Ich hoffe, dass ich ein wenig von meiner Faszination von Gras teilen konnte. Es gibt so viele Geschichten von Gras und längst sind noch nicht alle erzählt. Hier findest du einige von mir.
ein wenig Geschichte
Die ersten Menschen, die Wisconsin betraten, kamen vor etwa 12.000 Jahren. Sie kamen nicht so spät nach Amerika, sondern das Eis verschwand erst so spät. Die letzte Eiszeit bekam in Amerika auch den Namen Wisconsin Glaciation. Diese ersten Jäger und Sammler wurden vor ca. 2500 Jahren von einer Kultur abgelöst, die seßhaft war, Ackerbau betrieb, in Kunst und Kunsthandwerk merkbare Veränderungen vorantrieb. Sie waren jene, die die ersten Mounds errichteten. Andere Kulturen folgten. Die ersten Kulturpflanzen wurden gezogen, auch wenn es noch viele Jahrhunderte brauchte, bis manches so aussahen, wie wir es heute kennen.
Die “3 Schwestern” wurden eingeführt: Mais, Bohnen und Kürbis.
Der erste Mais, der eine Süßgrasart ist, wurde gezogen. Ich weiß nicht, ob dir bewußt ist, dass der heutigen Kulturmaises sich ohne menschliche Hilfe nicht fortpflanzen kann. Es gilt als eine der größten Domestizierungsleistungen des Menschen. Es gibt viel mehr Arten, als wir hier in Europa kennen. So wie beim Kürbis, von dem ich als Kind auch nicht wußte, wieviele Arten es gibt. Und jeder in meinem Alter weiß, dass früher lange nicht so viel verschiedene Arten in Geschäften angeboten wurden. Bohnen bzw. Hülsenfrüchte gab und gibt es an vielen Stellen der Welt. Ich liebe es neue Sorten kennenzulernen. Auf meiner Reise war ich in die schwarzen, die black beans, verliebt, die ich mit Stangensellerie und Apfel zu einem herrlichen Salat verarbeitete, aber im Grunde immer wieder zu allem möglichen aß. Es ist die Arbeit dieser Menschen, die uns heute diese Nahrungsmittel erschlossen hat.
Wildreis, der in den vielen Seen weit verbreitet ist, wurde gesammelt, wie vieles anderes, aber der Wildreis verdient es, genannt zu werden.
Der Mississipi, der Grenzfluss von Wisconsin zu Minnesota und Iowa, war damals kein Grenzfluss, er war eine Hauptverkehrsweg. Es gibt Funde, die aus dem Golf von Mexiko stammen.
Um 1700 kamen erste französische Pelzhändler (die ersten Expeditionen waren bereit 1634 unterwegs auf der Suche nach dem Mississippi). Viele französische Namen erinnern daran, die man aber englisch aussprechen muss, was mir immer wieder schwer fiel: Prairie du Chien statt prairie dog. Die Gegend hatte viele Feuchtgebiete und es war sicherlich nicht leicht zu leben. Kalt im Winter und heiß im Sommer, das was wir als Kontinentalklima kennen. Irgendwie vergessen sie uns zu erzählen, wie die Landschaften aussahen, bevor Europäer dort eintrafen. Bald übernahmen Briten die Gebiete, aber die waren ebenfalls hauptsächlich am Pelzhandel interessiert. Die Ostküste war in der ersten Zeit interessanter.
Der Druck, der dort auf die First People ausgeübt wurde, zeigte sich als Wanderungsbewegung. Wie Dominosteine fielen sie in Richtung Westen bei anderen Stämmen ein. Es war sicher viel komplizierter und mir fällt es schwer, diese Geschichten ganz nachzuvollziehen. Die Ojibwe waren ursprünglich am St. Lorenzstrom zuhause und begannen Mitte des 17. Jahrhunderts westwärts zu ziehen. Sie teilten sich in 3 Stämme und eine Gruppe ließ sich am Ostufer des Lake Superior nieder. Die Sioux, vielleicht besser Lakota und Dakota (insgesamt waren es 6 verschiedene Stämme), übernahmen die Pferde der Europäer und zogen vom Mississippi weiter in die Great Plains.
