Vom Winde verweht

Jules und ich lan­de­ten also am Rande der Leis­er Bergen. Geplant hat­te ich das nicht. Ich wollte schauen, wo mich Jules hin­führt. Ich selb­st hat­te schon total vergessen, dass es diese Berge gibt und als Tirol­er hätte ich diese Hügelkette auch nicht wirk­lich Berge genan­nt. 491 Meter ist die höch­ste Erhe­bung, Inns­bruck, wo ich aufgewach­sen bin, liegt 83 Meter höher. Und von Laden­dorf hat­te ich erst recht noch nichts gehört.

Leiser Berge

Wie viele andere Dör­fer hier schmiegt es sich in den Tal­grund, denn 200 Meter weit­er oben bläst oft ein heftiger Wind. Als ich die kleine Straße abbog, dem Hin­weiss­child fol­gend, dass dort ein Park­platz sei, wun­derte ich mich zwar, dachte aber, nie­mand wäre bei diesem Sturm dort oben. Doch alle Plätze waren beset­zt. Also stellte ich mich nebe­nan unter ein riesige Betonkreuz, das ich schon von weit­em gese­hen hatte.

_mg_0926-cr2-001Als dann die ersten bei­den Musikan­ten kamen, fragte ich mich, was an einem Fre­ita­gnach­mit­tag bei diesem Wet­ter so wichtig wäre, dass man sich diesem Wet­ter so aus­set­zt. Der Pfar­rer grüßte mich als Einziger fre­undlich, die dunkel gek­lei­de­ten, ern­sten Men­schen sahen mich nicht und unter­hiel­ten sich, alle sehr würde­voll und gedämpft, während ich sie vom Auto aus beobachtete und mich fragte, was sie hier tat­en. Denn der Wind blies ungemütlich und kalt, es war nicht ger­ade der ide­ale Moment, um auf ein­er Hügel­spitze rumzustehen.

Bald waren alle weg und ich suchte ein besseres Plätzchen für Jules, denn der Park­platz war nun leer, ich zog mir die Mütze tief in die Stirn und schloß den Reisver­schluss und wick­elte die Jacke eng um mich, stieg aus und plöt­zlich ergab alles einen Sinn.
Es ist ein Plätzchen, wo Men­schen ihre Asche der Erde wiedergeben kön­nen. Auf einem Schild stand, dass hier ein Urnen­fried­hof war. Sie waren zu einem Begräb­nis gekom­men. Die Aschen von Ver­stor­be­nen in ver­rot­tbaren Urnen wur­den hier ver­graben mit freiem Blick auf Son­nenauf- und Unter­gang. Wie hier in der Gegend vor 3000 Jahren Bronzeur­nen ver­graben wur­den, nur dass von diesen Urnen nichts mehr übrig bleiben wird. Archäolo­gen wer­den hier nichts anderes find­en als Über­reste dieses Riesenkreuzes.

_mg_0930-cr2Selt­sam fühlt sich dieser Platz an. Ich zwei­fle nicht, dass die Toten hier Frieden find­en, auch zwei­fle ich nicht, dass die Art und Weise beruhi­gend ist. Selt­sam ist, dass die Wiese so nackt am ober­sten Punkt liegt, keine schützen­den Bäume oder Büsche, die Stelle so aus­ge­set­zt, dass einzelne Pflanzen, die geset­zt wur­den, inzwis­chen ver­dor­rt sind. Der Gewalt des Wet­ters zu heftig aus­ge­set­zt, ist der Ort. Vielle­icht war aber auch nur das Wet­ter nicht das Richtige. Das Foto erscheint selt­sam, aber es gab tat­säch­lich nicht viel mehr zu sehen. Das ist der Weg, der neben dem Fried­hof vor­bei führt.

Den einzi­gen Wider­stand bildet das Frieden­skreuz, wie sie zu dem Beton­mon­u­ment sagen. Es ste­ht so fest, dass der Sturm verge­blich an ihm rüttelt.

_mg_0931-cr2-001Auf den Hügeln am Hor­i­zont sah ich zwei Gebäude, die wie ein Obser­va­to­ri­um ausse­hen, aber ich erin­nerte mich daran, dass sie vielle­icht nicht so roman­tis­che Hin­ter­gründe haben kön­nten. Ich begann zu recher­chieren: Luftraumüberwachung, die mil­itärische und zivile wird in diesen zwei überdi­men­sion­alen Golf­bällen betrieben. Von der Gold­haube war in mein­er Jugend oft die Rede, heute hört man nur mehr bei drama­tis­chen Aus­fällen von Radarsta­tio­nen von der Luftraumüberwachung. Von der Gold­haube wer­den junge Men­schen wahrschein­lich noch nie gehört haben. Auf dem Bild sieht man in weit­er Ferne, einen der bei­den Türme.

Doch Laden­dorf berührt mich auch, denn neben dem Kreuz ist auf der einen Seite nicht nur der Urnen­fried­hof, son­dern auf der anderen noch eine Wiese mit ein­er kleinen Schre­ber­garten­hütte, wie mein Vater eine hat­te. Es ist der Grillplatz mit einem Unter­schlupf im Trock­e­nen, der allen zur Ver­fü­gung ste­ht. Anmelden müsste man es nur und bei einem Wet­ter wie heute, darf kein Feuer gemacht wer­den. Dass dort gefeiert wird, sehe ich an den Über­resten im Abfall­eimer: voll bis oben hin mit Dosen.

_mg_0940Mein Traum vom witzverzäh­lende Apos­tel wurde sicher­lich lebendig wegen der Kun­stin­stal­la­tio­nen, wo neben Auszü­gen des Evan­geli­ums auch Gedichte, die zur Land­schaft passten, standen. Es sind Tafeln von Heinz Cibul­ka, die am Med­i­ta­tion­sweg, der zum Frieden­skreuz, dem höch­sten Punkt von Laden­dorf, führt, aufgestellt sind.

