“Reise, reise!”
Schöner kann ich es nicht sagen.
“Reise, reise!”
Besser könnte mich niemand wecken.
Denn mit “Reise, reise” werden Matrosen der deutschen Marine auf See geweckt.
Meine Reise hat vor mehr als 50 Jahren begonnen, bewusst fing ich vor gut 40 Jahren an, mich in der Welt zu orten. Als pubertäres Gehabe hatten es meine Eltern abgetan, doch die Krankheit wurde chronisch. Denn irgendwie habe ich nie aufgehört, mich immer wieder zu fragen, wer ich bin, wo ich stehe, wohin ich will und wohin ich gehöre.
Mein Leben ist eine Reise, eine Fahrt zu einem entfernten Ziel, wie auch immer dieses Ziel definiert ist.
Ich mag die Weite.
Die Weite des Landes und
die Weite des Himmels,
die Weite des Denkens und
die der Fantasie.
So war mein Leben öfter ein Aufbruch oder ein Unterwegssein zu einem Ziel, als eisern in einem Hafen zu liegen. Aufbruch, das bedeutete Reise im Althochdeutschen. Das Englische „Rise“ erinnert ebenfalls daran: In der Bewegung aufsteigen und wachsen.
Jene Zeit, in der ich stillstand und harrte, weil die Ziele zu trivial, zu bürgerlich, zu langweilig war, habe ich nicht vergessen. Ich dachte, man dürfe nicht, schlimmer noch: Ich dürfe nicht träumen. Ich wollte endlich die Ziele meiner Eltern erfüllen. Doch ich glaube, dass ich sie damit letztendlich auch nicht glücklich machen konnte. Denn als sie erkannten, dass ihr Träume und ihre Ziele mich nicht glücklich machten, war ihr Glück plötzlich auch nicht mehr perfekt. Auch war ansonsten nicht viel Platz für meine Träume, zu bieder war das Leben um mich herum.
Als sie sich auf den Weg in eine andere Welt machten, war meine Zeit gekommen, mich ebenfalls aufzumachen. Immer wieder suchte ich die Stille, um zu sehen und zu verstehen, was mich glücklich macht.
Das erreichte ich nicht, indem ich schaute, was andere unternahmen, oder kauften, um einen Lustgewinn zu erzielen. Ich begann verschiedene Dinge auszuprobieren. Ich nenne es gerne meine Kindergartenzeit.
Tun, ohne zu urteilen, ausprobieren, ohne Schranken im Kopf, spielerisch Neues erfahren.
Kein von Außen gelenktes Empfinden sollte mein Glück leiten. Und es schlich sich von hinten heran und plötzlich jauchzte ich innerlich, weil ich mich über ein besonderes Foto freute oder über einen Text, der mich tief berührte. Und fast hätte ich es vergessen, dass diese Momente während des Reisens besonders intensiv war.
Nie habe ich nur annähernd so viel Freude empfunden, wenn ich etwas kaufte. Vielleicht, wenn ich ein Billy-Regal alleine zusammenschrauben konnte und nichts passierte, keine Schraube fehlte und die Nägel an der Rückseite tatsächlich versenkt waren und nicht auf der Vorderseite wieder hervor lachten. Aber meine jahrzehntelange Erfahrung zeigte sich und ließ mich schmunzeln, denn heute ist es kein Kunststück mehr für mich, ein Billy-Regal alleine zusammenzuschrauben. Doch der Kauf selbst machte mich nicht glücklich, Konsum macht mich nicht glücklich.
Kaufen, besitzen, haben statt sein.
Als ich mit meiner selbstbestimmten Arbeit begonnen hatte, war mein schlechtes Gewissen ein ständiger Begleiter. Egal wie oft ich sagte, ich habe genug zum Leben, ich brauche nicht mehr. Ich muss nicht ans Geld denken, wenn ich für andere etwas schaffe. Ich muss meine Lese- und Bildungsförderungswebsite nicht verkaufen. Sie ist mein persönlicher Protest gegen die mangelnde Initiative der Politik, mehr für Bildung zu tun. Lange brauchte ich, bis ich feststellte, dass viel meiner Energie in die Überlegungen, wie ich damit Geld machen könnte, floß, als in die eigentliche Arbeit an Inhalten, an Positivem. Ich wurde zu einem Verwaltungsapparat. Anstatt zu tun, verfing ich mich in administrativen Fesseln. Von diesen beginne ich, mich wieder zu befreien.
Ich verstand, dass Geld mich nicht glücklich macht, etwas zu tun sehr wohl. Natürlich brauche ich Geld zum Leben, aber keine Unmengen und das habe ich. Vielleicht gefällt mir mal etwas, aber richtig glücklich werde ich, wenn ich etwas machen kann, ob es singen ist, malen, schreiben oder fotografieren ist. Egal was. Es ist kein lautes Glück, es ist eine tief innen empfundene Zufriedenheit.Die ganzen XYZ-Generationsdefinitionen finde ich lächerlich, denn was zählt, ist nicht, ob die Norm einer Generationsbeschreibung eingehalten wird, sondern ob du deinen eigenen Prinzipien treu sein kannst.
Das bedeutet nicht: „Werde egoistisch“ sondern „Bleib dir treu.“Und die Treue zu mir, ist niemals statisch gewesen, sondern war immer in Bewegung, immer wollte ich ausprobieren, sehen, wie sich etwas anfühlt. Ich wollte immer tanzend die Welt entdecken. Mein Leben ist eine Reise zu mir.
Und wenn manche Dinge nicht so liefen wie geplant, so war es nicht so schlimm, denn ich wusste, es bleibt nicht so. Es wandelt sich. Leben bewegt. Was andere als bedrohlich empfinden, ist mir ein Trost.
Im Gegenteil: Menschen, die anscheinend ganz genau wissen, was richtig sei, verunsichern mich und genauso die anderen, die Ratgeber und Ratschläge verzweifelt suchen, um zu finden, was gut für sie sein könnte.
Das Glück liegt im Abenteuer, sich selbst immer wieder neu zu entdecken.
Als ich nun meine Reisen zusammengetragen hatte (sie waren vorher auf jeweils eigenen Blogs), wurde das Fernweh immer größer. Aber ich dachte auch intensiv darüber nach, wie ich reisen möchte, wohin und wie lange. Ich fragte mich, ist es möglich mit nichts oder wenig oder mit etwas, das ich zuhause habe, eine Reise zu machen?
Kann ich eine Stunde in der Woche ein tatsächlich eine Reise unternehmen?
Eine Reise, wie ich sie verstehe, unabhängig und frei, grenzenlos und offen.
Ich fragte mich: Ist es möglich, kleine Ziele für kleine Reisen zu finden? Doch! Es ist.
Meine Micro-Reisen waren geboren!
Ich bin gespannt, wohin sie mich führen und hoffe, ich kann dich verführen, nach deinen eigenen Reisen zu suchen.