Illusion

Die Woge von Sicherheit,
auf der wir zu schwimmen glauben,
gibt es nicht.

Und wenn wir hundert Mal um dieselbe Uhrzeit aufstehen, den immer gleichen Fuß als erstes aus dem Bett strecken, kann am hundertundersten Tag alles ganz anders sein.

Davor fürchte ich mich. Manchmal.

Gewissheit ist nur eine Illusion.

Bitte verzeih mir, dass ich von Unsicherheit geplagt werde. Wie kann ich nur an dir zweifeln? Und doch, nichts einfacher als das. Angst, dass du wegrennst, wenn dein Bild von mir nicht mit dem übereinstimmt, was ich wirklich bin. Dass du Vorstellungen hast, die völlig anders sind.

Dass du nicht mich, sondern nur ein Traumbild liebst.

es regnet

Und auch wenn ich Buddy trocken rubbelte, riecht es nach nassem Hund.

Da sind mir einzelne Düfte von Männern eingefallen.
Welche, die ich mochte (und an die, die ich nicht mochte, will ich jetzt nicht denken).

Dann war mir, als hinge dein Geruch in der Luft.
Wenn ich nur fähig wäre, ihn zu benennen.
Aber kann ich Angekommensein, Geborgenheit, Sicherheit, ein Zuhause auch mit meiner Nase definieren?
Denn so riechst du für mich.

Ein Parfum, das nach Vertrauen duftet, du.

Die Nähe zu dir

Es war ein langer Weg, bis ich Menschen wieder heranließ.

Ich weiß nicht, ob ich die Balance schon gefunden habe, um die richtige Distanz zu anderen einzuhalten.

Ich will dir nah sein.

Ich will nicht mehr ein „Entweder-Oder“.

Ich will dir körperlich, geistig und seelisch nah sein dürfen.

Nicht immer,
nicht die ganze Zeit,
aber ich will die Momente genießen können,
wo Nähe mir nicht mehr Angst macht.

Sei mir nah.

Hin und wieder.

Eine Minute lang, ganz nah,
wenn die Grenze zu allem schwindet.

Anders sein

Ich habe gelernt, dass es immer ein wenig anders ist.

Jeder ist ein wenig anders,

jeder braucht anderes,

jeder trägt sein besonderes Wesen.

Das mag ich so gerne.

Vielleicht kann ich deshalb so schwer wütend werden.

Zornig werde ich, wenn ich nicht mag, wie ich oder andere behandelt werden.

Aber die Art des anderen bleibt unantastbar, mag sie mir noch so seltsam erscheinen.

Streit mit mir

Oder ich streite mit dir, wie mit einer anderen meiner Freundinnen, die mich anbrüllt, alles durch die Gegend wirft, und ich verstehe, was sie schmerzt.

Da wurde ich zwar auch klein und sagte nichts. Trotzdem sie mir die Schuld gab, ließ sie es zu, dass ich ihr alles schrieb und erklärte und sie nicht verschwand.

Wir beide am Boden zerstört, uns unverstanden fühlten, und nach ein paar Wochen ging es wieder.

Sie hatte meinen Brief nochmals gelesen und mir nicht Recht gegeben, aber sie sah, was ich sagen wollte.

Das reichte.

Einfach gesehen werden.

Ich muss nicht Recht haben.

Ich muss nicht gewinnen, aber reden muss du mit mir.

Blanke Bewunderung, was für ein Horror

Was wird sein, wenn sie erkennen, dass ihr Applaus fehl am Platze sein wird?

Nackt fühlte ich mich, durchschaut, gläsern, und es verunsicherte mich, weil ich nicht wusste, wer ich bin, denn da war jemand, der um mich wusste.

Die anderen sahen Dinge in mir, die ich nicht einmal ahnte.

Hatten sie Recht? War ich so, wie sie sagten?

Welche Geheimnisse trug ich, die ich nicht kannte?

Sie behaupteten zu wissen, was ich begehrte, wohin ich strebte, wer ich war.

Nur ich wusste es nicht mehr.

Wer war ich ganz tief drinnen?

Es gab niemanden, der sah, was ich verloren hatte: Mich.

Ich wurde beamtete Ehefrau und Freundin.

Stehle mir nicht mein Selbstvertrauen

Du kannst vielleicht nicht mögen, wie ich die Gabel halte oder was ich koche, aber nimm mir bitte nicht meine Würde. Nimm mir nicht mein Selbstvertrauen, beschimpf mich blöde Kuh, aber sag nicht, ich sei dumm. Über eine blöde Kuh kann ich wieder lachen, hingegen meine Dummheit wird als Narbe zurückbleiben.“

Ich war klug damals. Sein Stil wurde subtiler. Feiner. Unbemerkter. Denn ich kann nicht sagen, was es war, aber irgendwann war mein Selbstvertrauen weg. Ihm ist es nicht aufgefallen und mir schon gar nicht.

Ratschläge

Die Entscheidungen auf Grund ihrer Vorschläge

trugen keine Früchte.

Viel wichtiger wäre gewesen,

mir zu sagen:

Hör auf dich!

Was singt deine Seele?

Wo warnt dich dein Innerstes?

Vertrau dir selbst!

Sprache ohne Worte

Ich möchte jeden Flecken deines Körpers entdecken.

Und es ist egal, wie verbraucht, verletzt oder verdreckt er ist.

Ich will nur wissen, was meine Berührung mit dir an genau diesem Quadratzentimeter macht.

Ich will wissen, was du bist.

Ich will mit dir entdecken.

Ich will eine Suche nach Orten beginnen, von denen wir beide nichts ahnen.

Eine Sprache lernen, deren Worte Berührungen sind.

Weißt du, was Liebe ist?

Wir reden so viel über sie,

aber was ist sie wirklich?

Ist sie klar und einfach ohne viele Worte?

Manchmal denke ich mir,

wenn wir von Gefühlen reden,

stimmt vielleicht gerade mal die Richtung,

in die zwei schauen.

Bedeutet es, auf dem gleichen Weg zu sein,

oder gar am gleichen Ziel anzukommen?

Wir verwenden Wörter und wissen nicht, was sie dem anderen bedeuten.
Die Konzepte unterscheiden sich.
Wir sprechen von Dingen, Ideen und Träumen und manchmal meinen wir etwas ganz anderes.
Wir reden an einander vorbei und wundern uns, dass das Gegenüber uns nicht versteht.

Leben ist der Versuch, Erfahrungen zu machen

Menschsein ist nur eine Form für weitere Lektionen. Nicht wichtiger und nicht wesentlicher als das Entstehen eines Berges, das Leben einer Ameise oder eines Baums oder des Staubs unter meinem Tisch. Nichts ist wichtiger oder unwichtiger. Es ist die Manifestation von allem. Dazu brauche ich nicht werten.

