Ich stieg in den Zug mit Augen voll mit Tränen und stieg aus, die getrockneten Spuren des salzigen Wassers auf den Wangen und wusste nicht mehr, was gewesen war. Denn es interessierte niemand, oder zumindest nicht jenen, dessen Ohr mir wichtig war. Ich weiß bis heute nicht mehr, was mich so auflösen ließ. Hätte ich so weiter gelebt, wäre mir das Schicksal meiner Eltern garantiert gewesen: Alzheimer, die Krankheit eines verdrängten Lebens. Jetzt habe ich noch eine Chance, dem zu entkommen.

Nur einer hatte erfahren, dass mein Vater und ich es geschafft hatten, Frieden zu finden, Frieden miteinander, Familienfrieden, weil mein Vater erkannte, dass ich nicht so war, wie er dachte. Denn da war sein Herz schwer und ich trug sein Herz in meinen Händen, so gut ich konnte. Ich hatte aufgehört an meine Grenzen zu gehen, Grenzen, die meine Eltern nicht sahen, sondern vom Gegenteil überzeugt waren. Anstatt an die Grenzen meines Herzens zu gehen, blieb ich bei mir und auch bei ihnen. Der Rat des Hausarztes war bei mir: Denken Sie daran, dass Sie das Kind sind. Mit diesem Respekt begleitete ich meine Eltern ins Land des Vergessens.

Und wenn mich jemand fragte, warum ich ihnen nicht ganz den Rücken kehrte, dann sagte, manchmal schrie und manchmal seufzte ich es: „Sie sind die einzigen Eltern, die ich habe. So etwas gibt es nicht noch einmal.“

Dafür liebte ich sie.

Das war bedingungslos.

Das war mein Los.

So oft ging ich an Grenzen, um bei anderen zu sein. Ich kannte den Preis. Als ich diesen Preis nicht mehr zahlte, zahlte ich einen anderen. Selbst das, war mir bewusst. Manchmal kannte ich die Karten, bevor sie noch ausgeteilt waren. Es war kein Pokerspiel. Sie lagen offen vor mir.

Die Treue gehört nun mir, während sie früher den anderen gehörte.

Doch die Angst war auch bei mir, als zuerst mein Vater schneller und meine Mutter langsamer ging. Jahrelang fürchtete ich mich, wie es sein würde, wenn sie gegangen sein wird. Familienlos. Und als sie gingen, fiel mir ein Stein vom Herzen. Zuerst der eine, dann der andere. Denn ihre Qual war zu Ende. Ich vergaß, dass es nur zwei gewesen waren.

Wieder dachte ich, ich hätte überlebt, überlebt familienlos zu sein.

Ich dachte, die Tränen wären als Bach ins Meer gefloßen, und nicht als Regen auf die Erde gefallen, die Tropfen, die Pflanzen wachsen lassen. Doch nun schneide ich gerade ein weiteres Band zur Heimat durch und die Heimat entzweit sich ebenfalls und ich verliere Halt. Zuerst versteinerte ich, erstarrt wie ein Statue konnte ich das Leben noch leben. Jede Bewegung schmerzte. Als ich die Totenstarre verließ, wurde mir schwindlig und mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Jede Drehung und es zog Kreise über mir, und ich wusste nicht, wohin ich den Fuß setzen sollte. Alles bewegte sich um mich, die ganze Welt rotierte um mich wie sie um die Sonne. Inzwischen nur mehr manchmal und nicht mehr die ganze Zeit rundherum.

Du meinst, eine Wahlfamilie sei Ersatz. In Zeiten des Sonnenscheins ganz leicht – ich übertreibe maßlos, für mich relativ leicht. Andere haben nicht so viel Glück. Ich mag Menschen, ich spreche gerne mit ihnen, bin gerne mit ihnen. Doch bei Sturm und Unwetter jeglicher Art spielte ich wieder Lotterie. Und verlor. Ich verlor so oft.

Schon als Stöpsel lachte ich, wenn andere vor mir liefen und mich auslachten, weil ich Pummelchen ihnen nicht nachkam. Ich lachte zurück, den das Weinen hätte selbst diese Verbindung getrennt. Ich zuckte zusammen, als mir die Freundin, die ich wochenlang alleine besuchte, weil sie ans Bett gefesselt war, sagte, die andere, die, die nicht da war, sei ihre beste Freundin. Und ich lachte. Die andere, die meinte, nein, sie können nicht meine Freundin sein, denn die andere hatte sie erpresst, sie oder ich. Und ich verlor. Die nächste, die mich überredete zu ihr zu ziehen, ein Versuch, wie ein Leben in einer WG aussehen könnte, und ich war einsam wie nie zuvor. Denn da war die eine andere Freundin, die sie bräuchte, während ich niemand bräuchte, wie sie sagte, und sie ward nie gesehen. Und ich saß 2 Monate alleine in einem Haus am unbekannten Land, unter der Bettdecke, denn das Jahr war jung, der Winter noch im Lande, bis ich reumütig nach Hause zog. Experiment gescheitert. Ich war eine Last, nicht nur für Eltern, auch für meine Freunde und heiratete den, der mich wollte. Sonst gab es keinen, der mich wollte. Bis auch der mich nicht mehr wollte.

