Frühling in Wisconsin
Der Winter war hart in Wisconsin. In den Nachrichten hörte ich, dass Lake Superior (der Obere See, wie ich ihn in der Schule nannte) noch zu 40% zugefroren ist.
Ich darf also heuer den Frühling zweimal erleben. Die Bäume haben noch keine Blätter und das sanfte Grün, das sich durch die Wälder zieht, wie ich es noch im Burgenland bewundert hatte, wartet noch darauf mich zu überraschen.
Wieder in Amerika
Eigentlich hatte ich ganz andere Pläne hier in Wisconsin, doch wie so oft, kommt es anders, als man denkt. Anstatt dem lange nachzuweinen, will ich nach vorne schauen und sehen, was auf mich zukommt.
Was dieser Reise voranging?
Die letzten Monate waren gefüllt mit neuen Ideen und deren Planung. Und in den vergangenen Wochen war es soweit. Am 8. April jährte sich der Todestag meiner Mutter und damit startete ich mit der Umsetzung. Nachdem meine Mutter vergangenes Jahr in Frieden gehen durfte, habe ich beschlossen, dieses Trauerjahr zu nutzen, um tief in mich zu blicken.
Die vergangenen 10 Jahre kosteten mich viel Energie, anfangs fiel es mir nicht besonders auf, wie kräftezehrend die Krankheit meiner Eltern, aber auch andere Umstände waren. Aber zuletzt war ich mit meinem Leben nicht mehr zufrieden, ich funktionierte meist nur mehr. Nur das Schreiben war mir geblieben, das machte mich glücklich. Das Jahr ist vorbei, nun geht es zur Realisierung der Träume.
Der erste Schritt war eine neue Wohnung, die meinen Vorstellungen entspricht. Vielen zeigte ich nur die schönen Bilder und die wunderbare Lage, aber es ging mir auch darum, selbst einen Schritt in eine ressourcenschonende, lebenswerte Zukunft zu setzen. Auch wenn ich keine Kinder habe, möchte ich der Welt respektvoll und achtsam gegenüber treten. Die Wohnung ist erst 7 Jahre alt, gut isoliert und braucht nicht viel Energie, und ich freue mich über die Fernwärme. Sie liegt so, dass es mir möglich ist, vieles zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen. Die Stadt setzt auf Car-sharing und E‑bike-Verleih. Das waren alles Beweggründe, mich für Eisenstadt zu entscheiden, neben vielen anderen. Ich werde Burgenländerin.
Das andere zielt auf meine berufliche Zukunft. Ich habe mich entschlossen, mich dem zu widmen, das mein Herz erfüllt und lauter schlagen lässt. Ich will das tun, was mich die vergangenen Jahre überleben ließ. Ich habe den Rechenstift gezückt, meine Finanzen geordnet und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es ruhig wagen kann. Ich will schreiben.
Und ich will ausreichend Zeit haben für unbezahlte Arbeiten, die ich für ein funktionierendes Gemeinwesen für notwendig erachte.
Beginnen wollte ich dieses Abenteuer mit einer Recherche zu einem für mich aufregendem Leben, aber es kam anders. Meine Freundin hatte in den letzten Wochen große Verluste zu tragen und möchte nicht mit mir darüber sprechen. Das kann ich verstehen und gut nachvollziehen. Ich weiß noch, wie klein und müde ich in den dramatischsten Stunden meines Lebens geworden bin. Ich war froh um jene, die mich ruhig bei ihnen sitzen ließen, ohne irgendetwas zu fordern oder zu wollen. Einige gingen. Großreinemachen könnte man dies wohl nennen. Das darunter gerade jene waren, die mir immer wieder versichert hatten, wie ähnlich unsere Gedanken seien, lässt mich an ihrer Kenntnis meiner Person zweifeln. Wie froh war ich, dass ich ausreichend Selbstschutz entwickelte, um auf mich zu schauen. Manche nannten dies Egoismus, ich nenne es Vernunft. Niemand kann so gut auf einen selbst schauen, wie er selbst. Sie schaut nun auf sich, so wie ich es tat. Und das tat ich, wann immer mir Dinge oder Menschen zu viel wurden.
Und so bin ich dankbar, dass meine Freundin über deren Leben ich berichten wollte, meine Pläne über den Haufen warf, weil es zu viel für sie ist.