Ich zog also auf dieser Strecke, die schon die First People wählten und nicht nur die Europäer. Irgendwie war mir nicht bewusst, dass die letzte große Schlacht erst 124 Jahre her ist: 1890 am Wounded Knee. Das war nach dem Bürgerkrieg. 150 Lakota: Männer, Frauen und Kinder wurden getötet. Eine letze Schlacht von vielen, die 300 Jahre früher begannen.
Beklemmender finde ich, dass die Pocken 80–90% der First People getötet haben sollen. Manchmal glaubten Europäer, dass das Land nie besiedelt war, dabei hatten sich die Krankheiten schneller verbreitet als die Personen selbst. Und manchmal gab es gezielte Maßnahmen als biologische Waffe, um diese Krankheit zu verbreiten. Infizierte Lein- und Taschentücher wurden den Delaware übergeben. Die Diskussion, ob dieser dokumentierte Anschlag erfolgreich war oder nicht, ist lächerlich. Man wusste darüber Bescheid und auch wenn dieser eine nicht erfolgreich war, sind die vielen Undokumentierten erfolgreich gewesen. Manchmal ist Geschichtsschreibung lächerlich. Wenn Zahlen gegen andere Zahlen herangezogen werden, um Tatsachen in ein schiefes Licht zu rücken.
Ich reiste durch Indianerland
Ich reiste von Wisconsin nach Michigan, Minnesota, South Dakota und Wyoming und beim Zurückfahren kam ich noch in Iowa vorbei. Ich weiß nicht, was mich bewegt hatte, nachzusehen, woher die Namen kamen. Doch so fand ich raus, dass alle Namen einen indianischen Ursprung haben, auch wenn manchmal nicht klar ist, was es wirklich bedeutet.
Wisconsin: Hier gibt es viele verschiednen Interpretationen, kurz man weiß nichts genaues nicht. Von Platz des roten Steins, über wie “wie sich die Wasser treffen” oder “Großer Fels”. Viele Theorien, nix genaues.
Michigan: Hat seinen Namen von einem Wort der Ojibwe mishigamaa, das bedeutet Großes Wasser oder Großer See. Treffender geht es wohl nicht mehr, der Lake Superior ist der Größte der Großen Seen, aber eigentlich liegt Michigan an 4 der großen Seen: Lake Michigan, Huron, Superior und Erie. Die Großen Seen sind Übrigbleibsel von Bruchlinien eines Riftsystems in mitten der Nordamerikanischen Kontinentalplatte (entschuldige, ein wenig Geologie muss sein), es begann mit der Linie, wo sich heute der Lake Superior befindet, und der Sankt-Lorenzstrom folgt einer weiteren. Den heutigen Look erhielten sie zur letzten Eiszeit, quasi den letzten Schliff, nur dass es nicht der letzte sein wird.
Minnesota: Bedeutet “Klares Wasser” und stammt von den Dakota. Im Nordosten Minnesotas liegt der Lake der Superior und der Mississippi durchquert den Staat.
South Dakota: Ist klar, oder? Die Dakota sind ein Stamm, der wie die Lakota und Nakota (manche sagen, dass Sioux der Oberbegriff ist, der Begriff stammt aber von anderen Stämmen und wurde “französisiert”) in den Great Planes lebten, als die Europäer in den Westen vorstießen.
Wyoming: Ist ein wenig weit hergeholt, denn es hat seinen Namen vom Wyoming Tal in Pennsylvania. Thomas Campbell schrieb ein Gedicht Gertrude of Wyoming. Es stammt von einem Wort der Munsee xwé:wamənk, und bedeutet große Flussebene. Das ergibt nicht wirklich Sinn. Aber lassen wir es dabei bleiben, oder?
Iowa ist nun der letzte der Staaten, den ich aufsuchte, und die Leute, die hier lebten waren die Ioway, obwohl es eigentlich noch viel mehr Stämme in dieser Region gab. Die Reise geht also dem Ende zu, ich selbst bin schon zurück, aber meine Gedanken weilen noch dort.
