Frühling in Wisconsin

Der Win­ter war hart in Wis­con­sin. In den Nachricht­en hörte ich, dass Lake Supe­ri­or (der Obere See, wie ich ihn in der Schule nan­nte) noch zu 40% zuge­froren ist.

Ich darf also heuer den Früh­ling zweimal erleben. Die Bäume haben noch keine Blät­ter und das san­fte Grün, das sich durch die Wälder zieht, wie ich es noch im Bur­gen­land bewun­dert hat­te, wartet noch darauf mich zu überraschen.

Wieder in Amerika

Eigentlich hat­te ich ganz andere Pläne hier in Wis­con­sin, doch wie so oft, kommt es anders, als man denkt. Anstatt dem lange nachzuweinen, will ich nach vorne schauen und sehen, was auf mich zukommt.

Was dieser Reise voranging?

Die let­zten Monate waren gefüllt mit neuen Ideen und deren Pla­nung. Und in den ver­gan­genen Wochen war es soweit. Am 8. April jährte sich der Todestag mein­er Mut­ter und damit startete ich mit der Umset­zung. Nach­dem meine Mut­ter ver­gan­ge­nes Jahr in Frieden gehen durfte, habe ich beschlossen, dieses Trauer­jahr zu nutzen, um tief in mich zu blicken.

Die ver­gan­genen 10 Jahre kosteten mich viel Energie, anfangs fiel es mir nicht beson­ders auf, wie kräftezehrend die Krankheit mein­er Eltern, aber auch andere Umstände waren. Aber zulet­zt war ich mit meinem Leben nicht mehr zufrieden, ich funk­tion­ierte meist nur mehr. Nur das Schreiben war mir geblieben, das machte mich glück­lich. Das Jahr ist vor­bei, nun geht es zur Real­isierung der Träume.

Der erste Schritt war eine neue Woh­nung, die meinen Vorstel­lun­gen entspricht. Vie­len zeigte ich nur die schö­nen Bilder und die wun­der­bare Lage, aber es ging mir auch darum, selb­st einen Schritt in eine ressourcenscho­nende, lebenswerte Zukun­ft zu set­zen. Auch wenn ich keine Kinder habe, möchte ich der Welt respek­tvoll und acht­sam gegenüber treten. Die Woh­nung ist erst 7 Jahre alt, gut isoliert und braucht nicht viel Energie, und ich freue mich über die Fer­n­wärme. Sie liegt so, dass es mir möglich ist, vieles zu Fuß oder mit dem Rad zu erre­ichen. Die Stadt set­zt auf Car-shar­ing und E‑bike-Ver­leih. Das waren alles Beweg­gründe, mich für Eisen­stadt zu entschei­den, neben vie­len anderen. Ich werde Burgenländerin.

Das andere zielt auf meine beru­fliche Zukun­ft. Ich habe mich entschlossen, mich dem zu wid­men, das mein Herz erfüllt und lauter schla­gen lässt. Ich will das tun, was mich die ver­gan­genen Jahre über­leben ließ. Ich habe den Rechen­s­tift gezückt, meine Finanzen geord­net und bin zu dem Schluss gekom­men, dass ich es ruhig wagen kann. Ich will schreiben.

Und ich will aus­re­ichend Zeit haben für unbezahlte Arbeit­en, die ich für ein funk­tion­ieren­des Gemein­we­sen für notwendig erachte.

Begin­nen wollte ich dieses Aben­teuer mit ein­er Recherche zu einem für mich aufre­gen­dem Leben, aber es kam anders. Meine Fre­undin hat­te in den let­zten Wochen große Ver­luste zu tra­gen und möchte nicht mit mir darüber sprechen. Das kann ich ver­ste­hen und gut nachvol­lziehen. Ich weiß noch, wie klein und müde ich in den drama­tis­chsten Stun­den meines Lebens gewor­den bin. Ich war froh um jene, die mich ruhig bei ihnen sitzen ließen, ohne irgen­det­was zu fordern oder zu wollen. Einige gin­gen. Großreinemachen kön­nte man dies wohl nen­nen. Das darunter ger­ade jene waren, die mir immer wieder ver­sichert hat­ten, wie ähn­lich unsere Gedanken seien, lässt mich an ihrer Ken­nt­nis mein­er Per­son zweifeln. Wie froh war ich, dass ich aus­re­ichend Selb­stschutz entwick­elte, um auf mich zu schauen. Manche nan­nten dies Ego­is­mus, ich nenne es Ver­nun­ft. Nie­mand kann so gut auf einen selb­st schauen, wie er selb­st. Sie schaut nun auf sich, so wie ich es tat. Und das tat ich, wann immer mir Dinge oder Men­schen zu viel wurden.