Und so bin ich nun dagesessen und habe in meinen wirren Gedankenwegen herum gesucht, was mir denn in den Sinn käme, in den kommenden Wochen zu unternehmen. Natürlich hatte ich an die aufregenden Nationalparks in Utah und Arizona gedacht. Klar kam mir Yellowstone in den Sinn. Aber eigentlich suchte ich nach etwas Stillem. Nachdem ich im Winter eine Dokumentation über Gordon Hempton gesehen hatte und ihm auch schrieb, wie sehr mich seine Sehnsucht nach Ruhe und Friede berührt hatte, wundere ich mich nun nicht über meine Entscheidung, die großen Naturwunder hinter mir zu lassen und nach Unaufgeregtem, Ruhigerem zu suchen. Vielleicht nimmst du dir Zeit und klickst den folgenden Link an und wartest.
“SILENCE IS NOT THE ABSENCE OF SOMETHING, BUT THE PRESENCE OF EVERYTHING.”
Mich begleitet dieser Sound gerade beim Schreiben dieser Zeilen.
Ich schaute mir Karten und Reiseführer von Wisconsin an und plötzlich sah ich das viele Wasser: die großen Seen, die kleinen natürlich auch, und den Mississippi, der die westliche Grenze Wisonsins zu Iowa bildet.
Kommende Woche wird es losgehen. Noch erhole ich mich vom Stress der vergangenen, den ich nicht mehr so spielend und leicht überwinde wie in jüngeren Jahren, mit Spazierengehen, gesundem Essen, viel Trinken, Lesen und Schlafen.
Meet me soon at the water!
ps. Das Land führte, besser verführte, mich, es wurde eine ganz besondere Reise, die still begann und in eine andere Stille überging.
Wald — Steppe — Tundra — wie mag es hier vor 20.000 Jahren ausgesehen haben
Die Dordogne ist eine reizvolle Landschaft. Neben den vielen Eichenbäumen habe ich auch Kiefern gesehen und auch einen Feigenbaum zeigte mir wie freundlich es hier ist.
Doch wie sah es aus, als diese Höhlen Zentren — aus welchen Gründen auch immer — wurden? Wie einfach habe ich mir das alles vorgestellt und wie kompliziert ist das alles bei genauerem Hinsehen.
Die letzte Eiszeit, die Würmeiszeit, dauerte 115.000 BP bis 10.000 BP. Wie schnell ist das hingeschrieben, bis ich dann genauer schaute und sehen müsste, dass es auch in dieser letzten Kaltzeit wärmere Phasen gab. Wenn es nur kalt gewesen wäre, dann hätte ich schnell mal Tundra getippt. Steppe vielleicht noch. Aber das war in den kälteren Phasen, die auch trockenere Zeiten waren, da so viel Wasser gebunden war (jetzt wird’s bei uns wärmer, also sollte es auch mehr regnen, tja nix mit Sonnenschein jahrein, jahraus.). Der Tundra folgte der boreale Nadelwald oder Taiga. Auch von Parktundra mit vereinzelten Baumgruppen ist die Rede.
Ich habe mich also auf die Suche begeben und geschaut, in welcher Umgebung jene Tiere lebten, die hier abgebildet sind. Nachdem ich zu fast allen Tieren nachgeschlagen habe, notiert habe in welcher Umgebung sie lebten, stolperte ich zuletzt auf die Mammutsteppe oder Steppentundra. Warum nicht gleich?
Die Wikipedia schreibt dazu:
Die Landschaft war nahezu baumfrei, zu den vorherrschenden Pflanzenarten zählten Gräser, Riedgräser, Kräuter, Zwerg-Birken und Polar-Weiden. Häufig wird die Mammutsteppe aufgrund dieser Mischung mit der heutigen Tundra verglichen, stimmte aber nur bedingt überein. Trennende Merkmale sind vor allem die unterschiedlichen Sonnenstände und die damit verbundenen Jahreszeitzyklen, die die Mammutsteppe mit ihren in weiten Teilen vorherrschenden Lichtverhältnissen der mittleren Breiten von der nördlichen Tundra mit ausgeprägten Polarsommern und ‑wintern absetzt. Dadurch entstand eine arten- und vor allem nährstoffreiche Vegetation, zusätzlich begünstigt durch die aufgrund der nahen Gletscher auftretenden lang andauernden Hochdrucklagen.
Hier hat man im Laténe Museum eine kleine Fläche entsprechend der Tundra angelegt. Ich weiß nicht recht, ob das im Bild so auch klar wird.