Ob in der Nacht tat­säch­lich jemand an der Tür rüt­telte, oder nur ein noch heftiger Wind­stoß das Auto beutelte, kann ich nicht sagen, ich bin aufgewacht, aber ich war nicht beun­ruhigt und bin gle­ich wieder eingeschlafen. Der Sturm begleit­ete uns die ganze Nacht und immer wieder ver­suchte er heftig, mich zu erschüt­tern. Er war am Mor­gen noch immer so wütend, dass der Mann, der seinen Hund aus­führte, seine Kapuze ganz tief ins Gesicht gezo­gen hat­te, um unbe­merkt den Weg ent­lang gehen zu kön­nen, und deshalb auch mich kaum eines Blick­es würdigte. Die Sonne kam zöger­lich hin­ter Wolken zum Vorschein.

Nach meinem ersten Kaf­fee, den ich in Jules kochte, war ich in 10 Minuten in Asparn an der Zaya.

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Pilgerzentrum Hemmaberg

Ehrlich gesagt, habe ich noch nie so viele Kirchen auf so kleinem Raum gese­hen. 5 Fun­da­mente von Kirchen. Die erste ent­stand zur Zeit der ersten Höhen­sied­lung um 400 n.Chr. und um 500/510 die bei­den Dop­pelkirchen. Die Sied­lungsan­lage der ersten Bewohn­er kon­nte durch die Befes­ti­gungsan­lage und den Gräbern, die der Straße ent­lang gefun­den wur­den, nachgewiesen werden.

Was ich bis jet­zt noch nicht erwäh­nt habe, sind die Pil­ger­häuser, die rund um diese Anlage gebaut wur­den. Mit Speis­er­aum, der mit ein­er Fuß­bo­den­heizung aus­ges­tat­tet war und einem Schlaflager.

Die Pil­ger­häuser kon­nten sich nur Reiche leis­ten, ein­fache Leute schliefen draussen und wenn ich mich recht entsinne, kon­nte auch der Narthex, dieser Vor­raum zu den Kirchen in der Not dazu ver­wen­det wer­den. Aber eigentlich komme ich hier ins Reich der Speku­la­tion, wir kön­nen es nicht wissen.

Beim gren­züber­schre­i­t­en­den Geop­ark Karawanken wird der Hem­ma­berg mitein­be­zo­gen wer­den und Geld für die Über­dachung eines Pil­ger­haus — einem Stein­haus aus dem 5. Jahrhun­dert ste­ht zur Ver­fü­gung. Die Vorar­beit­en kon­nte ich sehen. Zur Zeit liegt es sehr ver­weist und unansehn­lich am tief­sten Punkt der Aus­grabun­gen. Es besitzt einen Grun­driss von 244 m². Eine Herd­stelle, ein Arbeit­sraum mit Hand­müh­le sowie ein beheizter Speis­esaal kon­nte man rekon­stru­ieren.  In der Kleinen Zeitung kon­nte ich lesen, dass das spä­tan­tike Gäste­haus mit ein­er Lärchen­holzverklei­dung, in die große Schaufen­ster einge­baut wer­den, verse­hen wird. Derzeit ist es noch eine Baustelle. Schautafeln fehlen, die Wege sollen aus­ge­baut werden.

Die Quelle selb­st wurde bere­its  saniert. Derzeit habe ich die Arbeit­er beim Weg zur Ros­alien­quelle gese­hen. Sie grüßten fre­undlich, macht­en ger­ade Pause und ein Teil von ihnen hat­te sich Wass­er der Quelle abge­füllt und zum Mit­nehmen herg­erichtet. Der Weg erhält neue Stufen und ein Gelän­der aus ein­er Holz- und Stahlkon­struk­tio­nen. Ich bin da noch über die Pro­vi­sorien gestiegen.

Neben den vie­len christlichen Kirchen finde ich inter­es­sant, dass es nach wie vor ein Quell- und Baumheilig­tum gibt. Die Ros­alien­quelle, die bei dieser aufre­gen­den Grotte entspringt und die tausend­jährige Linde sind bei­des spir­ituelle Sym­bole, die bei Kel­ten, Römern, den Ger­ma­nen (sprich: Ost­goten) und schließlich auch bei den Slawen nachgewiesen sind. Ich habe nur ober­fläch­lich hineingeschnup­pert, doch wenn ich es recht ver­standen habe, waren Linde und eine Quelle unter anderem Sym­bole Wahrheit ans Licht zu brin­gen, Gnade wal­ten zu lassen, Recht zu sprechen. Diese Linde ist 1000 Jahre alt, hat also, lange nach­dem die Pil­ger­stätte geschlossen wurde, zu wach­sen begonnen. Wer weiß, vielle­icht stand vorher auch eine dort und sie ist die Tochter ein­er früheren.

Heute ste­ht die Linde unter Naturschutz, Men­schen wun­dern sich, dass kein Blitz eingeschla­gen hat, find­en sie gewaltig und weniger schön. Es ste­ht eine Bank davor, die zum Ras­ten ein­lädt. Ob sie als spir­ituelle Kraft genutzt wird, weiß ich nicht. Aber ich kon­nte nicht anders und umkreiste sie dreimal, ohne zu wis­sen, wie alt dieser Baum ist.

Bei der Quelle wurde 1689 die Ros­alien-Kapelle von 23 Priester eingewei­ht. Wenn die Pest die Region ver­schont, so wurde geschworen, dann würde sie errichtet wer­den. Über tausend Men­schen sollen dem beige­wohnt haben. Ich frage mich, wo die über­all waren, denn es geht rel­a­tiv steil den Hügel hinab. Viel gese­hen kon­nten sie auf jeden Fall nicht haben. Ober­halb, da wo das Licht ein­fällt, ist ein kleines flacheres Gebi­et. Der ganze Berg muss unglaublich voll von Men­schen gewe­sen sein.

