Verdammtes Blau

Sie konnte es nicht glauben. Es war schon wieder passiert. Jemand stahl ihr das Blau. Jenes, mit dem sie vor 30 Jahren einen heimlichen Liebespakt geschlossen hatte. Es war ihre Leidenschaft, da konnte doch nicht schon wieder jemand kommen und es ihr einfach wegnehmen.

Der erste war ein Künstler: Yves Klein, den konnte sie noch verkraften. Der hatte genau das gemacht, was sie in ihrem Kopf wie ein Heiligtum bewahrt hatte. Im Nachhinein war sie froh, es nie versucht zu haben. Sie hätte sich lächerlich gemacht. Als sie zum ersten Mal das Glas mit den ultramarinblauen Pigmente in ihren Händen hielt, wusste sie, damit dürfen nur blaue Bilder gemalt werden. Schatten war das einzige Element, dass in die Farbe eingreifen durfte, ihr Schwung und Leben einhauchen.

blau.png
Es fing ganz harmlos an.

Der Tag, an dem das Blau ihr Leben betrat, war einer dieser Tage, diese besonderen, unvergesslichen. Sie waren den ganzen Tag zu dritt unterwegs und als sie am Abend zu ihm ins Studio kamen, waren sie betrunken von den Strahlen des Sommers, der ihre Seelen auf das Nächste vorbereitet hatte. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wer von ihnen die Idee hatte. Sie war plötzlich da, angesichts der Farben, des goldigen Abendlichts und der Stimmung, die sie eingefangen hatte. Jeder durfte ein halbes Gesicht des anderen anmalen. Und so wurden aus 2 jungen Frauen und einem Mann, 6 Wesen, ohne Geschlecht, die plötzlich die Bilder des anderen statt ihres eigenen Gesichtes trugen. Es war, als wären unterschiedliche Geister gleichzeitig zum Leben erwacht. Sie hatte damals keine Ahnung von Künstlern, Performances und anderem Tanderadei. Für sie war es einer jener Momente, die zu schön sind, um vergessen werden zu können. Sie wurden zu mythischen Fabelwesen und selbst die Laute, die aus ihren Mündern flüchteten, kamen aus anderen Welten. Unbekannten Wesen. Leben konnte etwas ganz anderes sein. Zwei Seelen in einer Brust, Sechs in Dreien. Als die Dunkelheit die Herrschaft übernahm, sah sie das Ultramarin und fragte, ob sie etwas davon haben könnte. Er füllte es in ein gewöhnliches Marmeladeglas mit goldfarbenem Deckel. So kam das Ultramarin in ihr Leben.

Sie wurde erwachsen, das Glas mit der Farbe trug sie von einer Wohnung zur anderen, als ob eine Farbe allein schon ein Kunstwerk sein könnte. Irgendwann würde sie ein blaues Bild machen, nicht malen, sie wusste nur nicht wie sie Höhen und Tiefen, die Dynamik des Pigments auf eine Leinwand bringen könnte. Bindemittel waren nur ein anderes Problem, das noch viel weiter weg war. Sie vergass die Bilder. Sie war vernünftig und das blaue Glas fest zugedreht, um ihre Träume gefangen zu halten. Manchmal dachte sie, dass sie die Einzige wäre, die das Abbild, das die Farbe auf ihrem Sehnerv hinterließ, spüren konnte. Keiner, den sie traf, verstand, worüber sie sprach, wenn sie von ihrem Blau zu reden begann. Ihren Freunden fiel nie auf, dass ein Glas mit gefangenem Blau zwischen ihren Büchern stand.

Sie wusste nicht, dass andere ihre Faszination teilten. Nein, nicht teilten, genauso verfallen waren. Als es zum ersten Mal passierte, dachte sie, er hätten ihr das Blau gestohlen. Es brauchte eine Weile, bis sie seine Begeisterung nicht als Raub, sondern als Gewinn betrachtete. Als ihr das klar wurde, wäre sie am liebsten herumgelaufen und hätte andere rumgewirbelt vor Freude.

In den dreißig Jahre dazwischen ist bei einem ihrer Umzüge, das blaue Marmeladeglas verschwunden. Schon lange dachte sie nicht mehr über ihr Blau nach. Bis die Ausstellung mit den Werken Yves Kleins in ihre Stadt kam.

Der Tag fing harmlos an, sie ahnte nichts. Gäste waren zu Besuch und sie stellte ihnen frei, wo es hingehen sollte. Moderne Kunst. Sie freute sich, denn dort gab es immer etwas Unerwartetes. Sie liebte Überraschungen. Yves Klein, noch nie gehört. Je weniger sie wusste desto besser. Sie las auch keine Reiseführer, bevor sie woanders hin fuhr, um sich nicht des Staunens zu berauben.

Sie lösten Eintrittskarten und als  sie in den ersten Raum gingen, wäre sie beinahe ohnmächtig geworden. Da waren die Bilder. Ihre Bilder. Echt. Die, die immer in ihrem Kopf zuhause waren. Sie hätte sie angreifen können. Sie zitterte innerlich. Der Schwindel legte sich nicht. Sie verstand nichts mehr. Konnte es wirklich sein, dass sie etwas im Nachhinein neu erfinden konnte? Die Zeiten verschwommen, zerstoben in alle Richtungen. Klein hatte diese Bilder gemalt, als sie gerade gehen konnte. Die Bilder in ihrem Kopf entstanden Jahre später und nun stand sie vor ihnen, ein halbes Menschenleben später. Sie durfte nicht laut schreien und jubeln. Am liebsten wäre sie zu jedem einzelnen Besucher hingelaufen, um ihm ihre Geschichte zu erzählen, die ja gar keine Geschichte sondern nur ein Gefühl, ein Geschmack, eine Erinnerung. Ihre Emotionen spielten mit ihr, sie hätte weinen und lachen können. Niemand hätte ihr geglaubt, wenn sie gesagt hätte: Das sind meine Bilder. Ich habe sie gemalt vor vielen Jahren. Er hat genau das umgesetzt, was sie plante. Nur zwanzig Jahre früher. Lange bevor sie in ihrem Kopf zu leben begannen.

Ihre Freunde sahen sie zweifelnd an. Weshalb sich wegen blauer Bilder aufregen? Sie tat, was sie immer tat. Sie wurde äußerlich ruhig, dämpfte ihre Stimme und fand sich damit ab, dass es niemanden interessierte, dass sie zwanzig Jahre, nachdem Yves Klein solche Bilder malte, die Idee hatte genau solche Bilder zu malen. Keiner würde ihr glauben, dass es sich hier um eine Synchronizität handelt, die die Zeit überwunden hatte. Sie war sich sicher, dass genau das passiert war. Es wärmte sie, dass es einen gab, der beim Anblick dieser Farbe wie sie empfand. Er hatte es zum Programm gemacht, diese Farbe zu lieben. Es war ihr Geheimnis. Das verband sie mit Yves Klein, Jahrzehnte nach seinem Tod. Eine Nähe, die keine war. Nur eine gemeinsame Begeisterung. Mysterien. Keiner konnte ihr dieses nehmen. Im Stillen war sie froh, dass er schon gestorben war. Sie hätte sich gemeldet, sie hätte ihn treffen müssen, sie hätte ihn nur mit offenem Mund gegenübertreten wollen. Nichts sagen, nur in seine Augen blicken. Keiner würde ihr glauben, dass sie nichts von Yves Kleins Blau gewusst hatte. Niemand würde verstehen, warum es Herzklopfen bei ihr auslöste.

Ihre Aufregung legte sich. Wieder vergingen Tage, Monate und Jahre. Sie gewöhnte sich daran, dass es Bilder gab, die ein anderer gemalt hatte, die Jahre nur in ihrem Kopf existierten. Denn es gab nichts anderes, mit diesem Blau zu tun, als solche Bilder zu malen.

Bis zu jenem Tag, als sie vor einer Auslage stehen blieb. Das Geschäft hatte ein Auslage ganz in Blau und mitten drinnen lag ein Buch „Nur Blau“ von Bernhard Aichner. Auf dem Titelblatt war genau ihr Blau, ihre Pigmente.

Nicht schon wieder, nicht noch einer, der ihr Blau stiehlt. Einer ist ja zu verkraften, aber ein Zweiter? Es kam schlimmer. Sie hatte den Buchladen betreten, das Buch ohne darin herumzublättern gekauft und war auf schnellstem Wege nach Hause. Sie begann zu lesen und er schrieb von Menschen, die genau wie sie von diesem Blau gefangen genommen waren. Zwanzig Seiten am Stück, mehr konnte ihr Herz nicht verkraften. Und seine Worte. Immer wieder fragte sie sich, ob andere nur annähernd verstehen, was dieses Blau macht. Wie das Blau einen frisst. Nicht schmerzhaft. Sie wird verschlungen, weil sie wehrlos ist. Er schreibt. Auch er zieht hinein. Sie weiss nicht, ob er Worte aus ihrem Kopf gestohlen hat. Wie Yves Klein das Blau.

Sie ist nicht allein. Ein eigenartiges Gefühl.

Dreißig Jahre später

Uralte Gefühle ließen einen eiskalten Schauer über ihren ganzen Körper laufen.

Jahrzehnte alte nackte Wut über die Ignoranz Michaels brach hervor. Vor dreißig Jahren hatte sie weinend seine Nichte in den Schlaf geschaukelt. Die Kleine kannte sie nicht gut und als sie mitten in der Nacht aufwachte und sich mit ihr, einer fremden Frau, wiederfand, heulte sie los. Maria versuchte alles, was ihr gesagt worden war, frische Windeln, ein Fläschen zum Trinken, in den Arm nehmen, auf und abgehen, ein Lied singen, doch erst die Stimme ihres Mannes, die so sehr der Stimme seines Bruders, des Vaters der Kleinen, glich, schaffte es, das Baby zu beruhigen. Nachdem er 2 Minuten beruhigend auf sie einsprach, wurde ihm langweilig und er begann Schäfchen zu zählen. Eins, zwei, drei, vier… Als er zwanzig erreichte, begann sie wieder zu weinen. Das monotone Zählen war keine Geschichte, das war ein automatisches distanziertes Gebrabbel und das winzige Mädchen wusste es. Ein kleiner Erdenbewohner spürt, wenn es nicht ernst genommen wird. Also stand Maria wieder auf, denn Michael las unbeeindruckt den begonnenen Artikel weiter. Sie hielt die Kleine im Arm und sang Gute-Nacht-Lieder, während sie versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Es war drei Uhr früh. Michael schlief leise schnarchend, während sie und die Kleine leise weinend warteten, dass die Eltern noch vor Morgengrauen heimkamen. Diese Nacht war lang.

Das war lange her und sie hatte Michael nie wieder vertraut. Sie hatte Angst, mit ihm gemeinsam ein Kind groß zu ziehen. Diese Geschichte war vergessen. Sie war schon lange geschieden, sie konnte keine Kinder mehr bekommen, auch damit hatte sie abgeschlossen. Doch heute hatte sie mit ihm telefoniert und er hatte erzählt, wie er seinen Sohn in den Schlaf gesungen hatte und meinte, was für ein wunderbarer Vater er sei.

Als Tränen ihre Augen verschleierten, wusste sie zuerst nicht warum, bis sie ihre Wut zu spüren begann. Er war immer gut, wenn es darum ging sich auf die Schulter zu klopfen, während er ihr noch immer sagte, welche Fehler sie gemacht hatte. Es war Zeit.

Zeit des Aufbruchs

Es war verdammt still die vergangenen Monate. Aber die Zeit des Aufbruchs ist gekommen. Eingeleitet wird es wiedermal durch eine lange Reise. Ich bin wieder in Amerika, wo ich diesen Artikel zuerst postete. Doch hier sollte ich wohl auch ein paar Worte verlieren.