Alles, was ich, Marie, erlebe, dient dazu, alles zu versuchen, zu testen, zu erfahren.

Deshalb gibt es Gut und Böse.

Dazu braucht es keine Rache.

Kein Jüngstes Gericht.

Wir machen sichtbar, was es gibt.

 

Wir hatten einen guten letzten Tag

An diesem letzten gemeinsamen Tag meiner Mutter brachte ich eine Aufnahme einer Messe mit und betete einen Rosenkranz an ihrer statt. Sie betete immer, wenn sie nicht mehr ein und aus wusste. Wenn sie nicht schlafen konnte, wenn sie die Schmerzen nicht mehr aushielt, wenn sie verzweifelt war. Früher schon und dann noch immer. Wenn sie Wörter suchte, konnte ich an ihrem Singsang erkennen, dass es noch immer das „Gegrüßt seist du, Maria“ war, und ich sprach die Worte laut für sie. Ich musste daran denken, dass ich kein solches Mantra besitze. Sie hat zu Maria gebetet, seit ich denken kann. Und als nichts mehr war, war immer noch das Gebet. Am Abend, als ich ging, schlief sie ruhig ein. 

Ich will dich lieben

Denn nichts ist schöner, als dich zu lieben.

Und ich will dich lieben, wenn ich mich über deine Bartstoppeln ärgere,

lieben, wenn du den Freund triffst, den ich nicht mag.

Ich liebe dich, wenn du jeden Tag Fleisch essen willst und es mich graut.

Ich weiß nicht, ob ich ständiges Maulen aushalte, Beschwerden über dies und das: Die Telefongesellschaft, die U-Bahn, die Nachbarn, Dummheit der Menschen und überhaupt.

Kultivierung von übler Laune bleibt üble Laune. Selbst wenn du es in schlechte Witze packst, über die andere lachen. Ich konnte da nie gut mitlachen. Zum Auslachen fehlt mir, glaube ich, das richtige Gen. Ich mag das nicht. Denn es vergiftet auch meine Seele. Lach mit mir, wenn ich mich auslache, und vielleicht darf ich mit dir lachen, wenn du über dich selbst lachen willst.

Aber ich will dich auch lieben,

wenn wir gemeinsam am Ozean spazieren

und die Gischt Haut und Haare mit Salz überzieht.

Ich will dich lieben,

wenn wir an einem Ort sind,

der der Milchstraße erlaubt zu leuchten.

plötzlich wäre ich wieder tot

Ich bin es,

die mich interessiert,

ich bin es,

von der ich wissen will,

was sie wieder treiben könnte.

Egal, wie viel und wie oft ich von anderen rede.

Sie helfen mir, mich zu verstehen.

Ich weiß, wozu ich im Stande bin.

Ich habe mich selbst vergessen.

Und es ist mir nicht aufgefallen.

Das stimmt nicht,

ich hatte nicht die geringste Idee,

wie ich es anders hätte machen können.

Ich hatte nicht das Gefühl,

dass die Welt mir offen steht,

sie bot mir einiges.

Aber mit Freiheit,

wie ich sie heute lebe,

hatte es nichts zu tun.

Davor habe ich Angst.

Wenn sich geistige Enge unauffällig wie Kohlendioxid in mein Leben schleicht,

ein unbrennbares, unsichtbares und nicht riechendes Gas,

und plötzlich bin ich wieder tot.

Ich habe Angst

Die Erkenntnis meiner Fähigkeit, mich selbst so aufzugeben, macht mich vorsichtig. Ich weiß nicht, wie mein neues Leben mit dir aussieht, nicht vor dir, sondern vor mir fürchte ich mich. Während andere laufend erklären, wie andere zu sein hätten, schweige ich lieber. Ich kenne diese Verwirrung, ich verstehe die Ohnmacht.

Schwäche ist mir vertraut.

Werde ich mich wieder vergessen?

Ich hätte dich so gerne bei mir!

Im Nachhinein ist alles so einfach

Jetzt,

wo ich alles in Worte fassen kann,

wo alles seinen Rahmen bekommt.

Ich habe die einzelnen Pfeile herausgezogen,

die Wunden gepflegt.

Es waren spitzen Nadeln,

die in mich eindrangen,

kein Großflächenbrand.

So dünn wie Akupunkturnadeln.

Ein kurzer Stich und dann vergaß ich sie.

Doch sie machten was mit mir.

Denn sie trafen meine Energiebahnen.

Prinzessinnen-Augen

Stecke ich in mir,

bin ich ganz bei mir,

betrachte ich es nur aus meiner Perspektive,

ergibt vieles keinen Sinn.

Ich mag den anderen und der haut auf mich ein wie der Kasperl auf das Krokodil.

Und ich habe nur große blaue Augen.

Prinzessinnenaugen, die nie etwas Böses gesehen haben.

Bin ich dieser kleine Stöpsel,

der zwar nichts versteht,

kann ich trotzdem oder vielleicht erst recht die Emotionen des anderen spüren.

Doch im Mitleid ergeben,

vergesse ich, mich zu wehren,

wenn es gut für mich wäre.

Wenn ich in dem Theaterstück,

meinem Leben,

kurz mal nicht mitspiele,

gelingt es mir,

angemessen zu reagieren.

Mit dir bis ans Ende des Universums träumen!

Lass mich dich lieben,

mit Erdbeeren und Schlagsahne nach dir werfen,

albern und kichern, die Sahne von dir schlecken,

und die Erdbeeren suchen,

eine Polsterschlacht mit dir kämpfen,

mit unseren Freunden lachen,

traumhafte Nächte mit dir verbringen

und selig in deinen Armen wegdämmern.

Lass mich dich mit Küssen überschwemmen!

Oder du mich!

Oder nur umarmen!

Oder nur schauen!

Oder nur berühren!

Oder nur kosten!

Oder in deinen Augen ertrinken!

Von deinem Duft betäubt sein!

Immer nur küssen!

Das kleine Mädchen von damals lebt

Ich bin so froh, dass es diese Seite auch gibt. Da singe ich dann laut vor mich hin und wenn du mich fragst, was es für ein Lied sei, dann kann ich es dir nicht sagen, denn es singt selbständig allein aus meinen Gehirnzellen raus. Es nimmt verschiedenste Nervenenden, die verstohlen meinem Stimmorgan Reize senden. Immer nur Melodien, keine Texte. Und sie nehmen sich alles, was sie bekommen können aus meiner Seele: Das Lustige, das Traurige, das Sentimentale, das Alberne, das Sehnsüchtige, das Kindliche, das Erotische, das Alte und das Junge. Ein Selbstbedienungsladen für die Musik in meinem Kopf. Und im Mund der Geschmack eines Faschingskrapfens und die Perlen von Sekt, die platzen im Mund wie die Blasen eines Brausepulvers.