Dem Inter­net sei Dank, dass meine Ver­wirrung gän­zlich ist, denn plöt­zlich hat die Wall­fahrt­skirche einen Namen bekom­men und zwar St.Anna. Warum das selt­sam ist, weil die Bergkirche der Hl. Hem­ma und Hl. Dorothea gewei­ht sein soll, und zwis­chen 1498 und 1519 erbaut wurde. Dann glaube ich mal der Katholis­chen Kirche Kärn­tens, die nichts von der St.Anna weiß, dafür Hem­ma und Dorothea ken­nt und auch weiß, dass die Linde 1000 Jahre alt ist.

Man möge mir meine Aus­druck­sweise verzei­hen, beim Bau hat ziem­lich prag­ma­tis­che Herum­liegen­des inte­gri­ert. So dient ein römis­ches Ges­imsstück als Schwelle über die man die Kirche betritt. In der Kirche find­et ist auch der Wei­heal­tar, auf dem die keltische Got­theit Ioue­nat erwäh­nt wird, und als Name des Tales, Jaun­tal, bis heute erhal­ten ist.

Erst jet­zt im Nach­hinein habe ich all die alten Steine auf dem Bild ent­deckt. Vorne beim Altar wur­den die Altarsteine aus der katholis­chen Dop­pelkirche ver­wen­det. Unter dem Pult für die Lesung, bei der Lesung selb­st ste­ht man auf einem alten Stein. Schade, dass ich das nicht früher gewusst habe.

2004 wurde der Volk­saltar von Boris und Alek­sander Čipan gestal­tet. Sie ver­wen­de­ten dabei Teile aus der spä­tan­tiken nördlichen Kirche der west­lichen Dop­pelan­lage: Stein­plat­ten mit ein­graviertem Kreuz, die Steinkiste und eine Rekon­struk­tion des Reliquien­schreins, in dem die Gebeine der Heili­gen beige­set­zt sind.

Vor weni­gen Tagen hörte ich im Radio, dass Franz Stephan von Lothrin­gen, Gemahl von Maria There­sia und Kaiser des Hl. Römis­chen Reich­es Deutsch­er Nation (was für ein Titel), anord­nen ließ, allfäl­lig gefun­dene römis­che Grab­steine in die Kirchen ein­mauern zu lassen. So sind auch viele antike Steine in den Kirchen Öster­re­ichs zu find­en. Es war ein Neben­satz in ein­er Radiosendung und ich finde nun keinen Hin­weis im Inter­net, ob es tat­säch­lich so war oder nicht. Ich dachte mir nur, wie inter­es­sant, merk’ dir das und lies’ es später nach.  Naja, gut gedacht und doch zu wenig.

Jet­zt noch ein paar Bilder zum Stern­rip­pengewölbe mit den Aposteln.

Die Kirche kann erst vor kurz­er Zeit ren­oviert wor­den sein, es ist so sorgfältig und dezent vorge­gan­gen wor­den. Der Hochal­tar wurde 1993 restauriert.

Wohin diese Treppe führt, weiss ich nicht, zur Sakris­tei geht es auf jeden Fall unten hinein. Vielle­icht ist es der Zugang zum Turm und zur Glocke.

Die 5 orangen Punk­te am Boden finde ich ziem­lich cool, doch ich habe nicht die ger­ing­ste Ahnung für was sie ste­hen. 1555 hat Petrus Can­i­sius in seinem Kat­e­chis­mus 5 Kirchenge­bote beschrieben. Ich wäre froh, wenn die 10 Gebote einge­hal­ten wer­den wür­den, doch es kom­men nur neue hinzu. Da lobe ich mir die Noachidis­chen Gebote, von denen ich erst­mals bei Erich Fromm gele­sen habe. Das sind 7 Gebote (hier der englis­che Link, auf der es ein­fach­er beschrieben ist), die für die gesamte Men­schheit gel­ten und die jedem, sei er Jude oder nicht, die Möglichkeit erschließt, in die Welt, die kom­men wird, einzuge­hen. Juden haben noch einige Regeln mehr, so ste­hen 613 weit­ere (neben den 10 Geboten) in der Torah, aber prinzip­iell reicht es, die weni­gen einzuhal­ten, um ins Him­mel­re­ich zu kom­men. Die Katho­liken haben keinen solchen Kom­pro­miß, Schade.

Weit­ers habe ich her­aus­ge­fun­den, dass Orange keine Kirchen­farbe ist. Also entwed­er wollte man sparen und hat Orange statt Rot ver­wen­det oder irgendwelche Bud­dhis­ten oder Hin­dus sind vor langer Zeit ein­mal auf diesem Berg vor­beigekom­men, denn bei ihnen ist orange eine heilige Farbe: für den selb­st­losen Dienst, das Mönch­tum und die Absti­nenz oder Entsa­gung. Bei der Chakren wird die Farbe Orange, dem 2., dem Sakral oder Sex­u­alchakra, zuge­ord­net. Tja,…  Oder vielle­icht kamen Iren vor­bei, denn bei ihnen ist orange die Farbe des irischen Protes­tantismus, was zur Mulitre­ligiösität dieses Platzes passen würde, der Hem­ma­berg — ein überkon­fes­sioneller spir­itueller Ort.

Und für das let­zte Rät­sel am Hem­ma­berg werde ich meine Kun­sthis­torik­er befra­gen, denn ich ver­ste­he nicht, warum die Apos­tel oder hier die Heilige Fam­i­lie mit den Hl. drei Köni­gen Schwarze sind. Gefun­den habe ich nichts dazu und ich mag ehrlich gesagt auch nicht mehr suchen.

Abschließend möchte ich noch auf den Hemmapil­ger­weg hin­weisen und auf einen Medi­a­tion­sp­fad “ad fontes”, der bei den Aus­grabun­gen der katholis­chen Dop­pelkirchenan­lage begin­nt und bei der Ros­alien­quelle endet. Globas­nitz oder slowenisch Globas­ni­ca unter­hält noch ein archäol­o­gis­che Muse­um, und das macht es wert, dass ich nochmals dor­thin fahre. Der Geop­ark Karawanken  befind­et sich im Auf­bau. Geop­arks gibt es noch nicht sehr lange und ich bin schon ges­pan­nt, wie mein Besuch dort sein wird.