Und so bin ich dankbar, dass meine Fre­undin über deren Leben ich bericht­en wollte, meine Pläne über den Haufen warf, weil es zu viel für sie ist.

Und so bin ich nun dage­sessen und habe in meinen wirren Gedanken­we­gen herum gesucht, was mir denn in den Sinn käme, in den kom­menden Wochen zu unternehmen. Natür­lich hat­te ich an die aufre­gen­den Nation­al­parks in Utah und Ari­zona gedacht. Klar kam mir Yel­low­stone in den Sinn. Aber eigentlich suchte ich nach etwas Stillem. Nach­dem ich im Win­ter eine Doku­men­ta­tion über Gor­don Hemp­ton gese­hen hat­te und ihm auch schrieb, wie sehr mich seine Sehn­sucht nach Ruhe und Friede berührt hat­te, wun­dere ich mich nun nicht über meine Entschei­dung, die großen Natur­wun­der hin­ter mir zu lassen und nach Unaufgeregtem, Ruhigerem zu suchen. Vielle­icht nimmst du dir Zeit und klickst den fol­gen­den Link an und wartest.

SILENCE IS NOT THE ABSENCE OF SOMETHING, BUT THE PRESENCE OF EVERYTHING.”
Mich begleit­et dieser Sound ger­ade beim Schreiben dieser Zeilen.

Ich schaute mir Karten und Reise­führer von Wis­con­sin an und plöt­zlich sah ich das viele Wass­er: die großen Seen, die kleinen natür­lich auch, und den Mis­sis­sip­pi, der die west­liche Gren­ze Wison­sins zu Iowa bildet.

Kom­mende Woche wird es los­ge­hen. Noch erhole ich mich vom Stress der ver­gan­genen, den ich nicht mehr so spie­lend und leicht über­winde wie in jün­geren Jahren, mit Spazierenge­hen, gesun­dem Essen, viel Trinken, Lesen und Schlafen.
Meet me soon at the water!

ps. Das Land führte, bess­er ver­führte, mich, es wurde eine ganz beson­dere Reise, die still begann und in eine andere Stille überging.

Wald — Steppe — Tundra — wie mag es hier vor 20.000 Jahren ausgesehen haben

Die Dor­dogne ist eine reizvolle Land­schaft. Neben den vie­len Eichen­bäu­men habe ich auch Kiefern gese­hen und auch einen Feigen­baum zeigte mir wie fre­undlich es hier ist.

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Doch wie sah es aus, als diese Höhlen Zen­tren — aus welchen Grün­den auch immer — wur­den? Wie ein­fach habe ich mir das alles vorgestellt und wie kom­pliziert ist das alles bei genauerem Hinsehen.

Die let­zte Eiszeit, die Würmeiszeit, dauerte 115.000 BP bis 10.000 BP. Wie schnell ist das hingeschrieben, bis ich dann genauer schaute und sehen müsste, dass es auch in dieser let­zten Kaltzeit wärmere Phasen gab. Wenn es nur kalt gewe­sen wäre, dann hätte ich schnell mal Tun­dra getippt. Steppe vielle­icht noch. Aber das war in den käl­teren Phasen, die auch trock­enere Zeit­en waren, da so viel Wass­er gebun­den war (jet­zt wird’s bei uns wärmer, also sollte es auch mehr reg­nen, tja nix mit Son­nen­schein jahrein, jahraus.). Der Tun­dra fol­gte der bore­ale Nadel­wald oder Taiga. Auch von Park­tun­dra mit vere­inzel­ten Baum­grup­pen ist die Rede.

Ich habe mich also auf die Suche begeben und geschaut, in welch­er Umge­bung jene Tiere lebten, die hier abge­bildet sind. Nach­dem ich zu fast allen Tieren nachgeschla­gen habe, notiert habe in welch­er Umge­bung sie lebten, stolperte ich zulet­zt auf die Mam­mut­steppe oder Step­pen­tun­dra. Warum nicht gleich?

