Lake Michigan versinkt im Nebel
Quellheiligtum — Rosalienquelle
Sicherlich hatte ich vieles in meiner Kindheit gehört, aber hinterfragt hatte ich nicht immer alles. Ich verwendete Begriffe oder Bezeichnungen von Orten, ohne weiter darüber nachzudenken. Als Innsbruckerin war mir Heiligwasser vertraut, nämlich als Station, wenn ich mit der Seilbahn auf den Hausberg der Innsbrucker, den Patscherkofel, fuhr. Aber noch offensichtlicher geht es wohl nicht: “Heilig-Wasser”. Es handelt sich um ein heiliges Quelle, einen heiligen Platz. Jetzt fuhr ich an so einen heiligen Platz in Kärnten.
Mir war schon bewusst, dass es sich um einen sehr alten spirituellen Platz handeln musste. Erst als ich dort ankam und dann insgesamt 5 antike Kirchen bzw. deren Fundamente und ein gotisches Kirchlein vorfand, begriff ich langsam, um was für eine bedeutsame Pilgerstätte es sich handelt musste.
Der Hemmaberg ist ein heiliger Platz.
Für unsere Vorfahren muss es erstaunlich gewesen sein, wenn aus einem Berg unvermutet Wasser quasi unerschöflich hervorspringt. Noch viel beeindruckender wird es, wenn diese Quelle an einem beeindruckendem Ort wie diesem hier liegt. Viele alte Quellheiligtümer wurden seit Jahrtausenden aufgesucht. Ich habe eine Seite gefunden, auf der allein in Österreich 467 Quellheiligtümer angeführt werden.
Schon in vorchristlicher Zeit wurde aus Quellen geweissagt. Die Form und der Verlauf der Wirbel sollte über das Schicksal Auskunft geben.
Quellen waren schon immer besondere Orte. Quellen waren Heiligtümer, deren Wasser heilte und wo Menschen Opfer erbrachten. Ist es nicht schön, die Verbindung zwischen heilen und heilig. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich hier um einen gleichen Wortstamm handelt. Auch im Englischen hört man es noch in den Worten heal and holy.
Quellen sind auch als Gerichtsort, also als ein Ort an dem Gerechtigkeit gesprochen wird, bekannt. Nicht nur Augen wurden damit gewaschen, auch verworrene Geschichten wurden hier im übertragenen Sinn geklärt.
Die Wassergötter sollten gnädig gestimmt werden. Funde an diesen Quellen zeugen von diesen uralten Ritualen. Auch heute werden Blumen geopfert, Kerzen angezündet. Als ich hier an der Rosalienquelle war, fand vorher eine Taufe in der Kirche am Berg statt und anschließend, begaben sich alle zusammen mit dem Pfarrer zum Quellheiligtum. Als ich anschließend die Hl. Rosalia besuchte, duftete der Platz nach den zahreichen Honigkerzen, die kurze Zeit vorher entzündet wurden.
Hier liegt die heilige Rosalia wie ein Schneewittchen. Rosalia war eine Pestheilige, die angerufen wurde, um die Pest abzuhalten. So ist aus diesem alten heidnischen, keltischen Quellheiligtum ein christliches geworden.
Im Jahr 1680 brach die Pest erneut in Kärnten aus. Die Pfarrgemeinden Eberndorf, St. Kanzian, Jaunstein, St. Veit im Jauntal, Gallizien, Sittersdorf, Eisenkappel und Globasnitz taten sich zusammen und gelobten die Errichtung einer Grottenkapelle zu Ehren der Pestheiligen Rosalia, sollte Die Pest diese Orte verschonen.
Die Verbindung zu unseren Urahnen hat Kontinuität und ist nicht unterbrochen, auch wenn sie an der Oberfläche verdeckt ist. Auch wenn es die Pest brauchte, um die Quelle mehr zu ehren, denke ich, dass sie in der Bevölkerung nie vergessen war.
Nach einem Brand wurde die Pilgerstätte zur Heiligen Rosalia neu errichte. Das Plätzchen ist fürwahr ein mystisches. Es liegt ganz hinten in einer Höhle.
Und wenn es stimt, sind dort ähnliche Erdstrahlen wie in Lourdes gemessen worden. Ich kenne mich mit der Geomantie nicht so recht aus. Trotzdem erscheint es mir schon schlüssig, dass es Unterschiede auf der Erde gibt, die von dem Platz abhängig sind. Ich muss einfach an Vulkane denken, wo die Erdkruste mit Sicherheit anders ist als an anderen Stellen. So erscheint es mir nicht nur einfach Fantasie zu sein, wenn bestimmte Kräfte dort gependelt, gefühlt und bemerkt werden. Wie diese Kraft wirkt, überlasse ich jedem einzelnen. Es sind immer unsere ureigensten Selbstheilungskräfte, ohne die uns kein Arzt helfen könnte.