25 Jahre später wagte ich es nochmal. Ich dachte, ich müsse nur klar sagen, was mir gut tut und was mir ein Messer in die Brust rammt. „Authentisch sein“ sagen sie dazu oder „Ehrlich“, „Ganz du“.

Die eine lachte und meinte, das sagtest du schon. Ja, ich sagte, dass es mich verletzt, wenn du auf eine mail von mir, einer zweiten mail und einer dritten du nicht antwortest. Und ich sagte es einmal, zweimal, dreimal. Ich habe aufgegeben. Das Loch im Herzen blieb.

Oder jene, deren verächtlichen Blick ich ignorierte, weil die Liebe zu ihr so groß war. Bis ich die Verachtung nicht mehr aushielt und Abstand suchte. Und hin und wieder bricht die Wunde auf und ich pflege sie, bin gut zu ihr, verbinde sie und warte bis sich wieder eine Kruste bildet.

Das andere Mal bat ich, lass mich zu Wort kommen – einmal, zweimal, dreimal. Und als ich dreimal nicht zu Wort kam, weil die Wörter so tief in mir voll Schmerzen steckten und Zeit brauchten, um an die Oberfläche zu kommen, und trotzdem Wörter über mich ergoßen wurden, drehte ich mich um und ging. Es trampelten Wörter auf mir herum.

Als ich bat, sprich mit mir, sag mir, was ich falsch gemacht habe – einmal, zweimal, dreimal. Da wurde ich mit Schweigen niedergestreckt. Ich erhielt keine Antwort, also fragte ich noch ein viertes Mal und bekam ein fertiges Bild überreicht, wer ich denn sei. Verrückt und ohne Tassen im Schrank. Zumindest damals. Doch damals war ich nicht weniger ver-rückt als heute. Ich hatte nur meine Seele beschützt, doch das interessierte sie nicht, das glaubte sie nicht. Narrisch, wie meine Mutter. So trug ich den Wahnsinn mit Stolz wie meine Mutter und für meine Mutter, die auch niemand in ihrem Sosein ernst nahm.

Ich verbog mich nicht mehr. Aber vertrauen kann ich nicht mehr so wie vor 10 Jahren. Vorsichtig bin ich geworden, werfe mit meiner Liebe nicht mehr so herum, wie die vergangenen 50 Jahre, dabei liebe ich es zu lieben. Oh Gott, wie sehr ich es liebe. Ich liebte es immer schon. Staunte immer über den anderen. War fasziniert über die Menschen in meinem Leben. Doch die Distanz erspart mir heute Tränen. Und manchmal bleib ich fern, weil mich der Neid zerfressen würde. Und der Neid meine Seele.

Zugleich fühle ich mich undankbar, denn mehr als je zuvor habe ich Freunde, gute – beste Freunde in meinem Leben wie nie zuvor. Ich danke euch. Einmal, Zweimal, Dreimal, nein Tausendmal. Doch gehe ich immer einen Schritt zurück, denn nichts ist mir wichtiger als ihr mit euren Familie. Mich brauchen ihr nicht dazu. Und immer hoffe ich, ihr wißt, auf wen Verlass ist, so 100% und ganz und gar. Und ja, ich weiß, dass nicht alle Menschen in diesen Familien so sind, so mit Verlass und Vertrauen ganz und gar. Und ja, ich weiß, dass es Schmerzen gibt in diesen Familien. Oft ist es ein Dornenstrauch, der ganze Clan, aber ja. Trotzdem sehe ich auch die einzelne Rose in diesem Familienstrauch.

Letztens ertappte ich mich dabei, wie ich jemandem sagte, dass ich ihm vertraue. Niemand, den ich besonders gut kenne, auch nicht jemand, in den ich mich blindlings verliebt hätte (was bekanntermaßen blind macht). Nein, keine Liebe, nur ein Mensch. Ein Mensch, dem ich zusah, wie er mit Menschen umgeht, mit ganz Nahen und weit Entfernten. Und ließ mich berühren. Und jede Sekunde, die ich daran denke, ist eine Träne. Gut, dass es viel mehr Sekunden ohne diesen Gedanken dazwischen gibt. Es wurde schwer, weil ich sah, dass ich für 10% seiner Familie alles geben würde, was ich habe. Die Vertrautheit aller, der Frau, der Kinder, der Katze, des Hundes, alter Freunde. Nur 10% davon. Mehr braucht es nicht zum Leben. Und sein Wissen vom Wert dieses Glücks hebelte mich endgültig aus. Er weiß von seinem Glück, er weiß, sein Glück zu schätzen. Gott sei Dank!

