Abri du Moustier und Gisement de la Ferrassie

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Die bei­den Fund­stät­ten im Val­lée Vézère geben Zeug­nis über die Beliebtheit dieser Land­schaft über Jahrtausende. Es sind Wohn­plätze und zahlre­iche Funde geben davon Zeugnis.

Nean­der­taler lebten dort vor 300.000 Jahren eben­so wie die Cro-Magnon Men­schen, die später in dieses Tal kamen. Die Funde sind manch­mal irri­tierend, denn man kann nicht mit 100%iger Sicher­heit sagen, ob sie nicht noch gle­ichzeit­ig dieses Tal auf­sucht­en. Der derzeit­i­gen Wis­sen­stand läßt diese Aus­sage noch nicht zu. Aber in La Fer­rassie graben sie derzeit regelmäs­sig und es scheint, als ob hier bald Uner­wartetes für die Urgeschichte zu tage treten wird. Noch wird aus­gew­ertet und die Datierung, die ein sehr teures Unter­fan­gen ist, find­et ger­ade statt.

Die bei­den Skelette sind Nean­der­taler, die im Musée in Les Eyzies aus­gestellt sind.

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Ich habe zahlre­iche Doku­men­ta­tio­nen in den let­zten Wochen angeschaut und da hörte ich erst­mals, dass bes­timmte Gene des Nean­der­talers zeigen, dass er eine weiße Haut­farbe und rote Haare hat­te. Ganz anders als man ihn noch vor weni­gen Jahren als grob­schlächti­gen Früh­men­schen sah. Viele neueste Erken­nt­nisse erzählen uner­wartet “mod­ernes” von ihm. Die Nean­der­taler waren Großwild­jäger, die sicher­lich auch wegen der kli­ma­tis­chen Umstände mehr Fleisch als Beeren und Wurzeln zu sich nah­men.
Aber sein kräftiger Kör­per­bau und seine gedrun­gene eher rundliche Form ist eine Anpas­sung an die Eiszeit, so wie auch die Inu­it eher klein und gedun­gen sind, im Gegen­satz zu den hochgewach­se­nen Afrikan­ern, deren Kör­per­bau nichts mit unseren Schön­heit­side­alen, son­dern mit den kli­ma­tis­chen Gegeben­heit­en zu tun hat.

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Die Wohn­stät­ten in diesem Tal befan­den sich nie im Inneren von Höhlen son­dern unter geschützten Über­hän­gen (Abri Cap Blanc). Höhlen wur­den oft von gefährlichen Tieren, wie Höh­len­bär, Höh­len­hyä­nen und Höh­len­löwen als Quarti­er aufge­sucht. Es sind keine Plätze, wo man sich beruhigt zurückziehen kann, son­dern Orte, die eine erhöhte Aufmerk­samkeit erfordern. Egal ob ein gefährlich­es Tier in der Höh­le wartete oder ob es von außen reinkam, irgend­wie war man hier vielfach bedro­ht. Ein Über­hang hinge­gen ver­sprach Sicher­heit zumin­d­est von ein­er Seite.

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An bei­den Orten gab es Über­hänge (Abri oder Shel­ter) an weit­er oben gele­ge­nen Stellen und an tief­er­en, wobei ger­ade die tief­er­en durch Früh­jahrsüber­schwem­mungen zahlre­iche Funde kon­servierten. Bei diesem Beispiel sieht man wieviele Über­reste die Her­stel­lung von Stein­werkzeug in den ver­schiede­nen Schicht­en vorhan­den sind. Anfangs fragte ich mich, ob es nicht ungemütlich gewe­sen sein muss, wenn diese vie­len schar­fen Split­ter rum­la­gen. Aber nach ein­er Unter­hal­tung mit Fran­cois, eine der wun­der­baren Führerin­nen, erkan­nte ich, dass  dieser “Abfall” sicher­lich nicht mit­ten im Wohn­bere­ich lag.

Es gab keine Behausun­gen, die das gesamte Jahr benutzt wur­den. Als Jäger und Samm­ler waren sie unter­wegs und lebten dort, wo aus­re­ichend Nahrung zu find­en war. Und wenn die Tiere weit­er­zo­gen, wan­derten auch sie weit­er. Und dann kam eine heftiger Regen­fall und deck­te die Schicht mit den Stein­split­tern zu. Als sie das näch­ste Mal wiederka­men, war nichts mehr von den Über­resten zu sehen. So ging es über viele Jahrtausende. Ich muss immer wieder innehal­ten, wenn ich an den Zeitrah­men denke. 90.000 bis 10.000 Jahre und unsere Geschichte? Europa vor 100 Jahren, vor 500 Jahren, Mit­te­lal­ter, Römer, erste Acker­bauern… was haben wir aus diesem Land gemacht.

Ich habe heute wo gele­sen, “Mir hat auch nie­mand gesagt, wie man Kap­i­tal­ist wird.” Ich habe nicht das ger­ing­ste Bedürf­nis, das zu hören noch zu ler­nen. Wo ste­hen wir heute? Sind wir wirk­lich ein Höhep­unkt der Evo­lu­tion? Ist es nicht nur ein Ver­such zu schauen, wohin es führt, ein Gehirn wie unseres zu besitzen. Das Spiel ist noch nicht zu ende. Wir wis­sen nicht, ob wir gewon­nen haben. Und es ist kein Men­sch-ärg­ere-dich-nicht, wo wir ein­fach von Neuem beginnen.