Die Wikipedia schreibt dazu:

Die Land­schaft war nahezu baum­frei, zu den vorherrschen­den Pflanzenarten zählten Gräs­er, Ried­gräs­er, Kräuter, Zwerg-Birken und Polar-Wei­den. Häu­fig wird die Mam­mut­steppe auf­grund dieser Mis­chung mit der heuti­gen Tun­dra ver­glichen, stimmte aber nur bed­ingt übere­in. Tren­nende Merk­male sind vor allem die unter­schiedlichen Son­nen­stände und die damit ver­bun­de­nen Jahreszeitzyklen, die die Mam­mut­steppe mit ihren in weit­en Teilen vorherrschen­den Lichtver­hält­nis­sen der mit­tleren Bre­it­en von der nördlichen Tun­dra mit aus­geprägten Polar­som­mern und ‑win­tern abset­zt. Dadurch ent­stand eine arten- und vor allem nährstof­fre­iche Veg­e­ta­tion, zusät­zlich begün­stigt durch die auf­grund der nahen Gletsch­er auftre­tenden lang andauern­den Hochdrucklagen.

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Hier hat man im Laténe Muse­um eine kleine Fläche entsprechend der Tun­dra angelegt. Ich weiß nicht recht, ob das im Bild so auch klar wird.

Woll­haar­mam­mut (Mam­muthus prim­i­ge­nius), auch andere Großsäuger wie das Woll­nashorn (Coelodon­ta antiq­ui­tatis), der Moschu­sochse (Ovi­bos moscha­tus), das Ren (Rangifer taran­dus), die Saiga-Anti­lope (Saiga tatar­i­ca) aber auch der aus­gestor­bene Step­pen­bi­son (Bison priscus) und die eiszeitliche Wildpferdeun­ter­art Equ­us cabal­lus lenen­sis. Nicht gek­lärt ist, ob durch die Wei­deak­tiv­itäten dieser Mega­her­bi­voren diese spez­i­fis­che Land­schafts­form ent­stand und sie ver­schwand, nach­dem die Tiere ausstar­ben oder ob das Ver­schwinden dieser Land­schafts­form dazu führte, dass die typ­is­chen Großsäuger ausstarben.

Das passt nun auch, was ich zu Ren­tier und Stein­bock gefun­den habe.

Span­nend war dann noch der Ein­trag zum Höhlenlöwen:

Ihre Nahrung bestand vor allem aus größeren Huftieren der dama­li­gen Zeit, etwa Wildpfer­den, Hirschen, Wildrindern und Antilopen. In jung­pleis­tozä­nen Ablagerun­gen des Rheins von Hes­se­naue bei Darm­stadt wurde das Schien­bein eines Höh­len­löwen gefun­den, das trotz ein­er schw­eren Entzün­dung des Knochen­marks, die das Tier vorüberge­hend jag­dun­fähig machte, später wieder ver­heilt ist. Das Tier muss dem­nach noch län­gere Zeit mit dieser Behin­derung über­lebt haben. Das legt nahe, dass dieses Tier von Artgenossen an der Beute geduldet oder mit Fut­ter ver­sorgt wurde. Möglicher­weise war der Höh­len­löwe also ähn­lich wie heutige Löwen ein Rudeltier.

Ich habe viel gele­sen und geschaut in let­zter Zeit und da wurde auch betont, wie sozial der frühe Men­sch (ich denke, es war der Nean­der­taler — Gott Lob bin ich kein Wis­senschaftler — der Wasser­stand der Donau tut es bei mir auch, denn ich schaue mir seit etlichen Aben­den alle möglichen Doku­men­ta­tio­nen über die Entwick­lung des Men­schen an, da wurde es irgend­wo erwäh­nt 🙂 war, als man einen Kopf eines älteren Men­schen fand, der 2 Jahre lang keine Zähne mehr hat­te, der also mitver­sorgt wurde (u.a. das Fleisch vorgekaut). Da musste ich an meine Mut­ter denken, die auch 2 Jahre lang püri­ertes Essen bekam.

Was bedeutet das nun alles? 

Der Wald hier rund herum ist ein­er­seits sehr kusche­lig, aber ander­er­seits ver­liere ich jegliche Orientierung.

Man sieht ein­fach nicht weit. Außer­dem kon­nte ich mir nicht recht vorstellen, dass riesige Tier­her­den durch so dicht bewaldetes Gebi­et zogen. Viele der Tiere zogen jahreszeitlich bed­ingt durch das Land. Gehört hab ich das natür­lich von Ren oder den Bisons, bei den Pfer­den war ich mir da nicht so sich­er, aber bei denen war das auch der Fall. Selb­st der Stein­bock zieht bei uns in den Alpen rauf und runter.