Die letzten Monate waren gefüllt mit neuen Ideen und deren Planung. Und in den vergangenen Wochen war es soweit. Am 8. April jährte sich der Todestag meiner Mutter und damit startete ich mit der Umsetzung. Nachdem meine Mutter vergangenes Jahr in Frieden gehen durfte, habe ich beschlossen, dieses Trauerjahr zu nutzen, um tief in mich zu blicken.

Die vergangenen 10 Jahre kosteten mich viel Energie, anfangs fiel es mir nicht besonders auf, wie kräftezehrend die Krankheit meiner Eltern, aber auch andere Umstände waren, über die Jahre wurde es aber intensiver und intensiver. Zuletzt war ich mit meinem Leben nicht mehr zufrieden, ich funktionierte meist nur mehr. Nur das Schreiben war mir geblieben, das machte mich glücklich. Das Jahr ist vorbei, nun geht es zur Realisierung dieser Träume.

Der erste Schritt war eine neue Wohnung, die meinen Vorstellungen entspricht. Vielen zeigte ich nur die schönen Bilder und die wunderbare Lage, aber es ging mir auch darum, selbst einen Schritt in eine ressourcenschonende, lebenswerte Zukunft zu setzen. Auch wenn ich keine Kinder habe, möchte ich der Welt respektvoll und achtsam gegenüber treten. Die Wohnung ist praktisch neu, gut isoliert und braucht nicht viel Energie. Sie liegt so, dass es mir möglich ist, vieles zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen. Die Stadt setzt auf Car-sharing und E-bike-Verleih. Das waren alles Beweggründe, mich für Eisenstadt zu entscheiden, neben vielen anderen. Ich werde Burgenländerin.

Das andere zielt auf meine berufliche Zukunft. Ich habe mich entschlossen, mich dem zu widmen, das mein Herz erfüllt und lauter schlagen lässt. Ich will das tun, was mich die vergangenen Jahre überleben ließ. Ich habe den Rechenstift gezückt, meine Finanzen geordnet und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es ruhig wagen kann. Ich will schreiben und schreibe.

Und ich will ausreichend Zeit haben für unbezahlte Arbeiten, die ich für ein funktionierendes Gemeinwesen für notwendig erachte, ob dies Singen mit dementen Menschen ist oder das Halten einer Hand, wenn sonst nichts mehr geht.

Beginnen wollte ich dieses Abenteuer mit einer Recherche über eine Frau, mit einem für mich aufregendem Leben, aber es kam anders. Meine Freundin, inzwischen 88 Jahre alt, hatte in den letzten Wochen große Verluste zu tragen und möchte nicht mit mir darüber sprechen. Das kann ich verstehen und gut nachvollziehen. Ich weiß noch, wie klein und müde ich in den dramatischsten Stunden meines Lebens geworden bin. Ich war froh um jene, die mich ruhig bei ihnen sitzen ließen, ohne irgendetwas zu fordern oder zu wollen. Einige gingen. Großreinemachen könnte man dies wohl nennen. Das darunter gerade jene waren, die mir immer wieder versichert hatten, wie ähnlich unsere Gedanken seien, lässt mich an ihrer Kenntnis meiner Person zweifeln. Wie froh war ich, dass ich ausreichend Selbstschutz entwickelte, um auf mich zu schauen. Manche nannten dies Egoismus, ich nenne es Vernunft. Niemand kann so gut auf einen selbst schauen, wie ich selbst. Und das tat ich, wann immer mir Dinge oder Menschen zuviel wurden.

Und so bin ich dankbar, dass meine Freundin über deren Leben ich berichten wollte, meine Pläne über den Haufen warf, weil es zu viel für sie ist.

Und so bin ich nun dagesessen und habe in meinen wirren Gedankenwegen herum gesucht, was mir denn in den Sinn käme, in den kommenden Wochen zu unternehmen. Natürlich hatte ich an die aufregenden Nationalparks in Utah und Arizona gedacht. Klar kam mir Yellowstone in den Sinn. Aber eigentlich suchte ich nach etwas Stillem. Nachdem ich im Winter eine Dokumentation über Gordon Hempton gesehen hatte und ihm auch schrieb, wie sehr mich seine Sehnsucht nach Ruhe und Friede berührt hatte, wundere ich mich nun nicht über meine Entscheidung, die großen Naturwunder hinter mir zu lassen und nach Unaufgeregtem, Ruhigerem zu suchen. Vielleicht nimmst du dir Zeit und klickst den folgenden Link an und wartest.

“SILENCE IS NOT THE ABSENCE OF SOMETHING,BUT THE PRESENCE OF EVERYTHING.”

Ich schaute mir Karten und Reiseführer von Wisconsin an und plötzlich sah ich das viele Wasser: die großen Seen, die kleinen natürlich auch, und den Mississippi, der die westliche Grenze Wisonsin’s zu Iowa bildet.
Kommende Woche wird es losgehen.
Um meine Reise mitzuverfolgen, folge diesem Link Ruth in Amerika.

Amerika

So schnell flog ich noch nie über den Atlantik und wenn mir jemand gesagt hätte, wie herrlich ich mich unterhalten würde, hätte ich vielleicht genickt, besonders aufregend hätte ich es nicht gefunden. Ich hatte mich schon öfter gut unterhalten, aber wenn mir jemand gesagt hätte, ich würde mich wunderbar amüsieren, weil ich neben einer Frau mit Burka sitze, hätte ich zu zweifeln begonnen. Inzwischen weiß ich auch, dass es ein Niqab ist, den sie trug, ich sah ihre lebendigen Augen und erst später die Cowboystiefeln, die unter ihrem schwarzen Körperschleier hervorlugten.

Maureen mit irischen, kroatischen, böhmischen Wurzeln ist eine selbstbewusste, offene, herzliche Frau, die eine Niqab trägt. Und Maureen ist keine Frau, die irgendetwas mit sich machen lässt. Ein seltsames Gefühl sich seinen eigenen Vorurteilen stellen zu müssen. Zuerst glaubte ich, mich nicht erinnern zu können, jemals eine Frau mit einem Gesichtsschleier bewusst gesehen zu haben. Aber es ist noch gar nicht lange her, da fuhr ich in der U-Bahn und sah eine und ich weiß auch noch, dass, ich mich fragte, wie es ist, so etwas zu tragen.

Sie fiel mir schon auf, als wir in den Flieger eincheckten, wo sie sich deutlich gegen die „besondere“ Behandlung wehrte, die ihr auf Grund ihrer Kleidung zukam.

Im Nachhinein stelle ich fest, es gibt noch so vieles, was ich sie fragen hätte wollen. Die Zeit verging sprichwörtlich wie im Flug. Es waren mehr unsere Gemeinsamkeiten, die mich in den Bann zogen. Ihre Bekleidung wurde Nebensache, auch wenn mich ihr Faible für Dr. Martens und Cowboystiefel amüsiert. Da ist unser Wunsch, mit Menschen zu kommunizieren, unsere Freude mit alten und sterbenden Menschen zu arbeiten. Aber auch die Sehnsucht nach einem spirituellem Leben. Sie ist fast genau 2 Jahre jünger und hat 5 Kinder, ihr Mann ist Ägypter und nachdem er jahrelang zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA pendelte, entschlossen sie sich mit den Kindern dorthin zu ziehen. Natürlich sah ich die Bilder der gesamten Familie und selbstverständlich wurden die Kinder gefragt, ob sie mitkommen wollen.

Wir lachten und weinten gemeinsam, tuschelten und wurden laut, so vertraut, dass uns eine Sitznachbarin fragte, wie lange wir uns kennen würden.

Muslimin in den USA. Kein leichtes Los. Und nochmehr: eine Muslimin, die dazu steht und zwar so, dass es jeder sieht. Immer nur hörte ich, das Frauen dazu gezwungen wäre, sich so zu kleiden. Bestenfalls dachte ich, dass sie eine Scheu hätten, sich dem Druck der Gesellschaft, der sie angehören, zu stellen. Ich konnte mir nicht vorstellen, sich freiwillig so zu kleiden. Maureen ist anders.  Sie hat verdammt viel Selbstvertrauen und streiten möchte ich nicht mit ihr. Eine Scheibe ihres Selbstbewusstseins wäre gut für jede Frau. Mit ihren irischen Wurzeln war sie natürlich katholisch und in jungen Jahren ein Hippie und kannte auch Magic Mushrooms. Es war die Spiritualität der Native Americans mit der Belebtheit von Pflanzen und Steinen, der ganzen Natur, die sie berührte und diese fand sie dann auch im Koran. Ich habe das nicht gewusst.

Dass in der Schöpfung Gottes alles Lebendige und Nichtlebendige gleichberechtigt nebeneinander steht, berührt mich. Nicht dieses „Macht euch die Erde untertan„, das zu Respektlosigkeit und Ausbeutung gegenüber allem, was nicht der Krone der Schöpfung entspricht (und nicht mal der bringen wir die notwendige Achtung entgegen), geführt hat.

Vorurteil, Halloooo! Eigentlich sollte man ausrufen: Radikale aller Religionen vereinigt euch! Ich brauche sie alle zusammen nicht. Ohne Toleranz interessiert mich kein anderer Glaube, denn dort finde ich keinen Platz, dort ist kein Raum für mich.

Es war nun das zweite mal, dass ich mit einer Muslimin zufällig reiste. Und ich mag diese Vertrautheit, die beide Male entstand. Es waren beide Male Frauen, bei denen eine gewisse Intimität einfach durch das Frausein entstand.

Wir im westlichen Kulturkreis tauschten Nähe ein gegen eine gewisse Distanz, gleichberechtigt, egal, ob wir einem Mann oder Frau gegenüber treten, ein. Wir vertrauen einfach nicht mehr so leicht, wir sind vorsichtiger, misstrauischer geworden. Wann ist dieser Abstand wichtig geworden? Ich verallgemeinere schon wieder, wie dumm. Ich spüre Nähe und manchmal frage ich mich, ob es gerade diese Zufälligkeit ist, dieses kurze Zusammentreffen, das gleich wieder verfällt, die einen so schutzlos einem anderen ausgeliefert sein lässt. Der andere bekommt nie die Chance, die Verletzlichkeit des anderen zum persönlichen Gewinn auszunützen. Nun ich kann es testen, ich habe eine Einladung nach Abu Dhabi. Wir hatten uns so gut unterhalten, dass wir gefragt wurden, ob wir uns schon lange kennen. Emails tauschten wir aus. Und bevor sich unsere Wege trennten, sie in der Schlange für Amerikaner, ich in der aller anderen, umarmten wir uns noch ganz fest. Sie war unterwegs nach Arizona, ihrer böhmischen Großmutter ging es nicht mehr so gut. Sie war siebenundneunzig.

Und es ist wieder einmal der Beweis, dass alleine reisen viel aufregender ist. Mit jemanden an meiner Seite, wäre niemand Fremder neben mir gesessen, ich hätte nicht zu quatschen begonnen, ich hätte wieder versäumt, etwas über andere zu lernen. Noch viel weniger hätte ich mich vermutlich neben eine vollverschleierte Frau gesetzt. Das Schicksal meint es gut mit mir. Ich darf lernen. Ich will das alleine reisen nicht missen. Ich habe keine besonderen Menschen getroffen, weil ich besonders bin, sondern weil überall besondere Menschen herumlaufen. Dazu müssen nur die Augen geöffnet sein und der Wille, den anderen auch wahrzunehmen. Das reicht.

ps. Ein Jahr später: Wir schreiben uns noch, nicht oft, das Schreiben ist nicht ihres. Wir vermissen uns.