Wollhaarmammut (Mammuthus primigenius), auch andere Großsäuger wie das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis), der Moschusochse (Ovibos moschatus), das Ren (Rangifer tarandus), die Saiga-Antilope (Saiga tatarica) aber auch der ausgestorbene Steppenbison (Bison priscus) und die eiszeitliche Wildpferdeunterart Equus caballus lenensis. Nicht geklärt ist, ob durch die Weideaktivitäten dieser Megaherbivoren diese spezifische Landschaftsform entstand und sie verschwand, nachdem die Tiere ausstarben oder ob das Verschwinden dieser Landschaftsform dazu führte, dass die typischen Großsäuger ausstarben.
Das passt nun auch, was ich zu Rentier und Steinbock gefunden habe.
Spannend war dann noch der Eintrag zum Höhlenlöwen:
Ihre Nahrung bestand vor allem aus größeren Huftieren der damaligen Zeit, etwa Wildpferden, Hirschen, Wildrindern und Antilopen. In jungpleistozänen Ablagerungen des Rheins von Hessenaue bei Darmstadt wurde das Schienbein eines Höhlenlöwen gefunden, das trotz einer schweren Entzündung des Knochenmarks, die das Tier vorübergehend jagdunfähig machte, später wieder verheilt ist. Das Tier muss demnach noch längere Zeit mit dieser Behinderung überlebt haben. Das legt nahe, dass dieses Tier von Artgenossen an der Beute geduldet oder mit Futter versorgt wurde. Möglicherweise war der Höhlenlöwe also ähnlich wie heutige Löwen ein Rudeltier.
Ich habe viel gelesen und geschaut in letzter Zeit und da wurde auch betont, wie sozial der frühe Mensch (ich denke, es war der Neandertaler — Gott Lob bin ich kein Wissenschaftler — der Wasserstand der Donau tut es bei mir auch, denn ich schaue mir seit etlichen Abenden alle möglichen Dokumentationen über die Entwicklung des Menschen an, da wurde es irgendwo erwähnt 🙂 war, als man einen Kopf eines älteren Menschen fand, der 2 Jahre lang keine Zähne mehr hatte, der also mitversorgt wurde (u.a. das Fleisch vorgekaut). Da musste ich an meine Mutter denken, die auch 2 Jahre lang püriertes Essen bekam.
Was bedeutet das nun alles?
Der Wald hier rund herum ist einerseits sehr kuschelig, aber andererseits verliere ich jegliche Orientierung.
Man sieht einfach nicht weit. Außerdem konnte ich mir nicht recht vorstellen, dass riesige Tierherden durch so dicht bewaldetes Gebiet zogen. Viele der Tiere zogen jahreszeitlich bedingt durch das Land. Gehört hab ich das natürlich von Ren oder den Bisons, bei den Pferden war ich mir da nicht so sicher, aber bei denen war das auch der Fall. Selbst der Steinbock zieht bei uns in den Alpen rauf und runter.
Um das alles noch verwirrender zu machen, hörte ich nun in einer Führung, dass Ren durchaus stationär hier lebten, denn es wurden Geweihe von Weibchen und Männchen der Rentiere gefunden und die werfen unterschiedlich ihre Geweihe ab. Im Frühjahr Weibchen, im Herbst Männchen und dann waren dann auch noch Jungtierknochen. Also als es vernünftig kühl war (so wie es Rentiere für vernünftig halten), zogen sie einfach hier ihre Runden und rannten nicht wie blöd tausende Kilometer weit. Sie stellten 90% der tierischen Nahrung, von ihnen nutzte man, neben dem Fleisch, Knochen, Geweih und Fell. Tja, da gab’s nicht so viel Restmüll wie bei uns.
Nachdem ich nun nochmal darüber nachdachte, entsprechen die Funde trotzallem den Wanderungen im Frühjahr und Herbst. Es ist nicht wirklich ein Zeichen von hier immer lebenden Tieren.
Diese Tiere waren also nicht permanent hier. Der Mensch als Jäger und Sammler zog auch durch die Gegend, also viel Bewegung rund herum. Er soll außerdem viel Kleinwild gejagt haben, von dem sieht man nichts in den Höhlen.