Um das alles noch ver­wirren­der zu machen, hörte ich nun in ein­er Führung, dass Ren dur­chaus sta­tionär hier lebten, denn es wur­den Gewei­he von Weibchen und Män­nchen der Ren­tiere gefun­den und die wer­fen unter­schiedlich ihre Gewei­he ab. Im Früh­jahr Weibchen, im Herb­st Män­nchen und dann waren dann auch noch Jungtier­knochen. Also als es vernün­ftig kühl war (so wie es Ren­tiere für vernün­ftig hal­ten), zogen sie ein­fach hier ihre Run­den und ran­nten nicht wie blöd tausende Kilo­me­ter weit. Sie stell­ten 90% der tierischen Nahrung, von ihnen nutzte man, neben dem Fleisch, Knochen, Geweih und Fell. Tja, da gab’s nicht so viel Rest­müll wie bei uns.

Nach­dem ich nun nochmal darüber nach­dachte, entsprechen die Funde trotza­llem den Wan­derun­gen im Früh­jahr und Herb­st. Es ist nicht wirk­lich ein Zeichen von hier immer leben­den Tieren.

Diese Tiere waren also nicht per­ma­nent hier. Der Men­sch als Jäger und Samm­ler zog auch durch die Gegend, also viel Bewe­gung rund herum. Er soll außer­dem viel Klein­wild gejagt haben, von dem sieht man nichts in den Höhlen.

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Es war also eine Step­pen­land­schaft. Und zu bes­timmten Zeit­en zogen hier große Tiere durch. Zu den Lieblingsspeißen zählte Ren und Pferd, wenn man die Fund­plätze bei den Feuer­stellen betra­chtet. Das haben sie hier erzählt, als ich in den Höhlen zu Besuch war. Und die Wikipedia wider­spricht sich da, ein­mal hät­ten sie viele Woll­haar­mam­muts gegessen, ein­mal nicht (natür­lich an ander­er stelle). Genutzt ja, das Elfen­bein war cool, ein Kind hat man in einem Grab mit einem Schul­terblatt eines Mam­muts bedeckt. Die mas­sive Nutzung wie in Sibirien hat man hier aber nicht nachgewiesen. Die Abbil­dun­gen sind für mich zwar aufre­gend und wahrschein­lich für viele andere auch, aber es sind nur rund 7% aller Abbil­dun­gen der Frankokantabrische Höh­lenkun­st (so wird die Kun­st unser­er Altvorderen hier in Süd­frankre­ich und Spanien benan­nt). Und sie waren ein­fach beein­druck­ende Lebewesen.

Ps. Abso­lut nichts zur Sache, aber weil ich es berührend fand, auch das Woll­haar­mam­mut hat­te Karies und Arthritis.

Eiszeiten, Flechten, Moose und andere Dinge

Bevor mich die Höhlen des Perig­ord Noir ganz in Beschlag nehmen, möchte ich nochmals zu den Gedanken zurück­kehren, die mich begleit­eten als ich durch die Alpen fuhr, den Eiszeiten.

Der Neuen­burg­er See ist ein solch­es Überbleib­sel, näm­lich ein Teil ein­er der Gletscherzun­gen des Rhône-Gletsch­ers, der der größte alpine Gletsch­er der let­zten Eiszeit war. Eine Gletscherzunge erre­ichte Lyon, die andere ging bis nach Aarau ins Schweiz­er Mittelland.

Hier muss ich ein­mal beto­nen, wie sehr ich diesen Schweiz­er Prag­ma­tismus schätze.
Das Land, das in der Mitte liegt, heißt Mit­tel­land, die let­zte Eiszeit nen­nen sie nicht Würm, son­dern let­zte Eiszeit, selb­st die Riss-Eiszeit bekommt keinen Namen son­dern wird vor­let­zte genan­nt. Warum ich das erwähne? Tja, auf der Suche nach Infor­ma­tio­nen über die Eiszeit (das Wis­sen darüber hat mich die ver­gan­genen 40 Jahre ein­fach ver­lassen) habe ich erstaunliche Dinge herausgefunden.