Ein Jahr im Burgenland

Schnell vergeht die Zeit und manchmal frage ich mich, wo sie denn geblieben ist oder vielleicht, was ich getrieben haben. Fleißig war ich, auch wenn ich es manchmal vergesse, weil ich mehr nach vorne als zurück schaue.

Letztens wagte ich zu sagen, dass ich mindestens 10 cm gewachsen bin, weil ich so stolz auf mich bin. Da ich mir aber häufig, auf die Schulter klopfe, bin ich, wenn du mich das nächste Mal siehst, noch immer gleich groß.

Mein Baby „Leseorte“ wird größer, will neue Länder entdecken: Länder der Poesie, Länder des Wissens, Länder der Fantasie, viele Welten.

Heute kannst du nachhören, was ich alles getrieben habe.

Die Kulturredaktion des Radio Burgenlands war zu Gast bei mir. In ihrer Sendung „Radio Burgenland Extra“  präsentieren sie das Neueste aus Musik, Literatur, Kunst und Theater. Viel Spaß beim Nachhören.

Inzwischen war ich auch im Fernsehen und durfte am Welttag des Buches über meine Website leseorte sprechen.

 

 

Geschichten erzählende Natur

Verstehst du, warum ich es da ganz still brauche?

Ich höre sie sonst nicht, ich sehe sie nicht.
Das ist nicht ihr Fehler, das ist meiner.

Alleine gelingt es mir viel besser, das Licht,
das durch die Bäume fällt, in meinem Kopf festzuhalten.

Am Morgen, wenn es ganz zart den Dunst durchdringt
und einen goldenen Schimmer auf alles legt.
Oder am Abend, wenn die Sonne alles umhüllt
und in Töne von Gelb, Rot, Braun bis ins dunkle Violett die Landschaft überzieht,
bevor es in Grautönen eingefärbt wird.

Auch wenn ich dir das so beschreiben kann,
bin ich alles andere als ein Meister, es immer wahrzunehmen.
Die Erinnerung hilft mir zu üben.
Sie legt ihre Finger in meine Wunden der Unaufmerksamkeit,
wenn ich merke,
was ich übersehen habe.

Die Sprache deiner Seele

Ich habe gelernt, dass es Menschen gibt, die kein unendliches Mitteilungsbedürfnis haben wie ich. Mit denen ist es gut schweigen. Das passt dann auch.

Als einmal einer sagte, er hätte mir alle guten Geschichten seines Lebens erzählt und was er nun machen solle, meinte ich, von vorne beginnen. Ich liebe Geschichten und sie verändern sich, jeder Tag bringt eine neue Schattierung, einmal ist sie kühler, ein andermal wärmer.

Die Art, wie du sprichst, die Details, die du wählst, der Rhythmus deiner Worte bilden Facetten deiner Seele. Die Zeit gibt ihr neue Farben, die Nuancen verschieben sich, werden schöner oder hässlicher, heller oder dunkler.

Schwimm mit mir, mein Herz

Vielleicht liebe ich dich und du mich.
Vielleicht ist es nur ein Luftschloss,
denn es sind unsere Körper, die nicht von einander lassen können.
Und ich werde wieder zu weinen beginnen.

Vielleicht lerne ich mich nur durch dich kennen.
Vielleicht sind die Tränen bei dir keine bitteren.
Vielleicht zeigen sie mir nur, dass ich sein darf.
Vielleicht sind sie nur das Meer, in dem ich zuhause bin.

Und ich darf schwimmen in ihnen.
Sie wissen nichts von der Verzweiflung ihrer Brüder und Schwestern,
denn sie sind süß.
Schwimm mit mir, mein Herz.

Halt mich fest!

Bitte halte mich fest!
Ganz fest!
Lass mich nicht los!
Ich zerfließe.
Ich will mich in deinen Armen verkriechen und nicht im Bett!
Lach mich nicht aus!
Hilf mir und zeig mir, dass ich nicht verrückt bin!
Bitte!

Es macht mir Angst, nicht mehr alleine zu sein.
Es macht mir Angst, dass ich wieder alleine sein könnte.
Ich habe Angst.
Darf ich Angst haben?
Ich bin doch nicht mehr in dem Alter, um mich grundlos zu fürchten?
Warum muss ich soweit weg sein?

Ich will dich nah, ganz nah haben.
Ich will dich spüren.
Ich will dich riechen.
Ich will, dass dein warmer Körper mir wieder Leben einhaucht.
Spürst du mein Zittern?
Es wird vergehen, ganz sicher, es wird vergehen, es ist immer vergangen.

Meine Scham

Ich schäme mich, als die Zeiten rauer wurden
und mich der Sex nur mehr an Vergewaltigungen erinnerte.
Da war der Verzweiflungssex nach der Trennung noch der Beste,
auch wenn dieser brutal war.

Ich, die starke Frau, lasse zu, vergewaltigt zu werden.

Ich wehre mich nicht.

Ich wartete, bis er ging.

Das macht mir Angst.

Angst, was ich zugelassen habe.

Ich habe Angst.

Wieder ohnmächtig sein.

Furchtbare Angst.

Du lässt mich ganz

Ich fragte mich lange,
wer du sein wirst,
wie du aussehen wirst,
was für Sehnsüchte du hast.

Ob du der Gegensatz bist,
der mich anzieht,
oder der Gleiche,
der sich zu mir gesellt,
weil wir ähnliche Interessen haben.

Ich dachte wirklich,
dass darin ein Schlüssel wäre, zu begreifen,
wer du bist oder warst oder sein wirst.
Aber das ist nicht das Geheimnis,
warum ich mich von dir angezogen fühle.

Du lässt mich ganz. Der Rest ist unwichtig.

Wie außergewöhnlich wir alle sind

„Ich fühle mich wie ein Alien vom Mars“, sagte ich.

Dann gab es zwei Reaktionen, die einen sagten:
„Das stimmt doch gar nicht“
und die anderen meinten:
„Kenne ich, auch ich fühle mich oft fremd“.

Als mir das durch den Kopf ging,
begriff ich,
dass die Andersartigkeit nur ein Kennzeichen für unsere Einzigartigkeit ist.

Gerade weil wir alle anders sind, gleichen wir uns nicht wie ein Ei dem anderen.

Jetzt erst kann ich das Besondere im Gegenüber, in dir, erkennen.