Zur Zeit wird der Weg von der Kirche hinunter zur Quelle mit Stiegen leichter zugänglich gemacht, es führt ein relativ steiler Pfad hinunter. Dafür wird man mit einem Blick in ein dunkles Loch belohnt, was bei mir ein seltsames Gefühl hinterließ. Was müssen sich früher Menschen gedacht haben? Es ist wie eine Verbindung in 2 Welten.
Vom Parkplatz aus ist die Quelle für jedermann in wenigen Minuten erreichbar.
Wasserfälle und noch viel mehr Wasser
Entlang des Columbia Rivers, dort wo er die Grenze zwischen Oregon und Washington bildet, knapp bevor der Fluss in den Pazifik mündet, fielen mir zuerst die vielen Wasserfälle in Oregon auf. Als ich weiter reiste, erkannte ich, dass es Flutbasalt war, durch den sich der Fluss gegraben hatte. Flutbasalt bedeutet, dass hier große Flächen mit Lava bis 1800m dick über Millionen von Jahren ein Plateau bildeten, ein Form von Vulkanismus, den ich nur von Filmen vom indischen und sibirischen Trapp her kannte. Mehr davon habe ich hier beschrieben.
Heute liegt der Columbia-River selbst wie ein See da. Viele der großen Flüsse der USA sind inzwischen Stauseen und liegen ruhig da, sodass die Kraft dieser Wasser vergessen wird. Die Lachse können inzwischen über spezielle Lachstreppen die Staumauern überwinden. Das was so natürlich vor mir liegt, gibt es noch nicht lange. Viele Landschaften, die wie die reine Natur vor uns liegen, ist inzwischen Kulturlandschaft und hat mit dem Ursprung nur mehr wenig zu tun.
Columbia River Gorge — die Schlucht des Columbia Rivers
Da ich mich nun seit einiger Zeit in den Cascade Ranges bewege, ist es nicht verwunderlich, dass ich dauernd auf Vulkanisches stosse.
Die Cascade Ranges gehören zum großen pazifischen “Ring of fire”, d.h. jener bewegte Rand der Pazifischen Platte, der sich von Neuseeland, über Japan, Kamtschatka, Alaska, Nordamerika bis zu den Anden in Südamerika zieht. (Die Geschichte ist zwar etwas komplizierter, aber vorerst tut’s das Grobe auch, oder?)
Im Süden stieß ich beim Mount Lassen National Park zum ersten Mal auf die Vulkane. Das Gebirge wird unterbrochen und setzt sich dann in der Sierra Nevada fort, das allerdings nicht mehr so aktiv ist, wie der Norden. Erst in Mexiko wird es wieder brenzlig.
Nachdem ich diesmal nicht mit dem Finger auf der Landkarte unterwegs bin, sondern mich tatsächlich vom Süden Richtung Norden bewege, werde ich mir erstmals der gewaltigen Ausmaße dieses Ringes bewußt. Aber ich wusste nichts von einem 300m dicken Basaltplateau.
Ich hatte auch schon von den gewaltigen Fluten während der letzten Eiszeit gehört. Doch nun sah ich, wie sich die “Missoula”-Fluten, bis zu 40 Mal durch das Flussbett des Columbia durchzwängten.
Der Columbia River floß schon seit Urzeiten von Ost nach West. Auch als Lava seinen Weg versperrte, ließ er sich nicht abbringen, immer wieder bahnte er sich einen Weg. Diese Basalte haben sich über 10 Millionen Jahre (und zwar in der Zeit von 17 bis 6 Millionen Jahren) immer wieder mehrere hundert Meter breit ergoßen.
Die unterschiedlichen Basalte, die ich dann bei der Fahrt durch den Gorge gesehen habe, erzählen von dieser Geschichte. Dazu habe ich ein Video auf Youtube gefunden, dessen ersten Teil hier aufgerufen werden kann und wen’s interessiert, der kann ja dann die Fortsetzung auf Youtube anschauen.
Wasser hat eine gewaltige Kraft, doch ein normaler Fluß, der sich durch Basalte kämpft, bräuchte ziemlich lang. An den zahlreichen Wasserfällen (die bekommt ihr später zu sehen) sieht man, dass sich nicht so schnell eine Schlucht bilden kann.
Die Schlucht wurde durch die Missoula Floods zur heutigen Breite erweitert, immer und immer brachen die Fluten durch. 40x ist es nachgewiesen. Zur Einordnung, die letzte Eiszeit ist noch nicht so lange her, da liefen wir Menschen schon rum, es war zwischen 18 und 13.000 Jahren. Erst seit dem hat der Columbia River seine heutige Form — nein die Form, die er bis vor 80–90 Jahren hatte. Jetzt ist der gesamte Fluß ein gezähmter See, von oben bis unten durch Staudämme gefesselt.