Ich hat­te das Glück, bei diesen Unterkün­ften (Le Pois­son, Cap Blanc, La Fer­rassie und Mousti­er) alleine die Führung gebucht zu haben. So kon­nte ich Fra­gen stellen, innehal­ten, die Umge­bung auf mich wirken lassen. Sie lagen alle in südlich­er Rich­tung und so wur­den alle von der Sonne gewärmt. Das Gefühl bei ihnen war immer anders als in den Höhlen. Fre­undlichkeit, gute Stim­mung, lustige Lieder kamen mir in den Sinn, wenn ich mich dort umsah. Auch wenn heute alles bewach­sen und Bäume die Aus­sicht versper­ren, sind es gute Plätze, um hier Zeit zu verbringen).

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Nach­den­klich stimmt mich nach­wievor, dass zu einem bes­timmten Zeit­punkt eine Fam­i­lie beschloss, ihre Mit­glieder dort zu begraben. In Cap Blanc wurde ein Grab gefun­den, in La Fer­rassie lagen Erwach­sene im West­en und Jugendliche und Kinder im Osten. Die Forsch­er gehen davon aus, wenn ein gesamtes Skelett eines Men­schen gefun­den wird, im beson­deren die Fuß­knochen, denn die sind es die als erste “ver­loren” gehen, dass eine Bestat­tung stattge­fun­den hat. In Fer­rassie wur­den ins­ge­samt 8 Skelette gefun­den. Mulden, wie jene, wo diese lagen, gab es mehr. Es waren Nean­der­taler, die hier Ange­hörige zur let­zten Ruhe bet­teten. Darunter war ein Neuge­borenes, nur wenige Tage alt. Es ist die älteste Begräb­nis­stätte von Nean­der­taler in Europa. Ob Nean­der­taler so gefühlt haben wie wir heute? Ich glaube, es war nicht so viel anders. Sie kan­nten Trauer und Ver­lust, vorallem viel unmit­tel­bar­er als wir heute. Wie oft sind wir uns unser­er Vergänglichkeit bewusst? Wie sehr blenden wir heute Alter und Tod aus? Wie oft glauben wir, dem Tod entkom­men zu sein, indem wir uns ein­er Illus­sion der ewigen Jugendlichkeit hingeben?  Vielle­icht ist dieser Traum zu tief­st men­schlich, ob homo sapi­ens oder homo nean­der­tal­en­sis. War es ein Sym­bol für die Ewigkeit, als Men­schen vor 40–45.000 Jahren diese Zeichen in La Fer­rassie hinterließen?

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Und falls dich, diese Zahlen nicht irri­tieren, sie soll­ten es, denn es ist ein Zeichen dafür, dass Nean­der­taler und Cro-Magnon-Men­sch nebeneinan­der in Europa lebten. Und wer weiß, wer diese Sym­bole hin­ter­ließ, die aus jen­er Zeit stammen?

Musée national de Préhistoire — Les Eyzies-de-Tayac

Stein­werkzeuge, Klin­gen, Sch­aber … Unzäh­lige bear­beit­ete Steine.

Trotz der gelun­genen Ausstel­lung ver­ste­he ich nun, dass Muse­um­späd­a­gogik ein wichtiger Bestandteil sein muss. Wis­senschaftler ver­lieren vielle­icht in ihrem Eifer und Begeis­terung den Überblick, mit welchem Wis­sen ein sim­pler Besuch­er ins Muse­um kommt.

Mir ist wichtig, dass in Museen wis­senschaftlich gear­beit­et wird, und dass Platz auch für jene Wis­senschaftler ist, die nicht an diesem Muse­um arbeit­en. Aber ein wesentlich­er Punkt ist, das Museen der bre­it­en Öffentlichkeit den Wis­sens­stand in einem Fachge­bi­et näher bringen.IMG_0509

Hier in Les Ezyies sehe ich den Stolz der Wis­senschaftler, die gefun­de­nen Objek­te zu präsen­tieren. Aber ich bin der Mei­n­ung, dass in diesem Fall weniger mehr wäre. Bei besten Willen kann ich nichts mit­nehmen, wenn ich vor 100 für mich völ­lig gle­ichar­ti­gen Faustkeile liegen und zwar jew­eils Hun­derte für jede Peri­ode, wenn mir nicht jemand erk­lärt auf was ich zu acht­en habe, wird es ein großer Eintopf.

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Dank der Führun­gen, die ich Mousti­er und le Fer­rassie hat­te, ver­stand ich ein wenig mehr. Aber ist es eigentlich nicht tragisch, dass ich zulet­zt ins Muse­um gehen hätte sollen, um die dort aus­gestell­ten Objek­te zu ver­ste­hen? Das ist doch ein Wider­spruch in sich.

