Venice
Eigentlich wollte ich schon seit mehr als 30 Jahren im Winter nach Venedig, aber irgendwie hab ich’s immer wieder vergessen, bis ich von anderen hörte. Und ich buchte Zug + Bus + Hotel. Ich borgte mir Reiseführer aus, kopierte eine Karte (was sehr gut war, denn die Karte, die ich dann im Hotel bekam, war nicht mehr lesbar für meine alten Augen), lies den Rest der Führer Führer sein und freute mich auf Venedig.
Ich wollte fotografieren, aber es sollte anders kommen.
Wer es noch nicht gewusst hat, durch Stricken kommen Leute zusammen, allerdings muss man in öffentlichen Verkehrsmittel stricken. Nicht nur, dass ich so meine neue Pendlerfreundin kennen gelernt habe, strickende Frauen spricht man einfach an, oder? Ich dachte zwar, dass nur ich das täte… Nein, auch eine vornehme Venezianerin im Lodenmantel sprach mich an. So schnell ging’s, ich dachte mir, ich würde gern noch gut Essen gehen, bevor ich heimfahre und hoffte auf einen Tipp. Und da war sie, die Frau im Lodenmantel. Und im Gegensatz zu nicht so gutmütigen Seelen in Wien bemühte sie sich wirklich mir ein Lokal zu nennen, wo keine Touristen hingehen, bei der Calle di Albanesi rein, da irgendwo. Da war es auch, aber mittags war Il Ridotto geschlossen, wie ich dann feststellen musste. Dort würden sie auch Essen gehen. Notiert, für’s nächste Mal. Reservieren müsste man wahrscheinlich, meinte sie.
Da saß ich also im Vaporetto, es regnete wieder Mal und die Aussicht auf ein warmes Essen zum Abschied, ließ mich das viele Wasser, das ich die letzten Tage gesehen habe, vergessen.
Meine Versuche in einem Mischmasch zwischen Italienisch und Englisch zu erklären, wie man Socken strickt, scheiterten dann doch. Wobei sie ja regelmäßig in Österreich Urlaub macht, ja und auch zum Schifahren nach Bad Kleinkirchheim fährt. Sie bekomme immer ihre Socken von einer Freundin. Diese hier waren nun seit langem wieder mal für mich bestimmt, nachdem 3 Paare beschlossen hatten, andere Aufgaben wahrzunehmen und kaputt geworden sind. Aber ansonsten stricke ich auch für Freunde. Doch, doch, mir war bekannt, dass es schöne Wolle in Italien gab. Ihr zu erklären, dass sie ihre Wolle aus Australien importieren und in Italien endfertigen, führte mich dann doch zu weit. Ja, und die Signora war die erste, die mich an diesem Tag brava nannte, weil ich strickte. Der 2. war ein älterer Mann, der mit seiner Frau im Bus nach Villach neben mir saß.
Ich wußte zwar, dass brava mutig heißt, aber in dem Zusammenhang machte, dass wirklich keinen Sinn. Also was sagt das Wörterbuch: anständig, rechtschaffen, artig, brav, ehrlich, erfahren, fähig, gut, lieb, artig, mutig, patent, rechtschaffen, redlich . Also sucht euch aus, was eine strickende 48-jährige ist. Wobei ich sagen muss, ich bin mir nicht verarscht vorgekommen. Strickend bekommt man Lob von älteren Venezianern, das ist schön zu wissen.
Aber das war ja schon mitten am Tag. Eigentlich wollte ich nur ins Museum, da ich am Nachmittag wieder zurückfuhr, aber nachdem es gestern nicht mehr zu regnen aufhörte, 2 vom Wind ruinierte Regenschirme, ein vollgesaugter Daunenmantel und ein Loch im Schuh — ohne Ersatzpaar — reichten, um den Tag nach heißer Dusche schon früh im Bett bei einem guten Buch, netten Hörspielen und besagtem Sockenstrickzeug zu beenden. Dankbar war ich nun für das vorgestern als unerträglich überheizt eingeschätzte Zimmer, wo die Nachttischlampe am anderen Ende des Zimmers — das heißt auch 1m vom Fußteil des Bettes entfernt — stand, die man bei der einzigen Steckdose, die logischerweise beim Waschbecken für den Rasierapparat angebracht war, einstecken musste. Der Heizkörper war einfach heiß, Wahl gab es keine. Reguliert habe ich ihn, indem ich das Fenster öffnete. Bei offenem Fenster genoss ich die Ruhe des autolosen Venedigs, das nur von dumpfen Flugzeuglärm und vielen Kirchenglocken unterbrochen wurde. Nicht zu vergessen, die vielen Gespräche, die ich von allen möglichen Winkeln hörte. Nicht regulierbarem Heizkörper sei Dank!