Hin und wieder Verlorenheit und Einsamkeit ist der Preis,
den wir zahlen,
dass wir alle außergewöhnlich sind.

Warum liebe ich das Reisen?

Die Sonne stieg gerade über den Hügel und fiel wie zufällig durch das Küchenfenster. Sie ist mir eine treue Begleiterin und ich erkenne sie, selbst wenn sie nur durch die Wolkendecke grüßt. Auf sie kann ich mich verlassen. Sie ist das Symbol meiner Heimat, zuhause im Sonnensystem. Umso mehr überraschte mich meine Antwort. Denn es geht dabei nicht um Vertrautes.

Es ist das Fremdsein an anderen Plätzen. Nicht der andere Ort an sich, nicht das Meer oder die Berge, die Wälder oder Prärien, nein, es ist die Heimatlosigkeit, ohne Wurzeln, ausgeliefert dem Unberechenbaren. Damit hatte ich nicht gerechnet. Es gibt mir das Gefühl, auf der ganzen Erde zuhause zu sein.

Alt werden

Ich kann mir nicht vorstellen,
keine Lust mehr auf die Lust zu haben.
Doch wie wird sie sich verändern?
Bekommt die Sinnlichkeit eine neue Dimension?
Ich musste auch an seine Frau denken.
Haben die vielen Jahre jede Sehnsucht erstickt?
Ist sie so sprachlos,
ohne Worte wie ich in meiner Ehe?

Nicht kompatibel

Er beschwerte sich,
dass ich ihm nie sagte,
dass ich ihn begehre
oder mit ihm schlafen möchte.

Doch ich wusste nicht wie.
Meine Hände durften ihn nicht einladen,
sie wären die einzigen gewesen,
die diese Sprache vielleicht sprechen hätten können.

Nicht kompatibel.

Das trifft es vielleicht.
Keine Ahnung, ob er je glücklich war,
ich war es nicht.
Zufrieden ja, glücklich nie.
Ich hätte ihm sagen müssen,
dass er mein Bedürfnis
nach Berühren und Berührtwerden nicht abdeckt,
und damit starb jegliches Verlangen.

DANKE

Du bist noch da.
Du liest noch diese Zeilen.
Danke,
dass du nicht davongelaufen bist.
Danke,
dass du mich sein lässt.
Danke,
dass du keine Angst vor meinen Ängsten bekommst.

Tausend Seiten

Wie hältst du meine tausend verschiedenen Seiten nur aus?

Denn jetzt gerade fühle ich mich wie eine Jungfrau.

Eine Jungfrau mit Erfahrung, mit einem alten Körper zwar, aber unberührt seit ich selbst eine andere geworden bin.

Ich hörte auf, mit Männern zu schlafen, als sie mich zum Weinen brachten.

Oder heulte ich, weil in mir andere Seiten zu schwingen begannen?

Kriegswerkzeug

Ich war immer baff, dass Freunde tatsächlich jene Kriegswerkzeuge auspackten, von denen ich ihnen erzählte.

Hier die einfachste Waffe:

Behandle mich wie Luft.

Ich sage etwas und du brauchst einfach nicht reagieren.

Vielleicht fragst du noch: „Hast du etwas gesagt?“

Mach mich irre.

Nähe

Je mehr ich dir erzähle, umso größer wird meine Angst. Mit meinen Geschichten bekommst du alle Macht über mich.

Aber dann fällt mir ein, dass es völlig egal ist, wie viel ich dir erzähle oder nicht.

Allein, dass ich dich an mich heranlasse, wird dir Gewalt über mich geben.

Tausend Regeln

Wenn du tausend Regeln aufstellst, wird es zu viel sein.
Da schlagen meine Gene durch
und ich werde nur mehr alles falsch machen wie meine Mutter.
Ich werde mich mies fühlen
und du wirst dich ärgern.

Es führt zu Verstopfung,
seelischer und geistiger.
Ich werde nervös
und mein Unterbewusstsein sucht alles,
um die Regeln zu brechen.
Mein Über-Ich wird verzweifeln.

Ich werde unter einem Wasserfall
von schlechtem Gewissen stehen
und alles falsch machen.
So wird es nicht funktionieren.
Das habe ich gelernt.

Ich will dich lieben mit allem,
was ich bin,
was ich war
und was ich sein werde.

Heute ist es mir egal

Oberflächlich betrachtet, mögen andere sagen, ich hätte mich nicht verändert. Doch glaube mir, ich bin nicht mehr die Frau, die ich vor etlichen Jahren war. Ich werde unrund, wenn jemand meint, ich bin die Gleiche wie immer, denn dann ist das Bild von mir erstarrt. Es zeigt, wie wenig sie mich damals wie heute wahrnehmen. Damit sagen sie, ich hätte mich nicht weiter entwickelt.

Damals wollte ich noch geliebt werden, heute ist es mir egal.

Sichtbarkeit

Ich wurde wieder sichtbar.

Nachdem ich jahrelang Maus spielte, weil ich so kaputt war und wenn ich mich länger als eine Sekunde im Spiegel betrachtete, war ich entsetzt, weil mein Gesicht so grau geworden war.

Heiterkeit und Leichtigkeit kehrten wieder zurück.

„You are sexy“

Ich hatte wohl zu viel vom Glücklichsein gesprochen, und dass es wichtig ist, es sich selbst zu schaffen.

Denn als ich ihn fragte, was mit seiner Frau sei, seufzte er nur, sie wolle nicht mehr berührt werden.

Ich verlor irgendwie die Kontrolle.

Denn er flüsterte: „You are sexy.“

Das erste Mal in meinem Leben sagte mir ein Mann, dass ich sexy sei.

Es hörte sich so cool an.

Wollte ich überhaupt noch kontrollieren?

Kasperltheater

Sie liebten alle die Marionette,  die ich vortrefflich für sie spielte. Als ob ich geahnt hätte, dass sie mich zurücklassen würden, wenn ich mir treu bin. Ich wollte sie nicht verlieren und hatte nur die Wahl, ihnen oder mir treu zu sein, um mit ihnen oder mit mir alleine zu sein. Wenn mir nur klar gewesen wäre, dass ich spielte! War es wirklich ein Fehler, sie zu lieben? Ist es ein Fehler, andere sein zu lassen und damit die Illusion zu erwecken, ich wäre wie sie? Sie waren meine Familie, die Menschen in meinem früheren Leben, und ich war bereit, sie ganz zu lassen, nicht zu kritisieren, zu formen oder zu manipulieren. Sie brachen mir das Herz.