Es wäre für mich viel sin­nvoller gewe­sen, an Hand weniger Faustkeile (Biface auf Franzö­sisch klingt ein­fach ele­gan­ter als Faustkeil auf Deutsch) aufzuzeigen, dass dieses Werkzeug seit 1,5 Mil­lio­nen Jahren ange­fer­tigt wur­den. Nur kurz zum Ver­ständ­nis, zu jen­er Zeit existierten noch ver­schiedene Hominiden-Arten in Afri­ka und die benutzten Faustkeile als Unter­stützung in ihrem Leben. Es ist also noch ein langer Weg bis zum mod­er­nen Men­schen. Denn vom Homo sapi­ens, so wie wir sind, kann erst früh­estens vor 200.000 Jahren gesprochen wer­den. Ich sollte genauer sein. Die Datierung des mod­er­nen Men­schen ist nicht ganz so ein­fach. Auf der einen Seite ver­sucht man die beson­deren Merk­male der ver­schiede­nen Homo festzuhal­ten. Bei Nean­der­taler sind das die beson­deren Augen­wül­ste, die flachere Stirn im Gegen­satz zu uns, das Kinn, das weniger her­vor­tritt als das unsere, und die Schädelform, die nicht so rund ist, wie der unsere.

Ich bin fasziniert, wenn ich daran denke, dass die ersten bear­beit­eten Steine, die Vorgänger der Faustkeile, der Chop­per, bere­its vor 2,6 Mill. Jahre in Ver­wen­dung waren. Durch die Führun­gen die Tage zuvor haben mir die vie­len Stein­werkzeuge etwas näher gebracht.

Es ist beein­druck­end, wie geschickt die Steine bear­beit­et wur­den. Doch auch damals gab es geschick­tere und weniger geschick­tere. Es waren nie alle gle­ich begabt in jeglich­er Hin­sicht. Bei bei den Stein­werkzeu­gen hat sich eine Wis­senschaft­lerin die Mühe gegeben und die “Abfälle” sortiert, ihre Ent­fer­nung zur Feuer­stelle gemessen und die Qual­ität des Steines geprüft. Und es war so, je geschick­ter, um so näher kon­nte der­jenige am Feuer sitzen und umso bess­er war die Qual­ität des Steines, der bear­beit­et wurde. Gute Qual­ität durfte nicht ver­schwen­det werden. IMG_0564
Ich habe ver­sucht die beson­deren Klin­gen des Solutrèen einz­u­fan­gen, denn sie sind ver­dammt dünn. Von diesen hat man lange nicht soviele gefun­den, wie von den etwas robus­teren. Die Frage ste­ht im Raum, ob nicht viele dieser Klin­gen mehr rit­uellen Zweck­en dien­ten, als für den täglichen Gebrauch. Die Meth­ode hat sich nicht für län­gere Zeit und in einem größeren Raum aus­ge­bre­it­et. Sie zeigt aber, wie geschickt und gekon­nt diese Steine beschla­gen wurden.

Eine mein­er Frem­den­führerin­nen erzählte, dass ein Archäolo­gen, der dur­chaus ver­siert in der exper­i­mentellen Archäolo­gie ist, beim Ver­such diese Klin­gen eben­falls herzustellen,  kläglich scheit­erte. Es gelang ihm nicht die Steine in dieser Fein­heit zu bearbeiten.

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Um einen Ein­druck zu gewin­nen, wie ein Fund­platz aussieht und wo Archäolo­gen bud­del­ten, um Klin­gen zu find­en, wurde ein solch­er Fund­platz in die Ausstel­lung aufgenom­men. Ichh ver­mute, dass anfangs die Klin­gen von dem umgeben­den Stein oder Sand gar nicht unter­schieden wer­den konnten.

Beson­ders berührend waren für mich die Skelette.  (Nean­der­taler Skelette werde ich bei den jew­eili­gen Fund­stellen, die ich besuchte, zeigen.) Am lieb­sten hätte ich sie in ein Grab gelegt. Das Bewusst­sein, dass es Men­schen sind, mit denen ich wenn auch nur weitläu­fig, aber doch ver­wandt bin, ließ mich still und ruhig wer­den. Auch wenn es vielle­icht lächer­lich erscheinen mag, aber mir war es wichtig, jedem eine Form von Gebet zukom­men zu lassen, mit dem Wis­sen, dass alles einen guten Weg geht, wenn es aus einem guten Herzen kommt. Das Mascherl, das Reli­gio­nen so gerne um Men­schen hän­gen, ist irrel­e­vant. Entwed­er gibt es etwas Höheres oder nicht. Und wenn es etwas  Höheres gibt, dann wird es wohl nicht genau­so beschränkt denken wie Menschen.

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Kunst oder was?

Die Malereien, Zeich­nun­gen, Gravuren, Ritzun­gen, Bas­re­liefs, Reliefs beein­druck­en mich zu tief­st. Während viele vor sich hin philoso­phieren, was der Hin­ter­grund für diese Aus­drucks­for­men sei, bin ich noch beim Nach­denken, wie sie das über­haupt konnten.

Wenn ich an die Bilder in Le Toth denke, die Kinder anfer­tigten, dann ist jed­er­mann klar, so schaut es aus, wenn man begin­nt zu malen.