Reflux

Ich bin immer schon negativ aufgefallen, als ich bohrte und fragte und wissen wollte, wer DU denn bist. Ich wollte nicht einmal eine schnelle Antwort, mir reichte ein Überübermorgen. Und nicht einmal das musste sein. Ich teile meine persönlichen Bemühungen, meine ganz privaten Überlegungen. Ob ein anderer so nachdenken möchte, ist dessen Entscheidung.  Einmal sagte eine Freundin: „Ich möchte dich nicht mehr sehen, deine Reflexionen machen mir ein schlechtes Gewissen.“ Reflux – es stößt etwas auf.

Es waren Rückschauen auf mich, nicht über sie. Und sie wollte nicht über sich nachdenken, doch meine Gedanken klopften bei ihr an. Das wollte sie nicht. Ich glaube, sie war nicht die einzige. Nur andere waren nicht so mutig wie sie. Die sagten zwar, es sei ihnen zuviel. Und ich hörte auf, ihnen über mich zu schreiben und fragte nur, ob sie Zeit hätten mich zu sehen, auf ein Plauscherl im Kaffeehaus. Nie wieder hatten sie Zeit für mich.

Heute bin ich ohne Versenkung in mein Handeln, vor und zurück, nicht mehr denkbar. Lange war es anders, da spielte ich nachdenken. Ich spielte viel, unbewußt. Jetzt weiß ich das. Denn es fließt zurück zu mir, wenn ich verdränge. Manchmal dauert es Monate, auch Jahre, bis ich das Spiel erkenne, aber ich schaue meiner Angst ins Gesicht. Immer wieder. Je geübter ich werde, desto weniger Sodbrennen habe ich.

Biedermänner

Es gibt Menschen, die glauben, das Leben spielt sich im geschriebenen Wort ab. Denn dort sind sie revolutionär, da bewegen sie, da rufen sie auf, da sind sie Veränderer, Rebellen und Revolutionäre.

Doch lüftet man den Vorhang, dann kommt ein biederer, gewöhnlicher Mensch heraus, der an anderen herumnörgelt, alles besser weiß und nichts besser macht. Der sucht nach Bewegungen, großen Mustern, ob es die alte Linke, die noch älteren Reaktionäre, oder auch die neuen Selbständigen sind. Alles wird schubladisiert. Und er selbst, erkennt nicht, dass er nur in der Schublade des Schwaflers sitzt.

Es ist eine adrette Falle, sich über andere lustig zu machen, in einer Art und Weise, dass zuletzt der Zeigefinger nackt auf einen selbst zeigt. Er fragt schon mal in fremden Lande, wie die Stimmung so sei unterm Volke. Und begreift nicht, dass der soeben Gefragte auf Bilder zurückgreift, die Menschen, wie er selbst, entworfen hat. Da kann Panik sein, da kann Freude sein, Wahrheit ist etwas anderes. Dazu sind wir zuviele, zu Unterschiedliche.

Wer von anderen beachtet wird, aus welchen Gründen auch immer, kann nun was sagen, wen er gefragt wurde und auch was sagen, wenn er nicht gefragt wird. Doch hören tun wir es nur, wenn darüber berichtet wird. Nur wer ist berechtigt, zu bestimmen, wer etwas sagen darf oder nicht. Dann kommt ein Schubladen-Journalist und schließt von einer Rede einer Person, über deren Qualität ich nichts sagen will, auf eine gesamte Berufsgruppe. Wie platt.

Wie mir vor diesen Schubladen graut.

Die sagen mal zu Künstlern Bilde, Künstler, und rede nicht so viel Blech! wie Tilman Krause. Als ob die Schublade „Künstler“ zu blöd zum Denken sei. Herr Krause meint, Künstler sind doof und sollen den Mund halten. Wie schön wäre die Welt, wenn Künstler die Einzigen wären, die Blech reden. Leider spricht nicht nur ein Mensch viel Schwachsinn und auch nicht eine bestimmte Gruppe von Menschen. Wie immer ist es differenzierter. Schwachsinn ist zu kritisieren. Nicht der Mensch, sondern das Blech.

Dieses Gleichgewicht scheint heutzutage arg aus der Balance zu kommen. Denn so gedacht, wäre der Journalist das Gelbe vom Ei. Wenn dem doch so wäre, wie schön. Und doch reden auch sie viel Blech. Und dieses Blech sei auch kritisiert. Denn diese Menschen sind dieselben, die die anderen (und so auch Künstler) fragen, was sie denn denken. Spricht nun, wer auch immer Blech, sind es Journalisten, die es anstatt als Altmetall zu entsorgen, es wieder ins Feuer geben, um es neu zu hämmern. Ganze Menschengruppen werden zu Idioten. Ausgrenzung, das gab’s schon mal. Und es fällt niemandem auf. Beifall wird aus allen möglichen Ecken geklatscht. Der Künstler soll Kunst machen, zu allem anderen ist er unfähig.

Ich habe die Rede, um die es da ging, nicht gelesen. Ich hätte von ihr nicht einmal erfahren, wenn andere – nämlich Journalisten – nicht darüber gesprochen hätten. Aber das Maul verbieten, löst bei mir zunächst Beklemmung aus und dann werde ich zornig. Wir hatten so etwas schon mal.

Seit ich nun auf Maulverbieten schaue, sehe ich es links und rechts und oben und unten immer wieder aufblitzen, wenn einer wieder mal, einem anderen das Maul verbietet. Das passiert öfter, als ich dachte. Meist sind die gleichen Leute, die dann rufen: Denkt mal, Leute!

Nicht von anderen verlangen, dass sie denken sollen, und dann das Maul verbieten. Es ist noch viel schlimmer, denn einer gesamten Gruppe von Menschen wird gesagt, dass sie nicht fähig sind zu denken, ist eine Frechheit. Er sagt quasi mir, dass ich ein Volltrottel bin. Wenn er es mir ins Gesicht sagen würde, wenn er Manns genug wäre zu sagen, Frau Taler, das ist Schwachsinn. Nur, das glaube ich nicht.

Kann so jemand glauben, dass Menschen überhaupt denken können, entscheiden können? Nein, das geht nicht. Ich kann nicht sagen, die sind blöd und dann noch glauben, der Mensch sei prinzipiell zum Denken fähig. Das geht nicht zusammen. Das ist ein Widerspruch. Lasst doch die Leser selber denken und das Blech selbst entsorgen, wenn Journalisten glauben, davon berichten zu müssen.

Wie leben diese getarnten Biedermänner ihr Leben? Sind sie tatsächlich revolutionär, oder behandeln sie dich so, wie sie es von klein auf gelernt hatten, ganz altmodisch, die Muster der Kindheit verfolgend. Haben sie ihr Leben umgedreht? Oder schreiben sie und schreiben sie und schreiben sie. Wer so spricht, erobert sich nicht meinen Respekt.

Schreiben allein ist nicht klug, Schreiben allein ist nicht revolutionär, Schreiben alleine ist Schreiben. Nicht mehr, nicht weniger.Und wenn die Worte so verzaubern, dass sie unendlich klug klingen, sind sie doch die Worte eines Zauberers und die wollen entzaubert werden.

Leben, Tun, Atmen, da findet Revolution statt. Wie gehe ich mit anderen um? Wie achte ich andere, die nicht meiner Meinung sind, die nicht die Musik mögen, die ich mag, die arbeiten, wie ich es nicht aushalte, die leben, wie ich niemals leben möchte. Sie sollen da alles machen dürfen, denn ich will auch alles machen dürfen, solange es andere nicht verletzt. Und glauben Sie mir, wenn ich blaues Haar hätte, würde keiner sterben daran, auch wenn sie sich noch so aufregen. Wahre Verletzungen sehen anders aus.

Wenn ich über die Schreiber lästere, weiß ich, wovon ich rede, schwafle ich selbst gerade vor mich hin.

Frühjahrsputz

Vor mir stehen etliche Kisten mit Briefen, Tagebüchern, Notizen. Ich habe sie geordnet, 2 Tage lang, und gelesen vielleicht 10%. Einiges trieb mir die Tränen in die Augen, aber ich bekam auch meine schönsten Geschenke zu sehen: Liebesbriefe an mich.

Gelassenheit ist wirklich ein Geschenk des Alters. Fragte ich früher: „war das alles?“, geht es heute, nur um das Bewegendste, Berührendste. Ich brauch keine hunderten Liebesbriefe, sondern nur den richtigen. Und ich verstehe heute endlich, warum mir der eine so im Herzen blieb.Lotus

„Ich denke an ein verstrubbeltes, legeres, hintergründiges, strahlendes, schimmerndes, verzwicktes, verdrehtes, perlendes, blumiges, klingendes, lachendes, hübsches, blauäugiges, originelles, frisches, tanzendes, hüpfendes, lesendes, brillantes, mit Flittern übersätes Mädchen namens Elisabeth, das ich gern habe, auch wenn ich mich manchmal nicht traue es zu zeigen.

Alles Schöne und Gute wünscht Dir Paul, der froh ist, dich zu kennen.

P.S. Du bist ein wunderbarer Mensch. Du bist O.K.“

Es waren nicht viele Briefe, aber die gingen ohne kleinste Umwege direkt in mein Innerstes:

„Ich möchte, und so glaube ich auch Du, ausbrechen aus dem üblichen Trott, sei es in der Schule, Arbeit, in Beziehungen zu Freunden, und, was viel, viel wichtiger ist, wir möchten ändern und erneuern. Das ist sicher keine schlechte Entwicklung, auch wenn es uns oft sehr schwer fällt und wir oft genug daran sind, zu kapitulieren. Der Mensch braucht eine Portion Wahnsinn, damit er den Mut hat, auszubrechen, um Lebens- und Liebenswertes auf die Welt zu bringen.“

Der spricht von mir, von uns, von dem, was uns verbindet. Er spricht von Hoffnungen und Träumen (und er spricht noch heute davon, auch wenn er sie zu leben nicht wagte und immer vermisste). Den kann ich jahrzehntelang nicht hören und er schreibt und meine Knie sind immer noch weich. Was hätten wir doch tun können. Wir wagten es nicht. Und heute? Nein ich will ihn nicht wegreißen von seiner Frau und seinen Töchtern. Auch wenn mein Herz lauter pumpert als jeder Hubschrauber über meinem Kopf, wenn unsere Seelen miteinander sprechen. Ganz leise flüstern sie vom Wahren, vom Wichtigen, von dem, was die Welt zusammenhält.

Statt dessen wählte ich den Wörterzauberer, der mit Wörtern jonglierte und mich nicht sah. Ich wurde austauschbar mit jeder Frau.

„Was ich alles hätte werden können, wäre ich nicht das geworden, was ich bin für dich.

Wäre ich sportlicher gewesen, ich hätte Pilot werden können mit meinem Blick für die Landschaft und meinen fast tauben Ohren.

Wäre ich schlanker geworden, ich hätte Rocknrollsänger werden können mit meiner Angst, die mir so im Nacken sitzt.

Wäre ich als Kind reicher Eltern geboren worden, ich hätte dir ein Flugzeug kaufen können, jenes von dem ich dir schrieb vor der Zeit.
Halsüberkopfakrobat hätte ich werden können
oder
Märchenerzähler
oder
dramatischer Liebhaber
oder
Fernschreiber in Alaska
oder
Archäologe in entfernterer Geographie.

Aber ich bin das geworden, was ich geworden bin, und bin das geworden, was ich sein wollte, und das bin ich jetzt für dich und kann an nichts mehr denken als: ich bin es für dich geworden. Ich will es für dich sein. (Und meine Angst vor Berührungen, die sich löst wie unter der Sonne, deiner) und wenn ich schreibe ES TUT MIR WEH, DICH NICHT ZU SPÜREN, das tut weh.