Effigy Mounds
Hügel… Ich weiß nicht, ob du jemals Hügelgräber im Burgenland gesehen hast, denn an die musste ich denken, als ich die Mounds hier in Iowa sah. Dort waren es kleine Mugel, wie ein riesiger Ameisenhaufen. Wenn es dir nicht gesagt wird, wunderst du dich vielleicht über die vielen kleinen Haufen, aber das war’s auch schon. Ich weiß noch, wie ich dem Pfeil zu den Hügelgräbern in Schandorf folgte, und ich mich die ganze Zeit fragte, wo denn diese seien und dabei fuhr ich schon die längste Weile an ihnen vorbei.
Die kleineren Mounds hier erinnerten mich an dieses Gefühl, es machte es auch ein wenig heimelig. Sie liegen in der Nähe von Marquette im Nordostens Iowas. Sie dienten als Begräbnis- und Zeremonialhügel.
Die Mounds wurden auf den Hügeln am rechten Ufer des Mississippi, der hier Wisconsin und Iowa trennt, errichtet.
Mehr über die Mounds.
Pierre
Schon mal was von Pierre gehört? Nicht, ich auch nicht, bis ich dorthin fuhr. Es ist die Hauptstadt von South Dakota und South Dakota mag ich. Die größte Hürde für mich ist allerdings den Namen (und es werden noch andere folgen) englisch auszusprechen und nicht französisch. Prairie du chien ist auch so ein Ort. Warum nennen sie es nicht einfach Prairiedog? Tja, man spürt, dass Franzosen hier waren. Und zwar bis 1803. Mit dem Louisiana-Purchase verkauften Napoleon ein riesiges Gebiet von heutigen Louisana am Golf von Mexiko aus bis zur Grenze Kanadas und zwas alles was westlich des Mississippi lag. Und eigentlich wollten sie nur New Orleans kaufen. Napoleon erhoffte sich durch die Stärkung der USA, die Briten zu schwächen. Wahrscheinlich gab es noch eine ganze Menge anderer Dinge. Doch eines wird klar, Napoleon versprach sich von Amerika nicht viel und wollte nicht an mehreren Fronten kämpfen.
Doch Pierre liegt nicht am Mississippi sondern am Missouri. Die beiden haben mich ziemlich überrascht. Sie sind riesig. Der Missouri mündet in den Mississippi etwa 1300 km weiter weg in St. Louis. Und eigentlich müsste der Missouri heißen, der ist dort der Größere. Um aber ganz korrekt zu sein, wäre es dann der Yellowstone River. Den haben wir doch schon gesehen, damals in Yellowstone bei den riesigen Wasserfällen. Aber die Donau heißt auch Donau und nicht Inn. So ist es mal. Nicht immer siegt der Größere. Und es braucht noch mal solange bis der Mississippi den Golf erreicht. 2.500 km von Pierre oder St. Cloud bis zur Mündung und da sind sie schon so breit.
Doch hier wie dort werden die Flüsse gestaut. Die Oahe Talsperre wurde 1948 begonnen und 1962 von Kennedy eingeweiht, es war die Zeit, in der man stolz auf die Zähmung der Natur und die Erzeugung von Strom um jeden Preis war. Das mit der Zähmung funktioniert nicht immer so, wie sich die Menschen das vorstellen.
Doch es war schön zu sehen, wie unterhalb der begrünten Staumauer der Fluss daran erinnerte, wie er früher mal ausgesehen haben musste.
Hier blüht die Eselswolfsmilch. Sie wurde im 19.Jahrhundert nach Amerika gebracht und hat hier wenig Feinde. Wie alle Wolfsmilchgewächse ist sie giftig. Und die Kühe mögen es nicht bzw. vertragen es nicht. Manchmal denke ich, wissen wir viel zu wenig von diesen invasiven Arten. Wie anders würde es aussehen? Obstbäume aus dem Nahen Osten, Kartoffel, Mais, Kürbis und Tomaten sind die, die wir mögen. Wanderratte und chinesischer Marienkäfer, Mückenarten sind lange nicht so begehrt.
