Pilgerzentrum Hemmaberg

Ehrlich gesagt, habe ich noch nie so viele Kirchen auf so kleinem Raum gese­hen. 5 Fun­da­mente von Kirchen. Die erste ent­stand zur Zeit der ersten Höhen­sied­lung um 400 n.Chr. und um 500/510 die bei­den Dop­pelkirchen. Die Sied­lungsan­lage der ersten Bewohn­er kon­nte durch die Befes­ti­gungsan­lage und den Gräbern, die der Straße ent­lang gefun­den wur­den, nachgewiesen werden.

Was ich bis jet­zt noch nicht erwäh­nt habe, sind die Pil­ger­häuser, die rund um diese Anlage gebaut wur­den. Mit Speis­er­aum, der mit ein­er Fuß­bo­den­heizung aus­ges­tat­tet war und einem Schlaflager.

Die Pil­ger­häuser kon­nten sich nur Reiche leis­ten, ein­fache Leute schliefen draussen und wenn ich mich recht entsinne, kon­nte auch der Narthex, dieser Vor­raum zu den Kirchen in der Not dazu ver­wen­det wer­den. Aber eigentlich komme ich hier ins Reich der Speku­la­tion, wir kön­nen es nicht wissen.

Beim gren­züber­schre­i­t­en­den Geop­ark Karawanken wird der Hem­ma­berg mitein­be­zo­gen wer­den und Geld für die Über­dachung eines Pil­ger­haus — einem Stein­haus aus dem 5. Jahrhun­dert ste­ht zur Ver­fü­gung. Die Vorar­beit­en kon­nte ich sehen. Zur Zeit liegt es sehr ver­weist und unansehn­lich am tief­sten Punkt der Aus­grabun­gen. Es besitzt einen Grun­driss von 244 m². Eine Herd­stelle, ein Arbeit­sraum mit Hand­müh­le sowie ein beheizter Speis­esaal kon­nte man rekon­stru­ieren.  In der Kleinen Zeitung kon­nte ich lesen, dass das spä­tan­tike Gäste­haus mit ein­er Lärchen­holzverklei­dung, in die große Schaufen­ster einge­baut wer­den, verse­hen wird. Derzeit ist es noch eine Baustelle. Schautafeln fehlen, die Wege sollen aus­ge­baut werden.

Die Quelle selb­st wurde bere­its  saniert. Derzeit habe ich die Arbeit­er beim Weg zur Ros­alien­quelle gese­hen. Sie grüßten fre­undlich, macht­en ger­ade Pause und ein Teil von ihnen hat­te sich Wass­er der Quelle abge­füllt und zum Mit­nehmen herg­erichtet. Der Weg erhält neue Stufen und ein Gelän­der aus ein­er Holz- und Stahlkon­struk­tio­nen. Ich bin da noch über die Pro­vi­sorien gestiegen.

Neben den vie­len christlichen Kirchen finde ich inter­es­sant, dass es nach wie vor ein Quell- und Baumheilig­tum gibt. Die Ros­alien­quelle, die bei dieser aufre­gen­den Grotte entspringt und die tausend­jährige Linde sind bei­des spir­ituelle Sym­bole, die bei Kel­ten, Römern, den Ger­ma­nen (sprich: Ost­goten) und schließlich auch bei den Slawen nachgewiesen sind. Ich habe nur ober­fläch­lich hineingeschnup­pert, doch wenn ich es recht ver­standen habe, waren Linde und eine Quelle unter anderem Sym­bole Wahrheit ans Licht zu brin­gen, Gnade wal­ten zu lassen, Recht zu sprechen. Diese Linde ist 1000 Jahre alt, hat also, lange nach­dem die Pil­ger­stätte geschlossen wurde, zu wach­sen begonnen. Wer weiß, vielle­icht stand vorher auch eine dort und sie ist die Tochter ein­er früheren.

Heute ste­ht die Linde unter Naturschutz, Men­schen wun­dern sich, dass kein Blitz eingeschla­gen hat, find­en sie gewaltig und weniger schön. Es ste­ht eine Bank davor, die zum Ras­ten ein­lädt. Ob sie als spir­ituelle Kraft genutzt wird, weiß ich nicht. Aber ich kon­nte nicht anders und umkreiste sie dreimal, ohne zu wis­sen, wie alt dieser Baum ist.