Verrückt bin ich und an Mauern stehen Telefonnummern verbotener Schönheiten, die ich nicht begehren kann, nach dir, dem Paradies, dass das andauert, ich kann es nicht verlassen, ohne zugrunde zu gehen.

Und die Angst, dass du mich verlässt, ist schon ein Zugrundegehen. Meine Ängstlichkeit vor schönen Männern, die sitzt tief, so tief wie ich tief liebe. Dass es dich gibt, ist ein Geschenk, wie ich dich liebe, vom ersten Dichsehen bis zum letzten Buchstaben dieses Papiers, der folgenden Papiere.

Ich kann dir nichts bieten als meine Hässlichkeit, aber ich kann dir immer wieder zeigen, wie sehr ich dich liebe, du mein Herz, meine einzige Frau.

Ich liebe dich.“

Kein „ich sehe dich“, da ist kein „Wir“. Es ist blanke Bewunderung. Sie machte mir Angst. Nackt fühlte ich mich, durchschaut, gläsern und es verunsicherte mich, nicht mehr wissend, wer ich bin, denn da war jemand, der um mich wusste. Wusste, was ich begehre. Und ich wusste nicht mehr, wer ich bin, da ganz tief drinnen. Und es gab niemanden, der sah, was ich verloren hatte. Ich wurde beamtete Ehefrau.  

Ich erkannte nicht, das Bewunderung Distanz errichtete zwischen uns. Denn da war kein „wir“, kein wohin geht dein Streben, unser Streben. Kein, ich versuche dir den Weg zu deinen Sternen zu weisen. Und der Raum zwischen uns fühlte sich irgendwann an wie Verachtung und ich wurde ersetzt mit der nächsten Prinzessin. Wie traf mich das Wort, mit dem er einst mich benannte. Der wollte nicht ausbrechen mit mir, wollte keine Welten erobern, und nicht verrückt durch’s Leben tanzen. Der träumte ganz andere Träume. Seine.

Ich brauchte lange, es klar zu sehen.

Großreinemachen.

Marktwert

Ich bin verdammt froh, keinerlei Marktwert anzustreben. Damit ist egal, ob ich einen besitze oder nicht. Dieses sich selbst als Produkt definieren, ist seltsam. Etwas teilen, Begeisterung, ein Lied, einen Text, das ist etwas anderes. Da geht es um Leidenschaft und Freude, die man teilen will. Andere hingegen machen Werbung, und wenn du nicht ihrer Meinung bist, dann bist du weniger wert. Die überzeugen nicht, weil sie Argumente haben, sondern weil sie lauter sind. Hast du nicht deren Tempo, bist du Zweiter. Bist du nicht so laut, bist du Zweiter. Willst du denken, bevor du redest, bist du Zweiter.

Irgendeinen Geschmack suche ich, der bei mir zurückbleibt, wenn es nicht aufrecht ist, dieses Werben um jeden Preis. Aber wie kann ich das beschreiben, was ist es genau? Schneller, lauter, schlagfertiger und dann bist du Nummer eins am Markt. Und das soll einen Wert haben? Vielleicht ist es nur Naivität, die mich führt. Eine Naivität, die wissen will, was ein anderer empfindet, was er denkt, was er braucht. Wenn ich etwas verkaufen will, ist es mir völlig egal, was du empfindest, was du denkst, was du brauchst. Und wenn es nur das Gefühl ist, dass du etwas Besseres seist.
Nur so will ich nicht leben.

Ich teile, weil ich mich freue und hoffe, dass ein anderer sich freut.

Deshalb will ich meinen Marktwert auch gar nicht wissen. Damit bin ich frei. Scheiß drauf. Sollen die anderen geliebt werden wollen. Mir reicht, dass ich finde, dass ich cool bin. Mögen die anderen verbrennen, wenn sie an mich denken. Oder auch nicht, ist mir auch egal.

Wir-Sager

Krankenschwesternplural” oder der „Lieber Onkel Doktor hat auch Bauchweh“-Plural hat jeder schon mal gehört, ich kenne aber niemand, dem schlecht wurde, weil er mit mir sprach, zumindest hat es keiner gesagt oder hat sich übergeben müssen. Denn „uns geht es nicht besser“, noch „fragen wir uns, wie es uns heute so geht.“ Wie geht’s dir, wie geht’s mir, das ist die korrekte Frage. Vielleicht soll es ja nur ein vertrautes Miteinander erzeugen, aber ehrlich gesagt, stehe ich drauf, im Allgemeinen ich zu sein. Wir dürfen gerne miteinander essen gehen, tanzen und singen.

Oder jene, die mir etwas erzählen und mir auf die Schulter klopfen oder wenn jemand von „Wir Armen“ – was auch immer – spricht. Ein Ausdruck von Bescheidenheit soll es sein? Nicht doch. Wenn mir einer erzählt, was ich denke, wie ich reagiere, wie ich fühle, wie ich handele, dann weiß er zuviel, aber nichts von mir. Dies ist wohl eher der überhebliche, übermächtige „Pluralis prae potens“. Manche gewöhnen sich diese Ausdrucksweise so an, dass sie nicht mehr erkennen, wie aufdringlich sie sind. Ich spreche von mir, von meiner Meinung, von meinen Entscheidungen, meinem eigenem Verstand und den verwende ich. Anstatt einzuladen selbst zu denken, müssen wir verstehen, wir überlegen, wir klar erkennen. Im Gleichschritt marsch!

Anscheinend werde ich mit dem Alter pubertierender, kindischer und vielleicht vergesse ich irgendwann alles. Aber vorerst streike ich. Ich nehme Einladungen zum Denken an, höre Überlegungen zu, genieße es abzuwägen und eine Meinung zu haben.  Jeder darf mir erzählen, zu welchen Schlüssen er gekommen ist, aber wir sind nicht prinzipiell einer Meinung. Prinzipiell sind wir erst mal zwei und dann werden wir sehen. Überzeugen Sie mich mal! Und glauben Sie mir, nur weil ich nicht verstehe, was Sie sagen, halte ich mich nicht für dumm. Und Sie haben etwas Essentielles nicht verstanden. Oder haben doch wir etwas nicht verstanden?

Feenfabeln

To read the story in English click here

Sie liebte Märchen, alle Märchen, nicht nur jene, die sie als Kind erzählt bekommen hat, auch jene, die sie jetzt verführten, umgarnten, verzauberten. Fairy Tales, die Geschichten der Elfen, der Feen, Hexen und Zauberinnen, es waren die Erzählungen der magischen Frauen.IMG_9653
Für sie waren es schon lange keine mystischen Wesen mehr, sondern Gestalten, die zwischendurch blicken konnten, zwischen den Tönen hören, zwischen den Strahlen sehen, zwischen den Düften riechen und zwischen den Worten verstehen konnten. Deshalb waren sie fähig, Parabeln zu erzählen, um von den Zwischenwelten zu berichten. Jene anderen wussten nur nicht, dass jede Geschichte in den Köpfen entstand und niemand die Worte genau wie ein anderer verstand. Jede Geschichte wurde zu tausend Geschichten. Jeder, der sie hörte, alle, die sie lasen, nahmen sie mit ihrer stillsten, ganz eigenen stillen Seele auf.

Sie erinnerte sich, als sie einmal ein Wortmeer vor anderen entstehen ließ und plötzlich einer rief: „Genauso war es, ich habe es ganz genauso empfunden. Ich kenne dieses Gefühl der Weite und Enge, des Lautseins und der Stille.“ Und sie lächelte, denn sie wusste, er hatte seine eigene Geschichte gefunden und die Begeisterung, sich selbst entdeckt zu haben, ließ ihn jubeln. Sie beobachtete, wie er zu springen und zu hüpfen begann, weil er seine Aufregung nicht mehr zügeln wollte. Sie überlegte, doch Unsicherheit breitete sich über sie aus. Ihr war nicht klar, ob sie ihm von seiner magischen Erfahrung, die er gerade gemacht hatte, erzählen oder ob sie ihn in dem Glauben ruhen lassen sollte, Teil eines Größeren zu sein. Er war in eine Zwischenwelt gerutscht, nur wusste er es nicht. Diese Welt zwischen Tag und Nacht, zwischen Leben und Tod, die Türen öffnete in Regenbogenkomödien und Schwarzweißdramen.

Sie wollte ihm nicht verraten, dass alle aus der Ganzheit gefallen waren, und seitdem jeder, immer nur seinen privaten Teil der Einheit sehen konnte. Nur in den Zeiten dazwischen war es möglich, eine Ahnung von der Vollkommenheit zu bekommen. In Märchen war der Schritt dorthin ganz klein, denn die Reise der Fantasie hat dort begonnen und alles, was es dort zu erleben gab, war Heimat des Irrealen. Nur wenige wussten, dass das Irreale nur die Rückseite des Realen war und sie nur gemeinsam ganz sein konnten. Die Grenzen hatten zwar Löcher, aber das Gefängnis aus Fleisch und Blut hielt die reale Welt aufrecht. Warum sollte ein Traum weniger wahr sein, als das Tagwerk? Vielleicht war das, was sie jeden Tag unter dem Scheinwerferlicht der Sonne umgab die Illusion und der Traum die Wahrheit. Vielleicht war oben unten und rechts war links. Vielleicht war die Zeit Illusion und der Raum eine Chimäre. Vielleicht war die Seele nur ein anderes Wort für alles Geistige, das getrennt voneinander, neue Erfahrungen sammelte.

English „Feenfabeln“ weiterlesen

Meine private Sternschnuppe

Sternschnuppen kann man kaufen, dass ich das nicht früher entdeckt habe, ist Schade, aber besser spät als nie. Als ich aus dem Laden rausging, dachte ich, Marilyn Monroe hatte nicht recht, Sternschnuppen sind die beste Freunde eines Mädchens. Und wie immer tut es mir leid, dass ich es nicht wagte, laut rauszuschreien: Ich habe mir eine Sternschnuppe gekauft!sternschnuppen

Vielleicht werde ich auch mal eine finden, wenn nicht die gesamten Edelsteingeschäfte der Erde die Fundplätze plündern.

Aber ob ich ihn erkennen würde, glaube ich nicht. Schließlich sieht er nicht anders wie ein Stück Eisen aus. Oder ist es wie Goldwaschen eine Touristenattraktion? Aber ich durfte ja schon vom Mount St. Helens keinen simplen Stein mitnehmen.

Die Altersangabe hat mich umgehauen, 4,6 Milliarden Jahre. Den genauen Geburtstag weiß ich leider nicht. Ich weiß auch, dass die meisten kein Herzklopfen bekommen, wenn sie diese Angabe hören. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass es die Zeit der Entstehung unseres Sonnensystems sein musste. Und so war es. Ich hab nun etwas vom Beginn unseres Sonnensystems um meinen Hals hängen. Auf die Erde herunterfiel der meine  vor 4-6.000 Jahren, Menschen haben sie wahrscheinlich fallen sehen – irgendwo in Argentien. Meine Sternschnuppe enthält mehr Iridum als die Kruste unserer Erde. Nicht nur das, Iridium gibt es viel seltener als Gold und Platin. Vermutlich ist seine Heimat zwischen Jupiter und Mars. Das ist eine Adressenangabe, beneidenswert. „Ich wohne am Asteroidengürtel 4562.“

Bislang hatte ich es nur zu einem Tektiten gebracht, die entstehen, wenn eine Sternschnuppe auf Gestein fällt, das dann ziemlich heiß wird und sobald es kalt ist ziemlich anders aussieht als vorher, wie ein Tektit eben. Er wurde mir allerdings als Meteorit verkauft. Er stammt also von der Erde und ist nur ziemlich ins Schwitzen geraten. Keine Sorge er war erschwinglich, vielleicht zu erschwinglich, deshalb blieb ich misstrauisch, bis ich die Wahrheit im Museum erfuhr. Doch heute las ich von einem Einschlag am Mond im letzten Jahr und plötzlich wusste ich, ich will meinen Teil eines Sternes eine Weile in meiner Nähe wissen, damit mir immer bewusst ist, woher ich stamme.