Damit kann aber auch nachgewiesen werden, dass es in der letzte Eiszeit immer wieder Warmphasen gegeben hat, denn es waren die geschmolzenen Gletscher, die das Ganze zum Überlaufen brachten. Findlinge, die wir ja auch von unseren Gletschern kennen, wurden 100e von Kilometern von Montana bis nach Portland transportiert, etwa eine Strecke Paris-Innsbruck.
Ich begann es nachzulesen, nachdem ich verschiedene Fotos gemacht habe und verwundert war, warum sich der Gorge (Gorge ist ein durch Wasser gebildete Schlucht) so veränderte, auch wenn es immer ganz klar Vulkangestein war. Ich weiß noch, wie ich Rowena Crest stand und dachte: Ist das ein Trapp?
Hier meine Fotos und darunter die Dokumentationsreihe des Columbia Gorge Community College.
https://www.youtube.com/playlist?list=PLhADNjuBDDoV-J7dEmoMX60306HHyO4qd
Sedna und der Rabe
Als ich an der Mündung von Big Sur saß und den Sound des kleinen Flusses und des Meeres aufnahm, kam ein Rabe und begann mich unauffällig zu beobachten. Manchmal nahm er ein Stöckchen und schleuderte es durch die Luft, um mir zeigen, dass ich ihm völlig egal bin und es ihn überhaupt nicht interessiert, was ich hier tue.
Als plötzlich eine Welle weit ins Land hereinschwappte und er sprang auf den höchsten Punkt, einem Stein, der im Sand lag. Da habe ich das Foto von ihm gemacht.
Jamie Sams und David Carson, beide indianischer Abstammung, haben mit ihrem Buch über Karten der Kraft, die Medizin des Rabens beschrieben.
Sie enthält das große Geheimnis der Leere.
Schwarz ist für die Natives eine Farbe von magischer Kraft. Fürchten muss sie der, der sie missbraucht. Der Rabe symbolisiert die Leere — das Geheimnis von dem, was noch nicht gebildet wurde. Raben sind auch ein Symbol für Schwarze Löcher im Universum, die alle Energie anzieht und sich aus ihr neue Formen ergeben. Das irisierende Blau und Grün, die in den glänzenden schwarzen Federn des Raben gesehen werden kann, stellt die ständige Veränderung der Formen und Formen, die aus der großen Schwärze der Leere entstehen.
In der Tradition der Ureinwohner ist der Rabe der Hüter bei zeremonieller Magie und Heilkreisen. Der Rabe ist auch der Patron der Rauchsignale. Sein Element ist die Luft, und er ist ein Geisterbotschafter, den indianische Schamanen nutzen, um ihre Magie über große Entfernungen zu übertragen. In vielen nordwestlichen indianische Traditionen, ist der Rabe auch der Trickster, ein Schwindler. Beobachten wir Raben in der Natur sehen wir, dass sie oft Nahrung stehlen vor den Augen anderer Tiere, sie arbeiten oft paarweise, um die unglücklichen Tiere abzulenken.
Mehr über Raben findest du hier.
Als ich diesen Raben traf, dachte ich mir, vielleicht werden sie meine Begleiter für diese Reise. (ps. sie wurden es, das kann ich nun im Nachhinein sagen)
Ein paar Tage später in San Francisco wollte ich das Museum der California Academy of Science. Türen. Ich drehte mich um die eigenen Achse und sah, dass dort eine Picasso-Ausstellung im “De Young” angepriesen wurde. Naja, verdorben von der Ausstellung in Madrid hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, ich hatte einfach schon die tollsten Bilder gesehen. Außerdem drängten dort die Leute herein, Muße, sich in ein Bild zu vertiefen, war nicht möglich.
Aber als ich mich der regulären Ausstellung zuwandte, war ich erstaunt, dass ich dort als zeitgenössische Kunst auch viele Werke von Natives Nordamerikas, aber auch Kunst aus Afrika, Mittel- und Südamerika, Papua Neuguinea fand.
Sehr berührend fand ich die Arbeiten von Künstlern der Inuit.
Sedna spielte in einigen eine bedeutende Rolle.
Diese Plastik wurde von Abraham Anghik Ruben, einem Inuit, geschnitzt: “Passage of the spirits”. 10 Figuren mit menschlichen und tierischen Gesichtern. Das Boot ist die Seegöttin Sedna, einer Göttin der Inuit.