Doch mir waren es erst­mal Ein­drücke genug. Ich habe sehr viel nachge­le­sen, weil ich mich über vieles wun­derte. Ich habe so viel Neues erfahren und gel­ernt, und seit langem wieder hat­te ich das Gefühl, dass mein Gehirn mit lauter neuen Gästen  eine Par­ty feiert.

ps. vielle­icht sollte ich noch erwäh­nen, dass ger­ade Mal 3 Stun­den am Hem­ma­berg war.

Landschaftsschutzgebiet Hemmaberg

Nach­dem ich die Aus­sicht am Hem­ma­berg genossen hat­te, mir die vie­len Laub­bäu­men (und App sei Dank zum ersten Mal einen Fel­da­horn bes­tim­men kon­nte) neben Linde und Edelka­s­tanie aufge­fall­en waren, sah ich auch die Baum­stümpfe auf dem Weg zu Wall­fahrt­skirche. Darüber wun­derte ich mich zwar, dachte aber, dass es ein Ver­such war, sich dem ursprünglichen Ausse­hen zu nähern.

Als ich dann lesen kon­nte, dass es sich hier um ein Land­schaftss­chutzge­bi­et war, dachte ich, das wäre die Erk­lärung, um nur kurze Zeit später festzustellen, dass
auf Grund eines Borkenkäfer­be­falls 2009 die Ficht­en geschlägert wurde. So schnell gebe ich nicht auf, was ist denn nun eigentlich ein Landschaftsschutzgebiet?

Es ist kein Naturschutzge­bi­et, lese ich in Wikipedia, und  zielt mehr auf das all­ge­meine Erschei­n­ungs­bild. Sie kön­nen auch ein­fach nur für Touris­mus und Erhol­ung zu erhal­ten sein. Land­schaftss­chutzge­bi­ete entsprechen einem Schutzge­bi­et der Kat­e­gorie V der Inter­na­tion­al Union for Con­ser­va­tion of Nature and Nat­ur­al Resources.

Wieder nichts mit einem Laub­wald, der Laub­wald ist, weil er ohne Men­schen so wach­sen würde. Aber ich habe ihn genossen.

Aber ich habe die Blu­men genossen und die her­an­reifend­en Holunderbeeren.

Katholiken und Arianer am Hemmaberg

Um 400 n.Chr. wurde eine erste Höhen­sied­lung am Hem­ma­berg neben der römis­chen Post­sta­tion Iuen­na am Fuße (beim heuti­gen Globas­nitz) errichtet. Es waren unruhige Zeit­en und im Tale wurde es ungemütlich. Man zog sich lieber in die Berge zurück, um bess­er auf Feinde vor­bere­it­et zu sein. Funde von Münzen und spezieller Töpfer­ware erlauben eine Datierung dieser Siedlung.
_MG_5953Wie immer lese ich nicht vor, son­dern meist im Nach­hinein. Das hat mit meinem Wun­sch über­rascht zu wer­den zu tun. Also lass ich dich teil­haben an meinen uner­warteten Erkenntnissen.

Ich bin also nicht der Straße ent­lang hin­auf gegan­gen und so habe ich erst im Nach­hinein erfahren, dass es sich um die min­destens 2000 Jahre alte Straße han­delt. An dieser Straße wur­den bis jet­zt 125 Gräber gefun­den und zwar aus dem 5. und 6. Jahrhun­dert. Auch ein Hin­weis für die Funk­tion des Hem­ma­berges als Pil­gerzen­trum. Doch die ersten Über­reste, die ich sah, waren die eines Wohnhauses._MG_5954

Auf dem näch­sten Plateau war die erste Kirchenan­lage — nur wußte ich nicht, dass es die erste Dop­pelkirchenan­lage von zweien war.

Es war nicht nur die erste, es war auch die unter­ste Kirchenan­lage, die auf einem der aufgeschüt­teten Plateaus errichtet wur­den. Es wur­den Ton­nen von Erdre­ich aufgeschüt­tet, um diese Kirchen zu errichten.
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Das Podest ist der eigentliche Altar­raum, der zu jen­er Zeit noch ver­hüllt war bzw. ein eigen­er Raum war. Ich habe das zum in ein­er alten Kirche in Venedig, der Basi­li­ka San­ta Maria Assun­ta zum ersten Mal bewusst wahrgenom­men. Ach und schon wieder stoße ich auf mir völ­lig fremde Begriffe: Let­tner soll das heißen. Also das Mys­teri­um wird verhüllt.

Hier saßen also Priester, Diakone und Sub­di­akone wer­den der Messe. Sub­di­akone gibt es heute nicht mehr, es war die erste Wei­he, die ein Mann auf dem Weg zum Priester erhielt. Seit dem 3. Jahrhun­dert gab es sie und wurde fast 1700 Jahre später, 1972 unter Paul VI., wieder abgeschafft.
_MG_5956Auf dem Foto vorne sieht man einen markan­ten Stein, darunter befan­den sich die Mär­tyr­er-Reliquien, die sich anscheinend damals in allen Kirchen befan­den. Eben­so wie die Kapellen für die Kirchen­s­tifter, die sich auf Grund der Nähe zu den Reliquien einen schnelleren Zugang zum Him­mel­re­ich erhofften.

Ich set­zte mich auf die Klerusbank.

Schon let­ztes Jahr fiel mir auf, wie laut es über­all ist, wo Men­schen sind. Ich hörte sie reden, noch lange bevor ich die ersten sah. Ich musste aber auch über die Flugzeuge nach­denken, deren Rauschen ständig über mir schwebte. Als Kind war es noch etwas beson­deres, wenn ich im Gras liegend einem Kon­densstreifen nach­sah. Der Streifen war etwas aufre­gen­des und das eige­nar­tige ent­fer­nte Don­nern auch.