Es war also eine Steppenlandschaft. Und zu bestimmten Zeiten zogen hier große Tiere durch. Zu den Lieblingsspeißen zählte Ren und Pferd, wenn man die Fundplätze bei den Feuerstellen betrachtet. Das haben sie hier erzählt, als ich in den Höhlen zu Besuch war. Und die Wikipedia widerspricht sich da, einmal hätten sie viele Wollhaarmammuts gegessen, einmal nicht (natürlich an anderer stelle). Genutzt ja, das Elfenbein war cool, ein Kind hat man in einem Grab mit einem Schulterblatt eines Mammuts bedeckt. Die massive Nutzung wie in Sibirien hat man hier aber nicht nachgewiesen. Die Abbildungen sind für mich zwar aufregend und wahrscheinlich für viele andere auch, aber es sind nur rund 7% aller Abbildungen der Frankokantabrische Höhlenkunst (so wird die Kunst unserer Altvorderen hier in Südfrankreich und Spanien benannt). Und sie waren einfach beeindruckende Lebewesen.
Ps. Absolut nichts zur Sache, aber weil ich es berührend fand, auch das Wollhaarmammut hatte Karies und Arthritis.
Eiszeiten, Flechten, Moose und andere Dinge
Bevor mich die Höhlen des Perigord Noir ganz in Beschlag nehmen, möchte ich nochmals zu den Gedanken zurückkehren, die mich begleiteten als ich durch die Alpen fuhr, den Eiszeiten.
Der Neuenburger See ist ein solches Überbleibsel, nämlich ein Teil einer der Gletscherzungen des Rhône-Gletschers, der der größte alpine Gletscher der letzten Eiszeit war. Eine Gletscherzunge erreichte Lyon, die andere ging bis nach Aarau ins Schweizer Mittelland.
Hier muss ich einmal betonen, wie sehr ich diesen Schweizer Pragmatismus schätze.
Das Land, das in der Mitte liegt, heißt Mittelland, die letzte Eiszeit nennen sie nicht Würm, sondern letzte Eiszeit, selbst die Riss-Eiszeit bekommt keinen Namen sondern wird vorletzte genannt. Warum ich das erwähne? Tja, auf der Suche nach Informationen über die Eiszeit (das Wissen darüber hat mich die vergangenen 40 Jahre einfach verlassen) habe ich erstaunliche Dinge herausgefunden.
Oder wüsstest du, dass die überall anders genannt werden. Nehmen wir mal die letzte Eiszeit. In der Wikipedia fand ich folgendes:
Im Alpenraum wird sie als Würm‑, in Nord- und Mitteleuropa als Weichsel‑, in Osteuropa als Waldai‑, in Sibirien als Zyryanka‑, auf den Britischen Inseln als Devensian, in Irland als Midlandian‑, in Nordamerika als Fraser‑, Pinedale‑, Wisconsinan- oder Wisconsin‑, in Venezuela als Mérida‑, in Chile als Llanquihue- und in Neuseeland als Otira-Kaltzeit bezeichnet.
Und irgendwo fand ich dann auch noch die letzte Eiszeit der Schweizer. Geologen sind ein seltsames Volk und ob sie danach streben, verstanden zu werden, glaube ich nicht recht.
Egal, diese Zeit begann ‑überall ein wenig anders, um mich weiter zu verwirren- vor etwa 115.000 bis 110.000 Jahren und endete vor etwa 12.500 bis 10.000 Jahren. Damit sollte es gewesen sein? Nichts da! Es war zwar kein Wechselbad der Gefühle, aber sicherlich eines des Temperaturen. Es war ein ständiges hin und her. Wenn es da Wissenschaftler gibt, die den menschlichen Fortschritt mit diesen sich ständig änderten Bedingungen in Zusammenhang bringen, dürften sinnliche Unrecht haben. Not macht erfinderisch, heißt es doch so schön. Mal sehen, wie erfinderisch wir noch werden.
Was hat das nun wieder mit meiner Reise zu tun?
Es ist die Zeit, als die Neandertaler hier lebten und die ersten modernen Menschen vor 40.000 Jahren Europa betraten. Um diese Zeit, wenn nicht früher, betraten die ersten Australier ihr neues Land. Hier habe ich so viel verschiedenes gelesen, dass ich nicht recht weiß, was ich glauben soll. Ich fürchte, dass wir Europäer es nicht aushalten, wenn andere früher einen anderen Kontinent entdeckten. Mit Lumineszenzmethoden sind australische Wissenschaftler heute bei 60.000 Jahren angelangt. Während wir Europäer uns noch nicht aus Afrika hinauswagten.