Als ich wieder zum Leben erwachte, kamen leise Vorwürfe, wer ich denn nun sei. Ich wurde beschimpft, weil ich nicht authentisch gewesen wäre. Sie hatten alle kein Erbarmen mit mir. Als hätte ich absichtlich diesen Weg eingeschlagen.

Allein unterwegs

Wäre ich nicht allein unterwegs gewesen, hätte ich vielleicht nicht so viele Steine aufgehoben.

Ich hätte die Schönheit eines Aschenkegels bewundert, aber es wäre für mich nicht still genug gewesen, dass ich verstanden hätte, wie dick die kalte Asche war, auf der ich lief.

Ich hätte die einzelnen Bäume nicht bewundert, die sich in dieser Mondlandschaft angesiedelt hatten. Mich nicht gewundert, dass in dieser schwarzen Wüste Pflanzen leben.

Ich hätte die Schichten von Lava nicht erkannt, wenn ich tratschend durch das Tal des Columbia-Rivers gefahren wäre.

Ich hätte nie nach Information über die dicken Basaltschichten zu suchen begonnen und begriffen, dass hier viel Mächtigeres passierte, als die Landschaft heute verrät.

Schritt für Schritt

Ich verstand nicht, was in mir vorging.
Ich begann zu begreifen,
alles,
was ich verschweige,
liegt in mir begraben.

Erst wenn ich es erkenne
und aussprechen kann,
wenn es klar wie ein Hochalpensee vor mir liegt,
darf die Sonne diesen Teil meiner Vergangenheit trocknen.

Ich liebe Cappuccino

Ich will, dass du der Kakao auf meinem Cappuccino bist.
Der Kakao macht ihn besser,
aber auch ohne ist er wunderbar.
Ich liebe dich
und das Leben mit dir ist fantastisch.

Ich habe mich immer bemüht,
ein glückliches zu führen,
auch wenn ich manchmal schwer darum kämpfen musste
und nicht immer siegreich daraus hervorging.

Doch es ist ein Ziel,
das ich nie aufgegeben werde,
modifiziert habe ich den Weg,
verändert,
bin Umwege gegangen,
doch der Endpunkt,
dem ich zustrebte,
blieb konstant der gleiche.

Du kannst mich nur ganz lieben

Stark und schwach.
Einzelpakete werden nicht zugestellt.
Ich versuche dir,
eine Betriebsanleitung zu geben,
so gut ich kann.

Enthält sie Lücken,
wird sie ergänzt,
wenn du es brauchst.

Willst du sie nicht lesen in Momenten des Unverständnisses, setzt der Selbstzerstörungsmechanismus unserer Beziehung ein. Die Liebe nicht, aber unsere Verbindung wird getrennt werden.

Auf der Rückseite meines Wortmeeres

Ich will, dass du von der Rückseite meines Wortmeeres weißt. Dieser Stille Ozean kann bleiern daliegen oder verzückt kleine unauffällige Wellen tanzen lassen. Wenn die Entdeckung dieser See ansteht, werde ich vielleicht sprachlos sein, deshalb erzähle ich dir davon, solange ich mich ausdrücken kann.

Er amüsierte mich

Ich muss noch heute grinsen, wenn ich daran denke, welche Mühen er auf sich nahm, um ja immer bereit zu sein. Er liebte Frauen, alle, na ja, fast alle. Manche mochte er nicht, aber das hatte mehr mit deren Wesen als deren Körper zu tun. Während andere um die Welt reisten, gab es für ihn nur ein wahres Abenteuer, und das waren Frauen.

Vielleicht bezirze ich dich auch einmal, nur um deinen überraschten Blick zu sehen. Mit dir wird spielen wieder leicht und luftig. Sorgenlos und unbefangen, wie Kinder es lieben.

Wenn der Abend anbricht

Wenn der Abend endlich anbricht und die Nacht noch nicht begonnen hat,

stoppe ich alles.

Diese Zeit gehört dir allein.

Hier ist die Nacht nur als Konzentrat vorhanden.

Im Norden tanzt sie durch,

bis sich die Sonne durchsetzt und die Zwischenzeit beendet.

Es herrscht das Zwielicht, das niemandem gehört,

nicht dem Tag und nicht der Nacht,

und dennoch ist es das Licht der Zweisamkeit.

Das Twilight gehört den Verliebten.

Oder ist es gar keine richtige Zeit,

weil nur das halbe Licht regiert?

Kein Wunder, dass diese Stunden unsere sind.

Und jetzt habe ich viele Sekunden mit dir.

Dämmerstunden sind frei von Einschränkungen,

das Beinah-und-doch-Nichtlicht,

das den Blick verändert und doch alles zusammenhält.

Ohne dieses würden Tag und Nacht aneinander brechen oder auseinander fallen,

verloren gehen,

weil niemand die Verbindung hält und ihnen die Hand reicht.

Übrig bliebe das Nichts.

Was ist, wenn auch du sagst

Was ist, wenn auch du sagst, ich soll mich zusammenreißen?

Was ist, wenn du sagst, ich soll nicht mehr nachdenken?

Was ist, wenn du meinst, ich müsse stärker sein?

Was ist, wenn mir das Herz schwer ist und du mir nicht zuhörst?

Was ist, wenn ich nach Worten suche und du die deinen über mich ergießt?

Was ist, wenn du mir erklärst, dass alles nur meine Einbildung sei?

Was ist, wenn du sagst, es sei verrückt – ich sei verrückt?

Was dann?

Das macht mir Angst.

Allein, wenn ich dir das alles schreibe,

nimmt es mir den Atem und treibt Wasser in meine Augen.

Wenn du so sprechen würdest, dann wärest du nicht mein Luke.

Wenn du so mit mir reden würdest, dann würde ich gehen,

und ist meine Liebe zu dir noch so groß.

Ich kann nicht riskieren zu sterben.

Denn ich müsste spielen, eine Andere zu sein.

Wenn ich mich verleugne, dann bin ich tot.

Das kann anderen egal sein, mir ist es nicht egal.

Ruths Wanderlust

Neidvoll begrenzen wir in der deutschen Sprache diese Lust auf das reine Wandern. Wir  denken nicht an das Fernweh, das uns in ferne Länder treibt, ein Fernweh, das uns so vielschichtig erfassen kann. Abenteuer im Kopf wie im Leben werden entzündet durch dieses Wort. Als ob ich das ganze Universum umarme.

Wanderlust: Eine starke Sehnsucht oder intensiver Impuls zu wandern, zu reisen und die Welt zu entdecken.Gebrauchsanweisung_Marie

Wenn ich schreibe, treibt mich diese „Wanderlust“. Die Welt beginnt in mir und führt hinaus in Länder und Berge und hinaus zu den Sternen und den Anfang der Zeit.