Jet­zt war ich auf 814 Meter Höhe und rund um mich, war immer noch von Men­schen erzeugter Lärm. Wenn ich ein­mal nie­man­den reden hörte, dann dröh­n­ten die Flugzeug­mo­toren über mir. Es macht mich trau­rig, dass mir erst let­ztes Jahr auffiel, wie zer­schnit­ten der Him­mel heutzu­tage aussieht. So wie es früher etwas beson­deres war, ein Kon­densstreifen eines Flugzeuges zu sehen, so ist es heute etwas beson­deres einen blauen Him­mel zu sehen, den kein Wölkchen trübt.
_MG_5959Stille klingt anders.

Neben dieser Kirche ist eine zweite mit einem Tauf­beck­en. Als Taufkirche über­raschte mich nur, dass Stufen in ein viereck­iges Tauf­beck­en führte. Es waren also Erwach­sene, die getauft wur­den, die ganz in das Wass­er getaucht wur­den. Dieses Beck­en wird Pisci­na genannt.

Neu war für mich auch der Begriff des Narthex. Das ist ein Vor­raum, den jede der Kirchen enthielt. Dort kon­nten sich Unge­taufte aufhal­ten und den Zer­e­monien beiwohnen.

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Doch diese Dop­pelkirche ist nicht die einzige Dop­pelkirche am Hem­ma­berg. Doch warum 2x2 Kirchen? Naja, das mit den ver­schiede­nen Auf­gaben der Dop­pelkirche kann ich ja noch ver­ste­hen, aber warum noch eine? Genau­so wie die erste nach Osten aus­gerichtet, kon­nte ich dann lesen, dass es sich um eine Ari­an­is­che und eine Katholis­che han­delte. Und der erste Kom­plex, den ich ange­se­hen hat­te, war jen­er der Arianer.

Ari­an­is­mus hat­te ich ja schon mal gehört, aber ich wußte abso­lut nichts mehr damit anz­u­fan­gen. Im Römer­mu­se­um Teur­nia fragte ich dann nach. Die Ost­goten, die zur Zeit Theoderichs des Großen diese Region (und auch Ital­ien) mil­itärisch kon­trol­lierten, waren Ari­an­er. Von 493 bis 536 n.Chr. gehörte Kärn­ten bzw. das dama­lige Noricum zum Ostgotenreich.

Im Gegen­satz zu den Katholis­chen Chris­ten glaubten sie nicht an die Trinität: Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist. Weit­ers erfol­gte ihr Gottes­di­enst in ihrer Mut­ter­sprache. Durch ihren Glauben beistzen wir  das älteste Doku­ment ein­er ger­man­is­chen Sprache: die Wul­fi­la-Bibel. Von der ich als Bib­lio­thekarin selb­stver­ständlich schon gehört hat­te, es ist ein 1700 Jahre altes Zeug­nis, nur dass ich nie gehört habe, dass es vielle­icht die Bibel der Ari­an­er war.
_MG_5972Erst die Bibel, mit der Karl der Große um 800 Alkuin beauf­tragte, wurde eine Über­set­zung wichtiger bis zu jen­er, die Mar­tin Luther im 16. Jahrhun­dert anfertigte.

Die Ost­goten mussten ziem­lich tol­er­ant sein, denn die katholis­che Kirche liegt dur­chaus promi­nen­ter und es musste sicher­lich weniger aufgeschüt­tet wer­den,  wie bei der Ari­an­is­chen. Doch bei­de Kirchenkom­plexe haben Mosaike mit ähn­lichen Motiv­en und man schließt daraus, dass bei­de etwa zur gle­ichen Zeit errichtet wurden.

Das Tauf­beck­en der katholis­chen Kirche hat­te ein eigenes Bap­tis­teri­um, das vom Narthex (diesem Vor­raum für Ungläu­bige) betreten wer­den konnte.
Hemmaberg - Kirchen1Das Tauf­beck­en wurde nochmals durch ein hölz­er­nen Bal­dachin geschützt. Die Ein­fas­sung durch Mar­mor gibt diesem Tauf­beck­en ein ger­adezu mod­ernes Ausse­hen, finde ich.  Das Bap­tis­teri­um selb­st ist achteck­ig, wie viele andere auch. Die Acht galt im Chris­ten­tum als Zahl des glück­lichen Anfangs, der Neuge­burt, des Neube­ginns, der geisti­gen Wiederge­burt. Mit dieser Bedeu­tung ist klar, dass es auch für Taufe und Aufer­ste­hung ste­ht. Sie ist ein Sym­bol des Neuen Bun­des mit Gott und Sym­bol des Glücks.

Bei­de Kirchen waren mit kun­stvollen Mosaiken aus­ges­tat­tet und konnten
_MG_5983gebor­gen wer­den. Sie befind­en sich im Archäol­o­gis­chen Muse­um in Globas­nitz, für das mir aber die Zeit fehlte.

Die älteste der Kirchen wurde am Beginn des 4. Jahrhun­derts errichtet. Durch ihre exponierte Lage, höher als die bei­den Dop­pelkirchen, dürfte Grund für ihre schlechte Erhal­tung sein. Auch bei ihr fand ich die Kleriker­bank und den Punkt, wo sich die Mär­tyr­er-Reliquien befanden.