Oder wüsstest du, dass die über­all anders genan­nt wer­den. Nehmen wir mal die let­zte Eiszeit. In der Wikipedia fand ich folgendes:
Im Alpen­raum wird sie als Würm‑, in Nord- und Mit­teleu­ropa als Weichsel‑, in Osteu­ropa als Waldai‑, in Sibirien als Zyryanka‑, auf den Britis­chen Inseln als Deven­sian, in Irland als Midlandian‑, in Nor­dameri­ka als Fraser‑, Pinedale‑, Wis­con­si­nan- oder Wisconsin‑, in Venezuela als Mérida‑, in Chile als Llan­qui­hue- und in Neusee­land als Oti­ra-Kaltzeit bezeichnet. 
Und irgend­wo fand ich dann auch noch die let­zte Eiszeit der Schweiz­er. Geolo­gen sind ein selt­sames Volk und ob sie danach streben, ver­standen zu wer­den, glaube ich nicht recht.

Egal, diese Zeit begann ‑über­all ein wenig anders, um mich weit­er zu ver­wirren- vor etwa 115.000 bis 110.000 Jahren und endete vor etwa 12.500 bis 10.000 Jahren. Damit sollte es gewe­sen sein? Nichts da! Es war zwar kein Wech­sel­bad der Gefüh­le, aber sicher­lich eines des Tem­per­a­turen. Es war ein ständi­ges hin und her. Wenn es da Wis­senschaftler gibt, die den men­schlichen Fortschritt mit diesen sich ständig änderten Bedin­gun­gen in Zusam­men­hang brin­gen, dürften sinnliche Unrecht haben. Not macht erfind­erisch, heißt es doch so schön. Mal sehen, wie erfind­erisch wir noch werden.

Was hat das nun wieder mit mein­er Reise zu tun?

Es ist die Zeit, als die Nean­der­taler hier lebten und die ersten mod­er­nen Men­schen vor 40.000 Jahren Europa betrat­en. Um diese Zeit, wenn nicht früher, betrat­en die ersten Aus­tralier ihr neues Land. Hier habe ich so viel ver­schiedenes gele­sen, dass ich nicht recht weiß, was ich glauben soll. Ich fürchte, dass wir Europäer es nicht aushal­ten, wenn andere früher einen anderen Kon­ti­nent ent­deck­ten. Mit Lumi­neszenzmeth­o­d­en sind aus­tralis­che Wis­senschaftler heute bei 60.000 Jahren ange­langt. Während wir Europäer uns noch nicht aus Afri­ka hinauswagten.

Ich wollte mir vorstellen, wie Europa damals aussah.

Die Land­schaft war ver­mut­lich oft von Tun­dra und Steppe geprägt, auch einzelne Waldin­seln soll es gegeben haben.

Hier haben wir also Flecht­en und Moose. So unschein­bar diese Lebens­for­men sind, so wichtig sind sie für unsere Erde. Denn sie waren wesentlich daran beteiligt, die unsere Erde zu dem zu machen, was wir heute als so selb­stver­ständlich nehmen. Flecht­en sind Lebens­ge­mein­schaften zwis­chen Pilzen und einem oder mehreren Pho­to­syn­these betreiben­den Part­nern. Diese Pho­to­bion­ten, auch Phy­to­bion­ten genan­nt, sind Grü­nal­gen (Chloro­phy­ta) oder Cyanobak­te­rien. Sie eroberten das steinige Land und erzeugten als erstes Erde. Erde, die die Pflanzen zum Leben braucht­en. An ein­er stelle stand, dass sie vielle­icht schon vor 800 Mil­lio­nen Jahren an Land gin­gen. Das sind 200 Mil­lio­nen Jahre bevor mehrzel­lige Lebe­we­sen, deren Fos­silien wir gefun­den haben, ent­standen. (Für jene, die es genau wis­sen wollen, ich spreche von der Edi­acara-Fau­na). Damit beteiligten auch sie sich an der Sauer­stoff­pro­duk­tion, denn durch den Sauer­stoff wird erst höheres Leben möglich werden.

Und Moose? Wenn man die kleinen Stiele betra­chtet, ahnt man nicht, was daraus wurde. Sie waren die ersten For­men, die nach oben strebten. Später soll­ten daraus Bäume werden.

Nach­wievor sind es diese Flecht­en und Moose, die als erstes Land erobern, das nur aus Gestein beste­ht. Das wird auch so an jenen Stellen sein, wo Gletsch­er sich zurückziehen.