Ich wandere durch meine Welten. Ich lasse dich teilhaben an der Entstehung eines neuen Landes, andere sagen Buch dazu.

Die erste Wanderungen führte zu Marie. Hier zum Pfad „Gebrauchsanweisung für Marie“. Mein Roman, der auf Verlagssuche die Welt entdeckt. Eine Geschichte einer späten Liebe.

Der zweite Weg führte zu meinen Gedichten: „Momente des Abschieds.“

Ich habe Gedichte, die ich in den schwierigen Jahren, als ich die letzten Jahre meiner Eltern begleitete, schrieb, gesammelt und mit meinen Bildern zu einem kleinen Büchlein zusammengestellt. Mir ging es wie in der Geschichte, wo jemand ein Glas Wasser in der Hand hält. 5 Minuten waren kein Problem, aber von Jahr zu Jahr wurde es schwerer und am Ende wog das Glas 5 Tonnen.

Das neueste Abenteuer ließ mich zum Pinsel greifen und der Freude am Leben ein Bild geben. P1010425.RW2Ich wollte aus dem ewigen Kaufrausch entkommen und habe begonnen, Lesezeichen für Freunde zu malen (meine Freunde lesen!).  Mehr findest du hier Ruth malt

Ich lade dich ein, mit mir zu reisen.
Herzlich Willkommen!

Ruth Barbara Lotter

Denn ich weiß von dir schon jahrelang.

Denn ich weiß von dir schon jahrelang, nein, immer schon, seit Anbeginn. Ich hatte es nur vergessen. Bis die Erinnerung kam und ich noch Jahre voll Geduld ausharrte.

Trotzdem war ich unsicher, ob ich dich gleich erkennen würde, wenn diese Welt uns zueinander führt. Denn deine Seele ist mir vertraut, der Rest ist neu.

Es wird nicht die Liebe auf den ersten Blick sein, aber nach dem dreißigsten gemeinsamen Ein- und wieder Ausatmen der Luft, die wir teilen, werde ich es wissen, dass du der bist, auf den ich gewartet habe. Wie besonders, wie ungewohnt und doch vertraut bist du mir.

„Gebrauchsanweisung für Marie“. Mein Roman

„Gebrauchsanweisung für Marie“

Mein Roman, der auf Verlagssuche die Welt entdeckt. Die Geschichte einer späten Liebe.

Marie, 56 Jahre alt, Künstlerin, genauer gesagt Malerin, seit kurzem.
Aus dem Beruf ausgestiegen und frisch verliebt, muss sie nach Norwegen, das Haus von Freunden hüten. Ein Monat lang verbringt sie nur mit Buddy, dem Hund der Freunde, und sich. Ihre täglichen Pflichten beschränken sich auf Blumen gießen, hin und wieder Rasen mähen, ein wenig ernten und den Hund spazieren führen.
Ansonsten genießt sie die langen Tage und die andersartige, fremde Luft, die die Arbeit an ihren Bildern belebt. Sie liebt das Licht des Nordens.
Viel Zeit um nachzudenken, über ihr Leben, ihre Erfahrungen, Wünsche und Träume. Sie schreibt Luke Briefe, ihrer neuen Liebe, über ihre Sehnsucht nach Liebe, ihre Trauer und Lust. Geschichten über den Tod, über andere Männer und das Universum.

Das Buch ist fertig und wartet auf eine neue Heimat, sprich Verlag. Um mir die Zeit zu verkürzen, habe ich Textschnipsel zusammengestellt und lassen dich einen kleiner Blick ins Buch werfen.

Wer bin ich?

Nein, keine Angst, ich bin keine Philosophin und ich habe auch nicht nachgelesen oder offizielle Definitionen dazu eingeholt.

Ich denke nur gerne, also tu ich es.

Allein, über mich selbst, ohne Proklamation irgendwelcher Standards oder Wahrheiten. Denn über diese bin ich mir nicht sicher. Das hat weniger mit Zweifel zu tun, als mit dem Bewusstsein, dass ich meine Meinung immer wieder nachjustiert habe. Nicht auf den Kopf gestellt, aber eine regelmässige Feinabstimmung habe ich immer als angenehm empfunden.

Hingegen wissen und wussten andere immer schon so viel mehr. Die können auch voraussagen, wie sie handeln werden.

Der Unterschied zu ihnen wurde mir klar, als ich vor vielen Jahren vom Milgram-Experiment las. Jenem Experiment, bei dem untersucht wurde, wie autoritätshörig Menschen sind. Milgram wollte wissen, zu welchen Taten Menschen fähig sind, die im totalen Gegensatz zu ihren eigenen Wertvorstellungen liegen. 65% folgten den Anordnungen von Experten bis zum Ende, das wäre der Tod des anderen gewesen. Ich sollte nicht vergessen zu erwähnen, dass manche Teilnehmer des ursprünglichen Versuchs bis in ihre Grundfeste erschüttert waren und noch Jahre später unter ihrer damaligen Entscheidung litten.

Ich war jung damals. Und meinte, dass ich hoffentlich fähig bin, „Nein“ zu sagen und wurde dabei angesehen, als ob ich zu allem fähig wäre. Die anderen waren felsenfest davon überzeugt, niemals soweit gehen zu können. Sie waren mir unheimlich. Nur ich zweifelte.

30 Jahre später bin ich etwas sicherer, dass ich es nicht zulassen würde, ziemlich sicher sogar. Schwören würde ich noch immer nicht. Zu viele Bedingungen könnten meine Entscheidung beeinflussen. Hoffen allerdings, tu ich noch immer.

Denn ich erlebte vergleichbare Situationen, vielleicht nicht so dramatisch, aber intensiv genug. Ich arbeitete unter Menschen, die meinen moralischen Anforderungen nicht entsprachen.

Meine Vorgesetzte lachte über einen Gebärdendolmetsch, weil sie nicht wusste, dass zur Gebärde auch Körpersprache und Mimik gehört, eine Akademikerin in leitender Position. Sie lästerte leise bei einem Meeting, über einen gehörbehinderten Kollegen, dessen Frage sie so umständlich beantwortete, dass er sie trotz Dolmetsch nicht verstand. Sie umschrieb das Faktum bis zur Unkenntlichkeit. Empathie und Wissen über die Sprache von Gehörbehinderten hätte eine klarere Aussage gebracht. Dies löste bei mir Kopfschütteln aus und kurz darauf einigten wir uns, dass ich diese Einrichtung verlasse. Ein Beispiel unter vielen. Was hätte ich ausrichten können? Nichts, keiner hätte mir geglaubt. Man hatte mich das bereits wissen lassen. Ich hatte erfahren, dass ich hätte nichts verändern konnte. Denn ich hatte schon einmal Zweifel geäußert, bat diesen nachzugehen und wurde abgeschmettert.