Bei der Quelle wurde 1689 die Ros­alien-Kapelle von 23 Priester eingewei­ht. Wenn die Pest die Region ver­schont, so wurde geschworen, dann würde sie errichtet wer­den. Über tausend Men­schen sollen dem beige­wohnt haben. Ich frage mich, wo die über­all waren, denn es geht rel­a­tiv steil den Hügel hinab. Viel gese­hen kon­nten sie auf jeden Fall nicht haben. Ober­halb, da wo das Licht ein­fällt, ist ein kleines flacheres Gebi­et. Der ganze Berg muss unglaublich voll von Men­schen gewe­sen sein.

Dem Inter­net sei Dank, dass meine Ver­wirrung gän­zlich ist, denn plöt­zlich hat die Wall­fahrt­skirche einen Namen bekom­men und zwar St.Anna. Warum das selt­sam ist, weil die Bergkirche der Hl. Hem­ma und Hl. Dorothea gewei­ht sein soll, und zwis­chen 1498 und 1519 erbaut wurde. Dann glaube ich mal der Katholis­chen Kirche Kärn­tens, die nichts von der St.Anna weiß, dafür Hem­ma und Dorothea ken­nt und auch weiß, dass die Linde 1000 Jahre alt ist.

Man möge mir meine Aus­druck­sweise verzei­hen, beim Bau hat ziem­lich prag­ma­tis­che Herum­liegen­des inte­gri­ert. So dient ein römis­ches Ges­imsstück als Schwelle über die man die Kirche betritt. In der Kirche find­et ist auch der Wei­heal­tar, auf dem die keltische Got­theit Ioue­nat erwäh­nt wird, und als Name des Tales, Jaun­tal, bis heute erhal­ten ist.

Erst jet­zt im Nach­hinein habe ich all die alten Steine auf dem Bild ent­deckt. Vorne beim Altar wur­den die Altarsteine aus der katholis­chen Dop­pelkirche ver­wen­det. Unter dem Pult für die Lesung, bei der Lesung selb­st ste­ht man auf einem alten Stein. Schade, dass ich das nicht früher gewusst habe.

2004 wurde der Volk­saltar von Boris und Alek­sander Čipan gestal­tet. Sie ver­wen­de­ten dabei Teile aus der spä­tan­tiken nördlichen Kirche der west­lichen Dop­pelan­lage: Stein­plat­ten mit ein­graviertem Kreuz, die Steinkiste und eine Rekon­struk­tion des Reliquien­schreins, in dem die Gebeine der Heili­gen beige­set­zt sind.

Vor weni­gen Tagen hörte ich im Radio, dass Franz Stephan von Lothrin­gen, Gemahl von Maria There­sia und Kaiser des Hl. Römis­chen Reich­es Deutsch­er Nation (was für ein Titel), anord­nen ließ, allfäl­lig gefun­dene römis­che Grab­steine in die Kirchen ein­mauern zu lassen. So sind auch viele antike Steine in den Kirchen Öster­re­ichs zu find­en. Es war ein Neben­satz in ein­er Radiosendung und ich finde nun keinen Hin­weis im Inter­net, ob es tat­säch­lich so war oder nicht. Ich dachte mir nur, wie inter­es­sant, merk’ dir das und lies’ es später nach.  Naja, gut gedacht und doch zu wenig.

Jet­zt noch ein paar Bilder zum Stern­rip­pengewölbe mit den Aposteln.

Die Kirche kann erst vor kurz­er Zeit ren­oviert wor­den sein, es ist so sorgfältig und dezent vorge­gan­gen wor­den. Der Hochal­tar wurde 1993 restauriert.

Wohin diese Treppe führt, weiss ich nicht, zur Sakris­tei geht es auf jeden Fall unten hinein. Vielle­icht ist es der Zugang zum Turm und zur Glocke.

Die 5 orangen Punk­te am Boden finde ich ziem­lich cool, doch ich habe nicht die ger­ing­ste Ahnung für was sie ste­hen. 1555 hat Petrus Can­i­sius in seinem Kat­e­chis­mus 5 Kirchenge­bote beschrieben. Ich wäre froh, wenn die 10 Gebote einge­hal­ten wer­den wür­den, doch es kom­men nur neue hinzu. Da lobe ich mir die Noachidis­chen Gebote, von denen ich erst­mals bei Erich Fromm gele­sen habe. Das sind 7 Gebote (hier der englis­che Link, auf der es ein­fach­er beschrieben ist), die für die gesamte Men­schheit gel­ten und die jedem, sei er Jude oder nicht, die Möglichkeit erschließt, in die Welt, die kom­men wird, einzuge­hen. Juden haben noch einige Regeln mehr, so ste­hen 613 weit­ere (neben den 10 Geboten) in der Torah, aber prinzip­iell reicht es, die weni­gen einzuhal­ten, um ins Him­mel­re­ich zu kom­men. Die Katho­liken haben keinen solchen Kom­pro­miß, Schade.