Aber so sehen diese prähis­torischen Bilder nicht aus. Es sind keine Bilder von Anfängern, das ist nicht das erste Mal, dass diese Men­schen hier zeich­neten oder mal­ten. Ich kann keines dieser Tiere so darstellen. Und nur weil ich etwas sehr lange beobachte, bin ich immer noch nicht fähig, es abzu­bilden. Das wäre ja so, wenn ich nur lange genug einem Opern­sänger zu höre, lange genug mitsinge, dann würde ich wie er. Nichts da! So ein­fach geht das ein­fach nicht.

Die Beobach­tung allein genügt nicht, um etwas wiederzugeben. Da muss geübt wer­den. Und zwar geduldig. Man kon­nte nicht ein­fach herge­hen und das Blatt Papi­er weg­w­er­fen, man kon­nte es auch nicht ein­fach aus­radieren. Ein­mal ger­itzt, für immer ger­itzt. Ein­mal hin gesprüht, für die Ewigkeit gesprüht.

Um mit einem Zug ein Mam­mut vom Schwanz bis zum Rüs­sel authen­tisch in eine Wand zu ritzen, reicht nicht der Entschluss es zu wollen, auch nicht, dass ich das Bild eines Mam­muts vor meinem inneren Auge sehe.

Diejeni­gen die diese Bilder fer­tigten, mussten vorher schon geübt haben. Geduldig und aus­dauernd. Da wären wir wieder bei Zeit und Muße. Waren sie so getrieben, wie wir heute? War die Jagd so zeitraubend, dass für nichts mehr Platz war? Wohl nicht. Es musste Zeit­en gegeben haben, wo anderes im Mit­telpunkt stand.

Waren es also Künstler?

Auch das ist bei genauer­er Betra­ch­tung unre­al­is­tisch. Seit wann sprechen wir denn von Kun­st? Aber waren es beson­ders begabte Men­schen? Das vielle­icht wohl. Men­schen, die eine beson­dere Begabung hat­ten und diese auch pflegten. Das heißt sie übten. Kun­st von Kön­nen. Vielle­icht außer­halb, an Stellen, die heute ver­wit­tert sind oder vielle­icht den näch­sten Regen und Schneefall nicht über­dauerten. Bis sie dann soweit waren, dass sie fin­ger­fer­tig genug waren und sie an beson­deren Stellen anbrachten.

Auch wenn Ritzun­gen keine bild­hauerische Schw­er­star­beit waren, sie gezielt und genau durchzuführen, ohne viele Kor­rek­turen anzubrin­gen, ist etwas Beson­deres. Mit einem Stück Manganox­id mal schwungvoll einen Stein­bock zu zeich­nen, das soll mir mal jemand vor­ma­chen. Ich kann es nicht. Selb­st wenn ich ein Buch zeich­nen würde, käme es nicht wirk­lich überzeu­gend hinüber. Wie hat das jemand mal so schön gesagt, es ist mehr Aus­drucks­malerei oder Art brut.

Waren es Schamanen?

Wer sich schon ein­mal mit schaman­is­ch­er Prax­is auseinan­der geset­zt hat, weiß, dass es ein­er lan­gen Schu­lung bedarf, bevor sie sich mit der Geis­ter­welt auseinan­der­set­zten. Ob das die richti­gen Gesänge, die wirkungsvollen Zer­e­monien, mit Trom­meln, Musik jeglich­er Art, schaus­pielerischen Dar­bi­etun­gen, Trance war. Auch hier ist es jahre­lange Prax­is, die einen erst zum Schama­nen macht. Und ich spreche hier noch nicht von den Geheimnis­sen der Kräuter. Denn dass sie davon wussten, glaube ich. Nicht umson­st hat­te Ötzi vor über 5000 Jahren den Pilz Birken­por­ling mit sich geführt, der eine antibi­o­tis­che Wirkung hat­te. Nicht alles was wir als Zauberei und Hum­bug klas­si­fizieren, war nur Show. Es hat­te auch Wirkung. So wie die Indi­an­er dur­chaus Mit­tel gegen Syphilis hat­ten. Nur weil wir nichts darüber wis­sen, heißt es nicht, dass es nichts gibt. Wenn wir heute groß von Place­bo sprechen, dann soll­ten wir vielle­icht von unseren Selb­s­theilungskräften sprechen. Die kön­nen wir aktivieren und helfen uns beim Gesundw­er­den, aber eben nicht nur. Ob es nun eine Geis­ter­welt gibt oder nicht, will ich hier nicht disku­tieren, aber dass die Seele Hil­festel­lun­gen annimmt, um wieder gesund zu wer­den, glaube ich. Auch wenn nicht alles mit natur­wis­senschaftlichen Meth­o­d­en erk­lär­bar ist, heißt es nicht, dass es diese Dinge nicht gibt. Vor nicht allzu langer Zeit war Mag­net­ismus ein solch­es unerk­lär­lich­es Phänomen. Egal ob Kräuter, Pilze oder mod­erne Medika­mente, sie unter­stützen uns, wenn unser Kör­p­er gesund wer­den will.

Ein Schamane ist also eben­so ein Spezial­ist, der beson­dere Fähigkeit­en hat. So wie ich glaube, dass es Ärzte gibt, die einen bess­er unter­stützen wieder gesund zu wer­den, wie andere. Denn Heilung ist mehr als nur ein Kraut.

Diese Gedanken führten mich zu Spezialisten.