Menschen hören und lesen gerne, was sie hören und lesen möchten.

Ich erlebte aber auch Journalisten, die, als es um ihren wohldotierten Job ging, lieber schwiegen, als gegen ihren Chef aufzutreten. Sie ließen sich den Mund verbieten. Als ihr Chef nichts dagegen hatte, wurden sie hingegen als Kämpfer gefeiert, gegen … – ist ja auch egal was. Es war ein „Gegen“, das genehm und öffentlich akzeptiert in ihren Kreisen war, weil es nutzte, und ohne Gefahr behaftet, den eigenen Wohlstand zu verlieren. Ich hatte die Villenetage gesehen, die 200 m2 Wohnung, und das Wochenenddomizil, eine Fabrik, die den Arbeitergeist zeigen sollte, der sie beflügelte. Ich hatte gesehen, was verloren gegangen wäre. Aber ich erlebte nicht, dass sie ein tatsächliches Risiko eingegangen wären und irgendetwas verloren hätten.

Und ich soll keine Zweifel haben, wer den Knopf für den Stromschlag in Milgram’s Experiment drückt? Was ist nun mein freier Wille? Wenn ich agiere, dass es mir nicht schadet? Wenn ich danach trachte, ein gemütliches Leben zu führen? Welche Normen habe ich für mich errichtet? Oder schleiche ich mich durchs Leben, auf angenehme Art und Weise, suche nach Freunden, die mir applaudieren? Ist das noch freier Wille oder nur die Suche nach Anerkennung, nur der Weg der Bequemlichkeit, des geringsten Widerstands? Interessiert mich nur, was andere von mir halten oder mein gemütliches Leben? Definiere ich mich darüber, was sie von mir denken? Wer bin ich dann? Noch ich selbst oder doch die anderen?

Könntest du mich umbringen?

Diese Frage stellte mir meine Mutter bei einem Spaziergang, einige Monaten, nachdem sie ins Altersheim gekommen war, nicht wegen des Heims, nein, wegen ihrer Erkrankung. Sie hatte Alzheimer.

Ich antwortete, dass ich ins Gefängnis müsste, und ob sie dies wolle.

Sie verneinte.

Da meine Mutter eine gläubige Frau war, fragte ich weiter: „Sprichst du mit Gott?“

„Ja.“

„Dann bitte ihn darum, dass du gehen darfst.“

Wir gingen eine Weile neben einander spazieren. Ich war mir nie sicher, wie lange ein Gedanke noch in ihrem Kopf blieb, deshalb wunderte ich mich, als sie Minuten später weitersprach:

„Was soll ich ihm sagen?“

„Das, was du mir gesagt hast.“

Zugegeben, es überforderte mich massiv und ich denke, auch heute noch darüber nach, denn das meiste, das später kam, machte mir ihren Wunsch verständlich. Hatte ich einfach nur Angst einen anderen Menschen zu töten? Ich wusste nicht, was richtig ist.

Doch hier fing unsere Geschichte nicht an.

„Könntest du mich umbringen?“ weiterlesen

Nie zu viel Gefühl – Gedichte zum Nachhören

Der Gedichtband „Nia z’viel Gfühl“, im Tirolerischen Dialekt geschrieben, erschien 2005, die englische Übersetzung 2006. Jetzt, 2015, endlich als ebook bei Amazon!

Wenn Sie Angst haben, nichts zu verstehen, dann hören Sie hinein. Alles halb so schlimm.

Denn das Hörbuch nia z’viel Gefühl gibt es GRATIS!

 

nia zviel gfühl never cover

die tirolerische Ausgabe

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die englische Ausgabe

never too much feeling 

 

und das Hörbuch

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Hier eine Auswahl: Lieblingsgedichte meiner Freunde
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d’sterndln

mit jedem du kimmt was neis und jedes neie isch a sterndl,
des aufgeht am horizont.
des kann da niemand nehmen,
nur du kannsch’s vergessen.

des sein deine sterndlnzuerich_wasser_019
und du bisch der meischter
über dein sternenhimmel
und vergiß nit, jed’s sterndl
macht dein himmel heller und schener und leichtender.

geh aussi und sammel deine stern
polier sie und putz sie, sei guat zu ihnen
und wenn oana geht, wird a neier kemmen,
und der alte wird nachstrahlen
als erinnerung in deim herzn.

und dei herz wird heller
und schener
und leichtender.
vergiß des nit, des isch dei leben,
des du zum leichten bringsch.

image-26i trau mi

hören.pngi trau mi ans leben.
ans schene und schiache,
da darf’s mi zerreissn und in alle schtickln fetzn.
denn danach wachs i zsammen
wia a neia mensch.

und i werd reicher und schener
und mutiger und stärker.
s’leben lasst mi von vorn anfangen,
wia a kloans kind,
des nit woass, was kimmt.

und jeder, der mia begegnet,
isch a umarmung fia an neianfang.
da mag’s no so schiach ausschaun,
a neia tag bring neies lebn
und neien mut fia morgn.

und’s kitzelt mi,
wia die sonn in der nasn.
und dann nias i vor lauter überraschung
und schneiz mi ganz laut.
i trau mi ans lebn.

 

Was Glück bedeuten kann

Ein Luxus, den ich mir leiste, ist sensibel zu sein. Das könnte bedeuten, dass ich dir gegenüber sitze, etwas ganz einfaches erzähle, es mich berührt und ich weine. Und alles, was ich hoffe, ist, dass es dich nicht stört. Klar bin ich selbst überrascht. Sie fließen und dürfen da sein und immer wieder bin ich einfach über das Faktum erstaunt, wie leicht ich berührt sein kann.

Welche Ritterrüstung habe ich mir zugelegt, dass Tränen nicht in einfachen schlichten Momenten da sein durften?

Die Hämmer, das große Leid, das irgendwo stattfindet, ist mir meist zu groß, zu unfaßbar, das halte ich nicht mehr aus. Wie soll ich es fassen, wenn mehrere Menschen umkommen, warum auch immer. Und ich mache etwas, das du beten nennen kannst, ich weiß nicht recht, wie sagen, denn beten verbinde ich noch immer mit Kirche. Doch beten ist mehr, reicher, vielfältiger.