Diese Beschränkung sich nur zu Fuß oder per Vaporetto, Gondel oder Taxiboot bringt einen eigenen Rhythmus in die Stadt, den ich sehr genoss. Und doch – als ich bei meiner Ankunft – nichts ahnend, dass es die letzten trockenen Stunden werden würden, durch die Stadt ging, hatte sich eines sehr verändert. Überall gingen Venezianer mit einem Handy bewaffnet und redeten. Irgendwie machte es mich traurig, denn das was ich an Italien so genoss, war, immer Menschen, die miteinander redeten zu sehen. Aber das ging im Sommer, und wie ich nun erfahren konnte, auch im Winter gegen 5 Uhr nachmittags los. Da waren sie wieder, Menschen, die sich zum Tratschen auf der Straße trafen. Der Gang war etwas schneller wie im Sommer, aber das Gemurmle war gleich. Wieder erwischte ich mich beim Gedanken, doch endlich mal wie ein Tourist durch Wien zu gehen und zu schauen, wie hier die Menschen wirkten. Dies funktioniert nicht, wenn ich nach der Arbeit losgehe. Ich muss mich dazu in Stimmung bringen und der erste Bezirk ist doch selten touristenfrei. Auch das war ein Grund Venedig im Winter sehen zu wollen.
Wie mir meine Venezianerin versicherte, mieden sie im Sommer das Zentrum, was mich nicht weiter wunderte. Diesmal sah ich aber die zahlreichen Einkaufstrolleys, die die Menschen eindeutig als Venezianer auszeichneten. Auch bewunderte ich die Eltern mit den Kinderwägen, die die zahlreichen Brücken auf und abmarschierten. Kinder mussten hier bald laufen lernen. Das Tempo war also ein menschengerechteres und ich musste an die Reiseberichte denken, die selbst das Fahren in einer Kutsche als zu schnell empfanden. Doch war ich dann doch beruhigt, als ich die Rettung mit Licht und Lärm schneller fahren sah. Denn beim ersten Mal, als ich einer ambulanza ansichtig wurde, dachte ich, man stirbt langsam in Venedig, aber ich kann euch beruhigen, es geht auch schneller.
Also ich bin also nicht ins Museum. Ich war ja auch eigentlich schon beim Abschiednehmen als ich im Vaporetto angesprochen wurde. Nachdem ich am Tag zu vor in Murano ausgestiegen bin und vom Mitleid gepackt wurde, als ich die Glaswarengeschäfte eins neben dem anderen ohne einen Touristen sah, aber von meinem Ziel „Torcello“ noch weit entfernt, spazierte ich bei immer stärker werdenden Wind und Regen den kleinen Kanälen entlang. Ich vermutete, dass die immer noch ausreichenden vorhandenen Touristen sich doch in die Kirchen oder Museen Venedigs verzogen, als bei regenpeitschendem Wetter auf einer Glaskitsch produzierenden Insel rumzulaufen.
Da ich ja noch, ohne 24-Stunden-Ticket bewaffnet, in Murano ankam, sprang ich beim Namen Murano raus, nicht wissend, dass es mehrere Stazione Vaporetto in Murano gibt. Den Plan erhielt ich dann später beim Kauf des Tickets. Und ich musste natürlich zu einer anderen Stazione, ahnte ich, aber ein kleiner Spaziergang konnte ja nicht schaden. Ich hatte, so dachte ich einen langen Tag vor mir, da begann es stärker zu regnen und der Wind machte sich auch ein Spielchen. Ich genoss es nur Venezianer zu sehen, die sich alle zu kennen schienen: Salve und Ciao. In Burano trafen sich dann auch noch die Männer zu Mittag auf ein Schwätzchen und ein Gläschen, „Ciao Signori“, das Mittagessen wartete auf den Pensionisten, während die Arbeiter gemeinsam ihre Mittagspause verbrachten.