Sedna wurde in der traditionellen Religion der Inuit als „Alte der Meere“, „Königin der Tiefe und der Stürme“ und „Mutter aller Meeresgeschöpfe“ verehrt. Sedna bestimmte darüber, welche und wie viele Meerestiere gefangen und gegessen werden durften. Verstießen die Menschen gegen ihr Gebot, dann schickte sie einen Sturm oder zog den Jäger und seine Familie in die Tiefe. Ihr Haus befand sich am Meeresgrund. Dort wohnte sie in Gemeinschaft mit Fischen und anderen Seetieren, aber auch mit den Seevögeln. Bewacht wurde ihr Heim von Seehunden, die jeden bissen, der unbefugt eintrat.
Sedna war ein wunderschönes, aber eitles Mädchen war, das alle Bewerber abwies. Schließlich gab ihr Vater Sedna gegen ihren Willen einem Jäger zur Frau. Er hatte sein Gesicht verhüllt, als der Ehemann Sedna mit dem Kajak in sein Zuhause gebracht hatte, stellte sich heraus, dass er ein Rabe war und ihr Heim harte Klippen sein sollten. Sie weinte und schrie in den Wind, bis ihr Vater es hörte, ein schlechtes Gewissen bekam und sie zurückholte.
Auf dem Rückweg wurde das Kajak von Sednas Ehemann angegriffen. Seine wilden Flügelschlägen verursachten heftige Seestürme. Sednas Vater bekam es mit der Angst zu tun und warf seine Tochter über Bord.
Als Sedna versuchte, sich am Kajak festzuklammern, schlug der Vater mit dem Paddel auf ihre gefrorenen Finger und die Hände, bis sie zersprangen und im Ozean versanken.
Sednas Finger verwandelten sich durch den Zauber des Raben in Robben und ihre Hände in Wale und andere Meeressäugetiere. Sedna versank schließlich selbst in der See und sitzt noch heute dort auf dem Meeresgrund.
Ihr Zorn auf die Menschen peitscht das Meer von Zeit zu Zeit in gewaltigen Stürmen und Wellen auf. Im Groll über den Verrat wurde sie zu einer mächtigen, zornigen Göttin.
Die Meeresgöttin “Sedna” weiß alles über die Menschen und ihre Tabuverletzungen. Deshalb muss sie mit Respekt behandelt werden und Schamanen mussten zu ihr in einer „Seelenreise“ hinabtauchen, um ihr langes schwarzes Haar zu kämmen. Das beruhigte Sedna und sie erlaubte den Menschen, sich wieder vom Reichtum des Meeres zu ernähren. So war es im Norden Sitte, einer gefangenen Robbe Wasser ins Maul zu tropfen als Geste des Dankes an Sedna, die den Jäger und seine Familie ernährt.
Susie Silook: Sedna with Mask
Ist sie nicht wunderschön?
Eine andere Plastik, die Susie Silook aus einem Knochen eines Wals schnitzte, finde ich ungeheuer berührend: “Looking into Myself”.
Als Abschluss noch das Bild dieser fliegenden Schamanin.
Auf der Suche nach dem San Andreas Graben
Nachdem ich — je genauer ich mir die Berge ansah — zu dem Schluß kam, dass ich keine Ahnung habe, was wirklich auf der Pazifischen und was auf der Nordamerikanischen Kontinentalplatte liegt, war ich bewegt, von dem was ich sah.
Zum ersten Mal wurde ich mir von den unendlichen Kräften bewußt, die unsere Kontinente bewegt.
Da gab es Bereiche, die erinnerten mich an den Bozener Porphyr, ich sah wie riesige Gesteinsbrocken in der Gegend rumlagen, als ob jemand mit Kiesel spielte.
Ich sah Schichten von Gestein, die senkrecht aufgestellt wurden oder aber, wenn die Oberfläche der Schicht frei lag, diese völlig glatt dastanden, während andere Teile in die Tiefe krachten.
Manche Brüche wurden durch Wasser erzeugt, das jetzt in einem kleinen unmerklichen Bächlein beinahe übersehen werden konnten.
ps. Jahre später verstand ich, dass alles, was ich in Californien sah, auf Kontinentalverschiebung zurückgeht, der San Andreas Graben zeichnet nur diesen Übergang deutlicher. Ich habe viele Filme angeschaut und irgendwann erkannte ich, dass ich nicht nur theoretisch, sondern effektiv Berge überquert hatte, die den Graben bildeten. Das waren einerseits die Berge beim Pine Mountain Club und dann ganz deutlich auf dem Bild oben, das ich sch0ß, als ich einen weiteren Pass ein Stückchen weiter nördlich überquerte. Da war ich so weit oben, dass ich unten Hügel sah, die genau den Bildern entspricht, das andere aus der Luft aufnahmen.