Doch bere­its in der 2. Hälfte des 6. Jahrhun­derts, das bedeutet, kaum nach der Fer­tig­stel­lung der Dop­pelkirchen, wur­den sie bere­its pro­fan genutzt und am Ende des 6. Jahrhun­derts bran­nte es am Hem­ma­berg und diese Brand­zone zieht sich über den gesamten Kirchenan­lage.  Im all­ge­meinen wird angenom­men, dass es die Zer­störung durch die Slawen passierte. Doch an einem der Orte, die ich besuchte (es kam noch der Mag­dalens­berg und Teur­nia hinzu) las ich die Ver­mu­tung, dass es auch ein Erd­beben gewe­sen sein kön­nte. Denn anscheinend wur­den viele solch­er Brand­zo­nen in dieser Zeit ent­deckt. Es kommt mir nicht ganz aus der Luft gegrif­f­en vor. Schließlich ist das ital­ienis­che Kanal­tal in der Nähe und das ist ein bekan­ntes Erd­bebenge­bi­et. Die afrikanis­che Kon­ti­nen­talplat­te, die sich quer durch Ital­ien hin­aufzieht, macht einen Bogen über den Balkan hin­unter nach Istanbul.
Mit der Wall­fahrt­skirche, die auf diesem Bild her­vor­blitzt, geht es dann weiter.
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Die Linde am Hemmaberg und die Menschen, die hier lebten

_MG_6002 Als ich am Hem­ma­berg die Aus­grabun­gen besichtigt hat­te, fiel mein Blick auf eine riesige Linde. Bäume sind für mich sehr ver­traute und doch sehr selt­same Wesen. Denn selb­st die größten — und ich habe sehr große Bäume in Aus­tralien und Nor­dameri­ka gese­hen — geben mir einen heimeli­gen ver­traut­en, ger­ade zu famil­iäres Gefühl.

Und so stand ich unter dieser Linde und sagte zum Mann neben mir: “Ist sie nicht wun­der­schön?” Und er meinte nur: “Naja, gewaltig”. Wie selt­sam. Ich sage doch auch nicht zu einem alten Men­schen gewaltig, son­dern auch wun­der­schön. Ich mag es, die Reife, die Erfahrung, die Spuren des Lebens zu sehen.

Wieder mal bin ich vor einem Baum ges­tanden, also ob ich  noch nie einen gese­hen hätte. Aber ich glaube, es war tat­säch­lich meine erste sehr alte Linde und der erste so alte Baum hier in Europa, den ich berührte.
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Die Linde galt immer schon als ein beson­der­er Baum.

Die Ger­ma­nen sahen in der Linde Göt­tin Freya, die Göt­tin der Liebe und der Ehe (Her­rin der Erde) bzw. Frig­ga (Mut­tergöt­tin und Patron­in von Geburt und Frucht­barkeit). Knapp nach 500 n.Chr.  kamen die Ost­goten  — also Ger­ma­nen — hier­her. Sie waren ari­an­is­che Chris­ten — doch dazu später. Ihr Gräber­feld liegt am Fuße des Berges.

In dieser Tra­di­tion — näm­lich der weib­lichen Got­theit­en bzw. Heili­gen find­en sich Lin­den vor Klöstern und Wall­fahrt­sorten, da die früher hei­d­nis­chen Heiligtümer nun Maria, der Mut­ter Gottes, gewid­met wurden.

Die Linde gilt auch als Ammen­berg, der die Eichen um sie herum schützen soll._MG_5991

Doch vor den Ost­goten kamen die Kel­ten. Um ca. 300 v.Chr. ließen sich Kel­ten am Fuße des Hem­ma­bergs nieder. Die Ortschaft wurde nach der keltischen Got­theit Ioue­nat benan­nt, von der nun das ganze Tal seinen Namen bekam: der Name des Jaun­tales hat einen keltischen Ursprung. Als römis­che Sta­tion wurde das heutige Globas­nitz Iuen­na. Das Heilig­tum der Kel­ten lag wahrschein­lich eben­falls am Hem­ma­berg, der bis in das 17. Jahrhun­dert auch Jaun­berg genan­nt wurde.
_MG_5993Das weiche, helle Holz der Linde bietet sich her­vor­ra­gend für Schnitzereien an. Wer selb­st ein­mal geschnitzt hat, weiß es zu schätzen, wenn es  nicht gar so schw­er geht. Der Bast der Linde ist sehr zäh und kann deshalb sehr gut zum Flecht­en ver­wen­det wer­den. Die Blüten der Linde — im Schat­ten getrock­net, wie viele andere Tees auch — ist ein altes Heilmit­tel gegen Hus­ten, Ver­schleimungen. Seine entzün­dung­shem­menden Stoffe helfen bei Erkäl­tun­gen und Entzün­dun­gen jed­er Art und schießlich soll er auch beruhi­gend wirken. Wem das egal ist, der erfreut sich ein­fach am Lindenblütenhonig.

Die Kel­ten glaubten, dass unter Lin­den das Licht der reinen Wahrheit an den Tag kommt. Das gle­iche galt für Quellen und so ist es nur schlüs­sig, dass die Ros­alien­quelle und diese tausend­jährige Linde am Hem­ma­berg ste­hen. Denn auch die Quellen sollen dich rein­waschen. Doch nicht nur für Kel­ten war die Linde ein Ort, wo Recht gesprochen wurde._MG_5992

Das Thing, das Volks­gericht der Ger­ma­nen, fand unter Lin­den statt. Nicht nur das jed­er dort die Wahrheit sprechen würde, auch Gnade fand man unter ein­er Linde. Die Linde macht empfind­sam und nicht ohne Grund war es ein Lin­den­blatt, dass die Stelle am Kör­p­er Siegfrieds in der Nibelun­gen­sage bedeck­te, wo er ver­let­zlich blieb und schließlich getötet wurde.

Wer nun glaubt, dass damit alles über Lin­den am Hem­ma­berg gesagt ist, täuscht sich. Denn um 590 n. Chr. kamen Slawen aus dem Süden und grün­de­ten das slaw­is­che Fürsten­tum Karan­tanien. Was wäre Kärn­ten ohne Slowe­nen? Das Land hätte nicht mal einen eige­nen Namen. Auch für die Slawen und andere Völk­er des Balka­ns, das bedeutet auch für die Griechen, war die Linde ein wichtiger heiliger Baum.

Die Linde soll helfen Ruhe und Frieden zu find­en, sie klärt die Sit­u­a­tion und trägt zur Har­mon­isierung bei. Ich bin gerne bei Bäu­men und ich weiß nicht, ob ich es bin, die ruhig wird, oder ob die Ruhe des Baumes mich erfaßt.