Wie es hier im Perig­ord Noir aus­sah, weiß ich nicht. Ein­er der Guides meinte, das die Land­schaft hier eben­so bewaldet war wie heute. Da schlägt bei mir der alpine Men­sch durch. Als ich durch die Gegend fuhr, hat­te ich keinen Ori­en­tierungssinn. Zugegeben­er Maßen war es bewölkt und die Sonne kon­nte mir bei der Ori­en­tierung auch nicht weit­er helfen. Wie der Cro Mang­no Men­sch die Höhlen wiederfind­en kon­nten, die sie zum Teil bewohn­ten, zum Teil nur für die Zer­e­monien auf­sucht­en, um auf Wän­den Malereien, Gravuren (Pet­ro­glyphen), und Skulp­turen anzufer­ti­gen, ist mir nicht ganz klar. Vielle­icht halfen ihnen die Flüsse. Beim Fahren erschienen mir die Wälder wie eine ein­heitliche riesige Landschaft.

Mein Weg nach Europa (3): Nourlangie (Kakadu Nationalpark)

Nourlangie

Die Erin­nerun­gen führen mich nun in den Nor­den Aus­traliens. Von Dar­win aus besuchte ich den Litch­field und Kakadu Nation­al­park . In let­zterem befind­et sich ein Fels­mas­siv mit dem Namen Nourlang­ie. Wie immer, wenn man mit ein­er Reiseg­ruppe unter­wegs ist, und im speziellen auf ein­er Ein­tages­tour, läuft man eigentlich an allem vor­bei, schießt ein Foto und hofft, daheim Zeit zu find­en, dieses genauer anzuse­hen. Mir ist alles viel zu schnell gegan­gen. Es reg­nete täglich und zwar schüt­tete es wie aus Kübeln. Ich war zur Zeit des Mon­suns, im Feb­ru­ar 2009, im North­ern Ter­ri­to­ry. Aus diesem Grunde hielt ich mich auch nicht lange dort auf, denn ich wusste nicht, wie ich mich in so einem Kli­ma fühlen würde. Es war dann nicht so schlimm, als ich mir vorgestellt hat­te, denn ich kam ja ger­ade aus der Wüste und die hohe Luft­feuchtigkeit war ein Genuss für meine Nase.

Die Land­schaft war so gesät­tigt, dass alles, als es zu reg­nen begann, inner­halb weniger Minuten mit Wass­er bedeckt war und einzelne Flüsse, die Straßen querten. Mir gab zu denken, dass der anson­sten sehr geschwätzige höl­ländis­che Reise­führer sehr still wurde. Der schwere Pick­up, der vor uns fuhr, wurde ein wenig abgetrieben und selb­st unser Bus, gefüllt mit 20 Touris­ten, ver­lor wenige Sekun­den die Bodenhaftung.

Doch das geschah erst, nach­dem wir die Fels­malereien am Nourlang­ie gese­hen hat­ten. Auf eini­gen Fotos kann man erken­nen, wie die Blät­ter vom Nass der Regen­tropfen glänzen.

Was mich hier im Nor­den beschäftigte, war, dass hier die ersten Men­schen Aus­tralien betrat­en. Heute ver­ste­he ich, warum ich völ­lig ver­wirrt war, als ich begann darüber nachzule­sen, denn die Dat­en wider­sprachen sich. Durch die Unter­suchung des Genoms, das erst in den let­zten Jahren erfol­gte (genau 2011, während ich 2009 verzweifelt nach Quellen suchte, die irgend­wie wis­senschaftlich belegt waren), ist man heute sicher­er als je zuvor (aber wer weiß diese Dinge schon mit Sicher­heit?), dass die Aus­tralier vor 70.000 Jahren die ersten Auswan­der­er aus Afri­ka waren. Sie waren die ersten mod­er­nen Men­schen, die los­zo­gen, die Erde zu erobern. Vor ihnen waren allerd­ings Nean­der­taler und andere homo aus Afri­ka los­ge­zo­gen. Nean­der­taler und mod­erne Men­schen hat­ten heim­liche Techtelmech­tel in der Lev­ante, was alle Nichtafrikan­er, von den Afrikan­ern unter­schei­det. Da soll noch ein­er sagen, dass der Men­sch als Ras­sist geboren ist. So find­en sich im Genom der Europäer 1–4% Neanderthaler-Reste.