Jetzt dreht sich die Erde noch immer ein wenig um mich.

 

Ich schäme mich, wie Österreich Menschenrechte mit Füßen tritt

Alle Menschen sind frei und
gleich an Würde und Rechten geboren

 

68 Jahre wird die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte heuer alt. Und gerade fühlt es sich an, als sei sie dem Kindergarten noch nicht entwachsen.

Nie dachte ich, dass ich in dem Land, in dem ich geboren bin, in dem ich aufgewachsen bin, in dem ich lebe, jemals zweifeln würde, ob ich diese Rechte, in dem Staat, in dem ich lebe, so in Frage stellen würde.

Wenn ich als Teenager in den 1970er Jahren Filme über die wohl beschämendste Zeit des 20. Jahrhunderts, zumindest hier in Europa für Menschen meiner Generation und jener vor mir, sah, hoffte ich, etwas derartiges nicht erleben zu müssen. Zumindest nicht in meinem Land, oder, wie ich damals dachte, in meinem Europa.

Ob dies das Töten unschuldiger Menschen oder das Beschämende Verhalten der anderen Ländern, die vielen die Flucht nicht ermöglichten, war. Hoffen, denn mir war klar: Nichts ist sicher. Zerschlagen. Wie zerbrechlich diese Menschenrechte auch in Demokratien sind, wollte ich nicht glauben. Doch heute geben rechte nationalistische Staaten die Linie vor. Zumindest hier in Österreich. Im Egoismus. Ich schäme mich.

Früher war es Nationalismus, heute schaut jeder, dass er das Seine ins Reine bringt. Nun treffen sich die Verteidigungsminister, um sich vor unbewaffneten Menschen zu schützen. Aber Geld für jene Länder, die diese Menschen über Jahre aufgenommen haben, hat man schlicht „vergessen“ zu zahlen. Nein, nicht vergessen, unser Budget gehört saniert, wir müssen das Defizit reduzieren, da können wir Menschen in Not nicht helfen. Geld wird für Zäune ausgegeben, nicht für Menschen. Und jenen, die halfen, werden verhöhnt, wenn ihre Spenden plötzlich dafür verwendet werden, um den Staat zu sanieren, den Organisationen, die einsprangen, als der Staat versagte, das gespendete Geld abzieht. Ich schäme mich.

Ich verstehe vieles nicht mehr. Trotz meiner Fragen und meines Nachlesen.

Ich weiß noch, wie ich mich vor 30 Jahren über das Milgram-Experiment unterhielt und mich Freunde betrachteten, als sei ich verrückt geworden, so ein Verhalten (von ihnen) für möglich zu halten. Wir legen heute keine Schalter um, wir hören auch keine Schreie, sehen keine Bilder, wenn wir nicht wollen, dem allen kann ich ausweichen, keine Nachrichten, schnell weiterblättern, bevor das Entsetzliche mein Herz erreicht. Warfen wir nicht genau dies den Menschen vor, die unter dem nationalsozialistischem Staat lebten? Dass sie von nichts wussten? Oder sehen und hören wir das alles und es berührt uns nicht? Es hat nichts mit uns zu tun? Genauso wenig wie der Nationalsozialismus mit unseren Eltern und Großeltern zu tun hatte. Ich schäme mich.

Ich habe nicht vergessen, ich habe die zahlreichen Kämpfe vergessen. Dass die Gleichheit in den USA länger eine Ungleichheit war. Ich habe nicht vergessen, dass Frauen lange nicht wählen durften, in Spanien und Portugal erst wieder nach dem Ende der Diktaturen in den 1970ern, in der Schweiz 1971und Liechtenstein als Schlusslicht Europas 1984. Wobei der Kanton Appenzell Innerrhoden nur durch die Verfassungswidrigkeit ihrer Kantonsverfassung 1990 gegen die Mehrheitsentscheidung der Männer das Frauenwahlrecht einführen „musste“, quasi gezwungen wurde. Gleich und gleicher. Früher war es nicht besser.

Viel zu wenig dachte ich darüber nach, dass meine Mutter damals die Erlaubnis meines Vaters brauchte, um arbeiten zu dürfen. Ich glaube, mein Vater wusste das nicht. Denn sie war es, die nach einer Krebserkrankung nicht mehr in der Nacht in eine Fabrik putzen gehen wollte, Putzen, weil sie die Fließbandarbeit noch viel weniger aushielt. Später war sie auch mal Garderobiere und putze auch wieder, das war das kleine Stückchen Freiheit, ein wenig eigenes Geld. So klein konnte Freiheit sein: ein wenig Taschengeld als Symbol für ein klein wenig Unabhängigkeit. Früher war es nicht besser.