Zur Zeit find­en Aus­grabun­gen um die Wahlfahrt­skirche, die der Hl. Hem­ma von Gurk, der Lan­despa­tron­in Kärn­tens und der Hl. Dorothea gewid­met ist, statt. Da dies der markan­teste Platz am Plateau ist, kön­nte ich mir vorstellen, dass die ersten Heiligtümer sich dort befan­den. Die Heili­gen Plätze wur­den früher von ein­er Reli­gion zur näch­sten weit­erg­ere­icht. Wenn ich die Ein­drücke von mein­er Reise Revue passieren lasse, dann sah so viele Kapellen auf markan­ten Punk­ten. Warum soll­ten unsere Vor­fahren ihre Heiligtümer auf weniger wichti­gen Punk­ten errichtet haben?

Und was hat mir die Linde ver­rat­en? Ich umkreiste sie dreimal, bedank­te mich bei ihr, weil sie mir Zwei­glein schenk­te, die ich mit­nehmen durfte. Ich sah wie weit ihre Wurzeln das Land umarmten und dann flüsterte sie mir zu:

Du musst nichts tun. Es ist.”

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Quellheiligtum — Rosalienquelle

Sicher­lich hat­te ich vieles in mein­er Kind­heit gehört, aber hin­ter­fragt hat­te ich nicht immer alles. Ich ver­wen­dete Begriffe oder Beze­ich­nun­gen von Orten, ohne weit­er darüber nachzu­denken. Als Inns­bruck­erin war mir Heilig­wass­er ver­traut, näm­lich als Sta­tion, wenn ich mit der Seil­bahn auf den Haus­berg der Inns­bruck­er, den Patscherkofel, fuhr. Aber noch offen­sichtlich­er geht es wohl nicht: “Heilig-Wass­er”. Es han­delt sich um ein heiliges Quelle, einen heili­gen Platz. Jet­zt fuhr ich an so einen heili­gen Platz in Kärnten.

Mir war schon bewusst, dass es sich um einen sehr alten spir­ituellen Platz han­deln musste. Erst als ich dort ankam und dann ins­ge­samt 5 antike Kirchen bzw. deren Fun­da­mente und ein gotis­ches Kirch­lein vor­fand, begriff ich langsam, um was für eine bedeut­same Pil­ger­stätte es sich han­delt musste.

Der Hem­ma­berg ist ein heiliger Platz.

Für unsere Vor­fahren muss es erstaunlich gewe­sen sein, wenn aus einem Berg unver­mutet Wass­er qua­si uner­schöflich her­vor­springt. Noch viel beein­druck­ender wird es, wenn diese Quelle an einem beein­druck­en­dem Ort wie diesem hier liegt. Viele alte Quell­heiligtümer wur­den seit Jahrtausenden aufge­sucht. Ich habe eine Seite gefun­den, auf der allein in Öster­re­ich 467 Quell­heiligtümer ange­führt werden.

Schon in vorchristlich­er Zeit wurde aus Quellen geweis­sagt. Die Form und der Ver­lauf der Wirbel sollte über das Schick­sal Auskun­ft geben.

Quellen waren schon immer beson­dere Orte. Quellen waren Heiligtümer, deren Wass­er heilte und wo Men­schen Opfer erbracht­en. Ist es nicht schön, die Verbindung zwis­chen heilen und heilig. Ich bin mir ziem­lich sich­er, dass es sich hier um einen gle­ichen Wort­stamm han­delt. Auch im Englis­chen hört man es noch in den Worten heal and holy. 

Quellen sind auch als Gericht­sort, also als ein Ort an dem Gerechtigkeit gesprochen wird, bekan­nt. Nicht nur Augen wur­den damit gewaschen, auch ver­wor­rene Geschicht­en wur­den hier im über­tra­ge­nen Sinn geklärt.

Die Wassergöt­ter soll­ten gnädig ges­timmt wer­den. Funde an diesen Quellen zeu­gen von diesen ural­ten Rit­ualen. Auch heute wer­den Blu­men geopfert, Kerzen angezün­det. Als ich hier an der Ros­alien­quelle war, fand vorher eine Taufe in der Kirche am Berg statt und anschließend, begaben sich alle zusam­men mit dem Pfar­rer zum Quell­heilig­tum. Als ich anschließend die Hl. Ros­alia besuchte, duftete der Platz nach den zahre­ichen Honigk­erzen, die kurze Zeit vorher entzün­det wurden.

Hier liegt die heilige Ros­alia wie ein Schnee­wittchen. Ros­alia war eine Pes­theilige, die angerufen wurde, um die Pest abzuhal­ten. So ist aus diesem alten hei­d­nis­chen, keltischen Quell­heilig­tum ein christlich­es geworden.

Im Jahr 1680 brach die Pest erneut in Kärn­ten aus. Die Pfar­rge­mein­den Ebern­dorf, St. Kanz­ian, Jaun­stein, St. Veit im Jaun­tal, Gal­lizien, Sit­ters­dorf, Eisenkap­pel und Globas­nitz tat­en sich zusam­men und gelobten die Errich­tung ein­er Grot­tenkapelle zu Ehren der Pes­theili­gen Ros­alia, sollte Die Pest diese Orte verschonen.

Die Verbindung zu unseren Urah­nen hat Kon­ti­nu­ität und ist nicht unter­brochen, auch wenn sie an der Ober­fläche verdeckt ist. Auch wenn es die Pest brauchte, um die Quelle mehr zu ehren, denke ich, dass sie in der Bevölkerung nie vergessen war.

Nach einem Brand wurde die Pil­ger­stätte zur Heili­gen Ros­alia neu errichte. Das Plätzchen ist für­wahr ein mys­tis­ches. Es liegt ganz hin­ten in ein­er Höhle.

