Doch es war endlich die Antwort auf eine ganz andere Frage, die ich mir schon gestellt hatte. Wo hatten die den ganzen Feuerstein, Flint, Hornstein, Silex her? Und du fragst dich wohl, was das alles ist? Eigentlich ziemlich das gleiche. Wie dieser Stein entstanden ist, wissen sie noch nicht genau, es ist nur klar, dass Kieselsäure-Ablagerungen im Meer — wie der ganze Kalk rundherum auch — daran beteiligt sind.
Woher kommen die? Von Kieselschwämmen und Kieselalgen. Erstere haben ihr Skelett statt mit Calciumcarbonat mit Siliciumdioxid (aus Kieselsäure) aufgebaut, zweitere haben ihre Zellhüllen daraus aufgebaut. Das lässt mich ganz kurz noch mal daran denken, dass die ganzen Kalkalpen oder die weißen Klippen von Dover rein organischen, das heißt aus lebendigen Organismen, entstanden sind. Und wir Menschen glauben, dass wir viele sind.
Wenn du wie ich denkst und glaubst, dass man den nur zum Feuermachen verwendet, dann täuscht du dich.
Es ist DER Stein der Steinzeit, quasi das Topmodell, aus dem die meisten Beile und Klingen speziell im Jungpaläolithikum und in der Jungsteinzeit angefertigt wurden.
Jungpaläolithikum: das ist das Ende der Altsteinzeit und wird mit dem Erreichen Europas des Cro-Magnon Menschen um 40000 eingeleitet
Jungsteinzeit: das ist jene Zeit, wo Menschen sesshaft wurden und mit Ackerbau und Viehzucht begannen vor ca. 10.000 Jahren, die Häuser wurden rechteckig, sie lebten in grösseren Gemeinschaften, die Unterschiede zwischen den Menschen wuchsen, manche bekamen wertvolle Grabbeigaben. Das ist wohl der Beginn dessen, was wir heute vorfinden bzw. wie wir heute leben.
Wo habe ich eigentlich angefangen? Beim Feuerstein. Noch ein Satz um Feuer zu machen brauchte man dann noch Zunderschwamm, das ist der Schwamm der auf Bäumen wächst, den ich zwar gesehen habe, aber dass der auch zu etwas gut ist, habe ich erst im Laténe Museum gelernt. Der brennt recht gut und hält auch die Glut sehr lange. Auch Ötzi hatte den mit dabei. Quasi das Feuerzeug der Steinzeit.
Doch den Feuerstein braucht man nicht unbedingt zum Feuermachen, das würde mit anderen Steinen. Doch besonders gute wurden durchaus getauscht oder über weite Strecken mitgenommen.
In einem Buch war vom Feuersteinknollen als dem Schweizer Messer der Steinzeit die Rede. Es war anscheinend eine allgemeine Fähigkeit sich aus den Knollen passendes Werkzeug zu schlagen. Natürlich gab es bessere und schlechtere Knollen. Doch wissen wir, wie weit die Menschen damals saisonal zogen? Natürlich erscheinen uns 250 km heute weit. Wer würde heute freiwillig soweit gehen, außer jene, die dem Hype der letzten Jahre folgend sich auf den Weg des St. Jacques begaben?
Doch wenn ich überlege, dass damals Tundra vorherrschend war, man sich also nicht durch wildes Gesträuch und Wälder schlagen musste, waren 10 km pro Tag vermutlich leicht zu schaffen. Und in 25 Tagen wäre man 250km weit gekommen. Wie weit waren Sommer und Winterlager voneinander getrennt?
Wie es aussieht sind Neandertaler in einem Umkreis von 10 km unterwegs gewesen, so konnte ich im Museum von Les Ezyies lesen. Es hat irgendetwas mit den Fundstellen von Steinen zu tun, wie man den Radius berechnet hat.
Viele der Höhlen hier sind nur wenige Kilometer auseinander. Lascaux ist jedoch 25km von Les Ezyies entfernt, wo viele der Höhlen, die ich besuchte, zu finden sind.