Warum ich daran denke? Weil so viel von unseren Werten die Rede ist und mir die Fragilität dieser jetzt wieder bewusst wird. Wir haben Politiker, die von Werten sprechen. Doch von welchen Werten sprechen sie? Den Menschenrechten?

Alle Menschen sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander
im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Klingt dies nicht wie Hohn? Geiste der Brüderlichkeit? Mir sind all jene unheimlich, die kleine Kinder anschreien: „Wir sind das Volk“, während diese ihre Worte nicht verstehen, nur Ungeheures hinter sich, Ungeheures vor sich sehen.

Christliche Werte? Weihnachten empfand ich zum ersten Mal sehr beschämend. Denn ich fragte mich, welchen Sinn es hat, dass wir von klein auf diese Geschichte hören und dann nicht erkennen, dass genau dies jetzt – und nicht vor 2000 Jahren – passiert.

Mir ist es nicht geheuer, wenn ich höre, wie Menschen heute und hier in Österreich andere anschnauzen, weil sie hören, dass sie sich mit jemand anderem nicht in ihrer Sprache unterhalten. So berichtete es Julya Rabinowich und nicht nur sie in einer Diskussion bei Kreuz und Quer. (http://tvthek.orf.at/program/Kreuz-Quer/8598576 Schade, dass dieses Gespräch nicht länger nachgeschaut werden kann, es gibt Momente da zweifle ich am öffentlich rechtlichen Rundfunk. Wozu zahle ich eine Gebühr, wenn ich es nicht schauen kann, wann ich will?) Mir läuft es kalt hinunter, wie ungeniert rassistische und nationalistische Äußerungen von sich gegeben werden.

Das sind die Menschen, die ich fürchte.

Jede andere Angst ist so gerechtfertigt, wie die Angst vor dem Ziegelstein, der mir auf den Kopf fallen könnte. Aber die aggressiven Nachbarn, Menschen in öffentlichen Verkehrsmittel, Gäste im Kaffeehaus, die sind da, sind ganz nah und wenn die so sprechen, habe ich Angst.

Wo lebe ich heute?

In einem Land, wo seit Jahrzehnten Öl ins Feuer geschüttet wurde, und als Ergebnis Menschen stolz Menschenverachtendes sagen können. Vorbei sind die Zeiten, wo Mitschüler den anderen als Nazi bezeichneten, wenn er rassistische Äußerungen von sich gab. Heute wird dann von Meinungsfreiheit gesprochen, die sich aber dann nur auf die eigene bezieht. Doch die Ruppigkeit zeigt sich auf allen Ebenen, von rechts und links. Ich mochte das nie. Aggression ist mir nicht geheuer.

Wo lebe ich heute?

In einem Land, wo nicht nur rechte, sehr rechte Parteien menschenverachtend sprechen, sondern Mainstream-Politiker diesen Populisten nachhecheln, anstatt stolz zu sein, diese Zeiten hinter sich gelassen zu haben. Wo es egal ist, dass die Wissenschaft schon längst festgestellt hat, dass es Rassen im naturwissenschaftlichen Sinn nicht gibt. Erschreckend genug, dass es rund 30% der österreichischen Bevölkerung ist, die in Unkenntnis des Parteiprogramms, jene wählen, die ihnen noch mehr nehmen wollen. 30% ist nicht die Mehrheit. Doch es sind nicht nur jene 30%, die nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ herumpöbeln, Menschen in verachtender Weise anschnauzen, und schließlich bedrohen. Sie haben diesen Ton salonfähig gemacht.

Wo lebe ich heute?

In einem Land, wo jede kritische Äußerung egal in welche Richtung, selbst wenn sie nur zum Nachdenken anregen will, zerfetzt wird. Wie gehen wir heute miteinander um?

Sind das die Werte, die Flüchtlinge lernen sollen? Wenn Zäune errichtet werden, um Fluchtsuchende abzuwehren. Wir Österreicher, Europäer, die seit Jahrhunderten auswanderten, weil sie nichts zu essen hatten, ob dies Irland war oder das Burgenland. Heute, wo wir nicht mehr hungern, schimpfen wir auf jene, die kommen, weil sie Hunger haben. Mir macht das mehr Angst als alles andere. Ist es das, was jene, die Schutz suchen, von uns lernen sollen? Dieses Verhalten?