Es kann darum gehen, zu bitten, oder zu danken. Es kann ein Moment sein, an Menschen zu denken, die man liebt oder auch nicht, an Menschen, die nicht mehr hier verweilen oder auch an jene, die kommen werden. Ich kann beten, um _MG_0295-001verzeihen zu können oder um Verzeihung zu bitten. Ich kann dankbar sein für den Sonnenschein und ein warmes Bett, dankbar für ein Singen am See und das Zusammensitzen mit Freunden. Ich bin dankbar für meinen Mut, mein Leben zu leben und dankbar, loszulassen, was gehen darf, auch wenn mir das noch immer schwer fällt.

Ich bin glücklich, dass ich manche Dinge an mir so gelassen nehme, auch wenn ich sie alles andere als cool finde, für die ich mich vielleicht auch ein wenig schäme. Ich bin froh, dass ich sie sehe und mich nicht verurteile, dass ich nicht perfekt bin. Dafür bin ich ganz, mit meinen Stärken und Schwächen.

Ich bin dankbar, dass Glück für mich bedeutet, dankbar zu sein. Und manchmal einfach nur, mit dem Rad im Sonnenschein zu fahren. Oder zu merken, dass ich wieder ein Lied vor mir her pfeife. Da könnte mir manchmal das Herz platzen vor Freude. Ich bin dankbar, so viel Zufriedenheit und Frohsinn wieder in meinem Leben zu haben. Ich habe nicht vergessen, dass es nicht immer so war.

Ein Jahr später

Seit einem Jahr gehe ich auf einem neuen Pfad in meinem Leben. Mir scheint, ich habe keinen Stein auf dem anderen lassen und manchmal wundere ich mich, dass es doch noch Vertrautes in meinem Leben gibt.

Es sind zwei Jahre vergangen, seit meine Mutter gestorben ist. Damals sagte ich mir, mach was aus deinem Leben, lebe nicht im Übermorgen und was du da alles hättest machen können, sondern heute, die einzige Zeit, die gewiss ist. 1 Jahr dachte ich nach über das, was mir gefällt, und das, was mir nicht gefällt. Ich wollte wissen, was mir gut tut. Vergangenes verändert sich mit jedem Blick, Zukünftiges kann sich mit jedem Atemzug ändern, denn der Zukunft gehört die Freiheit. Alles ist möglich. Die Verluste der vergangenen Jahre, der Tod meiner Eltern und einiger Freunde, der Abschied von Menschen auf sanfte und weniger sanfte Weise, lehrte mich, da zu sein. Hier ist der Ort, wo ich lebe und nicht die Traumwelt.

Diese Reise begann ich mit dem besten Reisegepäck der Welt, den Dingen, die ich liebe und die mir wichtig sind. Und sie sind mir gute Begleiter, denn ab und zu vergesse ich sie und gehe den Weg nochmal zurück, um sie zu holen. Manchmal bringe ich sie auch zur Reparatur und bitte darum, das eine oder andere zu ändern. Manchmal kann ich den Wegweiser nicht lesen und ich tapse vorsichtig vor und finde mich in einer anderen Landschaft wieder und bin verblüfft, wie schön es hier ist.

Doch ist es intensiver als auf einer normalen Reise, da fremdle ich auch für einige Zeit, aber der Rhythmus findet sich und dann nehme ich Neues leichter mit. Vielleicht unterschätze ich den Zeitrahmen einer Lebensreise, wenn ich ihn mit einer 5-wöchigen vergleiche, wo ich mich nach einer Woche oder zwei gelassen in fremden Landen bewege. Ich teste aus, ich versuche mich in diesem und jenem, manchen Balast werfe ich weg. Anderes kommt hilfreich zur Seite.

Schloßpark in der MorgendämmerungAber es fordert mich auch. Denn ich habe die Verantwortung für mich übernommen. Ich habe gelernt, dass ich mit Laufen nicht schneller voran komme. Manchmal ducke ich mich, bin still, bis sich die Aufregung in mir gelegt hat. Ein ander Mal bin ich überrascht über die spielerische Leichtigkeit, mit der Dinge in mein Leben kommen. Und dann ist es zu viel, anschließend zu wenig.

Wenn auch manches Vertrauen verloren ging, vielleicht auch nur verändert wurde, ist in anderen Bereichen diese Geborgenheit gewachsen, dass alles gut ist, wie es ist.

Du, mein Herz

vielleicht liebe ich dich und du mich.
Vielleicht ist es nur ein Luftschloss,
denn es sind unsere Körper, die nicht von einander lassen können.
Und ich werde wieder zu weinen beginnen.

Vielleicht lerne ich mich nur durch dich kennen.
Vielleicht sind die Tränen bei dir keine bitteren.
Vielleicht zeigen sie mir nur, dass ich sein darf.
Vielleicht sind sie nur das Meer, in dem ich zuhause bin.

Und ich darf schwimmen in ihnen.
Sie wissen nichts von der Verzweiflung ihrer Brüder und Schwestern,
denn sie sind süß.
Schwimm mit mir, mein Herz.

Verdammt still ist es geworden

dabei arbeite ich soviel, wie schon lange nicht mehr.

Der Reihe nach:

Als erstes kam meine neue Fotoseite

ruthbarbaraphotography.com@rb

Da wartet noch einige Arbeit auf mich.

Doch die nächsten Projekte harrten meiner. Vom Buch, diesem noch nicht zur Welt gekommen Baby, will ich jetzt noch nichts verraten, außer: es wird eine Liebesgeschichte…

Ich wollte nach meinem Umzug nach Eisenstadt, meine ehrenamtliche Arbeit beginnen. Auch die begann sich selbständig zu machen, denn plötzlich wurde aus dem Lesen für Erwachsene ein Ort, wo ich alles ums Lesen hier im Burgenland zu sammeln begann.

Es wurden Leseorte.

logo-quadrat-mit-schattenLeseorte.org

Ich trage alles zusammen, was Bücher, Literatur, Bibliotheken, Buchhandlungen, Büchereien, Verlage, vorerst hier im Burgenland, zu bieten haben. Nachdem ich begonnen habe, all diese Orte zu besuchen,
Webseite, Name, Layout, Statuten, Konzept, Ideen und noch viel mehr gab es hier zu entwerfen und zu bedenken. Selbst über die Buchhaltung machte ich mir Gedanken.

Wie du siehst, erwarte ich Mehrlinge. Ich traue mir nicht über den Weg, es könnte sein, dass sich in meinem Kopf noch irgendwo ein Kind hinter den anderen versteckt. An und für sich, denke ich, reicht es. Denn ich komme mit der Blutversorgung nach oben gerade noch zurecht. Und sie sollen ja wachsen und gedeihen. Auch wenn ich manchmal überfordert bin mit ihren Bedürfnissen. Irgendwann, hoffentlich bald, dürfen sie selbständig werden und ein eigenes Leben führen.