Der Schirm, den ich mir im Hotel ausgeborgt hatte, war nicht mehr der neueste und lies bereits einen Teil hängen, die Windböen gaben ihr Bestes und mehr als einmal beschloss er den Regen auf zu fangen anstatt abzuhalten. Schließlich ließ er sich nicht mehr zusammenklappen, als ich das nächste Vaporetto (endlich wieder trocken über mir) bestieg. Ich wusste ja, dass ich nach Torcello wollte (es war so mickrig im Reiseführer, den ich morgens doch mal angesehen hatte, beschrieben, dass ich mir dachte, da möcht ich hin).
Nur der Regen machte mich schwach. Ich war nun knapp davor schwarz zu fahren, was angesichts des teuren Einzeltickets wiederum nicht so teuer ist. Als ich las, wie sie höchst liebenswert darauf hinwiesen, doch zu zahlen, war ich sehr gerührt, gegen unsere drohende mahnende doch etwas deutsche Art, zum Zahlen aufgefordert zu werden, war das einfach reizend. Zuerst dachte ich natürlich, dass Deutsch wäre nicht richtig und las dann den englischen Text. Sie meinten es ernst, der Vorteil ein Ticket um 6€ zu kaufen, wird damit belohnt, keine 44€ Strafe zu zahlen.
Als ich dann doch eine biglietteria (man möchte nicht meinen, wie schwer es sein kann, die noch so kleinen Kanäle zu überwinden, wenn man leichtgläubig, nicht die nächste Gelegenheit zur Überquerung nutzt. Das leichtsinnige Passieren von Straßen an jeder Stelle lässt einen vergessen, wie wichtig die Aufmerksamkeit in diesen Lagunenstädtchen ist. Hier lernt man’s wieder.) Wenn ich schon da war, konnte ich auch fragen, wie ich nach Torcello kommen könnte. Denn nun hatte ich ja ein gültiges Ticket und jemanden kompetenten an der Hand. Ich folgte den Anweisungen und überquerte die 2 Brücke und hielt mich dann rechts. Ausgestattet mit einem 24-Stunden-Ticket, hatte ich jetzt fast alle Zeit der Welt. Ich hatte nicht mit meiner Durchnässung und dem damit einhergehenden Frieren gerechnet.
Denn schön langsam begann ich zu frieren, aber ich war ja nur 2 Tage in Venedig, da konnte ich schon mal frieren. Da das nächste Vaporetto in 10 Minuten kommen würde, hatte ich noch genug Zeit für einen weiteren Schirm und ein Panino con Prosciutto crudo e Rucola, den ich nun doch ein wenig getoaste wollte. Eigentlich hatte ich nur vergessen, dass caldo warm heißt, aber das war mir in diesem Falle sehr recht. Die Freude allerdings einen Schirm und nochdazu einen recht günstigen erworben zu haben, hielt nur ca 25 Minuten, als ich in Burano ankommend, diesen öffnete und der Wind nur kurz pustete und damit eben diese meine Freude auch zunichte machte. Allerdings muss ich dem Wind zu gute halten, er verhalf mir zu einem guten Lachen über mich selbst, denn während ich verzweifelt irgendwie den Schirm um mich wickelte (man möcht’s nicht glauben, aber ich versuchte es), stellte ich mir vor, wie ich mich selbst beobachtete und dachte, es muss sehr amüsant aussehen und bedauerte, dass ich mich nicht selbst beobachten konnte.
Doch eines war bezaubernd: mitten in diesen verregneten grauen Tag in der Lagune Venedigs strahlte mir Burano entgegen, dass dem Dumont Reiseführer nur einige verächtliche, da kunsthistorisch unbedeutend, Worte entlockte, dafür mein Herz erwärmte. In den schönsten Zuckerlfarben strahlte mir, wie ich später las, das Fischerdorf entgegen. Manch ein Regenschirm hing einfach bei der Eingangstür, hier vertraute man also wieder mehr. Ein Fischer lächelte, als er mich die Regentropfen im Kanal fotografieren sah, alles war hier viel einfacher. Dafür habe ich nun nachgelesen, dass Baldassare Galuppi von dort stammt. Nun noch nie von ihm gehört? Nun während Vivaldi der Star in der ersten Hälfte des 18.Jh. war, war es Galuppi in der 2. Ich werde da mal hineinhören angesichts des reizenden Städtchens. Jetzt im Nachhinein wird mir noch ganz warm ums Herz, wenn ich nachlese, dass es hier keine Hotels gibt und nur seit kurzem eine Ferienwohnung.