Ich fange nicht an aufzuzählen, mit wem wir Geschäfte machen, weil Schnaps Schnaps ist und Bier Bier. Mit Ländern, denen Menschenrechte egal sind, aber Geld haben. Ich spreche auch nicht von jenen Ländern, die wir als EU in Knüppelverträge zwingen à la TTIP und holländische Zwiebel nach Afrika exportiert werden und die dortigen Bauern ihre Produkte nicht mehr verkaufen können. Und wir wundern uns, dass sie zu uns aufbrechen? Ernsthaft? Werden wir von Vollidioten regiert? Ländern, die Menschenrechte nicht kennen, werden sichere Drittländer. Was sind uns die Menschenrechte wert? Ein Stück Kuchen am Sonntagnachmittag? So wie wir Europäer heute mit Menschenrechten umgehen, ist es das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Ich schäme mich.

Was bekomme ich von der EU mit? Aufmarsch im Mittelmeer, seltsame Verordnungen für Bauern und Glühbirnen, Verträge, die meine Großmutter als unmoralisch bezeichnet hätte. Wenn Altpolitiker sich engagieren für ein humanes Europa, weil ihre Kinder eine schandhafte Politik machen. Das soll Europa sein? Mein Europa?

Und dann stehe ich da, spreche mit einem Flüchtling und wir beide haben Tränen in den Augen, weil er seine Familie zurückgelassen hat und nicht weiß, wann er sie wiedersehen wird. Aber Familienzuzug wird durch Quoten geregelt, als ob es sich um ein Stück Ware handelt.

Mir macht es Angst, dass die Mindestsicherung für Flüchtlinge gekürzt wird. Wenn die Hetzer nicht wissen, dass sie nicht arbeiten dürfen, solange das Asylverfahren nicht abgeschlossen ist. Sie zur Untätigkeit gezwungen sind. Was wird aus Menschen, die nichts tun dürfen? Artikel 23. der Menschenrechte: Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen. Menschenrecht, es gilt für alle. Und ich verstehe die Verzweiflung Arbeitsuchender, die sich mehrfach bedroht sehen, nicht nur von Flüchtlingen.

Nur zur Erinnerung: Österreich hat die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte unterschrieben. Was ist das heute wert?

Denn dann reicht es nicht mehr zum Leben. Was ist, wenn nicht sofort ein Job gefunden wird? Was ist, wenn er oder sie Schwierigkeiten beim Lernen der Sprache hat?

Ich lese diese Deklaration und frage mich, was davon noch gilt. Ich schäme mich.

Sie zu lesen, ist ein Hohn. Sie sind in den letzten Jahren so eng ausgelegt worden, dass sie einfach nicht mehr stimmen. Sie werden nicht eingehalten, nicht von irgendwelchen fernen Ländern, nein von uns, den Wohlhabenden, die wir Angst haben vor Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben. Wohl zurecht, wir führten sie dorthin. Menschenrechte, deren Gültigkeit so eng ausgelegt wird, dass ich inzwischen das Gefühl habe, sie nur mehr wie durch einen Spalt betrachten zu können. Die Menschenrechte waren immer schon mehr Ideal als Realität. Nun ist diese Realität für viele erstrebenswerter als das Ideal. Sie sind verzerrt, wie noch nie in meinem Leben zuvor. Ich schäme mich.

Dann erscheinen Institute und erklären uns, dass die Welt die Armut bekämpfte, weil heute nicht mehr so viele von 2 oder 3 Dollar täglich leben. Wie beschämend.

Und zugleich fühle ich mich hilflos, weil ich nicht weiß, was ich dagegen tun kann.

„Unsere Werte wie Menschlichkeit, Vielfalt, Solidarität und eine offene Gemeinschaft sind die stärksten Waffen gegen Gewalt und Terror“, erklärte der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg nach den Terroranschlägen von Oslo im Jahre 2011.

Wir haben keine offene Gesellschaft mehr. Die Menschlichkeit ist bei vielen geschrumpft. Vielfalt wird als Gefahr angesehen. Solidarität ist kein Prinzip mehr, sondern wird als Gutmensch-Attitüde abgetan.

Die größte Gefahr sind wir selbst.

Was nun?

Die Welt kann ich nicht retten, auch nicht Europa, Österreich oder die kleine Stadt, in der ich lebe. Aber ich habe darüber nachgedacht, was ich kann. Lange. Habe meine Kräfte betrachtet und meine Stärken. Ich bin ein Wörtermensch, ein Mensch, der gerne lernt, nicht in den traditionellen heiligen Hallen der Weisheit, aber begierig nach Wissen und Erkenntnissen ist.