Während das Anfer­ti­gen von Stein­klin­gen und Beilen Fähigkeit­en waren, die jed­er beherrschen musste, weil son­st ein Über­leben nicht möglich war, kann ich mir dur­chaus vorstellen, dass für diese speziellen Auf­gaben wie das Anfer­ti­gen von Bild­nis­sen und Objek­ten, und der Kom­mu­nika­tion mit der anderen Welt, beson­dere Men­schen sich auser­wählt fühlten. In der Eth­nolo­gie habe ich immer wieder von Schama­nen gehört, die nicht begeis­tert waren, diesen Weg einzuschla­gen. Durch schwere Krankheit­en getrieben entsch­ieden sie sich dafür. Nicht immer ist das, was man kann, ein leichter Weg. Vielle­icht macht man es lieber, aber ein­fach­er muss es nicht sein.

Wenn also ein Men­sch, seine Fer­tigkeit ein Abbild eines Tieres anzufer­ti­gen, per­fek­tion­iert hat­te, kam ein ander­er Men­sch, der die Fähigkeit erlangt hat­te mit der anderen Welt zu kom­mu­nizieren, auf ihn zu und sie planten gemein­sam an einem Rit­u­al tief drin­nen in ein­er Höh­le zu arbeit­en. Nicht nur Kom­mu­nika­tion, son­dern auch die soziale Kom­pe­tenz dieser Men­schen gemein­sam etwas auszuführen, mag dahin­ter ges­tanden sein.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein­er allein sich dachte: Ach, heute geh ich mal ein paar hun­dert Meter tief in eine Höh­le und male ein Mam­mut, aber so dass es kein­er sieht und an ein­er beson­ders schwieri­gen Stelle, damit nur ich es sehen kann.

Für so ein schwieriges Unter­fan­gen braucht es Pla­nung und Zweck. Während die Bilder in den Abri oder Über­hän­gen und Wohn­höhlen aus anderen Grün­den ange­fer­tigt wur­den, ist es bei Höhlen, die nicht im alltäglichen Leben benutzt wur­den, ein anderes Ziel, das ver­fol­gt wurde.

Ich bin davon überzeugt, dass es rit­uelle Hand­lun­gen waren. Was sie genau bezweck­ten, ob sie nun die Tiergeis­ter beschworen oder andere Geis­ter zu Hil­fe riefen, ist reine Fan­tasie. Das wer­den wir nicht sagen können.

Als ich in Pech-Mer­le war, wurde mir bewusst, dass hier andere Men­schen die Abbil­dun­gen anfer­tigten. Viele Bilder waren abstrak­ter, enthiel­ten mehr Andeu­tun­gen als real­is­tis­che Darstel­lun­gen. Sie waren anders als weit­er nördlich im Val­lé de Vézére.

Jede der Höhlen, in denen ger­itzt, geze­ich­net, gemalt und gesprüht wurde, emp­fand ich anders. Es waren unter­schiedliche Emo­tio­nen, die in mir hochka­men. Es gibt nicht den einen Zweck, den sie erfüll­ten. Meinem Empfind­en nach waren sie unter­schiedlichen Zweck­en gewid­met. Ger­ade in Pech-Mer­le, das eine wun­der­bare Akkustik hat und her­rliche Säle bietet, kon­nte ich förm­lich die Trom­meln und Gesänge hören. In Les Cam­barelles, wo man nur auf allen vieren die Höh­le erobern kann, wird es still, ein heim­lich­es Zwiege­spräch mit der Geis­ter­welt bietet sich direkt an.

Aber es waren beson­dere Fähigkeit­en von beson­deren Men­schen, die nicht jedem zugänglich waren und nicht jed­er fähig war auszuführen. Und dass ich mich nicht alleine so tief in eine Höh­le vor­wa­gen würde, ste­ht noch auf einem ganz anderen Blatt. Mir war nicht bewusst, wie weit inner­halb sich viele dieser Bilder, Zeich­nun­gen und Gravuren sich befind­en. Mir ist nicht ein­mal klar, wie sie aus dem oft sehr verzweigten Höh­len­sys­tem wieder her­aus­fan­den, denn mein Ori­en­tierungssinn ist in unser­er mod­er­nen Zeit ein äußerst beschränk­ter, auch wenn ich nicht über­all das Navi brauche.

Und Spezial­is­ten hat­ten sie. Auch wenn wir heute nur an Hand der Abschläge der Stein­werkzeuge fest­stellen kön­nen, dass es Begabtere und weniger Begabte gab, so wird es welche gegeben haben, die gut kochen kon­nten, die gut jagen kon­nten, die bess­er Spuren lesen kon­nten als andere, die früher die Zeichen des Früh­lings lesen kon­nten, die Klei­dung bess­er anpassen und lan­glebiger anfer­ti­gen kon­nten. Es gab immer schon Unter­schiede zwis­chen Men­schen. Unter­schiede, die das Leben span­nend machen, die aufre­gend sind und erst zum Übel wer­den, sobald sie verurteilen. Nur zur Erin­nerung möchte ich ein­wer­fen, dass es Kul­turen gibt, wo Geis­teskrankheit­en als eine beson­dere Gabe gese­hen wer­den, die eine außergewöhn­liche Verbindung zu ein­er anderen Welt mit sich brin­gen. Schwarz-Weiß ist die Welt der Naiv­en, Shad­ows of Grey, jen­er der Ungläu­bi­gen, im Rege­bo­gen erstrahlt die Welt als Ganzes. Es ist eine Sache des Glaubens, wer dem wider­spricht, glaubt ein­fach nur an anderes. Denn wis­sen tun wir bei­de es nicht. Falsch denkt jen­er, der rechthaben will.

