Nichts kann den Namen der Black Hills besser beschreiben als ein Bild derselben.
Die dunklen Wälder der Ponderosa-Pine zeichnen sich schon von weitem als dunkle Hügel ab. So war es nicht nur für mich oder die ersten Europäer, auch die Sioux nannten sie so. Selten sind sich Leute über die Bezeichnung einer Landschaft so einig gewesen.
Ich fürchte, ich habe in Geographie nie wirklich gut aufgepasst, sonst wäre ich nicht laufend so überrascht über die Gebiete, die ich besuche. Great Plains, Prairie und ich hatte keine Ahnung, dass sich mitten drin ein paar Hügel befinden. Ich hatte keine Ahnung, wo Mount Rushmore sein sollte. Die Präsidenten sind hier. Aber davon später.
Ich wollte das alles in einen Rahmen bringen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Leicht wurde es mir nicht gemacht, es hat eine Weile gebraucht, bis ich ein grobes Bild hatte. Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass die Asche in den Badlands von Vulkanen stammt, die schon längst verschwunden sind, deren Brüder und Schwestern, wie Bear Butte und Devils Tower, noch an sie erinnern. Diese Lakkolithe — also Vulkane, die es nicht zur Oberfläche schafften, als sie als Magma von Inneren der Erdkruste versuchten nach Oben durchzudringen — sind besondere Berge, heilige Plätze. Sie sind Teil der Black Hills, doch der ganze Gebirgszug gilt als heilig, a sacred place. Ich hätte mich jetzt gemütlich zurücklehnen können und es damit belassen, doch es ließ mir keine Ruhe. Ich wusste, sie sind etwas besonderes und da ich zwar nichts gegen Glauben habe, aber auch nichts gegen Wissenschaft, wollte ich es mir genauer anschauen.
Natürlich ist alles viel komplizierter, wie alles, was ich bislang in der Geologie gefunden habe. Aber das Prinzip kann ich trotzdem
rauskitzeln. Bei den Black Hills handelt es sich um ein Terran. Noch nie gehört davon? Ich auch nicht. Es ist ein Krustenblock, also ein Teil der Erdkruste, den es durch Verschiebungen an einen Kontinent angelagert hat (Klingt wie ein Größenproblem, da beide Teile doch einfach Erdkruste sind). Und dann wird das noch ein wenig über Jahrmillionen gemischt und gedrückt und der Block sitzt wie eine Insel auf dem Kontinent. Wenn man die geologischen Strukturen anschaut, sieht es auch aus wie eine Insel (also jene Karten in den Atlanten, von denen ich nie wusste, was ich damit anfangen sollte).
Ein Teil davon ist aus uraltem Granit 1.800 — 2.800 Millionen Jahre alt. Magmatisches Tiefengestein: Granit, Gneise, Schiefer, wie in Teilen der Zentralalpen. Nur sind die Gesteine der Alpen “erst” 160 Millionen Jahre alt. Irgendwie sieht man diesen Bergen an, dass der Zahn der Zeit an ihnen genagt hat. Da war ein mal ein Meer darüber, Sediment- und Kalkgestein weisen darauf hin, doch an den Gipfeln sind diese “weicheren” Gesteine abgetragen, sie findet man eher an den Rändern. Aus diesem Grunde gibt es auch Höhlensysteme in den Black Hills.
Das alte Gestein ragt also wie eine Insel aus dem umgebenden heraus. Um sich die Macht der sich bewegenden Massen vorzustellen, sind diese verschiedenen Zonen teilweise bis zu 90° gedreht. Die Geologen hauen dann noch mit Bezeichnungen verschiedener Formationen herum (verraten aber nicht gleich, wann sie waren, sondern schreiben einfach Paläozoikum, und ich muss wieder nachschauen. Es ist der winzige Zeitraum zwischen der Entstehung der ersten mehrzelligen Wesen und der Zeit der Reptilien. 540–240 Millionen Jahren, am Ende entstand der Superkontinent Pangäa). Und die jüngsten Teile stimmen mit der Oberfläche der Great Plains überein.
Die Graphik im Museum war detailreicher und komplizierter, ist mir allerdings egal, ich wollte das Prinzip verstehen.
Ein Krustenteil hat sich über einen Kontinent verschoben und zwar vor ewigen Zeiten.
Dann gab es Meere und Sedimente haben sich abgelagert, als sich dann diese Insel zu heben begann (und jetzt erlaube ich mir frech eine Interpretation, der ich noch nicht nachgehen konnte: könnte es nicht auch vor 30 Millionen Jahren gewesen sein, als Vulkane (ein Zeichen, dass weiter unten eine Party abgeht) Asche auf die späteren Badlands ausspuckten.)
Die Black Hills sind also anständig alte Berge, viel älter als die Appalachen, die während der variszischen Gebirgsbildung gehoben (400–250 Millionen Jahre) wurden. Wir kennen es von der Böhmische Masse, dem französischen Zentralmassiv, dem Spessart oder Harz. Und die gelten bei uns als sehr alte Berge.
Es war eine mühselige Sucherei und Leserei, aber jetzt bin ich zufrieden. Diese Hügel sind nicht einfach nur Hügel, sie sind verdammt alte Hügel — leicht 5x älter als jene, die wir in Österreich alt nennen — und verdienen es achtsam behandelt zu werden. Es ist meine rationale Erklärung, warum viele verschiedene Stämme der First Nations diese Berge als einen Heiligen Ort ansehen. Es ist wie eine Verbindung zu unseren Vorvorvorfahren, die sich gegen alle Verwitterung, Veränderung, Auflösung stellten und uns daran erinnern, woher wir kommen. Ich verstehe jetzt, warum dies ein sacred place ist. Es mag seltsam erklingen, es muss nicht immer esoterisch sein, wenn Menschen etwas besonders finden. Manchmal ist es einfach etwas sehr Spezielles.