Diese Insel gehört den Einwohnern vom letzten bis zum ersten Vaporetto des Tages. Sie haben jeden Tag Ruhe von den Touristen. Ich finde das toll und mit meinem Eindruck von der Insel durchaus übereinstimmt. Während mich der Wind samt Regen durch die Straßen trieb, sah ich, wie sich sich trafen und auf einen Plausch beieinander stehen blieben.
Doch freute mich der Anblick des schiefen Turms von Burano doch sehr. Die Gelassenheit angesichts schiefer Türme in Italien fand ich schön. Es gab also nicht nur einen. Wäre ich einen anderen Weg gegangen, ich hätte es nicht gesehen.
Als ich dann versehentlich bei einer falschen Stazione stand, speicherte mein Unterbewußtsein, etwas wichtiges, aber in diesem Augenblick, war mir nur mehr kalt. Inzwischen spannte ich den Schirm nicht mehr auf, lief zum anderen Anlegesteg (die alle überdacht sind) und holte meinen MP3-Player raus, ich brauchte Musik und tanzte in mir drinnen, da andere Wärmflaschen oder wärmende Utensilien nicht vorhanden waren.
Nun wollte ich nur mehr heim. Mir fiel auch nicht mehr auf, dass im Vaporetto geheizt wurde, mir war kalt und es dauerte fast eine Stunde bis ich, nach einmal Umsteigen (und ich lernte bitter, dass eine Stazione nicht unbedingt neben einander liegt, ich musste wieder eine Brücke überqueren, was ohne diesen Regen kein Problem gewesen wäre, aber ich fluchte).
Ich kaufte mir etwas Salami und 2 Panini und dachte mir, auch wenn ich nur 2 Tage in Venedig bin, scheiss drauf, ich will’s warm. Mögen andere sich gezwungen sehen, die Zeit sinnvoller als im warmen Bett zu nutzen, mir war’s egal. Die bunten Häuser Buranos, die sich im Regen spiegelten, nahm ich mit ins Bett.
Ich träumte fantastische Träume, die ich inzwischen alle vergessen habe. Als ich am Morgen aufwachte, hörte ich keinen Regen mehr. Nun dachte ich mir, anstatt ins Museum zu gehen, werde ich es nochmals versuchen nach Torcello zu kommen, denn nun erinnerte ich mich, dass die Stazione in Burano, bei der ich versehentlich stand, nach Torcello ging. Ich genoss noch den Blick auf die Berge, die nun mit Schnee bedeckt waren.
Als ich dann eine Stunde später dort angelangt war, waren noch einige andere Fahrgäste an Bord. Später konnte ich dann feststellen, dass alle — bis auf den Briefträger — in der Basilika Santa Maria Assunta arbeiteten. Und es begann wieder leise zu tröpfeln.
Sie spazierten dann gemeinsam los und als ich beim Ristorante vorbeikam, standen alle bei einem morgendlichen Kaffee beisammen und hielten ein Schwätzchen.
Hab ich schon gesagt, dass ich eine Nachleserin bin? Ich lese ungern viel über einen Ort oder ein Land, das ich besuche, im Vorhinein, das schenkt mir ein ungeheures Überraschtsein über die Schönheit eines Platzes ohne irgendeine Erwartung, die mir irgendjemand anderer erzählt. Alles was ich wusste, war, dass Torcello früher besiedelt war als Venedig, aber jetzt nichts mehr davon vorhanden war. Ich hatte auch alte Kirchlein gesehen, aber auf eine Basilika aus der Jahrtausendwende — genau um 1008 — war ich nicht gefasst. Ich hatte mir auch noch nie ein Bild davon gemacht. Aber als erstes betrat ich die kleine Kirche Santa Fosca, die als Heimstatt der Märtyerin Santa Fosca ebenfalls im 11. Jahrhundert gegründet wurde.