Wald — Steppe — Tundra — wie mag es hier vor 20.000 Jahren ausgesehen haben

Die Dor­dogne ist eine reizvolle Land­schaft. Neben den vie­len Eichen­bäu­men habe ich auch Kiefern gese­hen und auch einen Feigen­baum zeigte mir wie fre­undlich es hier ist.

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Doch wie sah es aus, als diese Höhlen Zen­tren — aus welchen Grün­den auch immer — wur­den? Wie ein­fach habe ich mir das alles vorgestellt und wie kom­pliziert ist das alles bei genauerem Hinsehen.

Die let­zte Eiszeit, die Würmeiszeit, dauerte 115.000 BP bis 10.000 BP. Wie schnell ist das hingeschrieben, bis ich dann genauer schaute und sehen müsste, dass es auch in dieser let­zten Kaltzeit wärmere Phasen gab. Wenn es nur kalt gewe­sen wäre, dann hätte ich schnell mal Tun­dra getippt. Steppe vielle­icht noch. Aber das war in den käl­teren Phasen, die auch trock­enere Zeit­en waren, da so viel Wass­er gebun­den war (jet­zt wird’s bei uns wärmer, also sollte es auch mehr reg­nen, tja nix mit Son­nen­schein jahrein, jahraus.). Der Tun­dra fol­gte der bore­ale Nadel­wald oder Taiga. Auch von Park­tun­dra mit vere­inzel­ten Baum­grup­pen ist die Rede.

Ich habe mich also auf die Suche begeben und geschaut, in welch­er Umge­bung jene Tiere lebten, die hier abge­bildet sind. Nach­dem ich zu fast allen Tieren nachgeschla­gen habe, notiert habe in welch­er Umge­bung sie lebten, stolperte ich zulet­zt auf die Mam­mut­steppe oder Step­pen­tun­dra. Warum nicht gleich?

Die Wikipedia schreibt dazu:

Die Land­schaft war nahezu baum­frei, zu den vorherrschen­den Pflanzenarten zählten Gräs­er, Ried­gräs­er, Kräuter, Zwerg-Birken und Polar-Wei­den. Häu­fig wird die Mam­mut­steppe auf­grund dieser Mis­chung mit der heuti­gen Tun­dra ver­glichen, stimmte aber nur bed­ingt übere­in. Tren­nende Merk­male sind vor allem die unter­schiedlichen Son­nen­stände und die damit ver­bun­de­nen Jahreszeitzyklen, die die Mam­mut­steppe mit ihren in weit­en Teilen vorherrschen­den Lichtver­hält­nis­sen der mit­tleren Bre­it­en von der nördlichen Tun­dra mit aus­geprägten Polar­som­mern und ‑win­tern abset­zt. Dadurch ent­stand eine arten- und vor allem nährstof­fre­iche Veg­e­ta­tion, zusät­zlich begün­stigt durch die auf­grund der nahen Gletsch­er auftre­tenden lang andauern­den Hochdrucklagen.

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Hier hat man im Laténe Muse­um eine kleine Fläche entsprechend der Tun­dra angelegt. Ich weiß nicht recht, ob das im Bild so auch klar wird.

Woll­haar­mam­mut (Mam­muthus prim­i­ge­nius), auch andere Großsäuger wie das Woll­nashorn (Coelodon­ta antiq­ui­tatis), der Moschu­sochse (Ovi­bos moscha­tus), das Ren (Rangifer taran­dus), die Saiga-Anti­lope (Saiga tatar­i­ca) aber auch der aus­gestor­bene Step­pen­bi­son (Bison priscus) und die eiszeitliche Wildpferdeun­ter­art Equ­us cabal­lus lenen­sis. Nicht gek­lärt ist, ob durch die Wei­deak­tiv­itäten dieser Mega­her­bi­voren diese spez­i­fis­che Land­schafts­form ent­stand und sie ver­schwand, nach­dem die Tiere ausstar­ben oder ob das Ver­schwinden dieser Land­schafts­form dazu führte, dass die typ­is­chen Großsäuger ausstarben.

Das passt nun auch, was ich zu Ren­tier und Stein­bock gefun­den habe.

Span­nend war dann noch der Ein­trag zum Höhlenlöwen:

Ihre Nahrung bestand vor allem aus größeren Huftieren der dama­li­gen Zeit, etwa Wildpfer­den, Hirschen, Wildrindern und Antilopen. In jung­pleis­tozä­nen Ablagerun­gen des Rheins von Hes­se­naue bei Darm­stadt wurde das Schien­bein eines Höh­len­löwen gefun­den, das trotz ein­er schw­eren Entzün­dung des Knochen­marks, die das Tier vorüberge­hend jag­dun­fähig machte, später wieder ver­heilt ist. Das Tier muss dem­nach noch län­gere Zeit mit dieser Behin­derung über­lebt haben. Das legt nahe, dass dieses Tier von Artgenossen an der Beute geduldet oder mit Fut­ter ver­sorgt wurde. Möglicher­weise war der Höh­len­löwe also ähn­lich wie heutige Löwen ein Rudeltier.