Laugerie-Haute ist ein sehr großer Abri. Und die Fundgegenstände sind sehr vielfältig. Deshalb vermuten Prähistoriker auch, dass dieser Platz über Jahrtausende hinweg aufgesucht wurde, was die verschiedenen Abfolgen von Schichten aufzeigen. Ich kann die Vermutung, dass man sich hier traf, um gemeinsam zu feiern, Wissen auszutauschen, Partner zu finden, gut nachvollziehen. Die Überschwemmungen der Vezére haben die einzelnen Schichten begraben. Die Schichten sollen bis zu 31 Meter tief liegen. Die Funde waren der Anziehungspunkt Ausgräber. Da damals die Grundeigentümer Herr ihres Landes waren, waren sie auch Eigentümer der Funde auf ihrem Land bzw. konnten sie ihr Land verpachten und dann waren diejenigen, die etwas fanden, die Eigentümer. Und die buddelten und verscherbelten.
Nicht jeder, der grub, war interessiert, wann und wie dort gelebt wurde. Und so mancher (unter anderem der Schweizer Otto Hauser wird hier immer wieder als rücksichtsloser, sich nur bereichern wollender Ausgräber genannt. Er war tatsächlich nur an den Gegenständen interessiert und nicht daran festzustellen, wann und woher genau der Fund stammte. Seine Methoden waren so zweifelhaft, dass man heute nicht mehr feststellen kann aus welchem Zeitabschnitt seine Funde tatsächlich stammten. So grub er ziemlich hemmungslos Laugerie-Haute um. Er verkaufte viele Faustkeile, Klingen an verschiedene Museen nach Deutschland, aber auch an das British Museum in London. Viel Wissen ging dabei verloren. Auch wenn Hauser ein wenig Archäologie studiert hatte und sicherlich auch Leidenschaft dafür entwickelte, so war die Art und Weise seiner Grabungen äußerst umstritten.
Hier habe ich nun auch mehr zu den berühmten Klingen des Solutréen gehört. Die hauchdünnen Klingen (5–6mm), die die Form eines Lorbeerblattes haben, wurden „relativ kurz“ produziert. Nur mal 2000 Jahre. In vielen Museen konnte ich sehen, wie Faustkeile von Archäologen, die sich darauf spezialisierten, produziert wurden. Doch die Führerin hier erzählte uns von den vergeblichen Versuchen solch dünne Klingen zu erzeugen. Sie zerbrachen einfach zu leicht, auch das ist ein Grund, dass nicht mehr allzu viele ganze gefunden wurden. Sie waren nicht die optimalen Spitzen für die Jagd, es waren vielleicht viel mehr Klingen, die zeigen konnten, wie geschickt man ist und es wurden Statusobjekte, die man stolz mit sich führte.
Das zur Theorie, dass die Clovis-Kultur in Amerika mit der Kultur des Solutréen verbunden ist. Es gibt amerikanische Wissenschaftler, die glauben, dass es eine Einwanderung über den Eisschild der letzten Eiszeit aus Europa gab. Da ich noch ins Museum gehen will, behalte ich mir nun diese Frage auf. Wie wird unterschieden zwischen „normalen“ Blattspitzen und diese ganz speziell dünnen Blattspitzen des Solutrèen?
Laugerie-Haute wurde als Platz der Steinzeit-Menschen abrupt beendet, indem sich zwei riesige Felsen vom Dach des Abri lösten und den freien Platz zu einem engen, kühlen Ort machten. Als Platz war er trotzdem begehrt, denn im 17. Jahrhundert wurde ein Haus errichtet, das heute die Fundplatze Laugerie-Haute und Laugerie-Haute Ouest trennt. Das Haus ist kühl und feucht durch die Nähe des Felsens, auch wenn es sehr romantisch aussieht, ist es heute doch nicht mehr bewohnt. Auf der gegenüberliegenden Seite ist nur mehr eine Ruine eines Hauses sichtbar. Erst jetzt wird mir klar, dass in den Löchern, die man im Felsen sieht, Balken eingezogen wurden. Welche Art von Häusern oder Ställen dort waren, bleibt mir wieder mal verschlossen. Es zeigt aber, dass die Felswände bis heute herauf Wohnplätze waren und blieben. Das Schloss, das an einer solchen Felswand errichtet wurde, habe ich nur beim Vorbeifahren gesehen. Es passt gerade nicht in meine Denkwelt.
Der östliche Fundplatz ist heute den Wissenschaftlern vorbehalten. Der frühere Festplatz ist verschwunden. Zu sehen sind heute die verschiedenen Stufen der Benutzung dieses Platzes. Interessant war es trotzdem, denn ich höre gerne Geschichten zu und ich hatte eine englische Führung, die mir neue Anregungen lieferte. Da ich bislang mehr auf das Schauen angewiesen war, und ich mir den Rest erlesen habe, war dies ein besonderer Genuss.