Bildung ist nicht alles, aber es ist ein Versuch, eine bessere Welt zu ermöglichen. Ich will weg von irgendwelchen Hürden. Ich habe an Webseiten gedacht. Viele Seiten zur Lese- und Bildungsförderung richten sich an Pädagogen, oder mit erhobenen Zeigefinger an „Laien“, oder mit kindlich vorgetragenen Referaten an durchschnittliche Bürger. Den Zeigefinger lasse ich zuhause, ich versuche Menschen zu unterstützen, die kein abgeschlossenes einschlägiges Studium haben (so wie ich, ich bin keine Pädagogin). Wenn ich eine Mutter oder Vater bin, brauche ich keine Experten, die mir in ihren Aufsätzen erklären, wie wichtig lesen ist, damit ich vorlese. Auf der einen Seite wird beklagt, wie viel Verantwortung Eltern an Schulen und Kindergärten abgegeben wird, und zugleich erklären Experten in theoretischen Abhandlungen, was alles zu tun sei. Die Forderungen werden immer mehr und die Vogel Strauß Mentalität wächst, wie die Ansprüche des täglichen Lebens. Es wächst uns wohl alles, was wir sollen, über den Kopf.

Dieses Vorgehen, dass überall Experten erklären, wie die Welt sich dreht, hat Menschen entmündigt. Die Rechnung ist da, es werden Verantwortungen abgegeben.

Davon will ich weg. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich so gar nicht einschlägig ausgebildet bin, sondern „nur“ denken kann, aber es ist wohl meine Stärke.

Ich will nur wissen, was es etwas gibt, wo ich es bekomme, ob es eine Buchhandlung ist, eine Bücherei, oder Online, als ebook, als video oder anderes. Ich will das Vergnügen teilen, das ich empfinde, etwas zu lernen, ohne Pisa, Bologna oder mit hübschen Namen verzerrte Bildungsvorgaben. Ich brauche keine Experten, die mir erklären, warum es sinnvoll ist. Mir macht es einfach Spaß. Darum mache ich, was ich mache.

Nachdem die Daten der Lesefähigkeit der Kinder am Ende ihrer Volksschulzeit nun bekannt gegeben wurden, fühle ich mich bestätigt, in dieser Richtung weiter zu arbeiten. Ich finde die Schockreaktion der Politiker lächerlich, ich versuche zu handeln und nicht schockiert zu sein.

Das war die Basis für die Überlegungen, die zur Gründung der Webseiten leseorte.org und lesewelten.org.

Das kann ich tun und tu es.

und es geht weiter

8.4.2016: Die Regierung erklärt einen Notstand, wo ich nur die eine Not sehe, von einer solchen Regierung regiert zu werden: Novelle zur Aussetzung des internationalen Rechts schon vor einem „Notstand“ soll kommende Woche in den Innenausschuss und ohne Begutachtung in den Nationalrat – derstandard.at/2000034463023/Regierung-setzt-schaerferes-Asylrecht-im-Eiltempo-durch

14.4.2016 Vertrauliche EU-Dokumente belegen weitgehende Kooperationspläne mit ostafrikanischen Despoten in der Flüchtlingspolitik. Pläne sollten „unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen“.

Die EU-Direktorin von Human Rights Watch, Lotte Leicht, kritisiert den Grundansatz dieser EU-Politik: „Es ist unglaublich zynisch, wenn die Europäische Union, die auf Werten basiert und die europäischen Regierungen, die sagen, dass ihnen die Menschenrechte etwas bedeuten, mit menschenverachtenden Regierungen zusammenarbeiten, nur mit dem Ziel, Menschen davon abzuhalten nach Europa zu kommen.“

Geborgenheit

Wie seltsam, sich ein Wort zu nehmen, das vertraut wie ein alter Freund ist, und plötzlich ein Gefühl eines ersten Verliebtseins entstehen lässt. Geborgenheit: Geborgensein im Leben – geboren und geborgen – Zuhause im Sein – Sicher ohne Fragen – angenommen im So-Sein – im Sein, wie ich bin – darauf Vertrauen im Guten wie im Schlechten, wissen, in der Not aufgehoben zu sein.

Geborgenheit: bedingungs-, zeit- und raumlos geliebt. Keine Angst zu haben, nicht zu passen, in Vorstellungswelten, in Normen gezwängt, in Rahmen der Vorurteile anderer. Dass ich kein Bild und keine Illusion der Fantasie der anderen mehr bin. Nur ich. Geborgen.

Geborgensein heißt, sicher sein. Dass Verlass ist auf den anderen oder nur mir selbst. Denn die einzige Täuschung wäre, nicht sicher zu sein im Selbersein, im Sosein und sich verirren in den Erwartungen der Welt der Menschen. Geborgen, weil es kein Loslassen des Irrtums geben muss, denn die Enttäuschung ist nur das Erkennen der eigenen Täuschung, die Entdeckung der eigenen Parteilichkeit. Einer Einbildung, die nur in meinem Kopf lebt und nicht in Wirklichkeit. Ich lege das Trugbild zur Seite. Kein Vorwurf wird herausgezogen, weil ich es bin, die sich täuscht. Kein ewiges Schweigegefängnis ob des Anderseins findet Raum. Nur Verstehen der eigenen Verblendung und Akzeptanz der Differenz.

