Eigentlich hatte ich ganz andere Pläne hier in Wisconsin, doch wie so oft, kommt es anders, als man denkt. Anstatt dem lange nachzuweinen, will ich nach vorne schauen und sehen, was auf mich zukommt.
Was dieser Reise voranging?
Die letzten Monate waren gefüllt mit neuen Ideen und deren Planung. Und in den vergangenen Wochen war es soweit. Am 8. April jährte sich der Todestag meiner Mutter und damit startete ich mit der Umsetzung. Nachdem meine Mutter vergangenes Jahr in Frieden gehen durfte, habe ich beschlossen, dieses Trauerjahr zu nutzen, um tief in mich zu blicken.
Die vergangenen 10 Jahre kosteten mich viel Energie, anfangs fiel es mir nicht besonders auf, wie kräftezehrend die Krankheit meiner Eltern, aber auch andere Umstände waren. Aber zuletzt war ich mit meinem Leben nicht mehr zufrieden, ich funktionierte meist nur mehr. Nur das Schreiben war mir geblieben, das machte mich glücklich. Das Jahr ist vorbei, nun geht es zur Realisierung der Träume.
Der erste Schritt war eine neue Wohnung, die meinen Vorstellungen entspricht. Vielen zeigte ich nur die schönen Bilder und die wunderbare Lage, aber es ging mir auch darum, selbst einen Schritt in eine ressourcenschonende, lebenswerte Zukunft zu setzen. Auch wenn ich keine Kinder habe, möchte ich der Welt respektvoll und achtsam gegenüber treten. Die Wohnung ist erst 7 Jahre alt, gut isoliert und braucht nicht viel Energie, und ich freue mich über die Fernwärme. Sie liegt so, dass es mir möglich ist, vieles zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen. Die Stadt setzt auf Car-sharing und E‑bike-Verleih. Das waren alles Beweggründe, mich für Eisenstadt zu entscheiden, neben vielen anderen. Ich werde Burgenländerin.
Das andere zielt auf meine berufliche Zukunft. Ich habe mich entschlossen, mich dem zu widmen, das mein Herz erfüllt und lauter schlagen lässt. Ich will das tun, was mich die vergangenen Jahre überleben ließ. Ich habe den Rechenstift gezückt, meine Finanzen geordnet und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es ruhig wagen kann. Ich will schreiben.
Und ich will ausreichend Zeit haben für unbezahlte Arbeiten, die ich für ein funktionierendes Gemeinwesen für notwendig erachte.
Beginnen wollte ich dieses Abenteuer mit einer Recherche zu einem für mich aufregendem Leben, aber es kam anders. Meine Freundin hatte in den letzten Wochen große Verluste zu tragen und möchte nicht mit mir darüber sprechen. Das kann ich verstehen und gut nachvollziehen. Ich weiß noch, wie klein und müde ich in den dramatischsten Stunden meines Lebens geworden bin. Ich war froh um jene, die mich ruhig bei ihnen sitzen ließen, ohne irgendetwas zu fordern oder zu wollen. Einige gingen. Großreinemachen könnte man dies wohl nennen. Das darunter gerade jene waren, die mir immer wieder versichert hatten, wie ähnlich unsere Gedanken seien, lässt mich an ihrer Kenntnis meiner Person zweifeln. Wie froh war ich, dass ich ausreichend Selbstschutz entwickelte, um auf mich zu schauen. Manche nannten dies Egoismus, ich nenne es Vernunft. Niemand kann so gut auf einen selbst schauen, wie er selbst. Sie schaut nun auf sich, so wie ich es tat. Und das tat ich, wann immer mir Dinge oder Menschen zu viel wurden.
Und so bin ich dankbar, dass meine Freundin über deren Leben ich berichten wollte, meine Pläne über den Haufen warf, weil es zu viel für sie ist.
Und so bin ich nun dagesessen und habe in meinen wirren Gedankenwegen herum gesucht, was mir denn in den Sinn käme, in den kommenden Wochen zu unternehmen. Natürlich hatte ich an die aufregenden Nationalparks in Utah und Arizona gedacht. Klar kam mir Yellowstone in den Sinn. Aber eigentlich suchte ich nach etwas Stillem. Nachdem ich im Winter eine Dokumentation über Gordon Hempton gesehen hatte und ihm auch schrieb, wie sehr mich seine Sehnsucht nach Ruhe und Friede berührt hatte, wundere ich mich nun nicht über meine Entscheidung, die großen Naturwunder hinter mir zu lassen und nach Unaufgeregtem, Ruhigerem zu suchen. Vielleicht nimmst du dir Zeit und klickst den folgenden Link an und wartest.
“SILENCE IS NOT THE ABSENCE OF SOMETHING, BUT THE PRESENCE OF EVERYTHING.”
Mich begleitet dieser Sound gerade beim Schreiben dieser Zeilen.
Ich schaute mir Karten und Reiseführer von Wisconsin an und plötzlich sah ich das viele Wasser: die großen Seen, die kleinen natürlich auch, und den Mississippi, der die westliche Grenze Wisonsins zu Iowa bildet.
Kommende Woche wird es losgehen. Noch erhole ich mich vom Stress der vergangenen, den ich nicht mehr so spielend und leicht überwinde wie in jüngeren Jahren, mit Spazierengehen, gesundem Essen, viel Trinken, Lesen und Schlafen.
Meet me soon at the water!
ps. Das Land führte, besser verführte, mich, es wurde eine ganz besondere Reise, die still begann und in eine andere Stille überging.