Ab jetzt brauche ich nur mehr meine Sternschuppe nehmen, sie vor mir herunterfallen lassen, Augen schließen und mir etwas wünschen. Eine private Sternschnuppen sollte jeder besitzen.

Langweilige Zeitgenossen dürfen auch Meteorit sagen. Ich musste die Verkäuferin mehrmals korrigieren: „Gehen Sie achtsam um, es ist eine Sternschnuppe, die Sie da in Ihren Händen halten.“ Ich darf nun meine Lebenszeit mit einer Sternschnuppe teilen.

Auf Nummer sicher gehen

Wenn es eine Versicherung gäbe, die uns Vertrauen garantiert, dann würden viele sie wohl abschließen. Es gehört vielleicht zu den großen Mysterien, warum unser Vertrauen enttäuscht wird, aber vielleicht enttäuschen wir andere ebenso. Oder gibt es wirklich Menschen, die uns mit voller Absicht enttäuschen wollen? Vielleicht bin ich wirklich absolut naiv und davon überzeugt, dass die meisten Menschen gute Menschen sein wollen.

Manche sind aber von ihrer guten Absicht nicht wirklich überzeugt, dann beginnen sie zu lügen. Sie lügen weniger, um dich anzulügen, mehr um das Bild, das sie für dich entworfen haben, aufrecht zu erhalten. Dabei wissen sie nicht einmal, welches Bild du gemalt hast.

Einmal erwischte ich jemanden beim Lügen für mich. Was er nicht bedachte, war, mit der Zeit glaubte ich immer weniger, beobachte ihn immer eifriger, immer misstrauischer. Und so wie ich skeptischer wurde, wurde er unsicherer und verlogener. Und ich bin gut beim Riechen seltsamer Geschichten.

Das Vertrauen war hin. Doch der Wunsch zu vertrauen lebt in mir, als ob ich 5 Jahre alt wäre. Versicherung gibt es keine und ich würde auch keiner Gesellschaft glauben, die es anbieten würde. Wie gerne würde ich auf Nummer sicher gehen.

Heilige Kuh

Die Regierung ist Schuld, an ….

Setzen Sie ein, was Ihnen beliebt. Die Verantwortung an eine Organisation abzugeben, haben Menschen immer schon geliebt. Früher war es mal der liebe Gott, heute darf es die Regierung oder die EU sein und wenn es nicht passt, kann ich endlich auf jemanden schimpfen, denn ich selbst kann nichts dafür.

Mich stört, auf wieviele Dinge ich keinen Einfluss mehr habe. Es stört mich, dass andere so viel Verantwortung für mich übernehmen und ich keine Chance habe, dieser Entmündigung zu entgehen. Seltsamer Weise würde einen Basiseinkommen tatsächlich Freiheit bedeuten. Die ewigen Herumjammerer würden sich ihres liebsten Hobbys entledigt sehen. Aufgeblähte Verwaltung würde in sich zusammenfallen, sie wäre einfach nicht mehr notwendig. Wenn mir ein Job nicht passt, kann ich gehen. Mitleid mit Bewegungslosen ist nicht mehr notwendig. Die können sich im Kreis drehen, es wird keine Beachtung mehr finden.

Aber in diesem Moment bin ich auf mich zurückgeworfen. Ich denke, ich entscheide, ich gehe, ich stehe, ich lebe. Niemand macht mit mir. Ich bin nicht ohnmächtig. Ich bin nicht einflusslos. Ich bin nicht hilfsbedürftig. Ich bin aktiv. Ich bin zumindest mächtiger, eigenverantwortlicher, trage mehr auf meinen Schultern als früher.

Auch wenn ich ungläubig auf die USA blicke, weil man sich gegen eine allgemeine Krankenversicherung wehrt, so sind Pflichtversicherungen in allen Richtungen in Österreich schon lächerlich. Oder haben Sie gewusst, wenn Sie als neuer Selbständiger im Vorhinein wissen müssen, was Sie verdienen werden (wie ein Angestellter), wenn Sie das nicht melden, 9% Strafe zu zahlen ist. Nun werden Sie denken, jeder muss Steuern zahlen. Da gebe ich Ihnen schon recht, aber wie jemand bei einem Einkommen von 537,78€ im Monat, dann 148,86€ an Pflichtversicherungen zahlen muss, grenzt an, ich weiß nicht was. Es bleiben also 388€ zum Leben. Und beachten Sie, wenn ich unter diesem Einkommen bleibe, das ich vorab angebe, bekomme ich dieses Geld nicht refundiert, wenn ich es aber nicht melde, bezahle ich 9,3% Strafe. So lese ich den Beitrag über Neue Selbständige der Wirtschaftskammer (als Neuer Selbständiger bin ich nicht Kammermitglied, auch so ein Verein, dem ich mich nicht entziehen kann, und so falle ich aus jeglicher Sozialpartnerschaft raus. Das erklärt wohl, wie es zu solchen Vorschriften kommt. No Lobby, no service). Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben.  Verstehen Sie das? Ich nicht, ich will das auch nicht verstehen. Vielleicht ist es auch ganz anders. Mir ist schon klar, dass ich das genau wissen will.

Aber über Länder wie die USA schimpfen und unsere Krankenversicherung so toll finden, kann ich nur, wenn ich weiß, welche Bedingungen daran geknüpft sind. So wie die meisten glauben, es gäbe keine Menschen, die nicht versichert sind. Es gibt sie aber. Und es gibt wenige Stellen, wo sie sich behandeln lassen können. In Österreich ist nicht jeder krankenversichert. Das muss einfach gesagt werden. Es ist eine Illusion, wenn ich das nicht weiß. Krankenversichert und mit 388,92 zahle ich dann Wohnung und Essen.

Heilige Kuh der Entmündigung, denn keiner hat davon gewusst. Wenn es nicht so ist, dann nur zu, schreibt mir! Ich wäre froh, wenn das, was ich gelesen und gerechnet habe, falsch ist.

Mit der Axt entzwei

Ich bin verletzlich geworden.

Es ist nicht mangelndes Vertrauen oder Misstrauen, das mich beherrscht, sondern Angst verletzt zu werden. Ich dachte, ich hätte mein Vertrauen im Klo runter gespült. Aber ich bin nur vorsichtig geworden. Es waren nicht Fremde, die bei mir diesen Schrecken auslösten.

Ich habe nie verstanden, wie andere leichtfertig Versprechungen gaben, an denen ich zweifelte, zu groß, zu umfassend, zu schwer wogen sie. Ich kann nicht für immer und ewig Versprechungen geben. Und wenn ich versucht bin so zu denken, dann behalte ich es für mich. Denn auch ich war versucht. Aber in Wahrheit geht es nicht. Eine Freundin, die mich ohne Erklärung stehen gelassen hatte, dachte nach 3 Jahren wäre SIE soweit, wieder mit mir zu sprechen. Egal, was sie mir als Erklärung gegeben hätte, ich wollte mich auf niemanden mehr einlassen, der mich 3 Jahre lang ignoriert. Geheult habe ich deshalb viel, aber das Risiko stillschweigend ignoriert zu werden, wenn ihr etwas an mir nicht passt, war zu groß. Jemand, der nicht wissen will, warum ich so gehandelt hatte, mich nicht einmal sagt, was genau es war, was ihn störte, ist niemand, dem ich vertrauen kann.

Es ist ein Unterschied, wenn sich Wege auseinander bewegen. Immer versuchte ich, wenn ich die Bewegung kommen sah, noch darüber zu sprechen. Die wenigsten konnten. Und manchmal gab es wieder eine Bewegung aufeinander zu. Das heißt im Fluß sein. Keiner hob die Axt und schlug auf die zarte Pflanze Vertrauen entzwei, die durch Kommunikation genährt wird.

Ich bin vorsichtig geworden.

Abenteuer

Abenteuer sind geil. Auch wenn ich sie meist nur in homöopathischen Dosen geniesse, aber das ist nichts gegen die Jahrzehnte, in denen es gar keine Abenteuer in meinem Leben gab.

Ich selbst fand mich als Teenager nicht besonders abenteuerlustig. Im Rückblick sieht es anders aus. Jungen Menschen, die meine Kinder sein könnten, erzähle ich hin und wieder, was ich erlebte, als ich in ihrem Alter war. Sie wollen doch ermahnt werden, ein klein wenig verrückter zu sein und nicht nur eindimensional auf ein unkalkulierbares Übermorgen hinzusteuern. Und manchmal geht es nur darum, wieder einmal herzlich über sich selbst lachen zu können.

Als ich, 18 Jahre alt, mit einer Freundin in Korsika auf Urlaub war, entschlossen wir uns spontan doch noch 2 Tage länger zu bleiben, obwohl das Budget absolut aufgebraucht war. Wir hatten die Karten für die Fähre und für den Zug. Klingt gut, meinen Sie?  Na ja, von der Fähre waren wir 100 km entfernt und sobald wir das Meer überquert hatten, fehlten uns immer noch 150 km bis Florenz. Wir ernährten uns von Zuckerpäckchen, die wir umsichtig Tag für Tag beim morgendlichen Kaffee mitgenommen hatten. Aufmerksame Männern halfen uns mit Nahrungsmittel aus, als sie sahen, wie wir mit feuchten Fingern den Zucker in unsere Münder beförderten. Aber das ist eine andere Geschichte. Korsika war uns gut gesonnen, wir wurden nicht nur zur Fähre transportiert, sondern bekamen noch Berge und Nordküste gezeigt, und wurden auf ein formidables Abendessen eingeladen. Am nächsten Nachmittag erreichten wir Piombino, es dämmerte bereits, ein alter Mercedes hielt und nahm uns mit. Als wir hinten auf der Rückbank saßen, stellten wir fest, dass wir auf einen Kopf mit kurzgeschnittenen Haaren und bulligen Nacken schauten. Vorurteile? Wir doch nicht, er hat uns mitgenommen. Er hat unseren Wunsch erfüllt. Als wir jedoch das Loch in der Windschutzscheibe sahen, dass einem Einschuß verdammt ähnlich sah, wurde die Stille im Innenraum hörbar. Zumindest ich konnte mein Herz laut klopfen hören. Damals wurde monatlich „Aktenzeichen XY … ungelöst“ ausgestrahlt, eine Sendung, in der mit Hilfe von Zuschauerhinweisen, Täter überführt wurden. Ich weiß nicht, ob Sie mir glauben, aber jedes 2. Verbrechen fand in einem typischen XY-Wald statt, durch den schnurstacks eine einsame Straße verlief. Dort wurden regelmäßig Frauenleichen gefunden. Auf einer solchen Straße befanden wir uns auch, als das Auto stehen blieb und sich dieser gefährlich aussehende Mann umdrehte und fragte, ob wir zu seinem Haus mitkommen wollten. Wir lächelten freundlich, verneinten, stiegen aus und fürchteten uns, weil wir nicht wußten, ob wir von dieser abgeschiedenen Straße jemals wegkommen würden. Kurze Zeit später hielt ein Mailänder, der uns bis zum Bahnhof brachte. Er nahm einen Umweg über Florenz, weil er sich Sorgen machte und seine Freundin in unserem Alter war. Er hoffte, seine gute Tat würde auch Schutz für sie bedeuten. Er hatte gutes Karma angehäuft.