Weit­ers habe ich her­aus­ge­fun­den, dass Orange keine Kirchen­farbe ist. Also entwed­er wollte man sparen und hat Orange statt Rot ver­wen­det oder irgendwelche Bud­dhis­ten oder Hin­dus sind vor langer Zeit ein­mal auf diesem Berg vor­beigekom­men, denn bei ihnen ist orange eine heilige Farbe: für den selb­st­losen Dienst, das Mönch­tum und die Absti­nenz oder Entsa­gung. Bei der Chakren wird die Farbe Orange, dem 2., dem Sakral oder Sex­u­alchakra, zuge­ord­net. Tja,…  Oder vielle­icht kamen Iren vor­bei, denn bei ihnen ist orange die Farbe des irischen Protes­tantismus, was zur Mulitre­ligiösität dieses Platzes passen würde, der Hem­ma­berg — ein überkon­fes­sioneller spir­itueller Ort.

Und für das let­zte Rät­sel am Hem­ma­berg werde ich meine Kun­sthis­torik­er befra­gen, denn ich ver­ste­he nicht, warum die Apos­tel oder hier die Heilige Fam­i­lie mit den Hl. drei Köni­gen Schwarze sind. Gefun­den habe ich nichts dazu und ich mag ehrlich gesagt auch nicht mehr suchen.

Abschließend möchte ich noch auf den Hemmapil­ger­weg hin­weisen und auf einen Medi­a­tion­sp­fad “ad fontes”, der bei den Aus­grabun­gen der katholis­chen Dop­pelkirchenan­lage begin­nt und bei der Ros­alien­quelle endet. Globas­nitz oder slowenisch Globas­ni­ca unter­hält noch ein archäol­o­gis­che Muse­um, und das macht es wert, dass ich nochmals dor­thin fahre. Der Geop­ark Karawanken  befind­et sich im Auf­bau. Geop­arks gibt es noch nicht sehr lange und ich bin schon ges­pan­nt, wie mein Besuch dort sein wird.

Doch mir waren es erst­mal Ein­drücke genug. Ich habe sehr viel nachge­le­sen, weil ich mich über vieles wun­derte. Ich habe so viel Neues erfahren und gel­ernt, und seit langem wieder hat­te ich das Gefühl, dass mein Gehirn mit lauter neuen Gästen  eine Par­ty feiert.

ps. vielle­icht sollte ich noch erwäh­nen, dass ger­ade Mal 3 Stun­den am Hem­ma­berg war.

5 Antworten auf „Pilgerzentrum Hemmaberg“

    1. Liebe Brigitte,
      das mit den Gästen ist abso­lut cool. Immer wenn ich etwas ganz neu, ganz inten­siv erar­beite und lerne und ver­net­ze, fühlt es sich in meinem Gehirn ganz eigen an. Und eigentlich dachte ich, dass ich es nicht mehr so spüren würde, wie damals als ich zu sin­gen begann und eine ganz inten­sive Singwoche hat­te. Ich hat­te das Gefühl, das ich die Verbindun­gen spüren kon­nte, die sich gebildet haben. Kür­zlich sagte ich noch, dass ich glaube, das nie wieder zu fühlen. Tja und plöt­zlich stürmten Lin­den, Quellen, Ari­an­er, Kel­ten, Slaven, Römer in mein Hirn und baut­en sich ein neues Zuhause. Allerd­ings sitz ich ganz inten­siv über Büch­ern und recher­chi­er im Inter­net, um mehr Zusam­men­hänge zu ver­ste­hen. Das Beplätschert wer­den war nie meines. Ich kann’s nur jedem empfehlen 🙂

  1. Hi Ruth, I love the inte­ri­or pic­tures of the church in this August 25th post­ing. The wood pews (seats) are beau­ti­ful and unique. Har­ri­et in Petaluma

    1. Hi, Har­ri­et,
      you make me smile. These pews are new ones made in old fash­ion style. It’s a quite com­mon way of pews here in Aus­tria. The orig­i­nal ones are all dark­er. But you make me aware that ’nor­mal’ things for us in Aus­tria, are quite unusu­al for oth­ers. I like my dig­ging in old Aus­tri­an his­to­ry, even when I find out that the celts were not so mys­te­ri­ous like the pagan make us believe. I am think­ing of writ­ing trav­el sto­ries of Aus­tria too.
      Soon more sto­ries of the celts in Aus­tria will follow.
      Love
      Ruth

Kommentar verfassen