Es brauchte einige Zeit, bis mir klar wurde, welchen Ein­fluß das Kli­ma spielte. Unter anderem find­en wir heute vieles nicht, weil es 100 Meter unter dem Meer ver­bor­gen liegt. Oft zogen die Men­schen, der Küste ent­lang in unbekan­ntes Land. Da aber durch die let­zte Eiszeit der Meer­esspiegel teil­weise bis zu 120 Meter unter dem heuti­gen lag, ist es nicht weit­er ver­wun­der­lich, dass es manch­mal schwierig ist, den Weg der ersten men­schlichen Zugvögel nachzuvollziehen.

Zurück zum Nourlang­ie, dem Fels­mas­siv im Kakadu-Nation­al­park:
In Wikipedia kann man diese Geschichte zu im Nach­le­sen nachlesen:

Namond­jok, die obere zen­trale Fig­ur der Malereien, hat sich wahrschein­lich der Inzucht schuldig gemacht. Allerd­ings muss man hierzu wis­sen, dass in der Abo­rig­i­nal Kul­tur der Begriff Brud­er und Schwest­er weit­er gefasst wird und sie ein kom­plex­eres Ver­wandtschaftssys­tem besitzen. Brud­er und Schwest­er wer­den auch die Kinder der Mut­ter und die Brüder des Vaters genan­nt (bei uns Cousin und Cousine).

Namar­rgon rechts von Namond­jok ist ein Blitzwe­sen und eine zen­trale Fig­ur der Schöp­fungszeit der Welt. Er ist für Gewit­ter und Stürme zu Beginn der Regen­zeit ver­ant­wortlich. Das weiße Band, das von seinem linken zum recht­en Knöchel reicht und Kopf und Hände verbindet soll einen Blitz darstellen. Er schlägt zusät­zlich mit ein­er Axt auf die Wolken ein, um den Don­ner zu erzeugen.

Bar­rginj, die weib­liche Fig­ur unter­halb des Namond­jok ist Bar­rginj, Namar­rgons Frau. Ihre Kinder sind Al-yurr, die blau-orangen Grashüpfer dieser Region. Betra­chtet man ihre Mytholo­gie waren es die Al-yurr, die den Abo­rig­i­nals die Sprache, das Gesellschaftssys­tem, ihren Glauben und ihre Moral­be­griffe vermittelten.”

Die Linde am Hemmaberg und die Menschen, die hier lebten

_MG_6002 Als ich am Hem­ma­berg die Aus­grabun­gen besichtigt hat­te, fiel mein Blick auf eine riesige Linde. Bäume sind für mich sehr ver­traute und doch sehr selt­same Wesen. Denn selb­st die größten — und ich habe sehr große Bäume in Aus­tralien und Nor­dameri­ka gese­hen — geben mir einen heimeli­gen ver­traut­en, ger­ade zu famil­iäres Gefühl.

Und so stand ich unter dieser Linde und sagte zum Mann neben mir: “Ist sie nicht wun­der­schön?” Und er meinte nur: “Naja, gewaltig”. Wie selt­sam. Ich sage doch auch nicht zu einem alten Men­schen gewaltig, son­dern auch wun­der­schön. Ich mag es, die Reife, die Erfahrung, die Spuren des Lebens zu sehen.

Wieder mal bin ich vor einem Baum ges­tanden, also ob ich  noch nie einen gese­hen hätte. Aber ich glaube, es war tat­säch­lich meine erste sehr alte Linde und der erste so alte Baum hier in Europa, den ich berührte.
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Die Linde galt immer schon als ein beson­der­er Baum.

Die Ger­ma­nen sahen in der Linde Göt­tin Freya, die Göt­tin der Liebe und der Ehe (Her­rin der Erde) bzw. Frig­ga (Mut­tergöt­tin und Patron­in von Geburt und Frucht­barkeit). Knapp nach 500 n.Chr.  kamen die Ost­goten  — also Ger­ma­nen — hier­her. Sie waren ari­an­is­che Chris­ten — doch dazu später. Ihr Gräber­feld liegt am Fuße des Berges.

In dieser Tra­di­tion — näm­lich der weib­lichen Got­theit­en bzw. Heili­gen find­en sich Lin­den vor Klöstern und Wall­fahrt­sorten, da die früher hei­d­nis­chen Heiligtümer nun Maria, der Mut­ter Gottes, gewid­met wurden.