Doch Geschichten will ich sammeln, auch heute noch. Ich war und bin abenteuerlustig. Ich lernte Gefahren einschätzen und gelegentlich habe ich auch später einen Autostopper mitgenommen. Die letzte war Laura. Ihr Vater war Italiener, weshalb sie so oft fror, sagte sie. Getroffen hatte ich sie an einem verregneten Tag auf Vancouver Island. Es war Juli, Hochsommer und sie trug einen Daunenanorak. Ihre Mutter gehörte zu den Ahouat, einer der First Nations in Canada. Ich erzählte ihr von dem Weisskopfadler, den ich gesehen hatte und sie mir, dass dieser das Totemtier ihres Stammes war. Bei jedem Begräbnis zog ein Adler seine Kreise über die Trauernden, wirklich bei jedem, versicherte sie mir. Aus diesem Grund hatte sie begonnen, zu den Elders, zu den Stammesältesten, zu gehen, sie wollte lernen, was sie versäumt hatte über ihre Vorfahren zu erfahren. Sie hatte erwachsene Kinder, 2 Jobs, die 35 km auseinander lagen und kein Auto. Ja, und die Seeschlange war ebenfalls eines ihrer Totemtiere. Sie war stolz auf ihre Kinder, einer war bei den Kanadischen Mounties und eine Krankenschwester. Ich brachte sie heim und schenkte ihr mein Zelt und meinen Kocher und sie mir die Adresse eines Motels, bei dem sie vor Jahren putzte.

Inzwischen kenne ich auch andere Natives oder Indigenes. Indianer darf man ja nicht mehr sagen.

Ich lerne durch Abenteuer. Ein Risiko einzugehen, ist nicht nur gefährlich, sondern bringt Gewinn. Ich bin aufmerksamer, gewinne Sicherheit auch durch Unsicherheit. Abenteuer öffnen neue Türen.

Kein Mitleid

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, mich nervt Herumjammerei über andere, weil sie nicht tun, was das verwöhnte Kinderherz sich wünscht. Und wenn einer sich selbst leid tut, reicht es und kein anderer muss ihn bedauern. Vielleicht bin ich auch nur verrückt, es liegt mir nicht, lauthals bekannt zu geben, wenn mich andere nerven. Wenn ich es tue, nerve ich mich selbst auch. Im besten Fall lache ich über mich selbst, wenn ich ins Maulen abgleite.  Im Schlechtesten versuche ich es mit mir auszumachen. Wenn ich nichts machen kann und es mir zuviel ist, muss ich gehen. Manchmal dauert es, manchmal sogar sehr lange, bis ich endlich aufbreche, aber der Moment kommt und ich stehe auf und verschwinde. Und so wie ich lächerlich bin, wenn ich rummaule, sind auch andere lächerlich.

Noch besser

Ein Postskriptum zu Blödmännern

Das Doofe beim Denken ist, dass man es nur mehr schlecht abschalten kann, wenn einmal die Leidenschaft entzündet wurde.

Werde ich selbst auch ein Besserwisser, wenn ich über andere Besserwisser lästere? Das ist eine verdammt blöde Frage. Vielleicht ist auch ganz einfach.

Was mache ich? Ich will erklären und meinen Weg aufzeigen, der mich zu einem bestimmten Schluß gebracht hat. Damit lade ich ein, sich in jener Straße der Erkenntnis selbst umzusehen. Zum Denken zwingen kann ich niemanden. Ist jemand nicht meiner Meinung, muss es mir nicht gefallen. Ihn deshalb zu verurteilen, spricht allerdings nicht für Klugheit.

Ich rede nicht von grundlegenden Prinzipien, auf die wir uns geeinigt haben, Menschenrechte und andere Konventionen. Auch will ich hier nicht von totalitären Systemen wie Faschismus sprechen. Jedoch „wer glaubt, ein Diktator sei ein Demokrat, ist blöd, “ klingt auch nicht intelligent.

Die Radikalisierung bei Trivialem nervt mich. Als Denkübung will ich hier so einige Grüppchen nennen: was halten Veganer von Fleischessern? Und Fleischesser von Veganern? Was halten Grüne von Ölkonzernen? Was denken Konservative über Revolutionäre? Und haben Sie schon mal die Fetzen fliegen gesehen, wenn diese Grüppchen sich über ihre eigenen Ziele zu unterhalten beginnen?

Nur weiß ich, manchmal bin auch ich ein Besserwisser. Da zähle ich auf weise Freunde, die mich an der Nase nehmen und mir zeigen, wie oberlehrerhaft ich gesprochen habe.

Blödmänner

„Wer glaubt, xy ist abc, ist schlicht blöd.“ Dieses Zitat brachte mich zum Nachdenken. Diese Aussage ärgerte mich, ich mochte sie nicht. Erst als ich das Ding mit xy belegte, wußte ich, woran sie mich erinnert. War das Volksschule oder doch mehr Kindergarten? Soll ich darauf antworten: „Dann bin ich lieber blöd“ oder „Wer so redet, ist doof“ oder „Na, dann … ;-)“ verlegen, wie der dort angesprochene? Mundtot gemacht, zum Schweigen gebracht und dann noch mit Smiley gekichert. Es war nur kein Kind, das hier sprach, auch kein Jugendlicher, nicht mal ein protestierender Student, nein, derjenige steht mitten im Leben und strotzt und protzt vor Selbstbewusstsein. Keine Unsicherheit trübt das Wässerchen.

In solchen Momenten komme ich mir dann sehr alt vor, denn ich frage mich, a) ob die Welt tatsächlich wissen will, was ich blöd finde und b) wenn andere über Dinge diskutieren, die ich für sinnlos halte, es nicht klüger wäre, einfach den Mund zu halten. Im Grunde appelliere ich mit einer Aussage wie dieser an die Dummheit meines Gegenübers, der selbst nicht imstande ist, zu denken. „Da du auch blöd bist, sag ich dir, was du blöd zu finden hast.“ Willkommen in der Welt der Idioten!

Viel zu viele Menschen sagen, was denn richtig ist und was falsch, anstatt daran zu arbeiten, dass alle mehr denken, damit sie selbst entscheiden können. He, ich bin erwachsen, ich brauche keine Eltern, Lehrer, Peergroup, die mir erklären, wie ich urteilen soll. Gruppendruck. Das einfachste Mittel das soziale Lebewesen Mensch auf Linie zu bringen.

Stattdessen habe ich eine Allergie bekommen: die Besserwisser-Allergie.

Einstürzende Altbauten

Ich bin dabei viele Mauern einstürzen zu lassen: Arbeitswechsel, Wohnungswechsel und Namenswechsel. Gutes darf und will ich in meinem Leben behalten: neben Freunden gehört Singen, Schreiben, Lachen, Fotografieren, Lesen, Reisen, Kochen, Stricken, Malen und sicherlich noch anderes dazu. Also bleibt eigentlich alles Wesentliche beim Alten.

Lärm

Manchmal erschrak ich, als ich mir des Lärms rund um mich bewusst wurde. In meinem Büro rauschte die Klimaanlage, die 4 Computer im Raum brummten, seit Neuestem blubberte ein Luftbefeuchter, draußen landete regelmäßig der Hubschrauber, weshalb die Fenster oft geschlossen blieben, denn das Rotieren der Blätter war lauter als alles andere. Um alles besser ignorieren zu können, spielte ich Discjockey. Auch wenn ich Abba nicht wirklich mochte, ich liebte die Reaktion auf sie, die einen tanzten am Zimmer vorbei, von weitem hörte sie jemand pfeifen und die Kollegen im Zimmer sangen falsch mit. Im Pausenraum wurde um die Wette geredet, den Lauten unter ihnen fiel nur auf, wenn die Leisen auch einmal laut auflachten. Manchmal war es keine Pause sondern nur ein Belastungstest und ich musste gehen. Die Heimfahrt in der U6 aufreibend – sie war die lauteste der U-bahnen Wiens -, um ein Hörbuch noch hören zu können, musste ich meinen mp3-Player voll aufdrehen, was mich manchmal noch aggressiver machte. Da waren mir noch nicht einmal die Menschen aufgefallen, die lauthals telefonierten.

Das ist Stadt, da ist mal so.

Weit gefehlt.
Als ich in Nationalparks unterwegs war, konnte ich der Stille zuhören, bis Menschen kamen.
Menschen machen Krach.
Und Flughunde, die sind auch laut.

Risse im Eis

„Ich fahre nicht Auto, weil ich den anderen nicht traue, dass sie sich an Verkehrsregeln halten,“ sagte eine Freundin zu ihr, als sie sich über Vertrauen unterhielten. Während ihr Gegenüber ihr versicherte, niemandem zu trauen und antwortete sie, dass sie anderen fast immer vertraue. Sie hatte übersehen, dass sie dabei war, wie eine Statue inmitten eines Sees einzufrieren. Ihr Vertrauen war dabei sich zu wandeln. Ihre Erfahrungen sagten, traue anderen alles zu. In Wahrheit war es längst Misstrauen, das zurückgeblieben war, und kein Vertrauen. Eisregen umhüllte sie. Mit jeder Sekunde, jeder Minute und jedem Tag wurde die Schicht dicker und dicker. Sie wandelte sich zur Statue, eine Eisprinzessin. Sie vergaß sogar, dass sie sich nicht mehr bewegte. Vielleicht konnte sie sich einfach auch nicht mehr rühren, sie hatte es vergessen.

Die größte Liebe ihres Lebens hatte alles dazu getan, dass sie nicht mehr vertraute. Womit sie nicht rechnete, dass dadurch die Größe ihres Vertrauens, das sie in alles gesetzt hatte, schrumpfte. Es war keine enttäuschte Liebe und doch war es die größte Nähe zu einem anderen Menschen, die sie je empfunden hatte. Nein, sie wünschte ihm Gutes, immer schon das Beste, denn er hatte die Frau getroffen, mit der er Kinder haben wollte. Sie wußte, wie sehr er sich diese wünschte, und sie selbst konnte keine bekommen. Drei Jahre brauchte es, bis sie seine Anfeindungen nicht mehr aushielt und sie nichts als Abstand von ihm suchte. Er lachte und meinte, er kenne sie, das wäre alles nicht so tragisch. Trotzdem begann er zu toben: „Du bist mir zu nahe gekommen.“ und brüllte: „Ich schulde dir nichts!“ Und sie verstand nichts. Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Sie brach den Kontakt zu ihm ab, jedoch nicht zu seiner Frau. Es zählte nicht mehr, was er wollte, relevant war, was seine Frau wünschte. Sie war ihr ans Herz gewachsen und deshalb wollte sie nicht, dass sie aus ihrem Leben verschwindet. Doch Angst war zurückgeblieben. Sie hatte Angst, auch sie zu verlieren. Jeder Glaube war gegangen, alles Zutrauen war verloren, dass liebevolle Gedanken, liebevolles Handeln alles heilen könnte. Sie bekam Angst vor anderen. Sein Gesicht hatte sich für sie zu einer absurden Fratze verwandelt.Nichts war von der unglaublichen Liebe übrig geblieben, die sie für ihn empfunden hatte. Nie zuvor hatten ihre Gefühle sich so gewandelt. Er war der Erste, der so viel Kälte hinterließ. Mit der Entscheidung auf Distanz zu ihm zu gehen, ging sie auch mit dem Rest der Welt auf Distanz. Sie konnte ihn lachen hören. Er wußte, er hatte sie besiegt. Sie war nicht mehr reinen Herzens, sie sah nur mehr die Schmerzen, die er anderen gebracht hatte, ihre waren nicht die Schlimmsten. Sie begann zu erstarren.