Von Wyoming nach South Dakota
Die Natur war gnädig zu mir. Nachdem ich mich am Vortag bemühte, meine Augen nicht zu reiben und abends meinem schmerzenden Knöchel einen kalten Umschlag verpasste, regnete es heute und nichts schmerzte mehr. Das war eine tolle Überraschung und der Aufbruch, tat mir ein wenig leid, da ich mit Tom gern mehr gesprochen hätte.
Tom war um 5 Uhr aufgebrochen und so sagte nur der Hund Abschied, so schüchtern er am Vortag war, so treu war er jetzt.
Als ich meinen Rucksack ins Auto warf, sah ich eine Maus flitzen. Wie kam die Kleine nur auf die Idee, sich in mein Auto zu verkriechen? Es war ein regnerischer Tag, aber das ist kein Grund sich in ein Gefängnis zu begeben, aus dem man nicht mehr entkommt.
Beim nächsten Stop räumte ich das gesamte Auto aus, und stellte fest, sie hatte begonnen ein Nest zu bauen, knabberte an Dosendeckel, hatte verschlossene Pastikverpackungen geöffnet. Leider schaffte sie den Weg hinaus nicht mehr. Ich fand sie später tot im Auto und beschloss sie an einem guten Platz der Natur zurückzubringen.
Ein Abfalleimer ist kein guter Platz. Ich habe schon vorher beschlossen noch einmal bei Bear Butte vorbeizuschauen. Dort liegt sie nun unter einem schönen Baum.
Auf nach Osten
Den westlichsten Punkt meiner Reise hatte ich erreicht, nun geht es also wieder Richtung Madison, wo meine Reise begann. Ich hatte vom Medicine Wheel in den Bighorn Mountains erfahren, von ihm hatte ich vorher genauso wenign gehört, wie von den Bergen, in denen dieser Platz lag. Und wie andere auch wissen, sind alle Straßen flach auf einer Karte, als es langsam wieder aufwärts ging, ahnte ich Schlimmes, doch zugleich wollte ich es nicht wahrnehmen.
Von Cody aus fuhr ich — inzwischen mit Sonnenschutzfaktor 50 (für Babies) im Gesicht, ich lerne aus meinen Fehlern — von rund 1500 m in die Höhe, auf etwa 3000 m Seehöhe, von der fast einspurigen 3 Meilen langen Schotterstraße, wo es entweder links oder rechts ziemlich runter geht, wusste ich nichts. Aber auch auf der breiten Straße zitterte ich, als ich, nachdem ich ein Foto schoß, wieder weiterfahren wollte. Bei einem Gang-Auto weiß ich ja was tun, aber ich hatte ein Automatic-Auto (ohne Handbuch, keine Ahnung wie ich einen niederen Gang fixieren hätte können).
Als ich mich überwand — schließlich war ich schon so weit gekommen — fuhr ich auch die Schotterstraße rauf, in der Hoffnung, dass dort genauso wenig Autos fuhren, wie die restliche Strecke, und so war es auch. NUR mit dem Schnee hatte ich nicht gerechnet. Ein Teil der Straße war gesperrt und beim Weg hin zum Medicine Wheel war mindestens ein Schneefeld zu überqueren.
Meine Augen begannen langsam zu schmerzen, ein Bein begann weh zu tun, dass ich am Ende des Tages nur mehr humpelte. Sehr seltsam das alles, denn am nächsten Tag war alles vorbei, wie ein Spuck, nie da gewesen. Auf jeden Fall half es, eine schnelle Entscheidung zu treffen und alleine keine Überquerung eines Schneefeldes zu wagen. Meine Abenteuerlust kennt Grenzen.
Ich hoffte, dass die Straße hinunter weniger Steigung hatte, als jene aufwärts, dem war auch so, und ich kehrte bei Tom ein. Ein großzügiger Host, der zwar keine Zeit hatte, aber mir das ganze wunderschöne Haus überließ. In der Früh war er um 5 aufgebrochen und hat mir eine Notiz hinterlassen. Er arbeitet als Kunsthandwerker, der aus Metall alles mögliche für Reiter anfertigte. Wie alle meine Hosts in Wyoming überraschte auch er mich damit, dass nichts abgesperrt war, und wie offen und leicht sie Fremden vertrauten.
Noch ein paar Bilder und dann war ich in Sheridan.