Dann brauche ich dem Überbringer der Botschaft, nicht meine eigene Intoleranz an den Kopf zu werfen. Sie gehört zu mir wie mein falsches Urteil. So hadere ich mehr an mir als am anderen, denn der einzige Betrug, der stattfand, ist jener durch mein Vorurteil. Wie soll ich auf mein Gegenüber sauer sein, wenn ich es bin, die irrte und nicht er, der täuschte. Der Augenschein zeigt nur meinen Fehler, der Schwindel ist nicht der seine, sondern meine Illusion, die mich taumeln lässt.

Geborgenheit weiß nichts davon. Sie vertraut. Ohne Fragen, ohne Zweifel umarmt sie dich und mich. Du bist wie du bist, und ich bin ich, auch wenn wir morgen andere zu sein scheinen, bist immer du, noch immer du und ich noch immer ich. Die Schattenseiten machen uns erst komplett. Geborgen im Schwarzen wie im Weißen, im Kalten wie im Warmen. Sicher in allen Stufen dazwischen.

Akzeptiert, geliebt und ganz gelassen.

Das ist vielleicht die letzte Kunst, den anderen komplett sein lassen. Denn dazu muss ich erkennen, ob meine Erwartungen den anderen drängen, muss ich erkennen, welche Ängste in uns beiden wohnen, die nach Bildern suchen, die wir nicht sind.

Die größte Aufgabe von allen ist, mich zu trennen von meinen Erwartungen.

 

Mein Leben ist bunt

Anstatt durch die Adventzeit zu hetzen, entschloss ich mich 2015, meinen Freunden Ruhe und Zeit zu schenken, in dem ich ihnen selbst gemalte Lesezeichen schenkte.

So kam ich auf den Geschmack und begann viele bunte Bilder zu malen. Die Lust wächst, diese lebensfrohen Bilder auf Karten und Taschen zu drucken. Oder gibt es noch etwas, was du gerne bedruckt haben würdest?

Mehr davon findest du auf Ruth malt

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Hitze

ich falle durch ein endloses Universum.
kann nicht sehen,
wo es beginnt und wo es endet.

ich fliege als Wolke,
die niemand berühren kann.
manchmal unsichtbar, nicht existent.

ich fliege über Berge.
das wildeste Gewitter versucht,
meine Tränen als Hagelkörner niedergehen zu lassen.

ich fliege als Wind,
über das Meer mit nichts, um mich anzuhalten,
und trinke eine neue Flasche mit frischen Tränen.

ich fliege über die Wüste,
die Hitze brennt
und ich hoffe, ich vergehe.

auf der sinnlosen Suche
wie ich vernichten könnte,
was ich fühle.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

Tränenmeer

ich frage mich,
woher all die Tropfen fallen,
die über meine Wangen gleiten?

ist es meine Wolke,
die sich aus dem bildete,
was ich vergessen wollte?

oder sind es unser aller Träume
die nicht mehr wussten,
wie sie zu träumen sind.

all das Verdrängte stieg zum Himmel,
und die Wolke wurde dichter und dunkler,
bis der erste Tropfen fiel.

als ich zu weinen begann,
wusste ich nicht mehr,
wann ich je wieder aufhören würde.

und nun weine ich,
weil ich nichts anderes weiß,
bis die Wolke geleert und das Meer gefüllt.

langsam lerne ich,
in meinen Gefühlen zu schwimmen,
ich treibe darin, um dann wieder aufzutauchen,

und gebe allem Vergessenen,
das verloren war,
einen Raum der Geborgenheit.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

mein Regenbogen

meine Tränen von heute,
sind mein Regenbogen.

sie bringen Farbe in mein Leben,
trösten mich, wenn ich traurig bin.

sie fallen in die Tiefe
des gefrorenen Lächelns von gestern.

sie springen in Kaskaden über meine Wangen,
wenn das Lachen mich überfällt.

ich lasse sie fließen,
weil ich meinen Schmerz sehe.

sie, die wie Tautropfen entstehen,
um alte Erinnerungen mit frischem Wasser zu beleben.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

das andere Land

ich bin ganz nah bei mir.
da, wo alles seinen Anfang nimmt
und alles enden wird.

da, wo nur mein Gefühl zuhause ist,
da ist soviel Wunderbares,
aber auch so viel Schmerz.