Ich wollte mir vorstellen, wie Europa damals aussah.
Die Landschaft war vermutlich oft von Tundra und Steppe geprägt, auch einzelne Waldinseln soll es gegeben haben.
Hier haben wir also Flechten und Moose. So unscheinbar diese Lebensformen sind, so wichtig sind sie für unsere Erde. Denn sie waren wesentlich daran beteiligt, die unsere Erde zu dem zu machen, was wir heute als so selbstverständlich nehmen. Flechten sind Lebensgemeinschaften zwischen Pilzen und einem oder mehreren Photosynthese betreibenden Partnern. Diese Photobionten, auch Phytobionten genannt, sind Grünalgen (Chlorophyta) oder Cyanobakterien. Sie eroberten das steinige Land und erzeugten als erstes Erde. Erde, die die Pflanzen zum Leben brauchten. An einer stelle stand, dass sie vielleicht schon vor 800 Millionen Jahren an Land gingen. Das sind 200 Millionen Jahre bevor mehrzellige Lebewesen, deren Fossilien wir gefunden haben, entstanden. (Für jene, die es genau wissen wollen, ich spreche von der Ediacara-Fauna). Damit beteiligten auch sie sich an der Sauerstoffproduktion, denn durch den Sauerstoff wird erst höheres Leben möglich werden.
Und Moose? Wenn man die kleinen Stiele betrachtet, ahnt man nicht, was daraus wurde. Sie waren die ersten Formen, die nach oben strebten. Später sollten daraus Bäume werden.
Nachwievor sind es diese Flechten und Moose, die als erstes Land erobern, das nur aus Gestein besteht. Das wird auch so an jenen Stellen sein, wo Gletscher sich zurückziehen.
Wie es hier im Perigord Noir aussah, weiß ich nicht. Einer der Guides meinte, das die Landschaft hier ebenso bewaldet war wie heute. Da schlägt bei mir der alpine Mensch durch. Als ich durch die Gegend fuhr, hatte ich keinen Orientierungssinn. Zugegebener Maßen war es bewölkt und die Sonne konnte mir bei der Orientierung auch nicht weiter helfen. Wie der Cro Mangno Mensch die Höhlen wiederfinden konnten, die sie zum Teil bewohnten, zum Teil nur für die Zeremonien aufsuchten, um auf Wänden Malereien, Gravuren (Petroglyphen), und Skulpturen anzufertigen, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht halfen ihnen die Flüsse. Beim Fahren erschienen mir die Wälder wie eine einheitliche riesige Landschaft.
Mein Weg nach Europa (3): Nourlangie (Kakadu Nationalpark)
Die Erinnerungen führen mich nun in den Norden Australiens. Von Darwin aus besuchte ich den Litchfield und Kakadu Nationalpark . In letzterem befindet sich ein Felsmassiv mit dem Namen Nourlangie. Wie immer, wenn man mit einer Reisegruppe unterwegs ist, und im speziellen auf einer Eintagestour, läuft man eigentlich an allem vorbei, schießt ein Foto und hofft, daheim Zeit zu finden, dieses genauer anzusehen. Mir ist alles viel zu schnell gegangen. Es regnete täglich und zwar schüttete es wie aus Kübeln. Ich war zur Zeit des Monsuns, im Februar 2009, im Northern Territory. Aus diesem Grunde hielt ich mich auch nicht lange dort auf, denn ich wusste nicht, wie ich mich in so einem Klima fühlen würde. Es war dann nicht so schlimm, als ich mir vorgestellt hatte, denn ich kam ja gerade aus der Wüste und die hohe Luftfeuchtigkeit war ein Genuss für meine Nase.
Die Landschaft war so gesättigt, dass alles, als es zu regnen begann, innerhalb weniger Minuten mit Wasser bedeckt war und einzelne Flüsse, die Straßen querten. Mir gab zu denken, dass der ansonsten sehr geschwätzige hölländische Reiseführer sehr still wurde. Der schwere Pickup, der vor uns fuhr, wurde ein wenig abgetrieben und selbst unser Bus, gefüllt mit 20 Touristen, verlor wenige Sekunden die Bodenhaftung.
Doch das geschah erst, nachdem wir die Felsmalereien am Nourlangie gesehen hatten. Auf einigen Fotos kann man erkennen, wie die Blätter vom Nass der Regentropfen glänzen.