Die Schlichtheit berührte mich, aber der herumgeisterende Messner steigerte mein schlechtes Gewissen, dieses Bild gemacht zu haben, ohne Blitz und trotz Verbots. Schön war es, einfach eine Kirche zu sehen, die so zur Kontemplation einlud.
Am Weg zu den beiden Kirchen kam ich am Locanda Cipriani vorbei, dachte zwar an eine Namensgleichheit — für alle, die es nicht wissen: in Harry’s Bar in Venedig wurde der wunderbare Bellini erfunden und zwar von einem Cipriani, dass dies aber quasi der Landsitz war, wusste ich nicht, erklärte aber, warum sich Queen Elizabeth, Tom Cruise samt Frau, aber auch Greta Garbo und Ingrid Bergmann hierher verirrten. Der Besuch Ernest Hemingways zog etliche andere Berümtheiten dorthin, mehr davon Berümtheiten kann man hier nachlesen. Jetzt versteh ich, nicht die Kirchen, das Futter zog an.
Nun mir war das egal, ich ging den Laubengang hinüber und plötzlich sah ich alle wieder, die mit mir im Vaporetto waren, selbst der eine schweigsame Alte, der abseits saß, gehörte dazu: “Due minuti”. Ja,ja ich hatte Zeit und keine Eile. Schon riefen sie mich in den Kartenshop und ich suchte mir nichts ahnend ein paar Kärtchen aus, den blauhäutigen Luzifer mit dem Antichrist legte ich dann doch wieder zurück, den wollte ich niemandem schicken. Ich kaufte die Karte, ging hinaus, der nächste riss sie ab, fragte mich, ob ich Italienerin sei (welch schmeichelhaftes Statement, doch zugegebener Maßen, während im Sommer sich Touristen durch geschmacklose Einheitskleidung bemerkbar machen, verschwinden diese Unterschiede im Winter.) Ein Schwall an Worten ergoß sich über mich (was so eine Bemerkung “un po” bezüglich meiner Italienisch-Kenntnisse auslöst!), mein Blick verritt alles, “With the Biglietto you can go to Museo in Venezia” und legte dann Plan bei. Wie immer fragte ich mich, was die vielen Worte vorher wohl alles bedeutet haben mögen. Die 5€ für den Eintritt erschienen mir etwas viel, aber ich wollte doch hierher, also musste ich auch hinein.
Ich war nicht darauf gefasst, dass mich diese Kirche so berührt. Alte Kapellen in Südtirol, die ungefähr so alt waren wie diese Basilika Santa Maria Assunta, fand ich immer schon wunderschön. Die Klarheit der Bildersprache war mir immer näher, als die späteren ‑man möge mir verzeihen- überfrachteten Kirchen. Ich betrat nun diese Basilika.
Noch nie hat mich eine Kirche zum Weinen gebracht, diese tat es. Ich war froh, die ganze Basilika alleine für mich zu haben, und ließ die Tränen fließen. Ich weiss nicht, was mich so besonders berührte. Es war eine ungeheure Geborgenheit, die diese Kirche für mich ausstrahlte. Es war nicht der Wind, der den Regen an die Basilika schlagen ließ. Es war auch nicht die riesige Muttergottes mit dem goldenen Hintergrund, wo immer wieder Sternlein aufblitzten, auch nicht die große Abbildung des jüngsten Gerichts und der Erschaffung der Welt auf der gegenüberliegenden Seite. Ich weiss es auch jetzt nicht und bin wieder einmal froh, nicht alles zu wissen. Und glücklich von mir selbst überrascht worden zu sein. Nie hätte ich gedacht, dass mich eine Kirche zu Tränen rührt.
Als ich die Kirche verließ, kam die erste Gruppe. Der sanfte Regen von vorher, war inzwischen ungemütlicher geworden. Noch dazu hatte ich es aufgegen noch einen Regenschirm in 5 Minuten zu ruinieren, also ging ich zügig die 10 Minuten zur Stazione.
p.s. Diese Basilika machte mich glücklich und mich kümmerte es nicht mehr, dass der Regen meine Kamera mehr oder weniger eingepackt ließ.