Die Linde gilt auch als Ammen­berg, der die Eichen um sie herum schützen soll._MG_5991

Doch vor den Ost­goten kamen die Kel­ten. Um ca. 300 v.Chr. ließen sich Kel­ten am Fuße des Hem­ma­bergs nieder. Die Ortschaft wurde nach der keltischen Got­theit Ioue­nat benan­nt, von der nun das ganze Tal seinen Namen bekam: der Name des Jaun­tales hat einen keltischen Ursprung. Als römis­che Sta­tion wurde das heutige Globas­nitz Iuen­na. Das Heilig­tum der Kel­ten lag wahrschein­lich eben­falls am Hem­ma­berg, der bis in das 17. Jahrhun­dert auch Jaun­berg genan­nt wurde.
_MG_5993Das weiche, helle Holz der Linde bietet sich her­vor­ra­gend für Schnitzereien an. Wer selb­st ein­mal geschnitzt hat, weiß es zu schätzen, wenn es  nicht gar so schw­er geht. Der Bast der Linde ist sehr zäh und kann deshalb sehr gut zum Flecht­en ver­wen­det wer­den. Die Blüten der Linde — im Schat­ten getrock­net, wie viele andere Tees auch — ist ein altes Heilmit­tel gegen Hus­ten, Ver­schleimungen. Seine entzün­dung­shem­menden Stoffe helfen bei Erkäl­tun­gen und Entzün­dun­gen jed­er Art und schießlich soll er auch beruhi­gend wirken. Wem das egal ist, der erfreut sich ein­fach am Lindenblütenhonig.

Die Kel­ten glaubten, dass unter Lin­den das Licht der reinen Wahrheit an den Tag kommt. Das gle­iche galt für Quellen und so ist es nur schlüs­sig, dass die Ros­alien­quelle und diese tausend­jährige Linde am Hem­ma­berg ste­hen. Denn auch die Quellen sollen dich rein­waschen. Doch nicht nur für Kel­ten war die Linde ein Ort, wo Recht gesprochen wurde._MG_5992

Das Thing, das Volks­gericht der Ger­ma­nen, fand unter Lin­den statt. Nicht nur das jed­er dort die Wahrheit sprechen würde, auch Gnade fand man unter ein­er Linde. Die Linde macht empfind­sam und nicht ohne Grund war es ein Lin­den­blatt, dass die Stelle am Kör­p­er Siegfrieds in der Nibelun­gen­sage bedeck­te, wo er ver­let­zlich blieb und schließlich getötet wurde.

Wer nun glaubt, dass damit alles über Lin­den am Hem­ma­berg gesagt ist, täuscht sich. Denn um 590 n. Chr. kamen Slawen aus dem Süden und grün­de­ten das slaw­is­che Fürsten­tum Karan­tanien. Was wäre Kärn­ten ohne Slowe­nen? Das Land hätte nicht mal einen eige­nen Namen. Auch für die Slawen und andere Völk­er des Balka­ns, das bedeutet auch für die Griechen, war die Linde ein wichtiger heiliger Baum.

Die Linde soll helfen Ruhe und Frieden zu find­en, sie klärt die Sit­u­a­tion und trägt zur Har­mon­isierung bei. Ich bin gerne bei Bäu­men und ich weiß nicht, ob ich es bin, die ruhig wird, oder ob die Ruhe des Baumes mich erfaßt.

Zur Zeit find­en Aus­grabun­gen um die Wahlfahrt­skirche, die der Hl. Hem­ma von Gurk, der Lan­despa­tron­in Kärn­tens und der Hl. Dorothea gewid­met ist, statt. Da dies der markan­teste Platz am Plateau ist, kön­nte ich mir vorstellen, dass die ersten Heiligtümer sich dort befan­den. Die Heili­gen Plätze wur­den früher von ein­er Reli­gion zur näch­sten weit­erg­ere­icht. Wenn ich die Ein­drücke von mein­er Reise Revue passieren lasse, dann sah so viele Kapellen auf markan­ten Punk­ten. Warum soll­ten unsere Vor­fahren ihre Heiligtümer auf weniger wichti­gen Punk­ten errichtet haben?

Und was hat mir die Linde ver­rat­en? Ich umkreiste sie dreimal, bedank­te mich bei ihr, weil sie mir Zwei­glein schenk­te, die ich mit­nehmen durfte. Ich sah wie weit ihre Wurzeln das Land umarmten und dann flüsterte sie mir zu:

Du musst nichts tun. Es ist.”

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