Was mich hier im Norden beschäftigte, war, dass hier die ersten Menschen Australien betraten. Heute verstehe ich, warum ich völlig verwirrt war, als ich begann darüber nachzulesen, denn die Daten widersprachen sich. Durch die Untersuchung des Genoms, das erst in den letzten Jahren erfolgte (genau 2011, während ich 2009 verzweifelt nach Quellen suchte, die irgendwie wissenschaftlich belegt waren), ist man heute sicherer als je zuvor (aber wer weiß diese Dinge schon mit Sicherheit?), dass die Australier vor 70.000 Jahren die ersten Auswanderer aus Afrika waren. Sie waren die ersten modernen Menschen, die loszogen, die Erde zu erobern. Vor ihnen waren allerdings Neandertaler und andere homo aus Afrika losgezogen. Neandertaler und moderne Menschen hatten heimliche Techtelmechtel in der Levante, was alle Nichtafrikaner, von den Afrikanern unterscheidet. Da soll noch einer sagen, dass der Mensch als Rassist geboren ist. So finden sich im Genom der Europäer 1–4% Neanderthaler-Reste.
Es brauchte einige Zeit, bis mir klar wurde, welchen Einfluß das Klima spielte. Unter anderem finden wir heute vieles nicht, weil es 100 Meter unter dem Meer verborgen liegt. Oft zogen die Menschen, der Küste entlang in unbekanntes Land. Da aber durch die letzte Eiszeit der Meeresspiegel teilweise bis zu 120 Meter unter dem heutigen lag, ist es nicht weiter verwunderlich, dass es manchmal schwierig ist, den Weg der ersten menschlichen Zugvögel nachzuvollziehen.
Zurück zum Nourlangie, dem Felsmassiv im Kakadu-Nationalpark:
In Wikipedia kann man diese Geschichte zu im Nachlesen nachlesen:
Namondjok, die obere zentrale Figur der Malereien, hat sich wahrscheinlich der Inzucht schuldig gemacht. Allerdings muss man hierzu wissen, dass in der Aboriginal Kultur der Begriff Bruder und Schwester weiter gefasst wird und sie ein komplexeres Verwandtschaftssystem besitzen. Bruder und Schwester werden auch die Kinder der Mutter und die Brüder des Vaters genannt (bei uns Cousin und Cousine).
Namarrgon rechts von Namondjok ist ein Blitzwesen und eine zentrale Figur der Schöpfungszeit der Welt. Er ist für Gewitter und Stürme zu Beginn der Regenzeit verantwortlich. Das weiße Band, das von seinem linken zum rechten Knöchel reicht und Kopf und Hände verbindet soll einen Blitz darstellen. Er schlägt zusätzlich mit einer Axt auf die Wolken ein, um den Donner zu erzeugen.
Barrginj, die weibliche Figur unterhalb des Namondjok ist Barrginj, Namarrgons Frau. Ihre Kinder sind Al-yurr, die blau-orangen Grashüpfer dieser Region. Betrachtet man ihre Mythologie waren es die Al-yurr, die den Aboriginals die Sprache, das Gesellschaftssystem, ihren Glauben und ihre Moralbegriffe vermittelten.”
Die Linde am Hemmaberg und die Menschen, die hier lebten
Als ich am Hemmaberg die Ausgrabungen besichtigt hatte, fiel mein Blick auf eine riesige Linde. Bäume sind für mich sehr vertraute und doch sehr seltsame Wesen. Denn selbst die größten — und ich habe sehr große Bäume in Australien und Nordamerika gesehen — geben mir einen heimeligen vertrauten, gerade zu familiäres Gefühl.
Und so stand ich unter dieser Linde und sagte zum Mann neben mir: “Ist sie nicht wunderschön?” Und er meinte nur: “Naja, gewaltig”. Wie seltsam. Ich sage doch auch nicht zu einem alten Menschen gewaltig, sondern auch wunderschön. Ich mag es, die Reife, die Erfahrung, die Spuren des Lebens zu sehen.
Wieder mal bin ich vor einem Baum gestanden, also ob ich noch nie einen gesehen hätte. Aber ich glaube, es war tatsächlich meine erste sehr alte Linde und der erste so alte Baum hier in Europa, den ich berührte.
Die Linde galt immer schon als ein besonderer Baum.