Ich habe viel gele­sen und geschaut in let­zter Zeit und da wurde auch betont, wie sozial der frühe Men­sch (ich denke, es war der Nean­der­taler — Gott Lob bin ich kein Wis­senschaftler — der Wasser­stand der Donau tut es bei mir auch, denn ich schaue mir seit etlichen Aben­den alle möglichen Doku­men­ta­tio­nen über die Entwick­lung des Men­schen an, da wurde es irgend­wo erwäh­nt 🙂 war, als man einen Kopf eines älteren Men­schen fand, der 2 Jahre lang keine Zähne mehr hat­te, der also mitver­sorgt wurde (u.a. das Fleisch vorgekaut). Da musste ich an meine Mut­ter denken, die auch 2 Jahre lang püri­ertes Essen bekam.

Was bedeutet das nun alles? 

Der Wald hier rund herum ist ein­er­seits sehr kusche­lig, aber ander­er­seits ver­liere ich jegliche Orientierung.

Man sieht ein­fach nicht weit. Außer­dem kon­nte ich mir nicht recht vorstellen, dass riesige Tier­her­den durch so dicht bewaldetes Gebi­et zogen. Viele der Tiere zogen jahreszeitlich bed­ingt durch das Land. Gehört hab ich das natür­lich von Ren oder den Bisons, bei den Pfer­den war ich mir da nicht so sich­er, aber bei denen war das auch der Fall. Selb­st der Stein­bock zieht bei uns in den Alpen rauf und runter.

Um das alles noch ver­wirren­der zu machen, hörte ich nun in ein­er Führung, dass Ren dur­chaus sta­tionär hier lebten, denn es wur­den Gewei­he von Weibchen und Män­nchen der Ren­tiere gefun­den und die wer­fen unter­schiedlich ihre Gewei­he ab. Im Früh­jahr Weibchen, im Herb­st Män­nchen und dann waren dann auch noch Jungtier­knochen. Also als es vernün­ftig kühl war (so wie es Ren­tiere für vernün­ftig hal­ten), zogen sie ein­fach hier ihre Run­den und ran­nten nicht wie blöd tausende Kilo­me­ter weit. Sie stell­ten 90% der tierischen Nahrung, von ihnen nutzte man, neben dem Fleisch, Knochen, Geweih und Fell. Tja, da gab’s nicht so viel Rest­müll wie bei uns.

Nach­dem ich nun nochmal darüber nach­dachte, entsprechen die Funde trotza­llem den Wan­derun­gen im Früh­jahr und Herb­st. Es ist nicht wirk­lich ein Zeichen von hier immer leben­den Tieren.

Diese Tiere waren also nicht per­ma­nent hier. Der Men­sch als Jäger und Samm­ler zog auch durch die Gegend, also viel Bewe­gung rund herum. Er soll außer­dem viel Klein­wild gejagt haben, von dem sieht man nichts in den Höhlen.

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Es war also eine Step­pen­land­schaft. Und zu bes­timmten Zeit­en zogen hier große Tiere durch. Zu den Lieblingsspeißen zählte Ren und Pferd, wenn man die Fund­plätze bei den Feuer­stellen betra­chtet. Das haben sie hier erzählt, als ich in den Höhlen zu Besuch war. Und die Wikipedia wider­spricht sich da, ein­mal hät­ten sie viele Woll­haar­mam­muts gegessen, ein­mal nicht (natür­lich an ander­er stelle). Genutzt ja, das Elfen­bein war cool, ein Kind hat man in einem Grab mit einem Schul­terblatt eines Mam­muts bedeckt. Die mas­sive Nutzung wie in Sibirien hat man hier aber nicht nachgewiesen. Die Abbil­dun­gen sind für mich zwar aufre­gend und wahrschein­lich für viele andere auch, aber es sind nur rund 7% aller Abbil­dun­gen der Frankokantabrische Höh­lenkun­st (so wird die Kun­st unser­er Altvorderen hier in Süd­frankre­ich und Spanien benan­nt). Und sie waren ein­fach beein­druck­ende Lebewesen.

Ps. Abso­lut nichts zur Sache, aber weil ich es berührend fand, auch das Woll­haar­mam­mut hat­te Karies und Arthritis.

Zeit und Muße — Abri du Poisson

Immer wieder muss ich daran denken, wie ver­wirrt ich war, als ich bei „prim­i­tiv­en“ Völk­ern hörte, dass sie einen hal­ben Tag damit ver­bracht­en, sich ums Über­leben zu küm­mern. Anschließend hat­ten sie „frei“. Freizeit, um mit einan­der zu reden, zu sin­gen, irgen­det­was, das nicht zielo­ri­en­tiert ist zu tun. Wenn ich nun hier in der Dor­dogne die Höhlen auf­suche, kommt dieser Gedanke wieder in mir hoch. Auf der einen Seite wird von der harten Zeit gesprochen und ich will mir gar nicht vorstellen, wie man über­lebt, wenn es draußen eiskalt ist, eben eine Eiszeit. Und dann gibt es Men­schen, die sich tief in Höhlen hinein wagen, um dort Abbil­dun­gen an den Wän­den anzubrin­gen. Doch nicht nur dort find­en sich Bilder, auch in ihren Wohn­plätzen, die nie in ein­er Höh­le son­dern in ein­er Abri, einem Unter­stand, einem Fel­süber­hang, einem Shel­ter. Hier wur­den Sied­lungsspuren gefunden.