Zur gleichen Zeit schrieb ihr eine andere Freundin, Dinge, die sie auch nicht verstand. Diese wollte sie wütend sehen. Auch sie meinte, sie zu kennen. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Panik in ihr auftauchte, wenn Wut in ihr wuchs. Sie hatte Todesangst. Sie hatte nie gelernt, dass jemand sie trotzdem mochte, auch wenn sie schlecht aufgelegt war. Im Gegenteil, wenn es ihr schlecht ging, hatte sie sehen müssen, dass sie immer noch eins drüber bekam. Sie lernte alleine zu überleben. Die Frage nach ihrer Authentizität war nicht weniger verstörend. Am Schlimmsten war der Verlust von Menschen, die sie liebt, selbst wenn sie ihr nicht zur Seite standen. Ihr Vater war gegangen und ihre Mutter begann den Verstand zu verlieren. Die andere versprach ihr, immer eine Freundin zu bleiben. Sie waren schon so lange befreundet, dass sei durch nichts zu zerstören. Also stellte sie sich diesen Ängsten in einer Therapie und durchlebte Panikattacken, bei denen sie zu atmen aufhörte. Tot wollte sie sein. So war das Gefühl, sich in Luft aufzulösen. Sie hörte auf zu existieren. Ihr Gegenüber sah sie nicht, sah nicht ihre Verzweiflung. Wenn sie aufhörte zu atmen, breitete sich Ruhe aus. Manchmal blieb sie aber nach dieser Stille verstört zurück, denn da war auch Sehnsucht. Deshalb wagte sie die Therapie. Sie sollte doch wahrhaftig sein, meinte die Freundin. Sie streifte jede Furcht ab und versuchte so offen und ehrlich zu sein, wie es ihr nur möglich war und ihre Freundin es wünschte, und dann, dann flippte ihre Freundin aus und sprach nicht mehr mit ihr. Was für eine absurde Erfahrung, sich seiner größten Angst zu stellen und es passiert genau das, was sie sich in ihren schlimmsten Alpträumen vorgestellt hatte. Nur langsam hatte sie gelernte auf ihre Bedürfnisse zu achten, sich ihren Ängsten zu stellen, ihre Grenzen zu setzen und ihre Freundin reagierte  mit Schweigen. Sie wurde Luft. 3 Jahre lang. Als die Andere sich wieder meldete, fragte sie, warum sie sie damit strafte: „Dieses Umdichschlagen, hemmungslose Dich-Zulassen hat irgendwann einen Grad erreicht, wo ich mir dann ernsthaft dachte, du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich konnte nicht mehr sagen, bist das noch du oder eine psychische Störung?“

Ihr Vertrauen war perdue. Sie ließ niemanden mehr heran.

Nachdem Tod ihrer Mutter verging ein Jahr und sie spürte die ersten Sprünge im Eis, es begann zu tauen.

2014 will be a very special new year

I am not talking a lot in this blog. Although I tell you a lot about me with my poems and photos.
The purpose is that I definitely started to write novels. The first was finished a while ago and after I didn’t find a publisher, I decided to take it as a good practice. I started to rewrite it but then I was caught by a new idea.mg_6508-001

Since August I write it and it is a lot of fun and a more a different journey to myself. Today I I understood that everything makes sense. (As it always does, doesn’t it? Even we can’t see it at the very moment): My mother died last year. I started to write light-footed about books and libraries in my life. My life was so heavy the last years that I didn’t want to be too serious. But I might forgot who I am. While writing I found and I am still finding so interesting things about my hometown, Tirol and finally other pieces of myself, pieces I wasn’t aware of.

Writing is one thing that makes me happy but it needs time. Taking photos is another one which I lost sight of because there wasn’t enough time. I am reorganizing my life and I decided to make big changes that I can focus on the things I love. Travelling and learning is another passion of mine. When I am in a foreign country I love to participate as a couchsurfer to get to know people of the country I visit. Two hosts, 69 and 88 years old were touched by one of my poems and it fits perfectly to my situation. Therefore I decided to blog it again because I dare to live.

I dare

I dare to live
to see the best, to see the worst
and when I am spread in thousand pieces
I grow together
as a new born child
I become richer and more beautiful
braver and stronger
my life allows me to start again
like a small child
who never cares what tomorrow brings
everyone I meet
is a hug for a new beginning
and it doesn’t matter what the day looks like
a new day brings new life
and courage for the next step
it tickles me
like the sun on my nose
then I sneeze cause I am so surprised
I blow my nose as loud as I can
I dare to live

i trau mi

Zum Hineinhören
i trau mi ans leben
ans schene und schiache,
da darf’s mi zerreissn und in alle schtickln fetzn
denn danach wachs i zsammen
wia a neia mensch
und i werd reicher und schener
und mutiger und stärker
s’leben lasst mi von vorn anfangen,
wia a kloans kind,
des nit woass, was kimmt
und jeder, der mia begegnet,
isch a umarmung fia an neianfang
da mag’s no so schiach ausschaun,
a neia tag bring neies lebn
und neien mut fia morgn
und’s kitzelt mi,
wia die sonn in der nasn
und dann nias i vor lauter überraschung
und schneiz mi ganz laut
i trau mi ans lebn.

Auf dem Berg

ber2Zu kalt
Zu verwirrt
Zu einsam

sitze ich auf dem Berg

Fast hätte ich es vergessen
Verdeckt durch des Alltags Einerlei
Das tiefe Du und Ich

Wo ist der Platz der Begegnung des Wahren?
Wo ist der Ort, an dem ich dich sehen kann?
Wo bin ich, um dich zu erkennen?

Wind II


IMG_4309

ich versuche mit dem Wind zu sprechen
er berührt mich
er singt für mich
ein Lied der Tausend Blätter
mit jedem Blatt eine andere Geschichte
während ich meinen geheimsten Schmerz flüstere

ich versuche mit dem Wind zu spielen
er tanzt mit mir
er spielt mit mir
das Spiel der Tausend Blätter
mit jedem Blatt eine andere Geschichte
während mein Schmerz sich in seinem Atem verliert

Warum

IMG_4857

warum sollte ich nicht
am Morgen
nach Sternen greifen wollen

warum sollte ich nicht
zu Mittag
das Leben genießen wollen

warum sollte ich nicht
am Abend
das Lachen finden wollen

warum sollte ich nicht
in der Nacht
von Schönem träumen wollen

warum sollte ich nicht
jederzeit
dich in die Arme schließen wollen

Wind I

IMG_4312

manchesmal weht es mich in alle Richtungen
und ich weiß nicht,
was mit mir geschieht

weil jeder Tag so neu ist,
bist auch du
so neu für mich

ich hör nicht auf zu schauen,
nur um zu verstehen,
wer du bist.

und so wie sich der Wind dreht,
drehst du dich
in deinem Leben

ich habe aufgehört
eine Sicherheit zu suchen,
die keine ist

eine Sicherheit, mit der ich glauben würde,
dass ich weiß,
wer du bist.

Wind 0

IMG_4310
Wind weht über mich hinweg
ich stehe zwar fest
doch ich spüre
ich neige mich

Wind bläst mich irgendwohin
ich will hier stehen
doch ich fühle
ich beuge mich

Wind zerzaust meine Gedanken
ich möchte sie fassen
doch ich weiß
ich fliehe davor

(1981)

mein sehnen

IMG_4311

ich tanze mit dir am weiten Himmel
auf einer Wolkenkette balancierend
drehen wir uns zu den glitzernden Strahlen der Sonne hin

ich singe mit dir im tiefen Meer
dem ewigen Walgesang folgend
verlieren wir uns in den unendlichen Weiten des Ozeans

ich lache mit dir am lichten Morgen
während Gräser unsere Füße kitzeln,
reinigt  der Morgentau unsere Gedanken von Altem

mit schmerzen

burggarten_ice007
wieder
erwartungen
enttäuscht

wieder
liebe
verloren

wieder
schlaf
versagt

wieder
worte
vergessen

wieder
menschen
entsagt

wieder
allein
gewesen

wieder
leben
begonnen

(März 1981)

I dare

I dare

I dare to live
to see the best, to see the worst
and when I am spread in thousand pieces
I grow together
as a new born child
I become richer and more beautiful
braver and stronger
my life allows me to start again
like a small child
who never cares what tomorrow brings
everyone I meet
is a hug for a new beginning
and it doesn’t matter what the day looks like
a new day brings new life
and courage for the next step
it tickles me
like the sun on my nose
then I sneeze cause I am so surprised
I blow my nose as loud as I can
I dare to live

i trau mi

Zum Hineinhören
i trau mi ans leben
ans schene und schiache,
da darf’s mi zerreissn und in alle schtickln fetzn
denn danach wachs i zsammen
wia a neia mensch
und i werd reicher und schener
und mutiger und stärker
s’leben lasst mi von vorn anfangen,
wia a kloans kind,
des nit woass, was kimmt
und jeder, der mia begegnet,
isch a umarmung fia an neianfang
da mag’s no so schiach ausschaun,
a neia tag bring neies lebn
und neien mut fia morgn
und’s kitzelt mi,
wia die sonn in der nasn
und dann nias i vor lauter überraschung
und schneiz mi ganz laut
i trau mi ans lebn.

Sommerloch oder Silly Season…

Wie schön, dass unser Sommerloch im Englischen „Silly Season“ genannt wird. Unsere Hundstage beginnen heuer sehr gemischt. Also dachte ich mir, ich mache mal wieder etwas, um das Herz zu erwärmen.

Wenn es den Anschein hatte, dass ich die letzten Jahre im Winterschlaf verbrachte, dann täuscht es.
Ich habe heuer mein erstes Riesenprojekt fertiggestellt. Nachdem ich Anfang des Jahres glaubte, dass es geschafft sei, bin ich noch über Monate an den Korrekturen gesessen. Nun, jetzt bin ich zufrieden. Doch mehr davon, später.

Die letzten Jahre waren die schwierigsten meines bisherigen Lebens. Der Sterbejahrestag meines Vaters war vergangene Woche. Meine Mutter, die an Alzheimer erkrankt ist, wurde zum besten Lehrmeister, den ich je hatte und ich freue mich, den heurigen Urlaub viel mit ihr zusammen sein zu können.

Ich brauche und brauchte meine Freunde, wie nie zuvor in meinem Leben. Und die alte Weisheit, in der Not erkennst du, wer deine Freunde sind, bewahrheitete sich auf, wie ich finde, sehr traurige Weise. Zum ersten Mal in meinem Leben meldete ich meine Bedürfnisse an und meine alte Angst, dass dadurch Menschen aus meinem Leben verschwinden würden, wurde bestätigt.

Doch meine Liebe zu mir, die ich wie eine wunderschöne Blume pflege und pflegte, gab mir die Kraft und half mir, Stabilität in mir zu suchen. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich diese nicht gehabt hätte. Jahre zuvor hatte ich ein Gedicht geschrieben, das genau diese Liebe zum Inhalt hatte. Mit dem soll mein „Silly Season Jewels“ beginnen.

Bevor ich nun mit dem nächsten großen Projekt beginne, habe ich in meinen Schubladen gestöbert und viele kleine Schmuckstücke gefunden. Ich dachte mir, ich werde das Sommerloch mit vielen kleinen Überraschungen schmücken.  Einiges ist bekannt, ich habe Altes überarbeitet und einiges ist neu.

Ich wünsche dir soviel Freude damit, wie ich sie gefunden habe.
Ab heute geht es los … rein ins Vergnügen!

ein gedicht – ein lied … inspirierende momente

Joni Mitchells „If“ machte mich neugierig. Für andere Geniesser in Deutsch und Englisch das Gedicht von Rudyard Kipling, das sie zu dem Lied inspirierte.