Die Germanen sahen in der Linde Göttin Freya, die Göttin der Liebe und der Ehe (Herrin der Erde) bzw. Frigga (Muttergöttin und Patronin von Geburt und Fruchtbarkeit). Knapp nach 500 n.Chr. kamen die Ostgoten — also Germanen — hierher. Sie waren arianische Christen — doch dazu später. Ihr Gräberfeld liegt am Fuße des Berges.
In dieser Tradition — nämlich der weiblichen Gottheiten bzw. Heiligen finden sich Linden vor Klöstern und Wallfahrtsorten, da die früher heidnischen Heiligtümer nun Maria, der Mutter Gottes, gewidmet wurden.
Die Linde gilt auch als Ammenberg, der die Eichen um sie herum schützen soll.
Doch vor den Ostgoten kamen die Kelten. Um ca. 300 v.Chr. ließen sich Kelten am Fuße des Hemmabergs nieder. Die Ortschaft wurde nach der keltischen Gottheit Iouenat benannt, von der nun das ganze Tal seinen Namen bekam: der Name des Jauntales hat einen keltischen Ursprung. Als römische Station wurde das heutige Globasnitz Iuenna. Das Heiligtum der Kelten lag wahrscheinlich ebenfalls am Hemmaberg, der bis in das 17. Jahrhundert auch Jaunberg genannt wurde.
Das weiche, helle Holz der Linde bietet sich hervorragend für Schnitzereien an. Wer selbst einmal geschnitzt hat, weiß es zu schätzen, wenn es nicht gar so schwer geht. Der Bast der Linde ist sehr zäh und kann deshalb sehr gut zum Flechten verwendet werden. Die Blüten der Linde — im Schatten getrocknet, wie viele andere Tees auch — ist ein altes Heilmittel gegen Husten, Verschleimungen. Seine entzündungshemmenden Stoffe helfen bei Erkältungen und Entzündungen jeder Art und schießlich soll er auch beruhigend wirken. Wem das egal ist, der erfreut sich einfach am Lindenblütenhonig.
Die Kelten glaubten, dass unter Linden das Licht der reinen Wahrheit an den Tag kommt. Das gleiche galt für Quellen und so ist es nur schlüssig, dass die Rosalienquelle und diese tausendjährige Linde am Hemmaberg stehen. Denn auch die Quellen sollen dich reinwaschen. Doch nicht nur für Kelten war die Linde ein Ort, wo Recht gesprochen wurde.
Das Thing, das Volksgericht der Germanen, fand unter Linden statt. Nicht nur das jeder dort die Wahrheit sprechen würde, auch Gnade fand man unter einer Linde. Die Linde macht empfindsam und nicht ohne Grund war es ein Lindenblatt, dass die Stelle am Körper Siegfrieds in der Nibelungensage bedeckte, wo er verletzlich blieb und schließlich getötet wurde.
Wer nun glaubt, dass damit alles über Linden am Hemmaberg gesagt ist, täuscht sich. Denn um 590 n. Chr. kamen Slawen aus dem Süden und gründeten das slawische Fürstentum Karantanien. Was wäre Kärnten ohne Slowenen? Das Land hätte nicht mal einen eigenen Namen. Auch für die Slawen und andere Völker des Balkans, das bedeutet auch für die Griechen, war die Linde ein wichtiger heiliger Baum.
Die Linde soll helfen Ruhe und Frieden zu finden, sie klärt die Situation und trägt zur Harmonisierung bei. Ich bin gerne bei Bäumen und ich weiß nicht, ob ich es bin, die ruhig wird, oder ob die Ruhe des Baumes mich erfaßt.
Zur Zeit finden Ausgrabungen um die Wahlfahrtskirche, die der Hl. Hemma von Gurk, der Landespatronin Kärntens und der Hl. Dorothea gewidmet ist, statt. Da dies der markanteste Platz am Plateau ist, könnte ich mir vorstellen, dass die ersten Heiligtümer sich dort befanden. Die Heiligen Plätze wurden früher von einer Religion zur nächsten weitergereicht. Wenn ich die Eindrücke von meiner Reise Revue passieren lasse, dann sah so viele Kapellen auf markanten Punkten. Warum sollten unsere Vorfahren ihre Heiligtümer auf weniger wichtigen Punkten errichtet haben?
Und was hat mir die Linde verraten? Ich umkreiste sie dreimal, bedankte mich bei ihr, weil sie mir Zweiglein schenkte, die ich mitnehmen durfte. Ich sah wie weit ihre Wurzeln das Land umarmten und dann flüsterte sie mir zu:
“Du musst nichts tun. Es ist.”