Im Abri du Pois­son wurde 20 Jahre nach dessen Ent­deck­ung, als sich wieder mal jemand daran machte die Funde aus Steinen zu Geld zu machen, hin­legte, um sich eine Pause zu gön­nen, den 1 Meter großen Lachs an der Decke ent­deck­te. Die Fran­zosen waren nicht inter­essiert und das Berlin­er Völk­erkun­de­mu­se­um sehr viel Geld (umgerech­net wären das heute 200.000€) bot. Als man ver­suchte, das Relief zu ent­fer­nen, schritt – mit Verzögerung das zuständi­ge Franzö­sis­che Min­is­teri­um ein. Wie ein Rah­men ziehen sich die Meisel­spuren rund um den Lachs.

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Ein andere Gravur fiel dieser Arbeit zum Opfer, die weni­gen Spuren lassen keine Deu­tung mehr zu,
Diese Abri wurde die erste prähis­torische Fund­stätte, die zu einem „Mon­u­ment his­torique“ wurde, einem Denkmal, das unter beson­derem Schutz und Unter­stützung durch den Staat ste­ht. Da der Über­hang heute sehr feucht ist und deshalb von Moosen über­zo­gen, hat man vor 100 Jahren die Decke begonnen übereifrig zu reini­gen. Das rote Ock­er, mit dem auch der Lachs einge­färbt war, ging dabei ver­loren. Nur an eini­gen Stellen kann man noch die roten Fleck­en erken­nen. Diese Reini­gungsak­tio­nen fan­den an eini­gen Höhlen und Abri statt, wo man glaubte, die Ritzun­gen seien das einzige und die Ock­er­spuren wur­den als solche damals noch nicht erkannt.

Wie in Font-de-Gaume gibt es ein Hand­neg­a­tiv zu sehen, die mit Manganox­id und der Sprühtech­nik an der Decke abge­bildet wurde. Durch die Feuchtigkeit fie­len von der Decke immer wieder mit rotem Ock­er bemalte Stücke und erlauben so die Zuord­nung, dass die Deck­en­gravur und Malereien vor über 27.000 Jahren ange­fer­tigt wurden.

Der Lachs wird vielfach als männlich­er eingestuft, sieht man aber auf die Abbil­dung von einem anderen Platz aus, näm­lich unter der Hand ste­hend, kann man dur­chaus auch einen weib­lichen Lachs sehen, dessen Bauch voll mit ihren Eiern ist. Heute gibt es dort keinen Lachs an der Vezére mehr, ein­er­seits ist es zu warm und ander­er­seits erlaubt der Zus­tand der Flüsse kein fro­hes Leben der Lachse mehr.

Diese frühen Men­schen hat­ten also Zeit und Muße ihre Wohn­plätze zu gestal­ten. Es lag ihnen daran, ihre Umge­bung zu verän­dern. Es war Zeit genug vorhan­den. Dabei darf ich nicht vergessen, dass es sich nicht um Wohn­stät­ten han­delt, die jahraus jahrein bewohnt waren, son­dern immer nur zeitweilig als Unter­schlupf dien­ten. Man zog um, als Jäger und Samm­ler fol­gten sie ihrem Essen. Dieses Bild vom ewig nicht nur Jagen­den son­dern auch Gejagtem, der nur an sein Über­leben dachte, kann nicht stim­men. Es war Zeit vorhan­den, Über­flüs­siges zu tun, sich der Muße hinzugeben, Zeit für sich zu nutzen.

So wie ich hier mein­er Muße fröne. Oft genug ertappe ich mich, da und dort wäre noch eine Höh­le oder Abri, die ich besuchen kön­nte. Doch ist mehr immer bess­er? Es sind wirk­lich noch eine Menge Plätze da. Klar wäre Berni­fal einen Besuch wert, nicht nur wegen der inter­es­san­ten Abbil­dun­gen son­dern auch wegen des lei­den­schaftlichen Bauern und Eigen­tümers, der mit Begeis­terung durch die Höh­le führt und seine Inter­pre­ta­tio­nen (die ich aber nicht ver­ste­hen würde) zum Besten gibt.

Es bedeutet mir aber viel, dazwis­chen Zeit damit zu ver­brin­gen, nachzule­sen, nachzu­denken, Gedanken festzuhal­ten und mir mein eigenes Bild zu schaf­fen. Manch­mal ertappe ich mich dabei, dass ich nur wenige Momente nichts tue. Ich bin tat­säch­lich beschäftigt, die Ein­drücke zu ver­ar­beit­en, Bilder zusam­men­zustellen und mir ein eigenes Büch­lein im Andenken an den Urlaub und den vie­len Men­schen, die hier lebten und durchzogen.