You can read Kipling’s orginal in English after the video with Joni Mitchell.

Wenn

Rudyard Kipling „If“ (deutsche Übersetzung von Anja Hauptmann)

Wenn du den Kopf behältst und alle anderen
verlieren ihn und sagen: Du bist schuld!
Wenn keiner dir mehr glaubt, nur du vertraust dir
und du erträgst ihr Misstrauen in Geduld
Und wenn du warten kannst und wirst nicht müde
und die dich hassen dennoch weiter liebst,
die dich belügen strafst du nicht mit Lüge
und dich trotz Weisheit nicht zu weise gibst

Wenn du dich nicht verlierst in deinen Träumen
und du nicht ziellos wirst in deinem Geist
wenn du Triumph und Niederlage hinnimmst,
beide Betrüger gleich willkommen heißt
Wenn du die Worte die du mal gesprochen
aus Narrenmäulern umgedreht vernimmst
und siehst dein Lebenswerk vor dir zerbrochen
und niederkniest, wenn du es neu beginnst

Setzt du deinen Gewinn auf eine Karte
und bist nicht traurig, wenn du ihn verlierst
und du beginnst noch einmal ganz von vorne
und sagst kein Wort was du dabei riskierst
Wenn du dein Herz bezwingst und alle Sinne
nur das zu tun was du von dir verlangst
auch wenn du glaubst es gibt nicht mehr da drinnen
außer dem Willen der dir sagt: Du kannst!

Wenn dich die Menge liebt und du noch du bleibst
wenn du den König und den Bettler ehrst
wenn dich nicht Feind noch Freund verletzen können
und du die Hilfe niemanden verwehrst
Wenn du in unverzeihlicher Minute
Sechzig Sekunden lang verzeihen kannst:
Dein ist die Welt – und alles was darin ist
Und was noch mehr ist – dann bist du ein Mensch!

IF…

IF you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you,
If you can trust yourself when all men doubt you,
But make allowance for their doubting too;
If you can wait and not be tired by waiting,
Or being lied about, don’t deal in lies,
Or being hated, don’t give way to hating,
And yet don’t look too good, nor talk too wise:

If you can dream – and not make dreams your master;
If you can think – and not make thoughts your aim;
If you can meet with Triumph and Disaster
And treat those two impostors just the same;
If you can bear to hear the truth you’ve spoken
Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to, broken,
And stoop and build ‚em up with worn-out tools:

If you can make one heap of all your winnings
And risk it on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
And never breathe a word about your loss;
If you can force your heart and nerve and sinew
To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
Except the Will which says to them: ‚Hold on!‘

If you can talk with crowds and keep your virtue,
‚ Or walk with Kings – nor lose the common touch,
if neither foes nor loving friends can hurt you,
If all men count with you, but none too much;
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds‘ worth of distance run,
Yours is the Earth and everything that’s in it,
And – which is more – you’ll be a Man, my son!

Du schöne Frau


du, Frau mit den tausend Ohren
hörtest uns allen zu
und wurdest nicht müde
bis jetzt

nun ist der Moment
wo wir schweigend neben dir stehen
und unsere Dankbarkeit
im Herzen tragen

nun bleibt uns
der Abschied
dich in Gedanken umarmen, herzen und drücken
und eigentlich will ich lachen für dich

ich übe
mit wenig Erfolg
die Beständigigkeit
der ewigen Veränderung

Stille

english

jetzt steht sie still,
die Zeit

nach Wochen,
wo jede Umdrehung
etwas Neues brachte,
ist es still

am Morgen krähte ein Rabe
und kündigte das Schweigen an,
bis die Starre sich auflösen wird
noch sehe ich kein Ende

bewegungslos
warte ich auf das Unaufhaltsame
Unwiederbringliche
den stetigen Wandel

Noch steht sie still
die Zeit

Stillness

now it stands still
the time

it is quiet
after weeks
any turn around
brought news

in the morning a raven carks
and pronounces the silence
till the numbness will clear away
for now I see no end

motionless
I wait for the irrrestistable
irrecoverable
the continuous change

yet it stands still
the time

NYTimes.com: Earthly Dream Is Realized in the Rain Forest

I should have told Bill that I want to write small books about the earth and it’s wonder. (and he should hear me giggle now. It was nothing he got to hear 🙂

The New York Times

Out Here | Hoh Rain Forest, Wash.: Earthly Dream Is Realized in the Rain Forest
By WILLIAM YARDLEY
Pounded by up to 170 inches of precipitation each year, these woods are wetter and grayer and gloomier than most. But not every summer traveler seeks sunshine.

Copyright 2011 The New York Times Company

Read the complete story in the New York Times!

Big Cedar Tree which is mentioned in the article

A mother invited me and then I danced with the goddess

deutsch

Dance with the Goddess

When I dare to meet you
I saw a Goddess
I marvel at your beauty
I hush to see your wisdom
and simply bow low

But your mother told me
I should dance with you
you are so wonderful
I hardly dare to look at you
how should I dance?

Quietly you started to laugh
infectiously
and I laughed with you
I didn’t know why
humbly, bashful, shy

You said:
I am not more
and neither less than any of us
give me your hands
and dance

The goddess took my hands
and we started to turn around
while I glanced at her
I realized
that we embraced the world

***

Der Tanz mit der Göttin

Als ich es wagte, dich zu treffen
Sah ich eine Göttin
Ich bestaunte deine Schönheit
Ich verstummte, um deine Weisheit zu sehen
Still verneigte ich mich tief

Aber deine Mutter sagte mir,
Ich soll mit dir tanzen
Du bist so wunderbar
Ich wage es kaum, dich anzusehen
Wie sollte ich da tanzen?

Leise fingst du zu lachen an,
Ansteckend
Und ich lachte mit dir
Ich wusste nicht warum
Demütig, verlegen, scheu

Du sagtest:
Ich bin nicht mehr
Und auch nicht weniger als jeder von uns
Gib mir deine Hand
Und tanze

Die Göttin nahm meine Hände
Und wir begannen uns zu drehen
Während ich sie anblickte,
begriff ich,
dass wir die Welt umarmten.

***

Das Baby einer Freundin wird seine Geburt nicht überleben. Sie bat mich, wenn ich Lily sehen sollte, mit ihr zu tanzen. Und Lily nahm meine Hände und tanzte mit mir. Sie ist am 10.01.11 wieder zurück, von wo sie kam. Lily wird immer in unseren Herzen bleiben.
 

Was ich empfinde

english

Was ich empfinde


Ich verstehe nicht,
warum es dir egal ist,
wenn ich mich nicht wohl fühle.

Du sagst,
es sei meine Verantwortung,
was ich empfinde.

Ich bitte dich,
denk an mich,
wenn der Donner kracht.

Doch du schweigst,
als das Gewitter kommt,
das alles durcheinander wirft.

Es sei meine Verantwortung,
sagst du,
was ich empfinde.

Du fegst wie ein Wirbelsturm über mich,
wo ein zarter Atemhauch reicht,
mich umzuwerfen.

Ich höre, wie du sagst,
du bist mein Freund,
und ich sage dir,

Was ich empfinde.
Es sei meine Verantwortung,
sagst du.

Ich liege verletzt
und habe noch immer keine Angst,
einem Freund zu vertrauen.

Noch immer zeig ich dir,
wo du zustechen musst,
um mir weh zu tun.

Ich verstehe nicht,
warum es dir egal ist,
wenn es mir nicht gut geht.

Ich weiß nur,
dass ich dich nicht
Freund nennen kann.

What I perceive


I don’t understand
why you don’t care
when I feel bad.

You says,
it is my responsibility
what I perceive.

I ask you
to think of me
when the thunder crashes.

But you keep silent,
when the thunder-storm arrives
that shot everything in chaos.

It is my responsibility,
you says,
what I perceive.

You sweep like a hurricane over me
where a simple breath is enough
to put me down.

I hear that you said
you are my friend
and told you,

What I perceive.
It is my responsibility,
you says.

I lie bruised
and have still no fear
to trust a friend.

I still showed you
where you have to sting
to pain me.

I don’t understand
why you don’t care
when I feel bad.

I only know
that I can’t call you
friend anymore.

Verborgene Stille

english

Verborgene Stille

Gestern war ich still.
Konntest auch du sie hören –
die Stille?
Sie flog wie ein Schmetterling um mich.
Leicht und fließend,
dem Wind folgend,
tanzte sie in den Sonnenstrahlen.

Du warst so laut
und ich begann zu kämpfen,
bis ich verstand,
die Stille kann nicht verteidigt werden.
Tränen stiegen herauf,
als ich versuchte, sie festzuhalten,
während sie schon längst verschwunden war.

Erst dann ließ ich es sein.
Ich hätte sie gerne geteilt mit dir,
doch es musste nicht sein.
Warum konntest du meine Ruhe nicht so lassen,
wie ich deinen Lärm?
Deine lauten Schwerter schmerzten,
wann immer sie mich trafen.

Sie kehrte zurück,
doch diesmal ließ ich sie nur
im Verborgenen summen.
Das Glitzern verlor sich
durch meine Traurigkeit.
Die Schönheit war verborgen.
Die Stille wurde stumm.

***

Hidden Silence

Yesterday I was silent.
Could you hear it –
the silence?
It flew like a butterfly around me.
Soft and melting
it followed the wind
dancing in the shafts of sunlight.

You were so loud
and I started to struggle
till I understood
silence can’t be defended.
Tears ascend
when I tried to hold it,
while it was gone long ago.

Not till then I let it go.
I wished I could share with you
but there was no need.
Why couldn’t you let my silence be
the way I let your noise be?
Your loud swords hurt
whenever they hit me.

She came back
but this time I let her hum
just in the secret.
The sparkles got lost
in my sadness.
The beauty was masked.
The silence became silent.

quotes

faces1

Yesterday I heard a quote by Somerset Maugham that I want to share with you:

“We are not the same persons this year as last; nor are those we love. It is a happy chance if we, changing, continue to love a changed person.”

and I found some others:

“It is better to be hated for who you are, than to be loved for someone you are not.”

faces2

and for the optimists:

“If you don’t change your beliefs, your life will be like this forever. Is that good news?”

Tränenmeer

english

ich frag mich,
woher all die Tropfen fallen,
die über meine Wangen gleiten?

ist es meine Wolke,
die sich aus dem bildete,
was ich vergessen wollte?

oder sind es unser aller Träume
die nicht mehr wußten,
wie sie zu träumen sind.

all das Verdrängte stieg zum Himmel
und die Wolke wurde dichter und dunkler
bis der erste Tropfen fiel.

als ich anfing zu weinen,
wußte ich nicht mehr,
wann ich je wieder aufhören werde.

und nun weine ich,
weil ich nichts anderes weiß,
bis die Wolke geleert und das Meer gefüllt ist.

langsam lerne ich, in meinen Gefühlen zu schwimmen,
ich treibe darin,
um dann wieder aufzutauchen,

und gebe allem Vergessenen,
das verloren war,
einen Raum der Geborgenheit.


IMG_3492

Sea of Tears

I ask myself
where all the drops fall down
that slide over my cheeks?

Is it my cloud
that was constructed
of what I wanted to forget?

Or are these all our dreams
that didn’t know
how to be dreamed?

All suppression went up to heaven
and the cloud became dense and dark
till the first drop felt.

When I started to cry
I didn’t know anymore
when I will ever stop again.

And so I cry
because I don’t know anything else
till the cloud is emptied and the sea is full.

Slowly I learn to swim in my feelings
I drift in it
to rise up again,

and I give all neglect
that was lost
a space of familiarity.