Und wenn es stimt, sind dort ähn­liche Erd­strahlen wie in Lour­des gemessen wor­den. Ich kenne mich mit der Geo­mantie nicht so recht aus. Trotz­dem erscheint es mir schon schlüs­sig, dass es Unter­schiede auf der Erde gibt, die von dem Platz abhängig sind. Ich muss ein­fach an Vulka­ne denken, wo die Erd­kruste mit Sicher­heit anders ist als an anderen Stellen. So erscheint es mir nicht nur ein­fach Fan­tasie zu sein, wenn bes­timmte Kräfte dort gepen­delt, gefühlt und bemerkt wer­den. Wie diese Kraft wirkt, über­lasse ich jedem einzel­nen. Es sind immer unsere ure­igen­sten Selb­s­theilungskräfte, ohne die uns kein Arzt helfen könnte.

Zur Zeit wird der Weg von der Kirche hin­unter zur Quelle mit Stiegen leichter zugänglich gemacht, es führt ein rel­a­tiv steil­er Pfad hin­unter. Dafür wird man mit einem Blick in ein dun­kles Loch belohnt, was bei mir ein selt­sames Gefühl hin­ter­ließ. Was müssen sich früher Men­schen gedacht haben? Es ist wie eine Verbindung in 2 Welten.

Vom Park­platz aus ist die Quelle für jed­er­mann in weni­gen Minuten erreichbar.

Nichts ahnend und völlig unvorbereitet, fühlte ich mich umarmt

In Kla­gen­furt hat­te ich mich bei lieben Fre­un­den ein­ge­laden und zum Dank gekocht. Avo­cadocreme und Nudeln mit selb­st­gemachter Tomaten­soße mit Speck und Peter­silie, als Nachtisch Pfir­sich­püree mit Topfen­nock­erln (für alle, die ich mal über­raschend frage, ob ich bei ihnen schlafen darf… oder für jene, die sich gerne bekochen lassen).
Wir kamen spät ins Bett und beim Früh­stück ver­tratschte ich mich ebenso.

Doch eigentlich wollte ich mir ja auch ein wenig Öster­re­ich anse­hen. Um mich nicht zu sehr zu verzetteln, beschloß ich nur Aus­grabun­gen anzuse­hen.
Ein fataler Entschluß, den ich sehr leichtsin­nig fasste, denn ich hat­te
a) nicht mit der Anzahl der Aus­grabun­gen und
b) nicht mit mein­er Esels­geduld gerech­net, mit der ich jeden einzel­nen Platz besuchte…

Schließlich schaute ich mir viel weniger, als geplant und ein näch­ster Urlaub wird kom­men, um alles noch ein wenig bess­er zu ver­ste­hen. Alles war neu für mich, beziehungsweise war es sehr, sehr lange her, dass ich vielle­icht etwas davon gehört hat­te. Römer, Kel­ten und andere Men­schen in Öster­re­ich, das war mir nur sehr ober­fläch­lich ver­traut. Und wann diese Leute hier waren noch viel weniger.

Aber ich liebe es, Neues zu ent­deck­en und das Erste, was mich über­raschte, war, als ich, wie ich auf mein­er let­zten großen Reise gel­ernt hat­te, die Auto­bah­nen mied, dass es hier schön war und sich an manchen Plätzchen nur wenig Men­schen aufhielten.

Vielle­icht sollte ich auch noch erwäh­nen. dass die Fre­unde, bei denen ich über­nachtete, Math­e­matik­er sind und ich — naiver­weise — mir nicht viel dachte, als mir gesagt wurde, am Hem­ma­berg ist nur wenig zu sehen. Das stimmt wahrschein­lich für Math­e­matik­er, nicht für mich. Also dachte ich mir nicht viel dabei, als ich rel­a­tiv spät los­fuhr, auch dachte ich mir nichts, als ich mit Sch­neck­en­tem­po die Land­schaft bewun­dernd Rich­tung Globas­nitz zum Hem­ma­berg fuhr.

Hin und wieder blieb ich ste­hen, um Fotos zu machen, da ich glaubte, dass ich nicht allzu lange am Hem­ma­berg sein werde. Anscheinend höre ich mir selb­st nicht immer sorgfältig zu. Denn ich war immer der Überzeu­gung, da wo sich die Römer vor 2000 Jahren in Öster­re­ich nieder­ließen, da haben sicher­lich vorher eben­falls andere Men­schen bere­its gelebt. Über­rascht war ich jedoch, als ich an den ver­schiede­nen Plätzen erfahren musste, dass über jene Bewohn­er der Jung­steinzeit, also vor 5–6000 Jahren, in Kärn­ten Unklarheit herrscht. Man weiß nicht recht, wer damals dort lebte. Die früher recht großzügi­gen Deu­tun­gen wur­den in den let­zten Jahren ein­er kri­tis­chen Prü­fung unter­zo­gen und die leichtherzi­gen Zuweisun­gen in Illyr­er oder Räter, wie ich sie in der Volkss­chule noch lernte, wird heute nicht mehr so inter­pretiert. Erst als die Kel­ten zwis­chen 450 und 300 v.Chr. in das östliche und südliche Öster­re­ich vor­drangen, mehren sich die ein­deuti­gen Funde. Die Kul­tur der Kel­ten bre­it­ete sich von Mit­teleu­ropa, nicht nur nach West­en (den Gal­liern wie Aster­ix und Oelix aus) son­dern auch in den öster­re­ichis­chen Raum, wo 13 Kel­tenstämme das erste lose Staats­ge­bilde auf öster­re­ichis­chem Boden bilde­ten: Reg­num Noricum. Ab 170 v.Chr. gab es nach­weis­lich fre­und­schaftliche Verbindun­gen zum römis­chen Reich.

Als ich um Berge herum­fuhr, an schö­nen kleinen Seen wie dem Son­neg­ger See vor­beikam, vie­len Rad­fahrern begeg­nete, dachte ich mir, dass es eine ver­dammt nette Gegend ist, wo man sein Leben ver­brin­gen könnte.

Karte von Kla­gen­furt zum Hemmaberg