langsam bekomme ich eine Idee,
wer ich bin,
ohne Mantel der Verleugnung.

ich bekomme Angst,
dass ich nicht mehr weiß,
was tun. die Stimme bricht.

warum nur schmerzt so Vieles,
an diesem Platz ohne Worte,
im Meer der Gefühle?

es geht tief hinunter
in ein unbekanntes Land,
das klarer nicht sein könnte.

die Erinnerung an dieses Land
wurde mir ausgetrieben,
als ob es böse wäre.

es ist so ungeheuer gewaltig.
es ist so unendlich klein.
alles und nichts.

ich bin es nicht mehr gewöhnt
so zu spüren.
noch immer schnapp ich nach Luft.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

im Atem des Windes

ich versuche, mit dem Wind zu sprechen,
er berührt mich,
er singt für mich
ein Lied der tausend Blätter,
mit jedem Blatt eine andere Geschichte,
während ich meinen geheimsten Schmerz flüstere.

ich versuche mit dem Wind zu spielen,
er tanzt mit mir,
er spielt mit mir
das Spiel der tausend Blätter,
mit jedem Blatt eine andere Geschichte,
während mein Schmerz sich in seinem Atem verliert.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

Teil des Universum

ich hatte meine Unschuld verloren,
und sie kam zurück,
als ich bereit war.

ein riesiges Universum der Weisheit
und ich habe ein Teil berührt
als meine Unschuld ein Teil von ihr wurde.

wenn ich versuche, einfach zu sein,
obwohl und gegen alles, was ich je sah,
dann finde ich die Reinheit des Lebens.

mit dieser Unschuld kann ich offen sein,
kann sehen, dass alles richtig ist,
auch wenn ich es nicht verstehe.

jungfräulich bin ich Teil des Universums,
heller und schöner
berührender und zarter.

das ist, was ich probiere.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

Tanz mit der Göttin

als ich es wagte, dich zu treffen,
sah ich eine Göttin.
ich bestaunte deine Schönheit
und verstummte, um deine Weisheit zu sehen.
still verneigte ich mich tief.

aber deine Mutter sagte mir,
ich soll mit dir tanzen.

du bist so wunderbar.
ich wage es kaum, dich anzusehen.
wie sollte ich da tanzen?

leise fingst du zu lachen an,
ansteckend,
und ich lachte mit dir.

ich wusste nicht warum,
demütig, verlegen, scheu.
du sagtest:

ich bin nicht mehr
und auch nicht weniger als jeder von uns
gib mir deine Hand
und tanze.

die Göttin nahm meine Hände
und wir begannen uns zu drehen.

während ich sie anblickte,
begriff ich,
dass wir die Welt umarmten.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

Stille

Jetzt steht sie still,
die Zeit.
nach Wochen,
wo jede Umdrehung
etwas Neues brachte,
ist es still.

am Morgen krähte ein Rabe
und kündigte das Schweigen an.
wann wird sich die Starre lösen?
noch sehe ich kein Ende.

bewegungslos
warte ich auf das Unaufhaltsame,
harre dem Unwiederbringlichen,
suche den stetigen Wandel.

noch steht sie still,
die Zeit.


Aus dem Gedichtband Momente des Abschieds.

Die Zeit mit Marie ist vorbei

50 Tage, 50 Textschnipsel später beende ich die Vorschau.

Ich habe ein Bilderbuch aus diesen Texten und Bildern zusammengestellt:

Gebrauchsanweisung für Maria – Snippets

Marie, 56 Jahre alt, Künstlerin, genauer gesagt Malerin, seit kurzem.
Aus dem Beruf ausgestiegen und frisch verliebt, muss sie nach Norwegen, das Haus von Freunden hüten. Ein Monat lang verbringt sie nur mit Buddy, dem Hund der Freunde, und sich. Ihre täglichen Pflichten beschränken sich auf Blumen gießen, hin und wieder Rasen mähen, ein wenig ernten und den Hund spazieren führen.
Ansonsten genießt sie die langen Tage und die andersartige, fremde Luft, die die Arbeit an ihren Bildern belebt. Sie liebt das Licht des Nordens.
Viel Zeit um nachzudenken, über ihr Leben, ihre Erfahrungen, Wünsche und Träume. Sie schreibt Luke Briefe, ihrer neuen Liebe, über ihre Sehnsucht nach Liebe, ihre Trauer und Lust. Geschichten über den Tod, über andere Männer und das Universum.

ich liebe dich

Ganz und gar.

Schon immer.

Ich bin doch viel zu alt, um so zu lieben.

Wie konnte ich nur der Liebe so verfallen.

Die Liebe auf den ersten Blick gehört der Jugend.

Und doch.

Nein, ich liebte dich vor der Zeit und werde dich lieben nach der Zeit.